Testamentsauslegung

  • Mahlzeit!

    Ich habe hier vor mir ein gemeinschaftliches Testament mit nur folgendem Inhalt:

    "Wir die Eheleute M und F bestimmen hiermit als unseren letzten Willen folgendes:

    Der überlebende Ehegatte ist berechtigt auf die Kinder Sohn S und Tochter T zu testieren.
    Das vorstehende Tetsament meines Ehegatten ist auch mein letzter Wille.

    Ort, Datum 2 Unterschriften"

    Das Testament wurde bereits nach M eröffnet, nun ist F verstorben. Ein weiteres Testament von F ist nicht vorhanden.

    Wie beurteilt ihr die Sachlage?

    Möglichkeit 1:
    Die Erbeinsetzung ist dahingehend zu verstehen, dass S und T testamentarische Erben sind, demzufolge wäre das Testament nochmals nach F zu eröffnen.

    Möglichkeit 2:
    Es liegt keine Erbeinsetzung vor. Das Testament hat auch sonst keinen testamentarischen Inhalt und ist daher nach F nicht nochmals zu eröffnen.


    Noch ein Hinweis am Rande: Die Kinder S und T wären auch die alleinigen gesetzlichen Erben nach F.

    Bin gespannt auf eure Meinungen! :)

    Grüße vom Döner

  • Das Testament wurde bereits nach M eröffnet...


    Würde prüfen, ob nach der damaligen Eröffnung in der Testamentsakte oder in einem eventuellen Erbscheinsverfahren Erläuterungen zur Auslegung des Testaments gemacht wurden (von F?) und dann mal gucken.
    Ansonsten eröffnen. Was man dann daraus macht/wie das Testament auszulegen ist, ist ja keine Frage des Eröffnungsverfahrens.

  • Wie Mata, allerdings würde ich zuerst eröffnen und dann für die Auslegung prüfen, ob die NA des Erstverstorbenen dafür was hergeben.

  • Ob das Testament zu eröffnen ist, hängt nicht vom Auslegungsergebnis ab, sondern - seit jeher - von der bloßen, wenn auch nur entfernten Möglichkeit, dass es eine für den vorliegenden Erbfall relevante letztwillige Verfügung enthält (OLG Frankfurt FamRZ 2016, 267; Bestelmeyer Rpfleger 2016, 694, 710).

    Es ist zu empfehlen, Rechtsprechung und Literatur im Auge zu behalten. Dann kann man sich nämlich manche Fragerei ersparen.

  • Cromwell

    Ich frage mich halt ob es sich um eine relevante testamentarische Verfügung handelt?

    Aber wahrscheinlich. Hätte F nach dem Tod des Mannes neu testiert und statt S und T Ihre Cousine C eingesetzt, so müsste man im Erbscheinsverfahren prüfen, ob das Testament zugunsten C wirksam ist. Ergo: Man müsste das Testament eröffnen.

    Da F nicht neu testiert hat, zumindest schließe ich das im Moment aus, da mir nix diesbezüglich bekannt ist, könnte ich das Testament eröffnen und dahingehend auslegen, als dass die testamentarischen Erben S und T sind, da ja ausdrücklich gewollt war, dass S und T erben, auch wenn es abschließend durch den Letztversterbenden nicht verfügt war.

    @uschi und Mata
    Außer der Testamentseröffnungsakte nach dem Erstverstorbenen gibt es keine weiteren nachlassgerichtlichen Vorgänge. Die Akte besteht lediglich aus der Testamentseröffnung selbst nebst Antrag und Verfügung.

    Der Sohn S sprach lediglich vor, wegen Erbschein nach F und da fiel der Geschäftsstelle diese Testamentsakte in die Hände. Um spontan keine falsche Entscheidung zu treffen habe ich gesagt, er soll der Testamentseröffnungsantrag erstmal stellen, ich melde mich nach Prüfung.

  • Ganz doof gefragt - seit wann muss man denn die Testamentseröffnung beantragen? Wurde das damals nicht im ZTR registriert, als M verstorben ist? Oder war der Sohn nur schneller als das Nachlassgericht mit der Eröffnung? (was die Frage des Eröffnungsantrags jetzt nicht beantwortet) ;)

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Cromwell hat -wie meistens;) recht. Das Ding ist zu eröffnen und dann wird geprüft. Und mit dem auslegungsbedürftigen Inhalt hat sich die Rechtsprechung auch schon auseinandergesetzt.
    Und was soll der Unsinn, dass man "beantragt", dass das Testament zu eröffnen ist. Das hat das NG natürlich auch ohne Antrag zu veranlassen, wenn ihm ein "Testament in die Hände fällt"! Und wenn alles bei euch richtig gelaufen wäre, dann hätte es auch auf den Tod des Überlebenden im ZTR gemeldet sein müssen.
    noomi war schneller:D

  • Bei uns wird nach Möglichkeit immer darauf gedrängt, dass jemand den TEÖ-Antrag stellt, damit die Geschäftsstelle sich besser für die Kostenerhebung rechtfertigen kann. Gern wird hier die Meinung vertreten: "ich hab das nicht beantragt, also bezahle ich die Testamentseröffnung auch nicht." Natürlich kommt man auch ohne Antrag nicht um die Zahlungspflicht drumherum, das ist natürlich klar, aber es wird und wurde hier eben schon immer so gemacht und falsch ist es ja auch nicht.

    Aber mal zum Fall:
    Angenommen es soll ein Erbschein beantragt werden, welchen Erbscheinsantrag (testamentarisch oder gesetzliche EF) nehme ich denn da auf? Die Erbfolge wäre nach meinen bisherigen Erkenntnissen jedenfalls die Gleiche.

  • Bei uns wird nach Möglichkeit immer darauf gedrängt, dass jemand den TEÖ-Antrag stellt, damit die Geschäftsstelle sich besser für die Kostenerhebung rechtfertigen kann. Gern wird hier die Meinung vertreten: "ich hab das nicht beantragt, also bezahle ich die Testamentseröffnung auch nicht." Natürlich kommt man auch ohne Antrag nicht um die Zahlungspflicht drumherum, das ist natürlich klar, aber es wird und wurde hier eben schon immer so gemacht und falsch ist es ja auch nicht.

    Nein, es ist nicht falsch, sondern es grenzt an rechtlichen Schwachsinn!

  • D.h. wenn ich ein Testament irgendeines Dritten - voin dem ich weiß dass er tot ist - auf der Straße finde und bei euch abliefere, bekomme ich, weil ich einen Antrag stelle, die Kosten aufgedrückt? Anstatt dass das dem Nachlass aufgebrummt wird, wie es sich gehört?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • tom
    Natürlich nicht. In der Regel sind Antragsteller und Erbe identisch. Haben allerdings auch viele Ausschlagungen manchmal sogar vor der Testamengtseröffnung schon und auch im Wissen, das ein Testament da ist. Aber es ist ja auch egal wie es bei uns gehandhabt wird und auch wie schwachsinnig wir sind, wäre trotzdem lieb, wenn jemand was zur Testamentsauslegung schreiben würde. Danke!

  • Cromwell Ich frage mich halt ob es sich um eine relevante testamentarische Verfügung handelt? Aber wahrscheinlich. Hätte F nach dem Tod des Mannes neu testiert und statt S und T Ihre Cousine C eingesetzt, so müsste man im Erbscheinsverfahren prüfen, ob das Testament zugunsten C wirksam ist. Ergo: Man müsste das Testament eröffnen. Da F nicht neu testiert hat, zumindest schließe ich das im Moment aus, da mir nix diesbezüglich bekannt ist, könnte ich das Testament eröffnen und dahingehend auslegen, als dass die testamentarischen Erben S und T sind, da ja ausdrücklich gewollt war, dass S und T erben, auch wenn es abschließend durch den Letztversterbenden nicht verfügt war. @uschi und Mata Außer der Testamentseröffnungsakte nach dem Erstverstorbenen gibt es keine weiteren nachlassgerichtlichen Vorgänge. Die Akte besteht lediglich aus der Testamentseröffnung selbst nebst Antrag und Verfügung. Der Sohn S sprach lediglich vor, wegen Erbschein nach F und da fiel der Geschäftsstelle diese Testamentsakte in die Hände. Um spontan keine falsche Entscheidung zu treffen habe ich gesagt, er soll der Testamentseröffnungsantrag erstmal stellen, ich melde mich nach Prüfung.



    Woher weißt du, dass nicht neu testiert wurde?

    Du vermutest, dass nicht neu testiert wurde. Aber wissen tust du es nicht. Also Must du eröffnen, denn das Testament enthält eine negatie Erbeinsetzung. Niemand außer S und T dürfen Erben.

  • Zu eröffnen ist in jedem Fall.

    Die erste spannende - bislang nicht erörterte - Frage ist, ob das gemeinschaftliche Testament eine gegenseitige Erbeinsetzung auf den ersten Sterbefall enthielt, weil dies darauf Einfluss hat, was in den Nachlass des überlebenden Ehegatten fällt. Hierzu ist im Forum schon Einiges geschrieben worden (auch kontrovers), so dass ich hier auf eine erneute Stellungnahme zu dieser Problematik verzichte.

    Als noch (überall) der Richter für eine Erbscheinserteilung aufgrund letztwilliger Verfügung zuständig war, hat man sich in diesen Fällen so beholfen, dass vorsorglich der Richter den Erbschein erteilt hat, da die Erbfolge im Ergebnis ja ohnehin nicht in Zweifel stand. In Bundesländern, wo es den betreffenden Richtervorbehalt nicht mehr gibt, kann der Rechtspfleger den Erbschein erteilen und man kann es dahingestellt sein lassen, ob testamentarische oder gesetzliche Erbfolge eintritt, weil der Berufungsgrund im Erbschein nicht angegeben wird (jedenfalls nicht angegeben werden muss). Allerdings müssen dann natürlich auch die erforderlichen Personenstandsurkunden vorgelegt werden und die eidesstattliche Versicherung muss die erforderlichen Angaben beim Eintritt der testamentarischen und der gesetzlichen Erbfolge enthalten (keine weiteren Personen vorhanden ... bla bla).

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