Differenztheorie/Quotenregelung

  • Hallo zusammen,

    wollte mal eure Meinung zu folgendem Sachverhalt wissen...

    Zwei Verfahren werden verbunden, in dem einen Verfahren geht es um vier "einfachere" Delikte, in dem anderen um eine Körperverletzung... Es erfolgt Freispruch hinsichtlich des KV-Delikts, hinsichtlich anderen Delikte wird der Angeklagte verurteilt. Der Verteidiger war in beiden Verfahren vor Verbindung aktiv.

    Dieser macht nun die notwendigen Auslagen seines Mandanten gegen die Staatskasse geltend (bezüglich der KV) und zwar in Höhe der Mittelgebühr bei Grundgebühr und Verfahrensgebühr sowie in Höhe von 100,- Euro für den "Teilfreispruch" hinsichtlich der KV nebst Auslagen...

    Mich interessiert nun, wie Ihr hinsichtlich der ausscheidbaren notwendigen Auslagen entscheiden würdet.

    Mir persönlich erscheint hier die Anwendung der Quotenregelung hinsichtlich der notwendigen Auslagen zunächst sinnvoller als die der Differenztheorie, da der Mandant ja hinsichtlich der "schwerer wiegenden" KV freigesprochen wurde und hinsichtlich der "weniger gewichtigen" Delikte verurteilt wurde. Ich dachte an eine Quotelung von 65:35 zugunsten der KV... Meiner Meinung nach kommt man hier mit der Differenztheorie auf kein zufriedenstellendes Ergebnis.

    Vielleicht bin ich ja auch irgendwo auf dem Holzweg unterwegs, wäre für Tipps sehr dankbar! :)

    LG

  • Ich bin bereits unsicher, ob man überhaupt eine Quotelung vornehmen kann, wenn diese im Urteil durch den Richter nicht entsprechend angeordnet wurde.

    Allgemein dürfte nach meiner Erfahrung ganz überwiegend die Differenztheorie Anwendung finden, unabhängig vom Umfang des Teilfreispruchs. Vielleicht ist dies aber auch je nach Bundesland unterschiedlich.

  • Also ich bin sehr dankbar, wenn der RPfl mal solche Überlegungen anstellt und eine Quote bildet. :)

    Dieser macht nun die notwendigen Auslagen seines Mandanten gegen die Staatskasse geltend (bezüglich der KV) und zwar in Höhe der Mittelgebühr bei Grundgebühr und Verfahrensgebühr sowie in Höhe von 100,- Euro für den "Teilfreispruch" hinsichtlich der KV nebst Auslagen...

    Das halte ich allerdings so nicht für machbar, es müssten alle Gebühren gequotelt werden, solange sie nicht ausschließlich dem einen oder anderen Verfahren angehören.

  • Wie willst Du denn den Maßstab für die Quote festlegen? Summe aller denkbaren Höchstfreiheitsstrafen? In Betracht kommendes konkretes Strafmaß? Falls Letzteres: Woher willst Du das haben? Strafhöheantrag der StA? Und wenn die Teilfreispruch für ein oder mehrere Delikte beantragt hat?

    Ohne konkretere Angaben zu den angeklagten Tatvorwürfen, und zwar in der jewels relevanten Tathandlung, wird man jedenfalls zu der von Dir vorgeschlagenen Quote kaum etwas sinnvolles sagen können.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich hatte die Frage eher dahingehend verstanden, ob er überhaupt selbst Quoten bilden darf, wenn die Kostenentscheidung sich nicht dazu verhält.

    Und mal ehrlich, die Quote selbst ist dann eh ausgewürfelt. Wenn der Strafrichter 1/4 zu 3/4 ausurteilt, dann muss er das auch irgendwie anhand Umfang des Verfahrens oder Schwere des Vorwurfes oder sonstwas ermittelt haben, ohne dass es dazu Tabellen und Anwendungshinweise gibt.

  • Zunächst mal vielen Dank für die Rückmeldungen (und sorry für die lange Reaktionszeit :unschuldi:D). Habe meine Tendenz in diesem Fall nochmals überdacht und werde den Verteidiger wohl nun nochmals anschreiben m.d.B. um Hereingabe einer "vollständigen" (hinsichtlich aller Taten) und einer "fiktiven" Kostenaufstellung (hinsichtlich der abgeurteilten Taten), um dann anschließend zu entscheiden. So wie ich das gelesen habe, ist das auch die überwiegende Vorgehensweise der Teilnehmer hier im Forum...

    Gibt es eigentlich Bedenken hinsichtlich der Tatsache, dass in dem Verfahren Verbindung erfolgte und der Freispruch hinsichtlich genau der Taten eines vormals eigenständigen Verfahrens ausgesprochen wurde (und somit Verurteilung hinsichtlich der Straftaten des anderen Verfahrens)? Eine Argumentation des Verteidigers, die Mittelgebühren wohl nur "für den Teilfreispruch" anzusetzen, ergibt sich nämlich daraus, dass diese ja vor Verbindung angefallen (wie bei der PV-Vergütung) und daher "vollumfänglich", d.h. in Höhe der Mittelgebühr zu erstatten sind. Meiner Meinung nach sind die Gebühren tatsächlich vor Verbindung entstanden, sind jedoch aufgrund der Verbindung und des Teilfreispruchs eben nicht in "voller" Höhe aus der Staatskasse zu erstatten...

    Fragen über Fragen, vllt. stell ich mir in diesem Fall aber auch einfach zu viele :D

    @ Frog und S.H.: Genau, diese Frage hatte ich mir auch bereits mit der von S.H. genannten Entscheidung beantwortet, daher meine ursprünglichen Überlegungen :)

    @ AndreasH: Die Fragen sind durchaus berechtigt, daher auch mittlerweile wieder meine Überlegungen bzgl. der Differenztheorie :D

    @ Adora Belle: Ich gehe eigentlich davon aus, dass diese Überlegungen zunächst vom Verteidiger angestellt werden sollten, falls dieser zur Quotelung tendiert :D Und genau, das mit der bereits gequotelten Terminsgebühr war mir auch ein Dorn im Auge...:gruebel:

    Vielen Dank nochmal...

  • Ich hatte die Frage eher dahingehend verstanden, ob er überhaupt selbst Quoten bilden darf, wenn die Kostenentscheidung sich nicht dazu verhält.

    Und mal ehrlich, die Quote selbst ist dann eh ausgewürfelt. Wenn der Strafrichter 1/4 zu 3/4 ausurteilt, dann muss er das auch irgendwie anhand Umfang des Verfahrens oder Schwere des Vorwurfes oder sonstwas ermittelt haben, ohne dass es dazu Tabellen und Anwendungshinweise gibt.


    Nur dass der Strafrichter, der das Verfahren bearbeitet hat, deswegen eine Vorstellung vom Gewicht der Taten und einen Eindruck von der vor ihm geleisteten Verteidigungsarbeit hat (natürlich nicht von der Hintergrundtätigkeit).

    Wie soll der Rechtspfleger diese Eindrücke gewinnen?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ach, der Rechtspfleger weiss doch auch, wie hoch die Terminsgebühr zu sein hat und ob eine Anhebung der Verfahrensgebühr um 10 oder 20% unbillig ist. ;)

    Wegen der Verbindung: Vergütung, die ausschließlich im freigesprochenen Verfahren angefallen ist, kann nicht gequotelt oder "differenziert" werden. Die ist dann eben vollständig zu erstatten.

  • Wegen der Verbindung: Vergütung, die ausschließlich im freigesprochenen Verfahren angefallen ist, kann nicht gequotelt oder "differenziert" werden. Die ist dann eben vollständig zu erstatten.

    Und genau hier liegt m.E. das "Problem" ;) ich habe nur eine Kostenentscheidung zu Lasten der Staatskasse in dem jetzt führenden Verfahren (eine weitere aus dem hinzuverbundenen Verfahren bekomme ich ja nicht mehr) und die sagt, dass die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last fallen, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde. Folglich ist m.E. Differenztheorie (oder eben Quotelung) anzuwenden und die vergleicht eben nur die Gebühren und Auslagen, die für alle Anklagepunkte entstanden sind, mit denen, die nur hinsichtlich der abgeurteilten Taten angefallen sind. Da erscheint mir der Ansatz und die Erstattungsfähigkeit der "vollen" Gebühren aus dem ehemals selbständigen Verfahren eher widersprüchlich, da der Partei im Endeffekt ja doch nahezu sämtliche Auslagen erstattet werden würden (nicht, dass ich das der Partei nicht gerne zusprechen würde, allerdings entspräche das m.E. schlicht und ergreifend nicht der zugrundeliegenden Kostengrundentscheidung).

    Ich hoffe ich hab das jetzt irgendwie halbwegs verständlich rüberbringen können :gruebel:

  • Wenn eine Vorverfahrensgebühr nur in der Sache entstanden ist, für die der Angeklagten nicht verurteilt wurde, würde es der Kostengrundentscheidung m.E. nicht widersprechen, diese voll zu erstatten.

    Nein, eine Vorverfahrensgebühr wird nicht geltend gemacht... falls ich das irgendwo so beschrieben haben sollte - das war falsch! :D

  • Da erscheint mir der Ansatz und die Erstattungsfähigkeit der "vollen" Gebühren aus dem ehemals selbständigen Verfahren eher widersprüchlich, da der Partei im Endeffekt ja doch nahezu sämtliche Auslagen erstattet werden würden.

    Das ist dann aber eben so. Gebühren, die vor der Verbindung in den freigesprochenen, hinzuverbundenen Verfahren angefallen sind, sind voll erstattungsfähig. Ich sehe da auch das Problem nicht. Wenn man mehrere einzelne Verfahren geführt hätte, wäre es auch nicht anders.

  • Wenn eine Vorverfahrensgebühr nur in der Sache entstanden ist, für die der Angeklagten nicht verurteilt wurde, würde es der Kostengrundentscheidung m.E. nicht widersprechen, diese voll zu erstatten.

    Nein, eine Vorverfahrensgebühr wird nicht geltend gemacht... falls ich das irgendwo so beschrieben haben sollte - das war falsch! :D

    War nur ein Beispiel.

  • Ach, der Rechtspfleger weiss doch auch, wie hoch die Terminsgebühr zu sein hat und ob eine Anhebung der Verfahrensgebühr um 10 oder 20% unbillig ist. ;) ...



    Ok, ich stimme Dir nun beim "Würfeln" zu. Dswegen finde ich es gut, dass der TS nun von der Würfelmethode Abstand nimmt

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Na immerhin... vielen Dank! :D

  • Da erscheint mir der Ansatz und die Erstattungsfähigkeit der "vollen" Gebühren aus dem ehemals selbständigen Verfahren eher widersprüchlich, da der Partei im Endeffekt ja doch nahezu sämtliche Auslagen erstattet werden würden.

    Das ist dann aber eben so. Gebühren, die vor der Verbindung in den freigesprochenen, hinzuverbundenen Verfahren angefallen sind, sind voll erstattungsfähig. Ich sehe da auch das Problem nicht. Wenn man mehrere einzelne Verfahren geführt hätte, wäre es auch nicht anders.


    Seit der Verbindung gibt es aber nur noch ein einheitliches Verfahren mit einer Kostenentscheidung. Diese ist daher auf die gesamten Auslagen des Verteidigers anzuwenden.

    Da kann man nicht vor Anwendung der Differenzberechnung irgendwelche Gebühren separat behandeln.

  • Wenn aber Grund- und Verfahrensgebühr in den freigesprochenen Verfahren separat angefallen ist, gibt es hinsichtlich dieser Vergütungsbestandteile keine Differenz. Die kann sich dann nur auf die restlichen Gebühren im Verbund beziehen. Das ergibt sich ganz zwanglos aus der Berechnung, ohne irgendetwas separat zu behandeln.

  • Wenn aber Grund- und Verfahrensgebühr in den freigesprochenen Verfahren separat angefallen ist, gibt es hinsichtlich dieser Vergütungsbestandteile keine Differenz. Die kann sich dann nur auf die restlichen Gebühren im Verbund beziehen. Das ergibt sich ganz zwanglos aus der Berechnung, ohne irgendetwas separat zu behandeln.


    :gruebel: welche Berechnung?


    Ich versuche mal zu verdeutlichen, wie ich es meine:

    Es gibt Verfahren A, B, C mit jeweils unterschiedlichen Tatvorwürfen, die (meinetwegen nach Anklageerhebung) verbunden werden zu einem einheitlichen Verfahren. Es gibt dann einen HVT mit einem Teilfreispruch und einer Kostenentscheidung "Die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last fallen, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde.".

    Nun stellt der Verteidiger einen Kostenfestsetzungsantrag mit sämtlichen Gebühren und Auslagen.

    Soweit ich weiß, ist bei Teilfreispruch bis auf Ausnahmefälle die Differenztheorie anzuwenden. Und diese gibt vor, dass von der gesamten Anwaltsvergütung die Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn das Verfahren nur im Umfang der Verurteilung geführt worden wäre. Die unterschiedlichen Gebührenhöhen sind wegen § 14 RVG durch den Verteidiger zu benennen. Die sich errechnende Differenz ist dann der Festsetzungsbetrag gegen die Staatskasse.

    Nach meiner Ansicht kann man eben nicht einfach die Gebühren für die Freispruchsverfahren abziehen und dann erst irgendwie einen Rest ausrechnen.

  • Es gibt Verfahren A, B, C mit jeweils unterschiedlichen Tatvorwürfen, die (meinetwegen nach Anklageerhebung) verbunden werden zu einem einheitlichen Verfahren. Es gibt dann einen HVT mit einem Teilfreispruch und einer Kostenentscheidung "Die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last fallen, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde.".

    Nun stellt der Verteidiger einen Kostenfestsetzungsantrag mit sämtlichen Gebühren und Auslagen.

    Soweit ich weiß, ist bei Teilfreispruch bis auf Ausnahmefälle die Differenztheorie anzuwenden.


    Ein Vorrang der Differenzmethode besteht m.E. nicht, siehe #3.

    Und diese gibt vor, dass von der gesamten Anwaltsvergütung die Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn das Verfahren nur im Umfang der Verurteilung geführt worden wäre. Die unterschiedlichen Gebührenhöhen sind wegen § 14 RVG durch den Verteidiger zu benennen. Die sich errechnende Differenz ist dann der Festsetzungsbetrag gegen die Staatskasse.

    Nach meiner Ansicht kann man eben nicht einfach die Gebühren für die Freispruchsverfahren abziehen und dann erst irgendwie einen Rest ausrechnen.

    Wenn in deinem Fall der Verteidiger in der Sache A an einem Vernehmungstermin teilgenommen hat und ein Freispruch wegen dieses Vorwurfs erfolgt, kann man die von dir genannte Kostenentscheidung doch nur erfüllen, indem man die entsprechende Terminsgebühr voll erstattet.
    Oder anhand deiner Erklärung der Differenzmethode: Man zieht die Gebühren ab, die entstanden wären, wenn das Verfahren nur wegen der Tat durchgeführt worden wäre, wegen denen eine Verurteilung erfolgt ist, der Rest ist zu erstatten. Die Terminsgebühr ist aber gerade nicht wegen dieser Tat entstanden.

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