Differenztheorie/Quotenregelung

  • Ich bin mir nicht sicher, ob wir hier alle denselben Fall diskutieren und ob wir die Kostengrundentscheidung gleich verstehen. Gebühren die vor Verbindung angefallen sind, fallen nicht wieder weg. Wenn ich also 3 Verfahren habe, bei denen die Grund- und Verfahrensgebühr schon angefallen ist und bei denen zum Zweck der gemeinsamen Verhandlung dann eine Verbindung erfolgt, bleibt es dabei, dass für jedes der Verfahren die Grund- und Verfahrensgebühr angefallen ist. Da gibt es nichts zu quoteln oder zu differenzieren. Nach der Verbindung handelt es sich nur noch um eine Angelegenheit mit 3 Gegenständen, die unter dem führenden Aktenzeichen geführt wird. Die Verfahrensgebühr wird von den schon vor Verbindung angefallenen Verfahrensgebühren verdrängt. Für den Termin entsteht eine einheitliche Terminsgebühr. Die Kostengrundentscheidung unter dem führenden Aktenzeichen gilt natürlich für alle 3 Gegenstände. Dass der Angeklagte die Auslagen, die für die verurteilten Taten angefallen sind, selbst tragen muss, muss dabei nicht zwingend erwähnt werden. Denn ohne Kostengrundentscheidung bleiben die Auslagen für einen Anwalt immer da, wo sie angefallen sind. Ergo wären hinsichtlich des Freispruchs die Grund- und Verfahrensgebühr ganz und die Terminsgebühr anteilig zu ersetzen, wobei es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (Rechtspfleger) liegt, ob es quotelt oder die Differenzmethode anwendet.

    Dass Du gem. Nr. 145 RiStBV den Bezirksrevisor anhören musst, weißt Du ?

  • Bei uns wird die Differenzberechnung generell angewandt. Der hier geschilderte Fall ist aber auch eher selten. Meist umfasst ein Teilfreispruch nicht konkret vorher selbstständige Verfahren, sondern irgendwelche Vorwürfe eines Verfahrens mit mehreren Anklagepunkten.

  • Wie wäre es mit OLG München, Beschl. v. 30.1.2017 - 4c Ws 5/17 - http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/1757.htm - und OLG Celle, Beschl. v. 08.08.2016 - 1 Ws 382/16 - http://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/1675.htm. Die OLG schreiben wie es geht:
    "Die Berechnung nach der Differenzmethode erfolgt in drei Schritten, zu denen zunächst die Ermittlung der Wahlverteidigergebühren, sodann die der fiktiven Gebühren bei einer der Verurteilung entsprechenden Verfahrensführung und schließlich die Differenz zwischen diesen beiden Vergütungsbeträgen ermittelt wird."
    Ich würde auch die Gebühren, die einem Verfahren/einem Vorwurf zugeordnet werden können, raus rechnen. Von denen muss m.E. der Angeklagte, wenn er insoweit frei gesprochen wird, entlastet werden.

  • Vielen Dank für die aktuellen Fundstellen, kannte ich noch nicht.

    Aus diesen geht aus meiner Sicht klar hervor, wie die Berechnung zu erfolgen hat. Sie legt nämlich als Ausgangspunkt zur Berechnung des Erstattungsanspruches die Gesamtvergütung zugrunde. Insbesondere wenn zuvor Vergütung als Pflichtverteidiger gezahlt wurde, die vollständig vom errechneten (ggf. fiktiven) Erstattungsbetrag abzuziehen ist, kann man nicht irgendwelche Gebühren (und auch Auslagen?) vorab abziehen.

  • Ich glaub Du diskutierst hier Konstellationen, die niemand außer Dir im Auge hat. Es ging hier nicht darum, wie man mit PV-Vergütung + Differenztheorie umgeht. Sondern wie man innerhalb der Differenzberechnung mit Vergütungsbestandteilen umgeht, die ausschließlich auf den freigesprochenen Vorwurf angefallen sind.

    Die PV kommt erst ganz zum Schluss. Wenn die gezahlte PV-Vergütung die berechnete Differenz deckt/übersteigt, ergibt sich ja wohl nach inzwischen herrschender Rechtsprechung überhaupt kein Erstattungsanspruch mehr.

  • Ich glaub Du diskutierst hier Konstellationen, die niemand außer Dir im Auge hat. Es ging hier nicht darum, wie man mit PV-Vergütung + Differenztheorie umgeht. Sondern wie man innerhalb der Differenzberechnung mit Vergütungsbestandteilen umgeht, die ausschließlich auf den freigesprochenen Vorwurf angefallen sind.


    Meiner Meinung nach ist die Vergütung des Wahlverteidigers - unabhängig von evtl. Pflichtverteidigervergütung - einfach einheitlich zu behandeln.

    Bei Abschluss und Kostenentscheidung lag nur noch ein einheitliches Verfahren vor. Da widerstrebt es mir einfach, z. B. die vor der Verbindung entstandene Verfahrensgebühr für Verfahren A vorab herauszurechnen und dann nur z. B. die Terminsgebühren des einheitlichen Verfahrens in die Differenzberechnung einzubeziehen.

    Für die Ermittlung der Gesamtvergütung, die Ausgangspunkt der Berechnung ist, wird der Verteidiger im Rahmen des § 14 RVG nämlich alles einbeziehen und von entsprechend höherem Umfang und Schwierigkeit ausgehen.


  • Meiner Meinung nach ist die Vergütung des Wahlverteidigers - unabhängig von evtl. Pflichtverteidigervergütung - einfach einheitlich zu behandeln.

    Bei Abschluss und Kostenentscheidung lag nur noch ein einheitliches Verfahren vor. Da widerstrebt es mir einfach, z. B. die vor der Verbindung entstandene Verfahrensgebühr für Verfahren A vorab herauszurechnen und dann nur z. B. die Terminsgebühren des einheitlichen Verfahrens in die Differenzberechnung einzubeziehen.

    Aber wenn die Kostengrundentscheidung lautet

    "Die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde."

    ist es schwer zu rechtfertigen, Kosten die nur wegen einer Tat, für die der Angeklagte nicht verurteilt wurde, entstanden sind, nicht voll zu erstatten.

  • Da widerstrebt es mir einfach, z. B. die vor der Verbindung entstandene Verfahrensgebühr für Verfahren A vorab herauszurechnen und dann nur z. B. die Terminsgebühren des einheitlichen Verfahrens in die Differenzberechnung einzubeziehen.

    Dann möchte ich mal wissen, wie Du das praktisch machen willst. Du rechnest doch nicht vorher irgendwelche Gebühren raus, sondern einfach innerhalb der Differenzberechnung, weil die Gebühr eben zum freigesprochenen Teil gehört. Genauso rechnest Du doch dann auch die VG aus dem verurteilten Verfahren voll der Verurteilung zu.

    M.E. hast Du hier einfach einen Denkfehler. Oder Du willst das nicht durchdenken, weil Dir irgendwas widerstrebt. Sorry, aber ich bin mit meinem Latein am Ende. :gruebel:

  • Da widerstrebt es mir einfach, z. B. die vor der Verbindung entstandene Verfahrensgebühr für Verfahren A vorab herauszurechnen und dann nur z. B. die Terminsgebühren des einheitlichen Verfahrens in die Differenzberechnung einzubeziehen.

    Dann möchte ich mal wissen, wie Du das praktisch machen willst. Du rechnest doch nicht vorher irgendwelche Gebühren raus, sondern einfach innerhalb der Differenzberechnung, ... :gruebel:


    Der Beitrag von Herrn Burhoff #23 liest sich allerdings anders, nämlich dass ein Vorababzug erfolgen soll:

    "Ich würde auch die Gebühren, die einem Verfahren/einem Vorwurf zugeordnet werden können, raus rechnen. Von denen muss m.E. der Angeklagte, wenn er insoweit frei gesprochen wird, entlastet werden."


    Dies ist aus meiner Sicht nicht richtig, da die Differenzmethode so funktioniert (Auslagen jetzt mal außen vor):

    Gesamtbetrag der Gebühren des Wahlverteidigers - Gebühren, die entstanden wären, wenn Verfahren nur wegen der Tatvorwürfe geführt worden wäre, für die verurteilt wurde = Erstattungsbetrag


    Daher sehe ich nach wie vor nicht, an welcher Stelle ich hier Gebühren vor Verfahrensverbindung angefallene Gebühren separat abziehen könnte.

  • wo Sie die herausrechnen, ist m.E. im Ergebnis egal. Eins ist nur sicher: Gebühren, die wegen einer Tat, für die der Angeklagte nicht verurteilt wurde, entstanden sind, sind zu erstatten.

  • Nein, nicht vorab. Dieser Begriff ist missverständlich. Die Gebühr wird nicht vorab rausgerechnet, sondern innerhalb der Differenzberechnung komplett dem Freispruch zugeschlagen. Weil sie komplett zum Freispruch gehört. Ich stell jetzt echt gleich eine Beispielrechnung ein.:(

  • wo Sie die herausrechnen, ist m.E. im Ergebnis egal. Eins ist nur sicher: Gebühren, die wegen einer Tat, für die der Angeklagte nicht verurteilt wurde, entstanden sind, sind zu erstatten.


    dann mal ein Beispiel (fast ohne Zahlen):


    3 anfangs separate Strafverfahren A, B, C gegen einen Angeklagten (jeweils gleicher Verteidiger), in allen bereits Grund- und Verfahrensgebühren entstanden

    nunmehr Verbindung (Verfahren A führt) und zwei Hauptverhandlungstermine

    Ergebnis: Freispruch bzgl. des anfangs im Verfahren C verfolgten Vorwurfs, im übrigen Verurteilung; Kostenentscheidung: außergerichtliche Auslagen sind zu erstatten, soweit Freispruch erfolgte


    Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers, der enthält:


    a) Ansatz für den gesamten Verfahrensverbund:

    Grund- und Verfahrensgebühren für A, B und C

    zwei Terminsgebühren für die Verhandlungen nach Verbindung; diese wegen § 14 RVG entsprechend hoch (da auch Verfahren C Umfang, Schwierigkeit usw. erhöhte), nämlich z. B. je 350,- €


    b) für Differenzmethode notwendige Vergleichsberechnung (Gebühren/Auslagen wenn die Verfahren nur im Umfang der Verurteilung geführt worden wären):

    Grund- und Verfahrensgebühren für A, B

    zwei Terminsgebühren für die Verhandlungen nach Verbindung; diese wegen § 14 RVG niedriger als bei a) (da Verfahren C bzgl. Umfang, Schwierigkeit usw. nicht zu berücksichtigen), nämlich z. B. je 280,- €


    Um den Erstattungsanspruch des Angeklagten zu ermitteln, ziehe ich jetzt vom unter a) ermittelten Gesamtbetrag den geringeren Betrag der Berechnung b) ab. Das Ergebnis ist aus der Staatskasse zu erstatten.

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