Grundstückseigentümer nicht ermittelbar

  • Hallo,
    ich möchte mich hier an die Spezialisten mit folgenden Sachverhalt wenden:

    Im Grundbuch (Bayern) ist ein Flurstück eingetragen mit insgesamt 7 Eigentümern. Dabei hat 1 Eigentümer einen Anteil von ½ und die anderen Eigentümer (2-7) einen Anteil von ½ in Erbengemeinschaft. Der Eigentümer Nr. 1 ist bekannt, bei den Eigentümern 2 – 7 sind nur Nachname, Vorname und Wohnort eingetragen. Diese Eigentümer sind nicht ermittelbar (z.B. über zuständige Gemeinde/Meldeamt). Diese Eigentümer waren bereits in einem Grundbuchblatt im Jahre 1961 als Eigentümer dieses Grundstücks eingetragen.

    Bei dem gegenständlichen Grundstück handelt es sich um ein 734 m² großes Flurstück mit der lt. Vermessungsamt angegebenen Nutzung „Straßenverkehr“. Tatsächlich handelt es sich hier um eine Teilfläche einer Gemeindestraße. Das Grundstück ist seit 1967 (Aufstellung Straßenbestandsverzeichnis) als gewidmeter Teil einer Gemeindestraße eingetragen.

    Die Gemeinde möchte nun die Eigentümerverhältnisse „bereinigen“ und Eigentümerin dieser Straßenverkehrsfläche bzw. des Grundstücks werden.

    Wie sollte sie dazu am besten vorgehen?

  • Wurden tatsächlich alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft? - Nachlassakte etc. pp.?

    Könnte sich die Gemeinde mit dieser Frage evtl. an das Nachlassgericht wenden? Auch wenn keine Geburts- oder Sterbedaten bekannt sind?

  • Zuständiges Nachlassgericht und Aktenzeichen sollten sich aus dem Grundbuch ergeben.
    Sind die Einwohnermeldeamtsanfragen mit dem Zusatz "Archivanfrage" erfolgt?
    Kennt der bekannte Eigentümer seine Miteigentümer nicht?

  • Zuständiges Nachlassgericht und Aktenzeichen sollten sich aus dem Grundbuch ergeben.


    Zuständiges Nachlassgericht ist bekannt. Ein Aktenzeichen ergibt sich nicht aus dem Grundbuch

    Sind die Einwohnermeldeamtsanfragen mit dem Zusatz "Archivanfrage" erfolgt?


    Ja.

    Kennt der bekannte Eigentümer seine Miteigentümer nicht?


    Nein.

  • Vermutlich wurde noch gar nicht richtig ermittelt, sondern die Suche bereits nach den ersten "Fehlschlägen" eingestellt.

    Das Aktenzeichen des Nachlassgerichts ergibt sich natürlich aus der Grundakte und dort befinden sich auch die seinerzeitigen Eintragungsunterlagen (Erbschein oder notarielles Testament). Das ist dann der Beginn der Suche.

  • Vermutlich wurde noch gar nicht richtig ermittelt, sondern die Suche bereits nach den ersten "Fehlschlägen" eingestellt. Das Aktenzeichen des Nachlassgerichts ergibt sich natürlich aus der Grundakte und dort befinden sich auch die seinerzeitigen Eintragungsunterlagen (Erbschein oder notarielles Testament).

    Das kann natürlich möglich sein. Die Gemeinde hat allerdings vom Grundbuchamt eine andere Auskunft erhalten. Was soll die Gemeinde nun machen? Einen Mitarbeiter hinschicken, Akteneinsicht beantragen und die Grundakte durchsehen? Geht das?

  • Ich habe hier auch drei solcher Akten. Da ist eine Grundbuchberichtigung einfach nicht möglich, weil niemand diese Personen kennt. Nun liegen die Akten hier. Kann ja schlecht einen Detektiv beauftragen und ein Aufgebot beantragt auch keiner :(

  • Wenn das erforderliche rechtliche Know-How für eine fundierte Suche nicht vorhanden ist, kann man natürlich wenig machen.

    Die Vorzüge der amtlichen Erbenermittlung habe ich schon an anderer Stelle gepriesen, so dass ich mich insoweit nicht wiederholen möchte.

  • Nachdem es offensichtlich keine Alternativen gibt, wird die Gemeinde nun eine Aufgebotsverfahren über das Notariat beantragen. Mal sehen, was der Richter sagt.

  • Er wird es ablehnen.

    Es kann doch auch nicht sein, dass ein Eigentümer mit seinem Recht ausgeschlossen werden soll (also sozusagen enteignet), nur weil eine Gemeinde zu faul ist Personenermittler wie z.B. Detektei u.ä. einzuschalten bzw. als ersten Schritt die Nachlassakten einzusehen.

    Ja, sowas kostet Geld. Aber da es sich nach Angabe um ein lange bekanntes Problem handelt sind die Probleme hausgemacht.

    Als Alternative heftet man dann also einen unscheinbaren Zettel an die Gerichtstafel und schon ist man nach ein paar Wochen des Wartens Eigentümer. So würde ich es auch gerne machen.

    Mal eine andere Frage: wenn die Eigentümer unbekannten Aufenthaltes sind werden sie doch seit Jahren keine Grundbesitzabgaben zahlen. Warum hat die Gemeinde dann nicht längst aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG die Versteigerung durchgeführt?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • ...

    Im Grundbuch (Bayern) ist ein Flurstück eingetragen mit insgesamt 7 Eigentümern. Dabei hat 1 Eigentümer einen Anteil von ½ und die anderen Eigentümer (2-7) einen Anteil von ½ in Erbengemeinschaft. Der Eigentümer Nr. 1 ist bekannt, bei den Eigentümern 2 – 7 sind nur Nachname, Vorname und Wohnort eingetragen. Diese Eigentümer sind nicht ermittelbar (z.B. über zuständige Gemeinde/Meldeamt). Diese Eigentümer waren bereits in einem Grundbuchblatt im Jahre 1961 als Eigentümer dieses Grundstücks eingetragen.
    ...


    :confused:
    Was soll denn das jetzt?
    Da muss halt mal jemand die Grundakten (von 1961) einsehen.

    Die Eintragungsgrundlage für die Erbfolge befindet sich bei den Grundakten; ggf. im Staatsarchiv.
    Dass eine aktuelle EMA (da findet man eben keine "Austragsbauerswitwe Kreszentia Huber, Hinterm Mond in der Ödnis") nicht weiterbringt ist schon klar, aber Enteigung, Aufgebot, Detektiv? :gruebel::gruebel::gruebel:

  • Mal eine andere Frage: wenn die Eigentümer unbekannten Aufenthaltes sind werden sie doch seit Jahren keine Grundbesitzabgaben zahlen.

    Bei uns haben einige Gemeinden auf die Grundsteuer für Grundstücke verzichtet, wo sie nur ein paar Euro einnehmen würden. Deshalb fällt es da manchmal nicht auf.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Ich habe eine Grundakte, die mir seit Jahren schwer im Magen liegt. Auch meine Vorgänger sind in der Akte nicht weitergekommen, da einige der in Erbengemeinschaft und Untererbengemeinschaften eingetragenen Eigentümer verstorben sind und die Erben schwer bzw. nicht ermittelbar sind. Es handelt sich bei dem Grundbesitz um Ackerland und die bekannten Erben sind sich uneinig. Der eingetragene Zwangsversteigerungsvermerk wurde wieder gelöscht, da man im ZV-Verfahren sicher auch nicht weiterkam.

    Ich habe es schon mit Zwangsgeld probiert. Daraufhin kam entweder keine Reaktion oder es kamen Anrufe von vermeintlichen Erben, die mitteilten, dass sie nicht in der Lagen seien die Erbscheine zu beschaffen bzw. keine Urkunden besäßen. Einige teilten mit, dass selbst wenn ein Erbschein vorgelegt würde, noch viele weitere Erbscheine benötigt würden, um nur einen der eingetragenen verstorbenen Eigentümer berichtigen zu können. Damit haben sie auch recht. Ein Erbe hat vor Jahren einen großen Stammbaum zu einem verstorbenen Eigentümer mit 8 hinterlassenen Kindern, welche zum Teil auch schon nachverstorben sind, vorgelegt. Das Blöde ist, dass mir viele Erben oder Erbeserben zumindest namentlich bekannt sind, so dass keine Pflegschaft eingerichtet werden kann.

    Wie kann man denn in so einer verzwickten Sache weiterkommen? Bin ich überhaupt verpflichtet einen derartigen Fall aufzuklären oder kann ich die Akte einfach weglegen? Ein Fürsorgebedürfnis besteht anscheinend nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (8. März 2023 um 13:00)

  • Ich ...

    M.E. ist das ganze Verfahren der §§ 82 und 82a GBO verkorkst, aber hier mal der Ablauf, so wie ich ihn verstehe.

    Gem. § 82 GBO ist das GBA verpflichtet für die Berichtigung durch die Erben per Antrag samt Erbschein zu sorgen. (Soll-Vorschrift)

    "Leitet das Grundbuchamt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 GBO kein Verfahren ein, kann dies eine Amtshaftung gem. Art. 34 GG, § 839 BGB auslösen (Meikel GBO/Schneider Rn. 24)." (BeckOK GBO/Holzer, 48. Ed. 2.1.2023, GBO § 82 Rn. 12)

    Dafür musst du zunächst feststellen, wer deiner Meinung nach alles Erbe geworden ist.

    "Zwangsmaßnahmen nach § 82 S. 1 GBO dürfen nur gegenüber dem Eigentümer angewandt werden. Ist das Eigentum durch Rechtsnachfolge außerhalb des Grundbuchs übergegangen, muss das Grundbuchamt zunächst von Amts wegen den jetzigen Eigentümer ermitteln." (OLG Naumburg, Beschl. v. 21.2.2018 – 12 Wx 59/17)

    "1. Der Grundbuchberichtigungszwang kann auch gegen einen Miterben mit dem Ziel ausgeübt werden, dass dieser einen Berichtigungsantrag für den Gesamtnachlass stellt und dazu einen ggf. erforderlichen Erbschein beibringt.

    2. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Grundbuchamt im Wege der ihm obliegenden Amtsermittlung die Erbfolge für den Gesamtnachlass feststellt, dem in Anspruch genommenen Beteiligten also ein inhaltlich bestimmter Berichtigungsantrag vorgegeben werden kann." (OLG Hamm, Beschluss vom 3.4.2013 - I-15 W 107/13)

    Dafür kannst du dich parallel des Verfahrens nach § 82a GBO bedienen und die Erben durch Nachlassgerichte ermitteln lassen. Deren Ermittlungsergebnis hast du unabhängig zu würdigen und die Feststellung der Erben selbst zu treffen.

    Während deiner Ermittlungen (also auch ganz am Anfang) kannst du feststellen, ob die Verpflichtung zur Antragstellung Erfolgsaussicht hat oder nicht. Wenn du an einer Stelle feststellst, dass §82 GBO z.B. wegen der Unmöglichkeit der Beibringung von notwendigen Unterlagen, Nichterreichbarkeit aller Erben oder mangelnder Erfolgsaussicht von Zwangsgeldfestsetzungen nicht in Frage kommt, endet das Verfahren nach § 82.

    Je nach Ergebnis deiner Feststellung:

    - verpflichtest du also nach deiner Feststellung den/die Erben und ziehst das Verfahren durch oder

    - bist du engagiert und berichtigst von Amts wegen gem. § 82a oder

    - legst du den Vorgang weg, da die Amtsberichtigung § 82a nur eine Kann-Vorschrift ist.

  • Vielen Dank für deine Ausführungen!

    Ich habe absolut keine Ahnung wie ich die Sache lösen kann. Die eine, der aus 8 Erben bestehende Erbengemeinschaft wurde noch nicht im Grundbuch eingetragen, da sämtliche Erben nachverstorben sind. Die zum Teil bekannten Erben der nachverstorben Erben geben an, dass sie die Erbscheine nicht beantragen können, da Miterben nicht bekannt seien. Diese Erben kann ich doch nicht mit Zwangsgeld zwingen Erbscheine zu beschaffen. Es wurde auch schon mal ein Nachlasspfleger für einen verstorbenen Miteigentümer eingesetzt. Dieser ist aber auch nicht weitergekommen und die Nachlasspflegschaft wurde aufgehoben. Der Wert des Grundbesitzes beträgt max. 3000€, so dass umfangreiche Erbenermittlungen unterblieben sind.

    Somit kann ich die Sache nur verfristen oder weglegen, auch wenn ich dabei ein schlechtes Gefühl habe.

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