Vor- und Nacherbfolge im ENZ

  • Ich möchte folgendes Problem vorstellen:

    Mir liegt ein gemeinschaftliches, privatschriftliches Testament vor, in welchem sich die Eheleute A und B gegenseitig als befreite Vorerben eingesetzt haben. Nacherben bei Tode des Letztversterbenden sollen die gemeinschaftlichen Kinder C und D sein. A ist verstorben.
    Nun habe ich den Antrag auf Erteilung eines europäischen Nachlasszeugnisses aufzunehmen. Ergebnisse meiner Prüfung sind die, dass die örtliche Zuständigkeit gegeben ist. Ferner gilt deutsches Erbstatut. Das europäische Nachlasszeugnis wird von den spanischen Behörden verlangt um den in Spanien belegenen Nachlass (Grundbesitz) zu regeln. Ich unterstelle, dass Art 25 EuErbVO direkt oder analog Anwendung findet.

    Wie sieht es mit der Vor- und Nacherbfolge aus? Darf/ muss diese im ENZ ausgewiesen werden? Fällt diese unter Art 68 Buchst. n) EuErbVO?

    Für unterstützende Antworten wäre ich sehr dankbar.

  • Mal anders herum gefragt: Wie kommst Du auf den Gedanken, dass die Nacherbfolge nicht auszuweisen wäre? Die Bezeugung einer beschränkungslosen Erbfolge wäre nach dem maßgeblichen deutschen Erbstatut doch eindeutig unrichtig!

    Dass die spanischen Behörden auch einen deutschen Erbschein anerkennen müssen, wurde bereits hinreichend erörtert (Art. 39 Abs. 1, 62 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 EuErbVO). Man kapituliert also wieder einmal von einer eindeutig falschen Rechtsanwendung.

  • Cromwell, ich gebe dir uneingeschränkt recht, dass die Bezeugung der Erbfolge ohne Beschränkung nach deutschem Erbstatut unrichtig wäre.
    Meine Bedenken fußen hier eher auf die Probleme rechtlicher Würdigung in Spanien, die nicht in der EuErbVO verankert sind. Ich möchte keinesfalls kapitulieren, ganz im Gegenteil; ich möchte mich innerhalb des rechtlichen Raumes der EuErbVO bewegen mit dem Ziel der entsprechenden rechtlichen Würdigung in dem Mitgliedstaat Spanien. Zumindest möchte ich mich nicht allein auf Art 39 EuErbVo zurückziehen, sondern fühlte mich wohler, wenn ich konkret um die spanische Anerkennung des zu erteilenden Zeugnisses aufgrund von Erfahrungen von Forumteilnehmern wüsste.
    Hast du denn schon Erfahrungen damit gemacht?
    Oder jemand anders?
    Oder bin ich die Einzige, deren Erfahrungen auf dieser Ebene so dürftig sind?

  • Ob man kapituliert und ein ENZ beantragt oder versucht, sich mit einem deutschen Erbschein durchzusetzen, liegt in der Hand des Erben. Das Nachlassgericht muss das beantragte ENZ ausstellten. Das ENZ entfaltet die gleichen Legitimationswirkungen nicht nur in Spanien (sowie jedem anderen Verordnungsmitgliedstaat), sondern auch in Deutschland. Somit muss es die Vor- und Nacherbfolge berücksichtigen.
    Ob dadurch keine Probleme mit dem ausländischen Sachenrecht entstehen und eine Anpassung nach Art. 31 ErbRVO nicht notwendig ist, ist eine andere Frage. Die würde sich auch bei der Verwendung eines Erbscheins stellen.

  • Ob man kapituliert und ein ENZ beantragt oder versucht, sich mit einem deutschen Erbschein durchzusetzen, liegt in der Hand des Erben. Das Nachlassgericht muss das beantragte ENZ ausstellen.

    Ja, es ist in meinem Fall genauso, dass ein ENZ (und eben kein Erbschein) gewünscht wird; daher werde ich den Antrag (unter Beachtung deutschen Erbstatus mit der Ausweisung der Vor- und Nacherbfolge) aufnehmen. Ich hoffe, dass die Antragstellerin damit ihre Nachlassangelegenheit in Spanien regeln kann.

    Danke für eure Antworten!


  • Ja, es ist in meinem Fall genauso, dass ein ENZ (und eben kein Erbschein) gewünscht wird; daher werde ich den Antrag (unter Beachtung deutschen Erbstatus mit der Ausweisung der Vor- und Nacherbfolge) aufnehmen. Ich hoffe, dass die Antragstellerin damit ihre Nachlassangelegenheit in Spanien regeln kann.

    Und wie ging es aus? Meiner Erfahrung nach wollte bereits zweimal das spanische Grundbuch eine Übersetzung des ENZ haben (wohlgemerkt nur einfache Erbfolge ohne Klimbim): Daher wollten die Erben beide dann noch einen Erbschein haben, da der mit Übersetzung und Apostille billiger war.

    [Anmerkung: Auch Kollegen aus unserem Grundbuch musste ich erst überzeugen, dass sie bei einem italienischem ENZ keine (vollständige) Übersetzung brauchen]

    Und weil oben der Schlesier dabei ist: die wenigsten Probleme beim ENZ habe ich bislang mit Polen erfahren. Ein Grundbuchamt hat alles klaglos vollzogen, ein anderes (im selben Fall) hat sich am L statt Ł gestört - was kniefieselig ist, aber nicht völlig falsch. (Und in zwei weiteren Fällen kam gar keine Rückmeldung von den Erben).

  • Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass das ENZ leider übersetzt werden muss. In Polen empfehlte ich es den Notaren (die für die Ertielung der ENZs zuständig sind), gleich nach Erteilung des ENZ einem Übersetzer bzw. dem Antragsteller eine elektronische Fassung des ausgefühlten Formulars mit Hinweis auf das amtliche Formular in der Zielsprache zur Verfügung zu stellen. Die Übersetzung erhöht natürlich die Kosten erheblich.
    Bei L statt Ł Widerstand zu leisten, war lebensfremd (auch wenn nicht falsch). So sind aber leider viele poln. Grundbuchreferendare. Positiv ist, dass in den anderen Fällen alles gut gelaufen ist.


  • Und wie ging es aus? Meiner Erfahrung nach wollte bereits zweimal das spanische Grundbuch eine Übersetzung des ENZ haben (wohlgemerkt nur einfache Erbfolge ohne Klimbim): Daher wollten die Erben beide dann noch einen Erbschein haben, da der mit Übersetzung und Apostille billiger war.


    Die spanischen Behörden erkennen das ENZ so nicht an sondern verlangen eine Apostille!!!!!

  • Die spanischen Sachbearbeiter scheinen noch schlechter auf die EuErbVO vorbereitet zu sein wie die hiesigen.

    Die Apostille wird in der Regel für die BEglaubigung der Unterschrift des Übersetzers unter dessen Richtigkeitsvermerk (für die Übersetzung) verlangt, dafür gilt die EUErbVO vermutlich nicht.

    Die Franzosen sind aber auch lustig. Eine Kollegin schrieb mir diese Woche, sie bräuchte für den Vollzug eines Vermächtnisses (Ferienhaus) noch folgende Unterlagen:
    - eine notarielle Bestätigung darüber, dass die im ENZ aufgeführte Erbfolge korrekt ist (Notorietätsakt)
    - eine notarielle Bestätigung darüber, dass das dem ENZ zugrundeliegende Testament nach deutschem Recht wirksam ist (weiland beurkundender Notar: ich selbst :strecker)
    - eine Erläuterung, wie in Deutschland dinglich wirkende Grundstücksvermächtnisse ohne Mitwirkung der Erben oder eines TV erfüllt werden :teufel:.

    Und das, nachdem Alleinerbe und Vermächtnisnehmer mit (übersetztem und für die Übersetzung apostillierten) ENZ bei ihr auftauchten und um Vorbereitung des Übertragungsaktes baten. In Belgien (da gibt't auch ein Ferienhaus, welches der gleichen Person vermacht wurde) war das kein Problem gewesen, mit der exakt selben Urkunde (es spielt im fanzösischsprachigen Teil Belgiens).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es wurde ein ENZ beantragt. Erbe sind A und B zu je 1/2 geworden. A ist jedoch nur beschränkte Vorerbin. Nacherben sind bei ihrem Tod etwaige eheliche Abkömmlinge. Sollten eheliche Abkömmlinge nicht vorhanden sein, so ist B, ersatzweise deren eheliche Abkömmlinge, Nacherbin.

    Gemäß Art. 68 lit. n EuErbVO ist die Beschränkung durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft im ENZ anzugeben. Sind hier dann - entsprechend 352b FamFG - die Tatsache der Anordnung, die Voraussetzungen unter welchen sie eintritt und wer Nacherbe bzw. Ersatznacherbe ist anzugeben? Oder beschränkt man sich im ENZ auf die Tatsache der Anordnung?

    Der erforderliche Antragsinhalt ergibt sich aus Art. 65 EuErbVo. Worunter fällt die Angabe der Vor- und Nacherbschaft? Kann man das unter Art. 65 Abs.3 lit h fassen?

  • Wann man sich vor Augen hält, dass aufgrund der Angaben im ENZ ggf. auch ein Nacherbenvermerk im Grundbuch einzutragen ist, beantwortet sich die Frage nach dem diesbezüglichen Inhalt des ENZ von selbst. Es muss im Hinblick auf eine angeordnete Nacherbfolge exakt den gleichen Inhalt haben wie ein Erbschein.

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