106-Antrag statt 126-Antrag gestellt, KFB schon erlassen

  • Hallo ihr Lieben,

    ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.

    Ich habe in einer Sache einen KFB nach §106 ZPO erlassen.
    Beide Parteien hatten mir ihre Kosten mit der Bitte um Ausgleichung nach §106 ZPO zur Akte eingereicht. Dementsprechend habe ich auch eine Ausgleichung nach §106 ZPO gemacht.

    Nun hat der Anwalt mir geschrieben, dass wohl von Seiten der Kanzlei ein Fehler gemacht worden ist, eigentlich sollte wohl kein Antrag nach §106, sondern ein Antrag nach §126 ZPO gestellt werden. Er bittet nun um Erlass eines neuen KFB nach §126 ZPO.

    Nun weiß ich nicht genau, was ich damit machen soll. Ich habe das jetzt erst mal der Gegenseite zur Stellungnahme geschickt. Der Anwalt teilte mir am Telefon jedoch schon mit, dass die Gegenseite wohl aufrechnen möchte und das nicht mehr könnte, wenn der KFB nach §126 ZPO erlassen würde. Daher gehe ich nicht davon aus, dass die Gegenseite einverstanden ist.

    Mein Problem ist, dass es sich ja hierbei nicht um ein wirkliches Rechtsmittel handelt. Außerdem wäre das hier meiner Meinung nach ohnehin sinnfrei, da kein wirklicher Fehler vorliegt. Es wurde seitens des Gerichts kein Fehler in dem Beschluss gemacht, da beide Seiten ja nach §106 ZPO angemeldet haben und gebührenrechtlich ist auch alles richtig. Ich würde aber jetzt auch nicht einfach den KFB aufheben und einen neuen erlassen... :confused:

    Danke schon mal :)

  • Es wurde seitens des Gerichts kein Fehler in dem Beschluss gemacht, da beide Seiten ja nach §106 ZPO angemeldet haben...

    :daumenrau

    Ich würde aber jetzt auch nicht einfach den KFB aufheben und einen neuen erlassen...

    Siehe zum Verfahren in diesen Fällen Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 126 Rn. 9-13.:)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • der erste antrag ist beschieden und erledigt. er kann nicht mehr abgeändert werden. eine nochmalige festsetzung erfolgt nicht.

  • Sehe ich genauso. Ein Fehler liegt nicht vor, vielmehr ist den Anträgen genau entsprochen worden. Da hätte man früher aufpassen sollen. Jetzt auf diesem Wege einen Vorteil herausschinden zu wollen, geht gar nicht. Wenn der Betreffende nicht einverstanden ist, soll er einen förmlichen Weg einschlagen und bekommt dann die passende Entscheidung serviert.

  • Sehe ich genauso. Ein Fehler liegt nicht vor, vielmehr ist den Anträgen genau entsprochen worden. Da hätte man früher aufpassen sollen. Jetzt auf diesem Wege einen Vorteil herausschinden zu wollen, geht gar nicht. Wenn der Betreffende nicht einverstanden ist, soll er einen förmlichen Weg einschlagen und bekommt dann die passende Entscheidung serviert.

    Aber so was von :zustimm: :D
    Was auch sonst...

  • Grundsätzlich stehen beide Ansprüche (des RAs und der Partei) auf Erstattung selbständig und gleichberechtigt nebeneinander (Schneider/Wolf, RVG, 8. Aufl., § 55 Rn. 120; OLG Naumburg, Rpfleger 2008, 428; OLG Rostock, MDR 2006, 418; OLG Schleswig, NJW-RR 2004, 717; OLG Frankfurt, Rpfleger 1990, 468; OLG Hamm, AnwBl 1988, 543; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 126 Rn. 9 mwN.). Das bedeutet, daß der RA auch jetzt noch seinen Anspruch nachträglich zur Festsetzung anmelden kann. Dazu bedarf es aber erst einmal eines formgerechten Antrages.

    Solange zugunsten der Partei noch nicht festgesetzt wurde, besteht das Aufrechnungsverbot aus § 126 II ZPO (mit Ausnahme der Kosten nach dortigem Satz 2). Wird es aber ausgeübt, kann der Gegner nunmehr gegen die Partei aufrechnen. Reicht der RA jetzt nachträglich "seinen" Antrag nach § 126 I ZPO ein, so lebt das Aufrechnungsverbot zwar wieder auf. Der RA muß jedoch etwaige Erfüllungshandlungen, welche der Partei gegenüber eingewandt werden konnten, auch gegen sich gelten lassen (Schneider/Wolf, aaO., Rn. 122; OLG Naumburg, aaO.). Um Umfang seines Anspruches verliert die Partei das Recht, aus dem zu ihren Gunsten ergangenen Beschluß zu vollstrecken (vgl. Zöller/Geimer, aaO., Rn. 11).

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  • Sehe ich genauso. Ein Fehler liegt nicht vor, vielmehr ist den Anträgen genau entsprochen worden. Da hätte man früher aufpassen sollen. Jetzt auf diesem Wege einen Vorteil herausschinden zu wollen, geht gar nicht. Wenn der Betreffende nicht einverstanden ist, soll er einen förmlichen Weg einschlagen und bekommt dann die passende Entscheidung serviert.

    Genau, und zwar einen 2. KFB diesmal aber nach 126 ZPO. :cool:

    Der 1. KFB gem. § 106 ZPO hindert nicht die Festsetzung nach § 126 ZPO, andersherum schon. Es gibt übrigens auch keine Rechtsgrundlage den 126er von der Rückgabe des 106er abhängig zu machen.
    Ansonsten wie der Hinweis von Husky98 auf Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 126 Rn. 9-13 und wie Bollef.

  • Tja, da besteht wohl mal wieder keine wirkliche Einigkeit. Dazu:

    Zitat
    Zitat
    Zitat

    LS
    Ein KFA nach § 126 I ZPO ist eindeutig auf eine Beitreibung des beigeordneten RA im eigenen Namen zu richten; im Zweifel ist davon auszugehen, dass der KFA von der Partei selbst gestellt ist.

    OLG Celle, Beschl. v. 30.07.2013 – 2 W 165/13


    juris

    Hier ist der Antrag im Namen der Partei gestellt und beschieden worden. Das Verfahren ist m.E. beendet. Ich verweise insoweit auf die Celler Begründung.

  • Tja, da besteht wohl mal wieder keine wirkliche Einigkeit.


    Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor, 13. Wir alle sind doch derselben Meinung, daß für einen 2. KfB nach § 126 ZPO es eines formgerechten Antrags bedarf und der jetzt auf den Namen der Partei ergangene KfB nicht einfach auf den Namen des RA "umgeschrieben" werden kann. Entschieden ist entschieden. :daumenrau

    Die andere im Raum stehende Frage war wohl, ob so ein KfB nach § 126 ZPO überhaupt grundsätzlich noch ergehen kann, obgleich ein KfB zugunsten der Partei bereits existiert. Und das wird man wohl bejahen können. :)

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  • Die Uneinigkeit bezog sich auf die Rechtsprechung. Ich habe das schon richtig verstanden, bin aber wie Mr. T der Ansicht, dass auf einen endgültig beschiedenen Antrag nicht ein 2. KFB ergehen darf und meine, genau das auch aus der Begründung des OLG Celle herauszulesen. Zu diesem Thema habe ich sogar die kontroverse Rechtsprechung in meiner Datei aufgeführt, wobei ich jetzt nicht geprüft habe, aber ziemlich sicher bin, dass auch die von Bolleff weiter oben genannte (teilweise) dabei ist. Nach meinem Verständnis ist man sich nicht einig, ob man zu einem ergangenen KFB nach § 104 ZPO einen solchen nach § 126 ZPO einfach nachschieben kann. Dass beide Ansprüche selbständig nebeneinander stehen, ist unbestritten. Hat man sich jedoch für eine Variante entschieden (bei unklarer Lage gilt § 104 ZPO), ist der Antrag durch diese Entscheidung aufgebraucht. Hat man sich - wie hier - dabei vertan, ist es m.E. zu spät und man hat Pech gehabt. Die doppelte Bescheidung eines KFA halte ich aber weiterhin für nicht machbar und ist mir auch nie irgendwo untergekommen.

    Aus der Praxis kenne ich leider nur die Fälle, bei denen man § 126 ZPO "übersehen" hat und versehentlich nach § 104 ZPO festgesetzt hat. In dem Fall habe ich nach Einverständnis-Einholung immer nach § 319 ZPO verfahren können.

  • Tja, da besteht wohl mal wieder keine wirkliche Einigkeit.


    Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor, 13. Wir alle sind doch derselben Meinung, daß für einen 2. KfB nach § 126 ZPO es eines formgerechten Antrags bedarf und der jetzt auf den Namen der Partei ergangene KfB nicht einfach auf den Namen des RA "umgeschrieben" werden kann. Entschieden ist entschieden. :daumenrau

    Die andere im Raum stehende Frage war wohl, ob so ein KfB nach § 126 ZPO überhaupt grundsätzlich noch ergehen kann, obgleich ein KfB zugunsten der Partei bereits existiert. Und das wird man wohl bejahen können. :)


    Dann würde ich aber zumindest vor Erlass des KfB nach § 126 ZPO die vollstreckbare Ausfertigung des bisherigen KfB zurückfordern.

  • da wüsste ich ganz gern die rechtsgrundlage. das ist doch Sache der Beteiligten. da fehlt dann nur noch der 11-er, um die Beteiligten endgültig zu verwirren :eek:

  • Nach meiner Ansicht bedeutet die unstrittige Rechtsmeinung, dass beide Ansprüche (Partei und RA) selbständig nebeneinander existieren nicht, dass auch 2 KFB nebeneinander erlassen werden dürfen. Ich bleibe bei der entweder-oder-Variante. Das wäre letztendlich auch ein einmaliger Vorgang, dass zu einem Anspruch 2 Titel geschaffen werden...

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Ich bin jetzt aber doch noch etwas verwirrt... ich sehe es eigentlich so, dass zwar die Ansprüche existieren, aber ich bin der Meinung, dass ich doch jetzt nicht über denselben Betrag nebst Zinsen zwei KFBs erlassen kann. Da würde ich also 13 zustimmen. Hab ich da jetzt irgendwo einen Denkfehler? Ich bin ehrlich gesagt aber noch nicht dazu gekommen, dazu die genannten Fundstellen im Kommentar nachzulesen, das hab ich erst für morgen Nachmittag eingeplant.:confused:

  • Die Uneinigkeit bezog sich auf die Rechtsprechung. Ich habe das schon richtig verstanden, bin aber wie Mr. T der Ansicht, dass auf einen endgültig beschiedenen Antrag nicht ein 2. KFB ergehen darf und meine, genau das auch aus der Begründung des OLG Celle herauszulesen.


    Okay, dann geht das Mißverständnis an mich. Ich hatte gedacht, daß wir uns da alle einig sind. ;)

    Zu der OLG Celle-Entscheidung: Das sagt das OLG Celle nicht, 13. Im Gegenteil betont es:

    "Ihm [dem RA] bleibt es freilich unbenommen, ein neues Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 126 Abs. 1 ZPO einzuleiten, wie er es mit dem in der Beschwerdeschrift zugleich gestellten Antrag bereits getan hat. Über diesen Antrag hat der Rechtspfleger jedoch noch nicht entschieden."


    Wie dann weiter zu verfahren ist, ist streitig. Geimer hat das im Zöller bei § 126 Rn. 12 und 13 umfassend dargestellt. "Üblich" sei es, daß der KfB zugunsten der Partei vom Gericht zurückgefordert wird, was der RA grds. auch machen könne, solange die ihm erteilte Prozeßvollmacht noch nicht widerrufen sei. Geimer betont aber eben auch, daß es keine gesetzliche Grundlage in der ZPO für dieses Verlangen gebe und auch nicht dafür, die Festsetzung nach § 126 I ZPO von der Rückgabe abhängig zu machen.

    Es sei auch möglich, den KfB zugunsten der Partei auf den RA "umzuschreiben". Das sei zwar "vernünftig", so Geimer, aber gebe es auch hier keine Bestimmung in der ZPO, daß so zu verfahren sei. Auch § 727 ZPO hier analog anzuwenden, sei verfehlt (unter Verweis auf BGHZ 5, 251, 255 = NJW 1952, 786; OLG Schleswig, NJW-RR 2004, 717), da der RA nicht Rechtsnachfolger seiner Partei ist, sondern seinen eigenen Anspruch verfolgt.

    Hat man sich jedoch für eine Variante entschieden (bei unklarer Lage gilt § 104 ZPO), ist der Antrag durch diese Entscheidung aufgebraucht. (...) Die doppelte Bescheidung eines KFA halte ich aber weiterhin für nicht machbar und ist mir auch nie irgendwo untergekommen.


    Es wird ja nichts doppelt beschieden, da es sich um zwei verschiedene Ansprüche zweier Gläubiger handelt, denen beide dieser Anspruch zusteht und daher auch jeweils positiv beschieden werden kann. Durch die positive Bescheidung eines Anspruches verliert der andere nicht sein Recht auf seinen eigenen. Stellt Dir mal vor, die Partei kündigt dem RA, läßt auf ihrem Namen festsetzen und der (bislang min. die Differenzvergütung nicht erhaltene) RA soll dann seinen höchstpersönlichen Anspruch deshalb gegen den erstattungspflichtigen Gegner nicht mehr festsetzen und durchsetzen dürfen?

    Aus diesem Grunde läßt ja auch das OLG Celle die erneute Entscheidung über den Antrag nach § 126 I ZPO grds. zu. Dort war nur Streitfrage, ob der RA ausdrücklich den Antrag nach § 126 I ZPO stellen muß oder das sich aus den Gesamtumständen der PKH-Bewilligung bereits ergeben soll. Insofern ist der Entscheidung zuzustimmen, daß der Antrag ausdrücklich zu stellen ist und außerdem nicht nachträglich - wie hier wohl im Ausgangsbeitrag - sich darauf berufen kann, den Antrag "ja eigentlich anders gemeint" zu haben.

    Der RA muß sich aufgrund der Festsetzung im Namen der Partei jetzt die Einreden entgegenhalten lassen, welche die erstattungspflichtige Partei der erstattungsberechtigten entgegengehalten hat, also insbesondere eine Aufrechnung (so ja der Fall des OLG Celle und auch derjenige des zitierten OLG Naumburg, das selbiges entschieden hat). Und da scheitert dann ggf. der RA mit der Begründetheit seines Antrags, weil mit der Aufrechnung gegenüber dem KfB der Partei auch sein Anspruch erloschen ist - oder ggf. nicht: Bei Streit über die Wirksamkeit einer solchen Einrede wäre dann die erstattungspflichtige Partei auf die ZV-Abwehrklage nach § 767 ZPO zu verweisen, weil im KfV der Streit (mit Ausnahme des Geständnisses oder des § 138 III ZPO) über materiell-rechtlichen Einwände nicht entschieden werden kann.

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