Wieviele Angelegenheiten ?

  • Der Antragstellerin wurde ein Beratungshilfeschein für die Angelegenheit "Stalking/Beleidigung durch Ex-Freund..." erteilt. Der Anwalt hat dem Gegner ein entsprechendes Unterlassungsschreiben zugeschickt und hierfür eine Geschäftsgebühr abgerechnet und auch erhalten.


    Nun beantragt er auch noch eine Beratungsgebühr in strafrechtlicher Hinsicht. Begründet wird diese damit, dass die Betroffene auch über die Konsequenzen der von ihr erstatteten Strafanzeige beraten wurde. Gleichzeitig wurde eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft vorgelegt, aus welcher sich ergibt, dass das Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung mangels öffentlichen Interesses eingestellt wird und die Betroffene gegebenenfalls Privatklage(§ 381 StPO) erheben kann.

    Nach meiner Ansicht handelt es um eine Angelegenheit, so dass neben der Geschäftsgebühr nicht noch eine Beratungsgebühr verlangt werden kann. Oder nicht ?

  • Ich sehe es ebenfalls als eine Angelegenheit, und habe im Übrigen die Auffassung, dass unter Beratung i. S. v. § 2 Abs. 2 BerHG in Angelegenheiten des Strafrechts Beratung für Beschuldigte zu verstehen ist.

  • Hinzu kommt, dass eine Beratung bezüglich der Konsequenzen pp einer Strafanzeige auch die Polizei selbst und die StA Auskunft geben können.

    Sofern nicht nachgewiesen wird, dass in diesem besonderen Einzelfall die Hinweise dieser beiden Behörden insgesamt aufgrund der wieauchimmergearteten besonderen Umstände nicht ausgereicht haben um der Betroffenen ausreichende Rechtssicherheit zu geben, keine weitere Gebühr. Ein solcher Fall wäre aber nur sehr selten denkbar, z.B. in Fällen, in denen der Betroffene selbst als Mittäter in Frage kommt oder sonstwie etwas zu befürchten haben könnte.

    Die Frage, inwiefern eine Strafanzeige "sich lohnt" oder "Erfolg verspricht" fällt nie unter die Beratungshilfe, da dies keine Wahrnehmung von Rechten ist, sondern lediglich eine Einschätzung die ein Betroffener vielleicht wünscht.

  • Die Betroffene ist nicht lediglich Anzeigenerstatterin, sie ist Geschädigte im Strafverfahren und hat dort inzwischen eine Menge Rechte, über deren Wahrnehmung eine Beratung möglich und sinnvoll ist. Die entsprechenden Merkblätter unserer StA sind 5 Seiten lang (!) und verweisen mehrfach darauf, dass man sich anwaltlich beraten lassen kann und hierfür für Einkommensschwache auch staatliche Unterstützung gewährt wird.

    Hier im konkreten Fall wäre meine erste Frage, ob nur die Beleidigung eingestellt wurde, und ggf. das Verfahren wegen Stalking noch weitergeführt wird. Entsprechend der Beratung des Beschuldigten sehe ich die Beratung des Geschädigten/Verletzten im Strafverfahren, zumindest soweit ein Akteneinsichtsrecht besteht, als beratungshilfefähig an.

  • Der Antragstellerin wurde ein Beratungshilfeschein für die Angelegenheit "Stalking/Beleidigung durch Ex-Freund..." erteilt.

    Unabhängig von der Frage, ob für die strafrechtliche Komponente Beratungshilfe zu bewilligen ist (sehe ich auch etwas kritisch, da ich hinsichtlich der strafrechtlichen Komponente eine gewisse Aufklärungspflicht bei der Polizei sehe), wurde hier ein etwas uneindeutiger Schein erteilt. Würde der Schein "Unterlassungsansprüche gegen Ex-Freund (Stalking/Beleidigung)" lauten, wäre klar, dass nur das zivilrechtliche Unterlassungsschreiben gemeint ist. Bei der Formulierung würde ich jedoch dazu tendieren, dass auch die strafrechtliche Beratung mit umfasst ist, da nur allgemein "Stalking/Beleidigung" geschrieben wurde. Es dürfte wohl auch nicht eine einheitliche Angelegenheit im Sinne von § 44 RVG sein. Von daher würde ich bei dem Schein eher auszahlen, da das Feststetzungsverfahren nicht dazu dient, eine im Bewilligungsverfahren getroffene Entscheidung zu korrigieren.

  • Das (gerichtliche-) Strafverfahren ist aber bei BerH aber m.E. aussen vor, da gerade kein Beratung "ausserhalb eines gerichtlichen Verfahrens"...

    Naja, entschuldige die verkürzte Darstellung. Geschädigte ist sie auch schon im Ermittlungsverfahren, und hier wurde ja nun gerade das Ermittlungsverfahren eingestellt mit Hinweis auf die Privatklage. Allein zu Aussichten und Praktikabilität der Privatklage sowie den Möglichkeiten, weitere Ermittlungen zu erzwingen, dürfte eine Beratung angezeigt sein.

  • Die Betroffene ist nicht lediglich Anzeigenerstatterin, sie ist Geschädigte im Strafverfahren und hat dort inzwischen eine Menge Rechte, über deren Wahrnehmung eine Beratung möglich und sinnvoll ist. Die entsprechenden Merkblätter unserer StA sind 5 Seiten lang (!) und verweisen mehrfach darauf, dass man sich anwaltlich beraten lassen kann und hierfür für Einkommensschwache auch staatliche Unterstützung gewährt wird.

    Hier im konkreten Fall wäre meine erste Frage, ob nur die Beleidigung eingestellt wurde, und ggf. das Verfahren wegen Stalking noch weitergeführt wird. Entsprechend der Beratung des Beschuldigten sehe ich die Beratung des Geschädigten/Verletzten im Strafverfahren, zumindest soweit ein Akteneinsichtsrecht besteht, als beratungshilfefähig an.

    Und genau da haben wir meiner Meinung nach ein Problem.
    Die Beratungshilfe in Strafsachen erfasst lediglich eine Beratung.
    Eine Vertretung ist ausgeschlossen.
    Die Akteneinsicht stellt aber schon eine Vertretung dar.


    Ich finde übrigens nicht, dass die Angelegenheit ungünstig bezeichnet ist.
    Solange die Angelegenheit nicht unter einem Aktenzeichen für Beratungshilfe in Strafsachen ausgestellt wurde, soll dieser Teil nicht erfasst sein.
    Es geht lediglich um die Unterlassungsansprüche im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes bzw. nach dem Zivilrecht, je nachdem welche Abteilung vom Entscheider angegeben wurde.

    (Bei uns werden die Beratungshilfescheine in drei Abteilungen ausgestellt: Familiensachen, Zivilsachen und Strafsachen. Sofern die strafrechtliche Verfolgung der Angelegenheit neben der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Rahmen der Beratungshilfe bewilligt werden sollten, wären bei uns zwei Scheine zu erteilen.)

  • Und genau da haben wir meiner Meinung nach ein Problem.
    Die Beratungshilfe in Strafsachen erfasst lediglich eine Beratung.
    Eine Vertretung ist ausgeschlossen.
    Die Akteneinsicht stellt aber schon eine Vertretung dar.

    Dieses Problem wurde inzwischen durch die Rechtsprechung aber - soweit ich weiss - ziemlich einhellig dahingehend gelöst, dass zur Beratung die Akteneinsicht gehört, und die damit verbundenen notwendigen Auslagen (Kopien, Postpauschale, Übersendungspauschale) neben der Nr. 2501 VV RVG gedeckt sind.


  • Für die Auswahl einer Abteilung oder Beschränkung des BerH-Scheines auf eine Abteilung fällt mir keine gesetzliche Begründung ein. Die Beratungshilfeabteilung gehört zu gar keiner Abteilung, sondern ist eigenständig.


  • Für die Auswahl einer Abteilung oder Beschränkung des BerH-Scheines auf eine Abteilung fällt mir keine gesetzliche Begründung ein. Die Beratungshilfeabteilung gehört zu gar keiner Abteilung, sondern ist eigenständig.


    Das hab ich ehrlich gesagt noch nie hinterfragt.
    Da wir nunmal die drei Abteilungen bei Beratungshilfe führen, kam ich auf diese Begründung. :roll:


  • Durch die Geschäftsverteilung ließe sich doch aber bestimmen, welcher Rechtspfleger Beratungshilfe im Gebiet der Zivil-, Familien- und Strafsachen zu bearbeiten hat. Eine solche Aufteilung ist mir zwar auch noch nicht begegnet, aber wohl machbar.

  • Aus meiner Sicht ist so eine Aufteilung weder praktikabel, noch gesetzlich vorgesehen.

    Dies gilt zumindest für die Fälle, bei denen z. B. Zivil- und Strafrecht oder Familienrecht und Strafrecht betroffen sind, also Gegenstand der Beratung sein sollen.

  • Aus meiner Sicht ist so eine Aufteilung weder praktikabel, noch gesetzlich vorgesehen.

    Dies gilt zumindest für die Fälle, bei denen z. B. Zivil- und Strafrecht oder Familienrecht und Strafrecht betroffen sind, also Gegenstand der Beratung sein sollen.

    Zumal wenigstens ein auswärtiger Rechtsanwalt kaum wissen kann, welche Abteilung den Schein erteilt hat. Er wird insoweit darauf vertrauen dürfen, dass das, was vom Wortlaut des Scheins umfasst ist, bezahlt wird.

  • Und das ist, bei BerH in Strafsachen, eine Beratung.

    Wobei im vorliegenden Fall gar keine BerH gewährt wurde, also gar nichts abzurechnen ist.

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