Mündel und Vormund unbekannten Aufenthalts

  • Hallo,

    ich habe hier mehrere Verfahren, in denen bzgl. minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge Vormundschaft angeordnet worden ist. Zum Vormund ist jeweils ein volljähriger Verwandter bestellt und auch verpflichtet worden. Soweit so gut. Und nu sind sie alle weg. Weder der Aufenthaltsort des Mündels noch des Vormunds sind bekannt. Alle Ermittlungen liefen ins Leere. Ich bin geneigt die Vormundschaften aufzuheben (kann den Obliegenheitspflichten ja gar nicht nachkommen) und den Beschluss öffentlich zustellen.
    Mich würde interessieren, wie ihr in solchen Fällen vorgeht. Ich könnte die Akten auch bis zur Volljährigkeit verfristen, aber das kommt mir nicht richtig vor.

    Liebe Grüße

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Nein, eine Aufhebung geht nicht. Die Voraussetzungen für die Vormundschaft sind ja nicht entfallen. Das Mündel ist immer noch minderjährig und steht immer noch nicht unter elterlicher Sorge.

    Vielmehr ist von Amts wegen der Aufenthalt von Mündel und Vormund zu ermitteln.

    Erste Stufe ist ein Telefonat beim Ausländeramt des Kreises oder der Stadt bzw. bei der Regierungsbehörde, welche die Flüchtlinge verteilt.

    Zweite Stufe ist eine Vermisstenanzeige bei der Polizei.

    Ich habe hier auch Dutzende, bei denen Vormund und Mündel zunächst nicht erreichbar waren. Meistens sind sie weiterverteilt worden oder haben nach Beendigung des Asylverfahrens eine Wohnung gefunden. Dann konnten die o. g. Behörden meist Auskunft geben. Die anderen konnten über die Polizei ausfindig gemacht werden. Richtig abgängig war bei denen mit Naturalvormund bislang niemand.

    Meistens erfolgt die Abgängigkeit ja relativ schnell nach Inobhutnahme. Wenn sie aber erst mal hier sind und ein Verwandter als Vormund verpflichtet wird - das geht meist ja auch nicht über Nacht -, dann bleiben die meisten doch einigermaßen am Ort.

    Wenn ich die Vormünder dann aber wieder ausfindig mache, gibt es erstmal einen ordentlichen Anpfiff, weil sie mir ihre neue Anschrift nicht unverzüglich mitgeteilt haben und für gerichtliche Post nicht erreichbar waren; da ist dann nämlich die generelle Eignung fraglich. Im Verpflichtungstermin weise ich sie auch verschärft darauf hin, Anschriftenänderungen unverzüglich mitzuteilen, da ich sie sonst von der Polizei suchen lassen muss. Im Verpflichtungsgespräch lasse ich mir immer auch Handy-Nr. und die MID notieren. Das macht die Suche später einfacher.

  • Hallo,

    ich habe hier mehrere Verfahren, in denen bzgl. minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge Vormundschaft angeordnet worden ist. Zum Vormund ist jeweils ein volljähriger Verwandter bestellt und auch verpflichtet worden. Soweit so gut. ...

    Letztlich ist damit erwiesen, dass jemand zum Vormund bestellt wurde, der weder geeignet noch in der Lage war, die rechtliche Vertretung des UMF sicher zu stellen. Die Eignungsprüfung ist sachlich falsch gewesen. Daher könnte man herleiten, die Bestellung von Anfang an unwirksam war. M.E. gebührt in solchen Konstellationen nicht dem Vormund der Anpfiff, von dem Wolf schreibt, sondern dem bestellenden Rechtsorgan.

    Zu den Ermittlungen vAw: Da das JA den UMF in Obhut genommen hat, müsste dort der weitere Verlauf der Jugendhilfe dokumentiert sein, zumindest muss es ein Aktenzeichen vom BAMF haben. Mit dem Az. hat jede Ausländerbehörde dann Zugriff auf das Gesamtregister.

  • Letztlich ist damit erwiesen, dass jemand zum Vormund bestellt wurde, der weder geeignet noch in der Lage war, die rechtliche Vertretung des UMF sicher zu stellen. Die Eignungsprüfung ist sachlich falsch gewesen. Daher könnte man herleiten, die Bestellung von Anfang an unwirksam war. M.E. gebührt in solchen Konstellationen nicht dem Vormund der Anpfiff, von dem Wolf schreibt, sondern dem bestellenden Rechtsorgan.

    Dieser Ansicht muss ich grundsätzlich entgegentreten. Es ist zunächst Aufgabe des Vormunds, sich um die Angelegenheiten des Mündels zu kümmern. Also gebührt ihm daher auch zunächst der Anpfiff. Punkt.

    Aber ich gebe zu, dass es manche Gerichte (u. a. mein Nachbargericht) gibt, die auf Zuruf jeden zum Vormund bestellen. Da ist dann aus der Akte ersichtlich, dass der Richter keine Eignungsprüfung gemacht hat, sondern zugleich mit der Feststellung des Ruhens, der Anordnung der Vormundschaft auch die vorgeschlagene Person zum Vormund bestellt hat - ohne jegliche Prüfung, Hauptsache Akte vom Tisch. Das halte ich auch für untragbar und anpfeifenswert. Aber zumindest an meinem Nachbargericht ändert sich nichts. Da ist meine Freude dann auch immer riesengroß, wenn ich zuständigkeitshalber solche Verfahren erbe. Insoweit stimme ich Moosi zu.

  • Bin ebenfalls der Ansicht, dass man nicht aufheben kann, nur suchen und hoffen ...

    Worauf man allerdings hoffen soll, erscheint mir nach meinem jüngsten derartigen Fall fraglich:

    Bei mir ist zwar der Vormund bekannt, das Mündel aber entschwunden. Geburtsdatum laut unserer Akte: 1.3.1999. Danach hätte es ab dem 2.3.2017 sein Bewenden haben können, indes ...

    ... tauchte infolge Vermisstenanzeige das Mündel vor etwa einem halben Jahr wieder auf. Sie folgte ihrer großen Liebe in ein anderes Bundesland, wurde dort aufgegriffen, registriert, zugeteilt, Vormundschaftsverfahren ... bis die Polizei das merkte und auf die hiesige Vermisstenanzeige nebst Verfahren aufmerksam machte. Seitdem streiten sich die Verwaltungsbehörden, wessen Zuweisung überhaupt wirksam sein mag (sprich: wohin die junge Dame von Rechts wegen überhaupt gehört), und hat sich herausgestellt, dass das Mündel in den diversen Verfahren mindestens drei verschiedene Geburtsdaten angegeben hat, so z.B. auch den 3.10.1999, das dritte kenne ich (noch?) nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die junge Dame ja wegen ihrer großen Liebe ausgebüxt ist. Käme sie wieder hierher, wäre sie morgen gleich wieder weg, schätze ich. Das JA = Vormund sieht nur den 1.3., die Vormundschaft als beendet an und in der Sache keine Nowendigkeit mehr, etwas zu tun.

    Am besten wäre es freilich, alles dorthin abzugeben, wo sie jetzt steckt, aber die dortige Regierung meint eben, sie gehöre hierher und Punkt. Es wurde sogar angeboten, sie auf der Zugfahrt zu begleiten, damit sie hier auch wirklich ankommt. Nur wie wir sie hier festhalten sollen, haben sie uns nicht gesagt.

    Hier wäre es wohl in der Sache besser gewesen, die Polizei hätte das nicht gemerkt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Solche Fälle habe ich - ähnliche zumindest - auch schon gehabt.

    Da war es einmal zwar nicht die große Liebe, aber der Onkel, zu dem ein Mündel unbedingt wollte. Das Zielbundesland war Niedersachsen. In meinem Fall hat es sehr lange gedauert, die Identität zweifelsfrei festzustellen, weil das Mündel unter mindestens sechs verschiedenen Namen mit mindestens vier verschiedenen Geburtsdaten deutschlandweit registriert war.
    Das war noch in der ganz wilden Zeit, bei der alle ins Land durften und keiner so richtig registriert war. Das würde jetzt so wohl nicht mehr funktionieren. Bei mir ging es gut aus, weil das Mündel nach dem wohl "herrschenden Geburtsdatum" fast volljährig war. Der Amtsvormund hier hat sich dann mächtig ins Zeug gelegt, dass die Verteilung nach Niedersachsen klappte.

    Aber in anderen Fällen, wie von Andreas beschrieben, gibt es tatsächlich immer wieder Verteilungs- und Zuständigkeitskonflikte. Einerseits habe ich ja schon Verständnis dafür, wenn sie aus privaten Gründen (Liebe, Verwandtschaft, sonstige Community) anderswo hinwollen. Andererseits ist die Verteilung natürlich notwendig, sonst würden besonders begehrte Gebiete, Hamburg, Ruhrgebiet, Berlin, Städte allgemein etc.) unverhältnismäßig belastet

  • Unbefriedigend, aber nicht zu ändern. Nicht mal das BAMF weiß was. Dann warte ich eben bis zur Volljährigkeit des Mündels.

    Wie verhält es sich denn, wenn ich weiß, dass sowohl Mündel als auch Vormund zurück in ihr Heimatland zurück gereist sind? Natürlich ohne das Gericht zu informieren.

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Gibt es ein "ich weiß" außerhalb des Geltungsbereich des GG ohne die im Ausland für das Kindeswohl zuständigen Gerichte/Institutionen in den Erkenntnisprozess einzubeziehen?

    Wenn ehemalige Mündel mit mir skypen, weiß ich nicht, ob sie aus einem Zelt an der Ostsee oder am kaspischen Meer den Kontakt zu mir aufnehmen.

    Liegen lassen.

  • Einmal hatte ich von der Rückkehrberatung (bei uns die C*ritas) Dokumente vorgelegt bekommen: Bescheid der zuständigen Behörde über Festsetzung Rückkehrhilfe, Kopie des Flugtickets und eine Bestätigung (ich weiß jetzt aber nicht mehr von wem), dass der Flug auch angetreten wurde. Da habe ich tatsächlich aufgehoben, weil hier kein Fürsorgebedürfnis mehr besteht und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wohl auch nicht mehr in seiner Heimat.

    Auf Rückfrage beim Vormund wurde auch bestätigt, dass der umF von seinen Eltern abgeholt worden sein soll. Zumindest war dies im Vorfeld so mit Mündel und mit den Eltern abgemacht. Später hat das Mündel per Skype bestätigt, dass er nun wieder bei seinen Eltern sei.

    Mehr kann man wohl nicht erwarten.

    Aber diesen Fall hatte ich nur einmal. Ansonsten hatte ich auch schon einige Fälle, in denen sich die Mündel auf eigene Faust wieder zurück in die Heimat gemacht haben. Später haben sie sich dann -teilweise- beim Vormund oder bei Ex-Mitbewohnern gemeldet. Da habe ich fallweise entschieden - je nachdem, wie glaubhaft es war, ob sie nun wieder unter eSo stehen oder nicht. Wenn ich noch weitere Ermittlungen (z. B. Anfragen bei den ausländischen Jugendschutzbehörden) unternommen habe, habe ich dafür auch eine entsprechende eSo-Akte (Rpfl) angelegt zur Prüfung der Aufhebung des Ruhens der eSo.

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