Ungerechtf. Bereicherung - Anspruch aus nicht abgewohntem Wohnrecht durchsetzbar?

  • Folgender Sachverhalt:

    Schuldnerin hat 2-Fam-Haus zu Lebzeiten in 8/2014 notariell an ihre Enkel zum Preis von T€ 175 veräußert. Der Verkehrswert des Objekts wurde mit T€ 241 ermittelt. Gem. not. Kaufvertrag wurde der Schuldnerin (Verkäuferin) hierbei ein Wohnungsrecht in der Wohnung im UG des Objekts eingeräumt. Der Wert des Wohnungsrechts wurde mit T€ 66 im KV angegeben und vom VW von T€ 241 in Abzug gebracht, weshalb nur ein Kaufpreis von T€ 175 seitens der Enkel an die Schuldnerin vormals bezahlt wurde.

    Die Schuldnerin ist am 20.03.2015 verstorben. Sie konnte somit max. 8 Monate Nutzen aus dem eingeräumten Wohnrecht ziehen. Insolvenzantrag wurde seitens der Nachlasspflegerin am 31.08.2015 gestellt.

    Frage: Kann der nicht abgewohnte Teilbetrag von den ursprünglichen angesetzten T€ 66 masseseits von den Käuferinnen zurückgefordert werden, da diese um diesen Betrag ggf. ungerechtfertigt bereichert sind? Kommt hier eine Anfechtung in Betracht? M.E. nicht.

  • Maßgeblich für eine Anfechtung wäre der Zeitpunkt des damaligen Austauschgeschäfts. Wenn das richtig gelaufen ist, wurde der Wert des Wohnrechts anhsnd der maßgeblichen Sterbetabelke ermittelt, dann war der Austausch in Ordnung. Das zeigt sich im umgekehrten Fall schnell: Angenommen die alte Dame lebt 10 Jahre länger als geplant, dann können die Hauskäufer wüdoch auch keine Reduzierung des Kaufpreises durchsetzen.

    Anders sieht es m.E. nur aus, wenn bei der Wertberechnung des Abzugs getrickst wurde (was durchaus vorkommt), z.B. wenn bei einer Frau mit Krebs im Endstadium noch die übliche Lebensdauer von 20 Jahren einer Gesunden angesetzt wird o.ä.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Vielen Dank für die Info. Der schuldnerseits vormals ermittelte Wert des Wohnrechts wie auch der Verkehrswert der Immobilie wird derzeit durch uns überprüft. Tatsächlich war die Schuldnerin bereits im Jahre 2014 (Jahr der Beurkundung des KVs) bereits an Krebs erkrankt. Eine Heilung war nach Aktenlage auch nicht mehr gegeben. Wir prüfen nun, wann der erste Krebsbefund vorlag, denn die Insolvenztabelle enthält einen entsprechende Forderung einer Auslandskrankenversicherung im sechsstelligen Bereich, welche einen entsprechenden Schaden zur TAB angemeldet hat. Sofern der unheilbare Krebsbefund bereits vor der Beurkundung des KV vorlag, auf welcher Grundlage könnten wir dann den Anspruch gegen die Käuferinnen (Enkel) ggf. durchsetzen?

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    Anders sieht es m.E. nur aus, wenn bei der Wertberechnung des Abzugs getrickst wurde (was durchaus vorkommt), z.B. wenn bei einer Frau mit Krebs im Endstadium noch die übliche Lebensdauer von 20 Jahren einer Gesunden angesetzt wird o.ä.
    ..
    AndreasH

    den Nachweis zu erbringen dürfte nicht gerade leicht sein. :gruebel:

  • Ein Blick in den Medikamentenschrank kann da schon einen Hinweis liefern.

    Generell sind solche Klauseln mit dem Wohnrecht ein Glücksspiel, mit dem Unterschied, dass das Ereignis in höchst abzählbarendlicher Zeit eintritt, mors certa hora incerta.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Vielen Dank für die Info. Der schuldnerseits vormals ermittelte Wert des Wohnrechts wie auch der Verkehrswert der Immobilie wird derzeit durch uns überprüft. Tatsächlich war die Schuldnerin bereits im Jahre 2014 (Jahr der Beurkundung des KVs) bereits an Krebs erkrankt. Eine Heilung war nach Aktenlage auch nicht mehr gegeben. Wir prüfen nun, wann der erste Krebsbefund vorlag, denn die Insolvenztabelle enthält einen entsprechende Forderung einer Auslandskrankenversicherung im sechsstelligen Bereich, welche einen entsprechenden Schaden zur TAB angemeldet hat. Sofern der unheilbare Krebsbefund bereits vor der Beurkundung des KV vorlag, auf welcher Grundlage könnten wir dann den Anspruch gegen die Käuferinnen (Enkel) ggf. durchsetzen?



    An sich gar nicht so schwer, nur aufwändig und im Ergebnis mit eingen Unsicherheiten:
    Es würde sich um die Anfechtung einer teilunentgeltlichen Verfügung nach § 134 InsO handeln. Der teilunentgeltliche Anteil wird dadurch bestimmt, dass zunächst auf der Basis eines medizinischen Gutachtens die statistische Restlebensdauer der Krebskranken bestimmt wird und dann durch einen Wertgutachter der Wert des für diese durchschnittliche Restlebensdauer angemessenen Abzugs für das Wohnrecht. Die Differenz zum tatsächlich vereinbarten Wertabzug ist die Teilunentgeltlichkeit.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • statistische Restlebensdauer der Krebskranken

    Angesichts des unsicheren Zustandes der nachmaligen Verstorbenen bei Vertragsschluß - der aber bekannt sein müßte, um festzustellen, wo man für die Restlebenserwartung "ansetzt" - halte ich das für alle Fälle, die nicht wirklich im austherapierten Endstadium sind, für hoffnungslos.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Zu diesem Zustand müssen eben erst Feststellungen getroffen werden. Dazu gibt es Arztberichte u.ä. - falls die nun Verstorbene solche Sachen bei sich aufbewahrt hat. Die beteiligten Ärzte unterliegen der Verschwiegenheitspflicht, aber ev. gibt es noch Abrechnungen, Berichte bei Versicherungen, Zeugenaussagen etc.
    Wenn man natürlich insgesamt nicht weiterkommt bei diesen Feststellungen, dann kann man sich die folgenden Gutachten auch sparen. Aber wenn ich bedenke, was sich alles an Informationen zusammen tragen lässt, wenn in einem Prozess zwischen Erben, Scheinerben etc. um die Testierfähigkeit / die geistige Gesundheit gestritten wird, dann muss man auch nicht vor den ersten Versuchen schon aufgeben.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Vielen Dank für die zahlreichen Infos. An den Abrechnungen sowie Informationen der Versicherung (Tabellengläubigerin) setzen wir nun an und prüfen, wie der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Beurkundung war. Je nach Ergebnis erfolgen dann weitergehende Prüfungen (Wertermittlung Immo/Wohnrecht) sowie die Durchsetzung einer evtl. Teilunentgeltlichkeit gem. § 134 InsO, wie beschrieben.

  • ich denke, hier ist ewas Feingefühl angebracht. Das ganze sieht wie eine vorweggenommene Erbfolge (was ja nix "unredliches" ist, aus). Möglicherweise haben sich die Enkel noch um die Großmutter gekümmert, was sich nunmal grundbuchrechtlich nicht abbilden lässt. So etwas schreit nach einem sorgsam geführten Gespräch, bevor hier versucht wird, irgendwelche Krankenakten (datenschutzrechtlich absulut ein no go !) heranzuziehen, und einem sauberem Deal !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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