VO (EG) Nr. 805/2004 weggelegte Akte

  • Hallo ihr Lieben!
    Ich habe einen Antrag auf Bestätigung eines KFBs und eines VUs jeweils als Europäischer Vollstreckungstitel nach der VO (EG) Nr. 805/2004.
    Die Akte ist bereits seit langem weggelegt, abgesehen von den Titeln ist alles ausgeschieden.

    Jetzt muss in der Bestätigung ja u.a. angegeben werden, ob die Entscheidung Verbrauchersachen betrifft, ob die verfahrenseinleitenden Schriftstücke ordnungsgemäß zugestellt wurden, ob Ladungen ordnungsgemäß zugestellt wurden etc.
    Wie soll ich das denn überprüfen? Es ist ja nichts mehr da.

    Kann ich dann die Bestätigung überhaupt erteilen?

    Das in diesem Fall österreichische Vollstreckungsgericht hat der Gläubigerpartei mitgeteilt, dass als Vollstreckbarkeitsbestätigung nur diese Bestätigung zugelassen wird.

    Ich hab das zuvor noch nie gemacht und hab auch niemanden, der es schonmal gehabt hat, den ich fragen kann, und hoffe daher auf eure Hilfe...

    Vielen Dank im Voraus! :huldigen:

  • Für die Beantwortung Deiner Fragen werden noch weitere Angaben benötigt:

    Ist d. Beklagte eine natürliche Person?
    Was war der Verfahrensgegenstand?
    Wann wurden die Schuldtitel erlassen?
    War der Rechtssitz/Wohnsitz der Schuldnerpartei von Anfang an in Österreich?

  • Für die Beantwortung Deiner Fragen werden noch weitere Angaben benötigt:

    Ist d. Beklagte eine natürliche Person?
    Was war der Verfahrensgegenstand?
    Wann wurden die Schuldtitel erlassen?
    War der Rechtssitz/Wohnsitz der Schuldnerpartei von Anfang an in Österreich?

    Ja, natürliche Person.

    Zahlung. Sonst weiß ich nichts, ist ein VU.

    Schuldtitel von 2010.

    Nein, erst in Deutschland, dann zum Abschluss des Verfahrens unbekannten Aufenthalts.

  • 1.1
    Dass die Unterlagen bereits vernichtet worden sind, liegt daran, dass Nr. 27 der Aufbewahrungsbestimmungen NRW nicht beachtet worden ist.
    Hiernach sind u. a. von der Vernichtung auszuschließen: Nachweise über die Zustellung der Mahn- und Vollstreckungsbescheide und der verfahrenseinleitenden Schriftstücke.

    Ich gehe mal davon aus, dass in Bayern eine ähnliche Regelung in den Aufbewahrungsbestimmungen Bayern enthalten ist.

    1.2
    Um derartige Situationen erst gar nicht aufkommen zu lassen, könnte es in Einzelfällen einfacher sein, bei Auslandsbezug den kompletten Akteninhalt von der Vernichtung auszuschließen.


    2.
    Die Auskunft des Vollstreckungsgerichts in Österreich ist jedoch nicht korrekt.
    Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Altfall;
    die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) findet daher keine Anwendung.

    Die Gläubigerpartei hat daher die Wahl zwischen der Bestätigung der Schuldtitel als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungsverfahren in Österreich.

    2.1
    Für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in Österreich müsste dann vom Gericht eine Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO (EU-Verordnung Nr. 44/2001) erteilt werden.
    Einzelheiten kannst Du der Info aus dem Justizportal NRW zur Brüssel I-Verordnung entnehmen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…uessel-I-vo.pdf

    Die Bescheinigung wird jedoch nur auf Antrag der Gläubigerpartei erteilt.
    Im vorliegenden Fall beantragt jedoch die Gläubigerpartei nicht die Erteilung einer Bescheinigung für das Vollstreckbarerkärungsverfahren, sondern die Bestätigung der Schuldtitel als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen.

    2.2.
    Aus den vorgenannten Gründen sind daher das Versäumnisurteil als auch der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu bestätigen - sinngemäß jeweils mit folgenden Vermerk - ggfs. als Anlage zur Bestätigung -:
    "Ob und wann das verfahrenseinleitende Schriftstück/die Ladung an die Schuldnerpartei zugestellt worden ist, kann das Gericht nicht mehr bescheinigen, da die Zustellungsnachweise inzwischen bei den Aussonderungsarbeiten vernichtet worden sind.
    In dem Formblatt können daher insoweit keine Angaben gemacht werden.
    Die Schuldnerpartei war zum Zeitpunkt des Erlasses des Schuldtitels noch in Deutschland wohnhaft.
    Erst nach Erlass des Schuldtitels hat die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz in Österreich genommen."

    Eine Ausfertigung der Bestätigung ist der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen.
    Weitere Einzelheiten kannst Du der Info aus dem Justizportal NRW zum Europäischen Vollstreckungstitel entnehmen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    PS:
    Die verbraucherschützenden Vorschriften sind im vorliegenden Fall nur zu beachten, falls die Schuldnerpartei zum Zeitpunkt des Erlasses der Schuldtitel den Wohnsitz im EU-Ausland hatte.
    Falls die Schuldnerpartei ein Verbraucher ist und zum Zeitpunkt des Erlasses der Schuldtitel seinen Wohnsitz im EU-Ausland hatte, wären die Schuldtitel nicht bestätigungsfähig.

    Einmal editiert, zuletzt von rolli (28. Mai 2018 um 23:51)

  • Vielen Dank schon mal!

    Als der KFB erlassen wurde gehe ich aber davon aus, dass der Schuldner ggf. schon in Österreich wohnhaft war. Es wurde damals ja eine öffentliche Zustellung durchgeführt.

    Was die Aufbewahrung angeht:
    In den Aufbewahrungsbestimmungen heißt es tatsächlich:

    "Die zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel und Entscheidungen, alle Urteile, Vergleiche jeder Art, Vollstreckbarerklärungen und Vollstreckungsbescheide, Bestätigungserklärungen über die Vollstreckbarkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl L 143 S. 15), Nachweisungen über die Zustellung der Mahn- und Vollstreckungsbescheide sowie verfahrenseinleitende Schriftstücke und weitere Nachweise, die für die Vollstreckbarerklärung nach Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl L12, 2001 S. 1) gemäß Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 erforderlich sind [...]"

    Das muss ich dringend mal kommunizieren bei uns....
    Danke für den Hinweis!

    Tja, das ist jetzt natürlich irgendwie insgesamt dumm gelaufen :/

  • 1.
    Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist bestätigungsfähig.
    Ob die Schuldnerpartei bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenfestsetzungsbeschlusses bereits den Wohnsitz in Österreich hatte, ist Dir nicht bekannt.
    Da im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt worden ist, muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerpartei unbekannten Aufenthalts war und den Wohnsitz in Österreich erst nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses genommen hat.

    2.
    Die Sache ist zwar dumm gelaufen mit der Aktenaussonderung.
    Aber ein Fehler muss es nicht unbedingt gewesen sein.
    Sofern und soweit der Auslandsbezug noch nicht erkennbar war (Rechtssitz/Wohnsitz der Schuldnerpartei in Deutschland bei Weglegung der Akte; Auslandsbezug ist erst später mit dem Wohnsitzwechsel/Rechtsitzwechsel entstanden), wurden die Zustellungsnachweise zu den verfahrenseinleitenden Schriftstücken/Ladung nicht zu Unrecht vernichtet.

    Bei dieser Fallkonstellation kann es halt vorkommen, dass die Unterlagen insoweit nicht mehr vorhanden sind.

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