Studium der Rechtspflege JA/NEIN?

  • Hallo liebe Community,

    ich habe eine Zusage für einen Studienplatz als Rechtspfleger am OLG Stuttgart erhalten.
    Nun bin ich unschlüssig ob ich ihn annehmen soll oder nicht, da ich noch viele ungeklärte Fragen habe. Ich hoffe ihr könnt mir ein paar davon beantworten.
    - Ist es sehr schwer den Studium zu beenden ?
    - Wird es ohne Vorkenntnisse in Sachen Recht noch viel schwerer?
    - Wie ist das Klima an der FH in Schwetzingen?
    - Wie hoch ist das durchschnittliche Alter an der FH. Haben die Studenten dort schon Vorkenntnisse (Ausbildung,...)?
    - Wird aufgrund der kleinen Studentenzahl besonders auf die Studenten eingegangen ?
    etc.
    Vlt ist auch jemand von euch dabei mit dem ich mich privat unterhalten könnte.!

    Vielen Dank für eure Antworten.
    Grüße Kathiiiii_

  • Guten Morgen!

    Ich kenne zwar die FH Schwetzingen nicht, aber ich kann zum Rest was sagen (soo lange isses noch nicht her :)).

    Ob das Studium schwer oder weniger schwer ist, ist natürlich individuell. Ich fand es nicht schwerer oder leichter als jedes andere Studium auch.
    Vorkenntnisse im Recht braucht man nicht, hatte ich auch nicht, wie man mit Gesetzestexten umgeht, wird dir da beigebracht.

    Meine "Klasse" umfasste 25 Leute und das fand ich sehr angenehm. Die Lehrenden hatten Zeit für uns und haben sich die auch genommen.

    Bei uns kamen die meisten frisch vom Abi, es waren nur einige wenige dabei, die eine vorherige Ausbildung gemacht hatten und dann waren noch ein paar ehemalige Bundeswehrler dabei.
    Aber, ehrlich, das Alter hat irgendwie gar keine Rolle gespielt, weil wir alle im selben Boot saßen ;)
    Ich fand die Mischung eigentlich sogar recht angenehm.

    Ich fand das Studieren auch angenehmer als an der Uni (hatte mal Probesemester belegt), weil es ja eher wie eine Art Schule ist.
    Wenig Leute, du hast feste Zeiten, feste Stundenpläne und musst dich nicht selbst und irgendeine Zusammensetzung kümmern. Das empfand ich immer als gut.

    Natürlich bist du dadurch aber auch gebundener, mal eben morgens liegen bleiben und nicht zur Vorlesung gehen, das gibt es nicht ;)

    Hinsichtlich des Stoffumfangs und der Menge würde ich mir nicht so viele Gedanken machen. So lange man regelmäßig zum Unterricht geht und ab und an auch mal was nacharbeitet, kommt man eigentlich gut mit.

    Das sind aber natürlich nur subjektive Eindrücke, das ist immer sehr vom Menschen abhängig.

    Ich hab es jedenfalls nicht bereut.

  • Das Klima ist insgesamt wohl besser, als an den großen Unis an denen Jura gelehrt wird.
    Klar gibt es auch hier charakterlich schwache Menschen, die einem die Noten neiden, aber es herrscht eher ein Miteinander als ein Gegeneinander. Kommt eben auf die Menschen an mit denen du dann zu tun hast.
    Dozenten sind natürlich auch bloß Menschen und unterschiedlich drauf, aber wenn du aktiv Hilfe suchst, wirst du die auch bekommen.
    Vergiss nur nicht, dass es ein Studium ist und du nicht wie in der Schule darauf angesprochen wirst, wenn es irgendwo hakt, sondern du dich selbst darum bemühen musst.

    Ansonsten so wie Hirschhornsalz. Vorkenntnisse sind keine Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium.
    Selbst diejenigen die vorher Jura studiert haben, haben nicht unbedingt einen Vorteil. Die kennen die Systematik,
    aber haben auch (meistens) keine tiefergehenden Kenntnisse in den Rechtspflegerfächern.
    Die ReFas sind allerdings meiner Erfahrung nach ziemlich gut in Kosten ;)

  • Die ReFas sind allerdings meiner Erfahrung nach ziemlich gut in Kosten ;)

    :daumenrau Kann ich bestätigen - und sie sind auch die einzigen, denen das Fach (so etwas wie) "Spaß" macht :wechlach:

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ich empfand das FH-Studium durchaus als anspruchsvoll. Allerdings ist es schon so, dass - anders etwa als beim Jurastudium - die meisten, die mit dem Rechtspflegerstudium anfangen, es auch mit Abschluss beenden.

    Wie schon ausgeführt ist die Rechtspflegerausbildung stark verschult. Man hat einen recht korsettartigen Unterrichtsplan ohne große Ausblicke nach links und rechts (Rechtstheorie, Verfassungsrecht, struktureller Aufbau unseres Rechtssystems). Die Ausbildung ist eher "handwerklich" orientiert und nicht so sehr darauf angelegt, Dinge zu hinterfragen und eigene Lösungen zu entwickeln. Ob einem das liegt hängt wohl von den eigenen Erwartungen an Ausbildung und Beruf ab. Ich kam damit nicht so zurecht, da mich das Studium recht schnell gelangweilt hat.

    Zu dem Klima in der Fachhochschule: Ich habe damals noch im Wohnheim (das es jetzt nicht mehr gibt) gewohnt und finde, dass es durchaus so etwas wie einen Konkurrenzkampf gibt. Stärker als z.B. beim Jurastudium. Das Rechtspflegerstudium zieht einen eher konservativen, auf Absicherung bedachten Schlag Mensch an, das muss einem liegen. So viel besser ist es beim Jurastudium in dieser Hinsicht aber auch nicht. ;)

    Die Übernahmechance ist in BaWü wohl gerade ganz gut, allerdings muss man sich darauf gefasst machen, in einem zentralen Grundbuchamt eingesetzt zu werden.

    Hast du dir denn schon Gedanken über ein etwaiges Jurastudium und die etwaigen Vor- und Nachteile gemacht? Und was gibt es sonst noch für berufliche Optionen?

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich kann die erste Antwort von Hirschhornsalz13 so eigentlich 1 zu 1 bestätigen, zumindest für meine FH (NRW), ich habe vor knapp 3 Jahren das Examen hinter mir gebracht.

    Gerade wenn man noch frisch von der Schule kommt, ist es eigentlich sehr angenehm, weil es nahtlos mit diesem Unterrichtstypus weitergeht.
    Für mich wäre das "freie Leben" an einer Uni definitiv nix gewesen, ich kenn mich selbst und weiß, dass ich zu faul gewesen wäre.

    Schätzungsweise 70% sollten direkt vom Abi dorthin kommen, der Rest verteilt sich auf die schon erwähnten "Quereinsteiger" und Bundis.

    Und abgesehen von REFAS oder eigenen Justizgewächsen starten alle ziemlich bei 0, was eigentlich sehr angenehm ist.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Ich weiß nicht, wie aktuell das Thema nach 20 Tagen noch für die Themenerstellerin ist, möchte aber trotzdem meinen Senf noch dazu geben:

    - Das Studium ist nicht gerade leicht. Wer denkt, dass es mit einigen regulären Bachelor-Studiengängen (30 Minuten Multiple-Choice-Test ist eine Prüfung) vergleichbar ist, der irrt sich. Das heißt nicht, dass das Studium unschaffbar ist, auf gar keinen Fall, aber man sollte sich bewusst sein, worauf man sich einlässt. Zum Thema "Die meisten, die das Studium starten, beenden es auch": Diejenigen, die die Prüfung nicht antreten, steigen im Normalfall in Studium I (= im ersten Jahr) oder im Praxisjahr (= im zweiten Jahr) aus. Das klassische "bei der Diplomprüfung durchfallen" ist daher tatsächlich eher selten.

    - Vorkenntnisse sind wirklich nicht erforderlich.

    - Das Klima ist ein schwieriges Thema. Ich bin derzeit nicht mehr an der FH, daher kann ich den aktuellen Stand nicht sicher beschreiben, jedoch war die FH teilweise sehr überfüllt, da gerade das OLG Stuttgart exzessiv Neue eingestellt hat. Das ändert wenig am Umgang der Studierenden untereinander (der meiner Meinung nach normal ist, wie Menschen eben miteinander umgehen), hat aber Einfluss auf den Stressfaktor der Dozenten. Mehr Leute bedeutet mehr Gruppen, mehr Gruppen bedeutet entweder mehr Unterrichtsstunden für die Dozenten oder mehr Doppelgruppen (=zwei Gruppen werden gleichzeitig unterrichtet). Die Folgen davon kann man sich wohl denken.

    - Ich würde nicht erwarten, dass auf die Studenten wirklich wie in der Schule eingegangen wird. Es ist durch kleinere Gruppen natürlich leichter, einzelne Probleme und Fragen genauer zu diskutieren, sodass eine höhere Chance besteht, dass jeder es versteht. Aber die Dozenten kümmern sich nicht von sich aus darum, ob es jeder verstanden hat. Dafür ist schon noch jeder Student selbst verantwortlich.

    Ich möchte hier niemanden abschrecken, aber ich habe den Eindruck, dass viele das Studium und den Beruf schönreden. Ich möchte mit der "Gegendarstellung" eher die Realität ein wenig darstellen.

  • Zitat

    Aber die Dozenten kümmern sich nicht von sich aus darum, ob es jeder verstanden hat. Dafür ist schon noch jeder Student selbst verantwortlich.


    Naja, das haben meine Lehrer in der Schule auch nicht gemacht. :gruebel:
    Ein wenig Eigenverantwortung spielt natürlich sowohl bei Schule als auch Studium mit rein, das sollte jedem bewusst sein.
    Aber es ist schon ein Unterschied, ob man in einem "Klassenzimmer" mit immer denselben 20 Leuten sitzt oder in einem Hörsaal mit ungefähr 200 Studenten, die auch nicht immer dieselben sind. ;)

    Zitat

    Das Klima ist ein schwieriges Thema. Ich bin derzeit nicht mehr an der FH, daher kann ich den aktuellen Stand nicht sicher beschreiben, jedoch war die FH teilweise sehr überfüllt, da gerade das OLG Stuttgart exzessiv Neue eingestellt hat. Das ändert wenig am Umgang der Studierenden untereinander (der meiner Meinung nach normal ist, wie Menschen eben miteinander umgehen), hat aber Einfluss auf den Stressfaktor der Dozenten. Mehr Leute bedeutet mehr Gruppen, mehr Gruppen bedeutet entweder mehr Unterrichtsstunden für die Dozenten oder mehr Doppelgruppen (=zwei Gruppen werden gleichzeitig unterrichtet). Die Folgen davon kann man sich wohl denken.


    Zumindest hier in Niedersachsen und auch in den angrenzenden Ländern wird zur Zeit und auch die letzten Jahre nicht mehr exzessiv neu eingestellt - dafür sind weder Stellen, noch Geld da. Insofern braucht man sich darüber aktuell eher keine Sorgen machen.


    Aber ich gebe dir recht, natürlich ist das Studium anspruchsvoll. Es ist viel Stoff in vergleichbar wenig Zeit. Man hat eben weniger flexibel Zeit, muss immer anwesend sein und die Prüfungen sind vorgegeben. Aber letztlich ist fast jedes Studium anspruchsvoll und ich finde es schwierig, zu vergleichen, wenn man nur dieses eine Studium kennt und nicht das Leben an der Uni. Kommt ja auch auf die Fähigkeiten des Einzelnen an.


  • Zumindest hier in Niedersachsen und auch in den angrenzenden Ländern wird zur Zeit und auch die letzten Jahre nicht mehr exzessiv neu eingestellt - dafür sind weder Stellen, noch Geld da. Insofern braucht man sich darüber aktuell eher keine Sorgen machen.

    Es wurde aber nicht für Niedersachsen sondern für das OLG Stuttgart und die FH Schwetzingen gefragt ;) Und explizit darauf habe ich geantwortet.

  • Ich weiß nicht, wie aktuell das Thema nach 20 Tagen noch für die Themenerstellerin ist, möchte aber trotzdem meinen Senf noch dazu geben:

    [...]
    - Ich würde nicht erwarten, dass auf die Studenten wirklich wie in der Schule eingegangen wird. Es ist durch kleinere Gruppen natürlich leichter, einzelne Probleme und Fragen genauer zu diskutieren, sodass eine höhere Chance besteht, dass jeder es versteht. Aber die Dozenten kümmern sich nicht von sich aus darum, ob es jeder verstanden hat. Dafür ist schon noch jeder Student selbst verantwortlich.

    Darf ich fragen wann du an der FH warst?
    Aktuell ist meine Erfahrung, dass jeder Dozent sich intensiv darum bemüht, dass es jeder verstanden hat. Es läuft daher beinahe 1:1 wie in der Schule ab (incl. mdl Noten).

    Grüße

  • Ich habe meinen Abschluss 2014 gemacht.
    Vielleicht hatte ich auch einfach in der Schule engagiertere Lehrer als der Durchschnitt :gruebel: in der Schule kannte ich nämlich solche Gespräche a la "mir ist aufgefallen, dass du nicht mit kommst, woran liegt es denn?". Und sowas darf man eben an der FH nicht erwarten.
    Man neigt auch sehr dazu, von Unis nur das Bild vom riesigen Hörsaal im Kopf zu haben. Beim Tag der offenen Tür der Uni Mainz würde jedoch klar gestellt, dass auch dort viele (gerade moderne) Studiengänge stark verschult sind. Klar, beim Rechtspflegerstudium gibt es Anwesenheitspflicht und mündliche Noten, aber ob sich das System nun von jedem Universitätsstudium so wahnsinnig stark unterscheidet... Klassische Studiengänge wie Jura sind von diesem Vergleich jetzt mal ausgeschlossen ;)

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