Vollstreckung eines Leistungsbescheid

  • Der Betreute verstirbt und hinterlässt rund 40000€. Die Stadt, in der er verstirbt, übernimmt die Beerdigungskosten und erlässt einen Leisutngsbescheid gegen den Sohn des Verstorbenen und möglichen Erben. Dieser hat das Erbe bis dato nicht angetreten. Er befindet sich in Verbraucherinsolvenz.

    Die Stadt beantragt gem. § 1961 BGB die Einrichtung einer Nachlasspfelgschaft, da die Erben unbekannt sind, bzw. nicht bekannt ist ob sie das Erbe ausschlagen.

    Kann ein Leistungsbescheid wegen der Beerdigungskosten gegen das Erbe ergehen und vollstreckt werden?

    Regelmäßig setzt das zust. AG einen RA als Nachlasspfleger ein. Dem sollte der Leistungsbescheid zugestellt werden.

    Wie sind hier die Meinungen hierzu?

    Gut Felgentreu, du hast Recht. Ich muss nachtragen:

    Die Erstattungspficht für den Sohn und den Enkel (Ersatzerbe) ergibt sich aus § 26 BesttG. Es greift die gesetzliche Erbfolge. Der Sohn geht in Verbraucherinsolvenz und beabsichtigt das Erbe auszuschlagen.
    Der Grundlagenbescheid für die Vollstreckung ist ein Leistungsbescheid gegen den Sohn, welcher aber de facto nicht vollstreckt werden kann. Die Vollstreckung wird fruchtlos verlaufen.

  • Meinung?
    Der Sachverhalt wirkt krude.

    Daher: Weißt Du, wer Verpflichteter des Bescheids ist? Kann mir nicht vorstellen, dass die Stadt ins Blaue hinein festsetzt.
    Und was ist konkret Deine Frage. Bist Du Betreuer des Sohnes?

    Im Übrigen: Ein Erbe tritt man nicht an - Erbe ist man. Die Frage ist daher nicht, ob er es angetreten hat; eher: ob er es bereits ausgeschlagen hat/bzw. doch jmd. anderes zunächst berufen ist.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Das wäre wohl eher eine Frage für Verwaltungsrecht.

    Die Beerdigungskosten können in den meisten Bundesländern von einem definierten Personenkreis erhoben werden. Dazu zählen in der Regel auch die engsten Verwandten. In der Regel muss das Erbe hier auch nicht angetreten sein. Hier müsste man im jeweiligen Bestattungsgesetz, bzw. der Bestattungsverordnung schauen (z.B. Art. 15 BayBestG; § 15 iV § 1 BayBestV)

    Das heißt, die Beerdigungskosten können durch Verwaltungsakt vom Sohn eingefordert werden (und demzufolge natürlich auch vollstreckt werden).

  • Gut Felgentreu, du hast Recht. Ich muss nachtragen:

    Die Erstattungspficht für den Sohn und den Enkel (Ersatzerbe) ergibt sich aus § 26 BesttG. Es greift die gesetzliche Erbfolge. Der Sohn geht in Verbraucherinsolvenz und beabsichtigt das Erbe auszuschlagen. Der Enkel dürfte als Adressat für den Leistungsbescheid erst einmal nicht in Betracht kommen.
    Der Grundlagenbescheid für die Vollstreckung ist ein Leistungsbescheid gegen den Sohn, welcher aber de facto nicht vollstreckt werden kann. Die Vollstreckung wird fruchtlos verlaufen.
    Es werden 40 000e vererbt. Die Schulden des Sohnes sind höher.

    Wenn der Sohn das Erbe nun antritt und das Geld ausgibt, könnte man § 288 StGB prüfen.

  • Auch der Enkel könnte in Betracht kommen. Die Behörde kann hier nach pflichtgemäßem Ermessen auswählen. Die Verpflichteten dürften Gesamtschuldner sein.

    Den § 26 BesttG habe ich nicht gefunden. Welches Gesetz ist hierbei gemeint?

    Wenn der Sohn sich bereits in der Verbraucherinsolvenz befindet wäre zu prüfen, ob der Leistungsbescheid eine Insolvenzforderung darstellt, oder ob die Behörde hier Neugläubiger wäre. Ob der Sohn das Erbe ausschlägt oder annimmt spielt für die Entstehung der Erstattungspflicht erst einmal keine Rolle.

    Wenn der Leistungsbescheid in der Insolvenz untergeht ist es sehr wahrscheinlich, dass der Enkel (oder sonstige Verpflichtete) noch herangezogen wird.

    Aber welche Aufgabe fällt dabei denn Ihnen zu? Müssen Sie den Sohn oder den Enkel betreuen?

  • Das wird nur bedingt durchschaubarer, also unterstelle ich im Folgenden einfach mal die mir als logisch erscheinenden Fakten:

    Zitat


    Die Erstattungspficht für den Sohn und den Enkel (Ersatzerbe) ergibt sich aus § 26 BesttG.

    Tja, blöd nur, wenn es das Gesetz so nicht gibt. Welches Bundesland? Ähnliche Regelungen aus dem Saarland beispielsweise ermöglichen die Vornahme der Bestattung durch die jeweilige Ortspolizeibehörde (idR. das Ordnungsamt der Gemeinde) sowie die Kostenstellung an den nächsten Familienangehörigen (gleichgültig der Erbenstellung).
    Die Saarländer haben jedoch einen dedizierten Katalog, wer nach welchem Verwandschaftsverhältnis zunächst in Anspruch genommen wird - daher ist Deine Formulierung 'Ersatzerbe' verwirrend.

    Existiert ggf. ein Testament d. Verstorbenen trotz dieser Formulierung?

    Zitat


    Es greift die gesetzliche Erbfolge.

    Zitat


    Der Sohn geht in Verbraucherinsolvenz und beabsichtigt das Erbe auszuschlagen. Der Enkel dürfte als Adressat für den Leistungsbescheid erst einmal nicht in Betracht kommen.

    Detaillierter bitte. Geht (gerade), geht (zukünftig) oder ging er schon in Insolvenz, d.h. ist schon ein Verfahren beantragt/eröffnet/vorbereitet?


    Zitat


    Der Grundlagenbescheid für die Vollstreckung ist ein Leistungsbescheid gegen den Sohn, welcher aber de facto nicht vollstreckt werden kann. Die Vollstreckung wird fruchtlos verlaufen.
    Es werden 40 000e vererbt. Die Schulden des Sohnes sind höher.

    Hier nochmal zum Selbstverständnis: Er ist Erbe, solang er nicht ausgeschlagen hat.
    Der Grundlagenbescheid zur Übernahme der Bestattungskosten ist losgelöst von der Erbensstellung. IdR greifen die Bestattungsgesetze auf die Familienstellung zurück.
    Ebenso wird die Kommune vollstrecken, solang noch keine Insolvenz da ist. Ob das Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt.

    Zitat


    Wenn der Sohn das Erbe nun antritt und das Geld ausgibt, könnte man § 288 StGB prüfen.

    Das ist aber weitreichende Zukunftsmusik. Eher kann man überlegen, ob man das Erbe annimmt und ein Planverfahren macht - kurze Inso und nix verloren.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • [quote='felgentreu','RE: Vollstreckung eines Leistungsbescheid']
    Hier nochmal zum Selbstverständnis: Er ist Erbe, solang er nicht ausgeschlagen hat.
    Der Grundlagenbescheid zur Übernahme der Bestattungskosten ist losgelöst von der Erbensstellung. IdR greifen die Bestattungsgesetze auf die Familienstellung zurück.
    Ebenso wird die Kommune vollstrecken, solang noch keine Insolvenz da ist. Ob das Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt.


    Die beiden Sachen hängen aber faktisch doch zusammen. Er ist mittellos und erbt evtl.

    Die Adressatenregelung und die Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid ergeben sich in diesem Fall, wie bereits dargelegt, aus dem Bestattungsgesetz. Dies ist unstrittig.

    Der Sohn sagte, er wird diese Woche evtl. einen Insolvenzantrag stellen. Ob er das macht, kann ich derzeit nicht mit Sicherheit sagen.

  • Frustrierend einen Monolog zu führen, aber trotzdem:

    Der Leistungsbescheid ging an den Sohn als Familienmitglied nach § 26 BestG Saarland und nicht als Erben.

    Wenn der Sohn nicht zahlt und noch keine Insolvenz hat, wird die Behörde natürlich weitervollstrecken.

    Wenn der Sohn die 40.000 € erbt, ist er nicht mehr mittellos und die Vollstreckung könnte Erfolg haben.

  • Frustrierend einen Monolog zu führen, aber trotzdem:

    Der Leistungsbescheid ging an den Sohn als Familienmitglied nach § 26 BestG Saarland und nicht als Erben.

    Wenn der Sohn nicht zahlt und noch keine Insolvenz hat, wird die Behörde natürlich weitervollstrecken.

    Wenn der Sohn die 40.000 € erbt, ist er nicht mehr mittellos und die Vollstreckung könnte Erfolg haben.

    Entschuldige bitte. Ich hatte auch mit dir kommuniziert. Nicht nur mit Felgentreu. Ich hätte dies aber in der Tat besser zum Ausdruck bringen sollen.

    Ja, soweit war ich auch. Nur ist mir momentan nicht ganz klar, wenn er diese Woche einen Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht gestellt hat und dann erbt? Nehmen wir den Fall an, dass er sein Erbe sogar dem Insolvenzverwalter anzeigt. Kann dann überhaupt vollstreckt werden?

  • Geht schon logisch gar nicht. Wenn er nächste Woche einen Insolvenzantrag stellt und dann erst erbt, kann noch keiner tot sein. Damit hätte es auch keine Bestattung geben können und folgerichtig könnte niemand für Bestattungskosten in Anspruch genommen worden sein. Das versuchte felgentreu schon mehrfach herauszustellen. Entweder ich schlage wirksam aus oder ich bin (nicht werde) Erbe.
    Und wie stadtkasse schon zutreffend anmerkt: Die Durchsetzung eines Leistungsbescheides hängt nicht davon ab, ob jemand Erbe ist, sondern nur davon, ob bei ihm was zu holen ist.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Geht schon logisch gar nicht. Wenn er nächste Woche einen Insolvenzantrag stellt und dann erst erbt, kann noch keiner tot sein. Damit hätte es auch keine Bestattung geben können und folgerichtig könnte niemand für Bestattungskosten in Anspruch genommen worden sein. Das versuchte felgentreu schon mehrfach herauszustellen. Entweder ich schlage wirksam aus oder ich bin (nicht werde) Erbe.
    Und wie stadtkasse schon zutreffend anmerkt: Die Durchsetzung eines Leistungsbescheides hängt nicht davon ab, ob jemand Erbe ist, sondern nur davon, ob bei ihm was zu holen ist.


    :daumenrau

  • Da habt ihr etwas durcheinadergebracht. Der Vater ist gestorben, der Sohn ist Erbe. Leider ist die Sache nicht ganz so einfach wie ihr beide denkt. Liest vielleicht noch einmal die Beiträge durch.

    Was ist wenn er sein Erbe antritt und hat bereits einen Insolvenzantrag gestellt?

  • Für das Grundverständnis des Sachverhalts wäre es sicherlich hilfreich, wenn Du @Beschützer mitteilen würdest, in welcher Funktion Du mit der Angelegenheit befasst bist. Bis hierher kann man nur vermuten, dass Du der rechtliche Betreuer des Sohns bist.

    Wenn die Forderung aus dem Leistungsbescheid vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand, ist es eine Insolvenzforderung, die im Rahmen einer etwaigen Verteilung im Insolvenzverfahren bedient wird. Ansonsten ist die Stadt Neugläubigerin, zu vollstrecken gäbe es dann im Ergebnis nichts, die Forderung wird aber auch nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.

    Der Zeitpunkt des Insolvenzantrages ist lediglich für die Frage einer etwaigen Anfechtung von Bedeutung, d.h. dass der Insolvenzverwalter unter Umständen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistete Zahlungen an die Stadt zurückfordern und zur Insolvenzmasse vereinnahmen kann.

    Das ist losgelöst von der Frage zu betrachten, ob der Sohn die Erbschaft "antritt" oder nicht. Eine Erbschaft fällt kraft Gesetzes oder Testament an. Sie wird in der Regel dadurch angenommen, dass innerhalb der vorgesehenen Frist keine Ausschlagungserklärung abgegeben wird.

    Im Ergebnis sehe ich hier aber noch nicht, worin das Problem liegen soll, wenn ein Leistungsbescheid an den Sohn ergeht.

  • Vielen herzlichen Dank für die guten Ausführungen!

    Habe noch etwas gefunden:

    [TABLE='class: MsoNormalTable, width: 100']

    [tr][td]

    [FONT=&amp]Verwaltungsgericht des Saarlandes 3. Kammer[/FONT]

    [/td][/tr][tr][td]

    [FONT=&amp]16.10.2014[/FONT]

    [/td][/tr][tr][td]

    [FONT=&amp]3 K 2014/13[/FONT]

    [/td][/tr]


    [/TABLE]

    und

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    [tr][td]

    [FONT=&amp]Oberverwaltungsgericht des Saarlandes 1. Senat[/FONT]

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    [FONT=&amp]01.12.2015[/FONT]

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    [FONT=&amp]1 A 393/14[/FONT]

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