Zwangsverwalter zugleich als Gläubigervertreter in der Zwangsversteigerung?

  • Hallo,

    als Gläubigerbank betreiben wir ein Zwangsversteigerungsverfahren, parallel dazu auch die Zwangsverwaltung. Nun wurde Versteigerungstermin anberaumt. Der Termin dürfte relativ unkompliziert sein.

    Wegen der räumlichen Distanz von uns zum Versteigerungsgericht wollen wir uns im Versteigerungstermin durch einen örtlichen Rechtsanwalt vertreten lassen.

    Bei der Suche nach einem kompetenten Anwalt dachte ich deshalb daran, den Zwangsverwalter (der ja Rechtsanwalt ist) zu beauftragen, uns im Termin zu vertreten. Es geht hauptsächlich darum, ggf. den Antrag nach § 74a (1) ZVG zu stellen, falls das Meistgebot unter 7/10 des Verkehrswert bleibt.

    Ich hatte diese Fall bisher noch nicht - gibt es aus Rechtspflegersicht Bedenken, wenn wir den Zwangsverwalter mandatieren? Befangenheit oder ähnliches kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

    Freue mich auf Antworten aus der Praxis und bedanke mich schon im Voraus.

  • Unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 14.04.2005, V ZB 15/05, sehe ich da ein Problem. Insbesondere, weil der Zwangsverwalter unter der Aufsicht des Gerichts steht und man ihm eine Neutralität abverlangt, andererseits er durch eine Mandatierung parteilich wird. Das wird der Zwangsverwalter auch sicher nicht wollen und dies ablehnen.

    Einen schönen Aufsatz von Brandau/Stroh/Kersten findet man hier, wobei ich nicht alles durchgeprüft habe.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Zitat

    gibt es aus Rechtspflegersicht

    Aus deren Sicht sollte nix dagegen sprechen.
    Allerdings könnte die Vertretung aus anderem Grunde problematisch sein:

    § 43 a Abs. 4 BRAO
    Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten.

    § 3 BORA
    Widerstreitende Interessen, Versagung der Berufstätigkeit

    (1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung beruflich befasst war. ...

    Bundesrechtsanwaltsordnung
    § 45
    Versagung der Berufstätigkeit

    (1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden:
    1.

    2.

    3.
    wenn er gegen den Träger des von ihm verwalteten Vermögens vorgehen soll in Angelegenheiten, mit denen er als Insolvenzverwalter, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer oder in ähnlicher Funktion bereits befaßt war;

  • Ohne dies rechtlich geprüft zu haben, finde ich schon die Idee befremdlich, von einer etwaigen Zusage des Zwangsverwalters ganz zu schweigen. Für mich liegt auf der Hand, dass beide Mandate nicht zusammenpassen.

  • hmm,

    erstmal vielen Dank für den Verweis auf das bisherige Thema (hatte ich trotz Recherche leider nicht gefunden) bzw. die anderen Beiträge.

    Ich denke mal, wir gehe auf "Nummer Sicher" und beauftragen den Zwangsverwalter nicht.

    Wie wäre es denn, wenn man - aus der gleichen Kanzlei - einen anderen Kollegen beauftragt?

  • Ich denke mal, wir gehe auf "Nummer Sicher" und beauftragen den Zwangsverwalter nicht.
    Wie wäre es denn, wenn man - aus der gleichen Kanzlei - einen anderen Kollegen beauftragt?

    Gut!! Kurze Rückfrage: Der Zwangsverwalter will den Schuldner im Termin vertreten?
    Wie wäre da bloß die Antwort?

    Auch einen Kollegen aus dem Büro des Zwangsverwalters zu beauftragen: Geht nicht!!

  • noch eine kleine Erweiterung:

    Ich bin gerichtlich bestellter Institutszwangsverwalter.
    Kann ich gleichzeitig als Gläubigervertreter im Zwangsversteigerungstermin auflaufen ?

    Gruß
    Bänker

  • öhm; ich halte es auch für grds. problematisch, wenn ein Zwangsverwalter vom Gläubiger mandatiert wird.

    @ bänker:
    im Gegensatz zu fossil sehe ich auch in dem Auftreten des Institutsverwalters als Gläubigervertreter ein Problem.

    Warum auch nicht?

    soweit ich weiß (ich hatte noch nie das Vergnügen mit einer institutsverwaltung) sind die einzigen Besonderheiten beim Institutsverwalter das Vorschlagsrecht nach §150 a ZVG und dass keine Vergütung anfällt.

    Ansonsten ist er ein ganz normaler Verwalter

    insbesondere wird im §150 a ZVG ausdrücklich auf den §154 ZVG verwiesen, was die Verantwortung des Verwalters auch dem Schuldner gegenüber bedeutet.

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Begründung für mein JA:

    Der Institutsverwalter steht in Diensten des betreibenden Gläubigers (vgl. § 150 a ZVG).
    Im Versteigerungstermin kann sich der Gläubiger von seinen Beschäftigten vertreten lassen (§ 79 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

    Weil der in Diensten des Gläubigers stehende Institutsverwalter zwangsläufig beim Gläubiger beschäftigt sein muss und weil es dem Institutsverwalter (anders als anwaltlichen Zwangsverwaltern - siehe oben #4) auch nach anderen Vorschriften nicht explizit verboten ist, den betreibenden Gläubiger im Termin zu vertreten, kann eine Vertretung im Versteigerungstermin erfolgen.

    Zudem sehe ich keine Möglichkeit für das Vollstreckungsgericht, derartigen "Frevel" zu unterbinden - ohne dass das Gericht (Bundesland) Gefahr läuft, sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig zu machen.

    Außerdem:
    Welche Interessen sollen eigentlich kollidieren sollen, wenn der Institutsverwalter auch als Terminsvertreter auftritt?
    Gläubiger und Schuldner stehen sich in der Zwangsversteigerung nicht kontradiktorisch als Streitparteien gegenüber und dass sich manche Schuldner als "Opfer" des zwangsversteigernden Gläubigers sehen, dürfte nicht ausreichen.

  • Ich begründe mein Nein wie folgt:
    Gläubiger und Schuldner stehen sich m.E. sehr wohl als kontradiktorische Streitparteien gegenüber. Der Zwangsverwalter verwaltet Vermögen des Schuldners. Dieses ist zwar nicht von der Beschlagnahme der Zwangsversteigerung umfasst, nichtsdestotrotz hat der Zwangsverwalter eine "neutrale" Rolle einzunehmen und im Zwangsversteigerungsverfahren, soweit er tangiert ist, auch die Interessen des Schuldners zu vertreten. Beispielhaft seien genannt Belassung von Wohnräumen (§ 149 ZVG) oder Besichtigungstermine.
    Insofern könnten die weiter oben bereits genannten Punkte durchaus - analog - anwendbar sein.
    Und: Nur weil etwas nicht explizit verboten ist, heißt es ja nicht automatisch, dass es auch geht ;).

    Aus meiner Sicht ist die Institutsverwaltung nach § 150a ZVG ohnehin etwas, was man getrost streichen könnte. Den Sinn habe ich noch nie verstanden, und die einzige Institutsverwaltung, die ich jemals hatte, lief nicht sonderlich gut und wurde nach einiger Zeit in eine "normale" Zwangsverwaltung überführt. Aber das ist ein anderes Thema.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

  • Zitat

    Wieso dies?

    Weil im Verfahren keine "Waffengleichheit" besteht.
    Weil das Verfahren einseitig vom Vollstreckungsgläubiger betrieben wird, ohne dass der Vollstreckungsschuldner der (Zwangsvollstreckungs-)Gegner des Gläubigers wäre.
    Weil der Gläubiger immer Herr des Verfahrens ist und jederzeit und uneingeschränkt eine Beendigung durch bloße Antragsrücknahme herbeiführen kann.
    Weil sich die "Parteien" nicht streiten und sich der Schuldner dem Willen des Gläubigers unterordnen muss.

    Zitat

    Nur weil etwas nicht explizit verboten ist, heißt es ja nicht automatisch, dass es auch geht ;).

    Warum sollte es nicht gehen?

    Der I-Verwalter begibt sich als Gläubigervertreter in den K-Termin und nimmt dort die Interessen seines Dienstherren wahr.
    Das Gericht dürfte den I-Verwalter nicht nach § 79 Abs. 3 ZPO zurückweisen.

    Das (mutige!) Gericht könnte anschließend auf die Idee kommen, den I-Verwalter v. A. w. im L-Verfahren zu entlassen.
    Begründung: Mangelnde Neutralität.
    Abgesehen davon, dass sich die Frage stellt, wie und warum die Terminsvertretung im K-Verfahren die Neutralität im L-Verfahren beeinträchtigen soll, liegt es nun einmal in der Natur der Sache, dass ein I-Verwalter nicht wirklich neutral sein kann und darf.

    Eine Neutralitätsverpflichtung kann ich aus dem Gesetz im Übrigen auch nicht so richtig herauslesen.
    Selbst der Schuldner muss unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwangsverwalter bestellt werden (§ 150 b ZVG) und von dem wird dann ja auch nicht erwartet, dass er sich neutral verhält.

  • Sogar der BGH widerspricht fossil, Frechheit, aber auch er sieht im Zwangsversteigerung aber fahren zumindest teilweise ein kontradiktorisches Verfahren (z.B. V ZB 125/05), soweit ich den Senat verstehe. Also nix mit dem Verwalter als Terminsvertreter

  • fossil hat schon recht.

    rein faktisch kann ein Zwangsverwalter (soweit §79 ZPO nicht entgegen steht) im Termin als Vertreter auftreten-ja.
    allerdings riskiert der als Terminsvertreter auftretende Verwalter, wie fossil das ebenso richtig schreibt, seine Entlassung;

    ich würde hier auch nicht von einem "mutigen!" Gericht sprechen, sondern von einem normal arbeitenden

    der Zwangsverwalter würde zumindest von mir auch nicht mehr bestellt werden, auch nicht als institutsverwalter, er ist offensichtlich nicht in der lage die gebotene neutralität zu wahren und daher nicht als Zwangsverwalter geeignet.

    ich kann (wie gesagt) durchaus eine neutralitätsverpflichtung aus 154 zvg ableiten
    der übrigens findet bei §150 b ZVG für den Schuldner keine anwendung
    deswegen wird nach §150 c ZVG eine aufsichtsperson bestellt, für DIESEN gilt der §154 ZVG...

    die Frage war ursprünglich im übrigen, ob aus rechtspflegersicht Bedenken bestehen.

    und JA die bestehen grundsätzlich


    im Übrigen:
    natürlich ist das verfahren kontradiktorisch
    natürlich besteht grds. waffengleichheit
    das normale Zivilverfahren ist mir nicht sooo geläufig, aber kann das Verfahren nicht auch durch klagerücknahme beendet werden?
    abgesehen davon: sicherlich hat das Verfahren seine besonderheiten, aber das beseitigt ja nicht die kontradiktion

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    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • In vielen BGH-Entscheidungen in Sachen ZVG findet sich am Ende eine Begründung wie diese (hier aus BGH, 06.06.2013 - V ZB 117/12):

    "Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung des Beteiligten zu 1, die Kosten eines erfolglosen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt, da sich die Beteiligten im Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich nicht als Parteien eines kontradiktorischen Streitverhältnisses gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7)."


    In genannter Entscheidung BGH, 25.01.2007, V ZB 125/05, heißt es:

    "Eine Einschränkung ergibt sich allerdings daraus, dass die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO ein kontradiktorisches Verfahren voraussetzen (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., Vor § 91 Rdn. 2 sowie Stein/Jonas/Münzberg, aaO). Daran kann es im Zwangsversteigerungsverfahren fehlen, wenn nicht das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Vordergrund steht, wie bei einem Streit um die Anordnung, Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens regelmäßig anzunehmen ist, sondern Entscheidungen angefochten werden, die auch andere Verfahrensbeteiligte betreffen oder bei denen Gläubiger und Schuldner nicht zwangsläufig widerstreitende Interessen verfolgen. Hiervon geht der Senat für den Regelfall bei der Verkehrswertbeschwerde (Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730; ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 9.5.; LG München II Rpfleger 1984, 108) und bei der Zuschlagsbeschwerde (Senat, Beschl. v. 20. Juli 2006, V ZB 168/05, Rpfleger 2006, 665; Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, WM 2007, 82, 86; ebenso Stöber, aaO, § 99 Anm. 2.5.; OLG Oldenburg JurBüro 1989, 1176, 1177) aus.

    Vorliegend bleibt es indessen bei der Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO, da sich die Beteiligten als Gläubiger einerseits sowie als Schuldner und dessen Einzelrechtsnachfolger andererseits über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens streiten, mithin in einem kontradiktorischen Verhältnis zueinander stehen. Da die genannten Vorschriften, wie dargelegt, nicht für das Vollstreckungsverfahren selbst, sondern nur für die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde gelten, beschränkt sich die Wirkung der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3 auf diese Rechtsmittelverfahren (vgl. zu dieser Möglichkeit: Senat, Beschl. v. 11. Januar 2001, V ZB 40/99, NJW-RR 2001, 1007, 1008; BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, XI ZR 219/97, WM 1998, 1747, 1748). Nachdem die auf die Zustimmungsfiktion des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO hingewiesene Gläubigerin der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3 nicht widersprochen hat, ist somit über die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO)."

  • Hallo zusammen,
    also ich bin in Person grundsätzlich in beiden Amtern tätig. Bin also Termin - Vertreter für die Bank. Ebenso bin ich (Instituts-) Zwangsverwalter.
    Meine klare Meinung ist: Juristische Begründungen Hin oder Her:
    Es besteht (bestünde) klare Interessen - Kollision, wenn eine Person bei Gericht in beiden "Ämtern" gleichzeitig auftritt. Geht m.E. einfach gar nicht !! In solchen Fällen geht eine andere Person (anderer weiterer Mitarbeiter) als Terminvertreter und auch noch der Zwangsverwalter zum Termin.
    Wenn eine Bank nicht selbst (Termins-Vertreter) zum Termin fährt (=Bearbeiter) dann kann man dieser Bank einfach nicht mehr helfen. Bekloppt!!
    Da kann doch schnell mal ein grösserer Schaden eintreten als ein paar dämliche Termins - Kosten von 200 bis 300,00 EUR.

  • Von mir ein klares Nein, sowohl zur ursprünglichen Frage, wie auch zur Frage von Bänker. Als langjähriger ZVG-Rpfl. würde ich dies in meiner Praxis nicht erlauben wegen Interessenkollision.

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