Nacherbfolge hoch 2

  • Mal wieder ein für mich äußerst komplizierter Nacherbenfall:
    Eine Familie (Eheleute und verstorbene Mutter des Ehemannes)hat umfangreichen Grundbesitz.
    Es gibt Grundbesitz der Eheleute zu je ½ und Grundbesitz desEhemannes als Alleineigentümer, teilweise bzgl. eines ½ Anteils als Vorerbenach seiner Mutter.
    Aufgrund eines privatschriftlichen gemeinschaftlichenTestaments der Eheleute wird ein Erbschein nach dem Ehemann erteilt, wonach dieEhefrau unbeschränkte Erbin zu 48,06 % ist und drei der Kinder mit unterschiedlichenErbquoten nicht befreite Vorerben sind.
    Nacherben sind die Abkömmlinge derVorerben, ersatzweise Nichten und Neffen.
    Die Quoten wurden dadurchermittelt, dass der nicht der Nacherbfolge nach der Mutter unterliegendeGrundbesitz wertmäßig ins Verhältnis gesetzt wurde.
    Nach der Mutter wird ebenfalls einErbschein erteilt, wonach Erben aufgrund Eintritts des Nacherbfalls Kinder derEheleute sind; diese wiederum nur als nicht befreite Vorerben mit der gleichenNacherbfolge belastet.
    Die Ehefrau und die Kinderschließen einen Erbauseinandersetzungsvertrag, worin sie den Grundbesitz desEhemannes, auch soweit dieser der Nacherbfolge nach der Mutter unterliegt, auseinandersetzenund zwar nach den Teilungsanordnungen im Testament der Eheleute. Im Testamentder Mutter gab es keine Teilungsanordnungen. Hier hieß es: Er (der Sohn) soll meinen Haus- und Grundbesitz an seine Kinderweitervererben. Die Verteilung liegt in seinem Belieben.
    Vor Eintragung der Grundbuchberichtigungbzw. Auseinandersetzung verstirbt auch die Ehefrau. Sie hat noch in einem privatenEinzeltestament über den einen Teil des ihr gehörenden bzw. übertragenenGrundbesitz anders verfügt, nämlicheinem Enkel zugedacht.
    Auch hier gibt es einen Erbscheinfür die Kinder und den Enkel nach den Quoten des Grundbesitzes, jedoch ohneBeschränkung durch Nacherbfolge.
    Alle Erben schließen wieder einenErbauseinandersetzungsvertrag, wonach die Anordnungen aus beiden Testamentenumgesetzt werden sollen.
    Letztlich würde der Grundbesitz,der jetzt über die Ehefrau vererbt wird (eigener Anteil und die Anteile, die beider ersten Auseinandersetzung übertragen wurden), nicht den Beschränkungen der Nacherbfolgeunterliegen.
    Ich habe Bedenken, ob diegetroffenen Verfügungen mit den rechtlich ziemlich unklar getroffenen Teilungsanordnungenohne Nacherbenzustimmung wirksam sind.
    In der Folge setzten sich dann auchnoch zwei der Geschwister über ein bei der Erbauseinandersetzung zu gleichenTeilen zugewiesenes Grundstück auseinander. Auch das soll ohne Voreintragungeingetragen werden.
    Im Testament steht hierzu, dass einVerkauf an Geschwister oder Neffen bzw. Nichten zulässig ist. Müsste darin eineteilweise Befreiung von den Beschränkungen des § 2113 BGB gesehen und diese imErbschein vermerkt sein? Dann könnte m.E. -nach Anhörung eines Pflegers fürunbekannte Nacherben- diese Umschreibung erfolgen.
    Ich hoffe sehr, dieser Fall ist nicht zu kompliziert,um Antworten zu erhalten!

  • Ich glaube, ich habe wieder mal zu viele Infos in den Sachverhalt eingestellt, so dass man die Probleme nicht erkennen kann, aber es ist nun mal so. Ich hoffe aufs Wochenende oder auf die nächste Woche!!

  • Wenn keine Voreintragung der einzelnen Erbfolgen erfolgen soll, hat das Grundbuchamt die Rechte des Nacherben von Amts wegen zu wahren. Die Verfügungen können daher nur vollzogen werden, wenn sie den Nacherben gegenüber wirksam ist. Dies setzt im Regelfall den Nachweis der Zustimmung der Nacherben zu den Verfügungen voraus (OLG Hamm, Beschluss vom 19.09.1994, 15 W 205/94, mwN). Zuzustimmen haben zwar nicht die Ersatznacherben (s. das nachgenannte Gutachten des DNotI vom 14.06.2004, Dokumentennummer 1205), wohl aber die Nachnacherben, s. Pfälz. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12. 1. 2011, 3 W 195/10, mwN.
    http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint
    sowie Zeiser im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.11.2016, § 51 RN 92 mwN). Diese Zustimmung ist mE vorliegend aus folgenden Gründen erforderlich:

    In dem gemeinsamen privatschriftlichen Testament der Eheleute hat offenbar lediglich der Ehemann hinsichtlich der Erbteile der Kinder Vor- und Nacherbfolge angeordnet (zur Zulässigkeit s. OLG Hamburg, Beschluss vom 06.10.2016, 2 W 69/15 = FGPrax 2016, 133, Rz. 23 mwN), sodass es auf die Frage der Mitwirkung der Nacherben hinsichtlich der Auseinandersetzung des ½ Miteigentumsanteils der Ehefrau durch die von ihr zu Erben berufenen Kinder und den Enkel nicht ankäme.

    Allerdings wird die Auseinandersetzung nicht nur hinsichtlich des von der Nacherbfolge nicht betroffenen ½ MEA, sondern bzgl. ganzer Grundstücke erklärt. Ohne die Beschränkung durch Vor- und Nacherbfolge konnte die Ehefrau aber nur über ihren eigenen ½ MEA verfügen. Hinsichtlich der von ihrem Ehemann ererbten Quote steht sie in Erbengemeinschaft mit den Kindern, die jedoch lediglich zu nicht befreiten Vorerben berufen wurden.

    Der vorverstorbene Ehemann war wiederum nicht nur Alleineigentümer, sondern auch hälftiger Miteigentümer und hat den weiteren ½ Miteigentumsanteil von seiner Mutter als Vorerbe geerbt. Mit seinem Tod ist insoweit die Nacherbfolge nach der Mutter eingetreten, wonach die drei Kinder der Eheleute zu Nacherben berufen sind, allerdings wiederum lediglich als nicht befreite Vorerben, belastet mit einer Nacherbfolge zugunsten ihrer Abkömmlinge (wobei es derzeit offenbar einen Abkömmling, nämlich den im Erbschein nach der Ehefrau genannten Enkel, gibt).

    Da es keine Teilungsanordnung nach der Mutter des nachverstorbenen Ehemannes gibt und die Frage der Entgeltlichkeit der Verfügung wegen der Nichtbefreiung der Vorerben keine Rolle spielen kann, hätten mithin an der Auseinandersetzung des Nachlasses nach der Mutter alle Nacherben mitwirken müssen (s. die Gutachten des DNotI

    a) vom 14.06.2004, Dokumentennummer 1205#

    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…9fe?mode=detail
    unter II 2a) mwN)

    oder
    b) vom 09.09.2010, Abruf-Nr.: 105422
    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…97f?mode=detail
    unter III 3b)).

    Für die noch unbekannten (Nach-) Nacherben hätte mithin (bzw. muss noch) ein nach § 1913 BGB zu bestellender Pfleger der Verfügung zustimmen müssen (BeckOK/Zeiser, RN 93 ff. mwN; OLG München, Beschluss vom 13.01.2014, 34 Wx 166/13, mwN
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-01811?hl=true

    Er bedarf seinerseits für die von ihm erteilte Zustimmung der Genehmigung des (Familien-) Gerichts nach §§ 1821 I 1, 1915 BGB (BayObLG, Beschluss vom 24. 4. 1997, 2Z BR 38/97; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.2.2014, I-3 Wx 171/13, BeckOK/Zeiser, RN 99; Reimann in Anm. zu OLG München, B. v. 13.01.2014, in der MittBayNot 5/2014, 464 ff, Fußnote 4)
    http://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…yNot_2014_5.pdf

    Die Zustimmung wird er allerdings wegen des Schenkungsverbots nach §§ 1915 Abs. 1, 1804 BGB (s. dazu OLG Hamm (15. ZS), Beschluss vom 16. 4. 1984, 15 W 105/84, Keim, ZEV 2014, 648/652 mwN in Fußn. 41) nur erteilen können, wenn bei den Surrogaten, also den aufgelassenen Grundstücken, ein Nacherbfolgevermerk eingetragen wird.

    Dieser Nacherbfolgevermerk ist zwar auch bei einem Surrogat von Amts wegen einzutragen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 3496; Litzenburger im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand 01.11.2016, § 2111 RN. 22; Avenarius im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2111 RN 10 mwN).

    Die Eintragung müsste jedoch z. B. dann unterbleiben, wenn der Grundbesitz, der der Ehefrau im Zuge der Erbauseinandersetzung zugeteilt wurde, wertmäßig ihrem ½ MEA und der durch Erbfolge nach ihrem Ehemann übergegangenen Quote entsprechen sollte.

    Das würde aber voraussetzen, dass ein Nachweis der Wertentsprechung geführt werden kann.

    Ich vermute, dass vorliegend kein entsprechender, vermutlich auf ein Wertgutachten zu gründender Nachweis vorliegt, so dass es der Zustimmung der durch einen Pfleger vertretenen unbekannten Nacherben bedarf (OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 10.02.2012, 34 Wx 143/11, Rz. 16
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-04408?hl=true

    Sache des Pflegers ist es mE dann, vor Abgabe der Zustimmung zu überprüfen, ob lediglich bei den Objekten, die den drei Kindern zugeteilt wurden, die Eintragung eines Nacherbfolgevermerk zugunsten der unbekannten Nacherben (= Abkömmlinge der Kinder) zu erfolgen hat, oder ob dies ggf. zu einem Bruchteil auch auf den Grundstücken erfolgen muss, die der Mutter im Zuge der Erbauseinandersetzung zugeteilt wurden. Dazu müsste dann eine entsprechende Bewilligung vorgelegt werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank an Prinz. Du hast mal wieder meine etwas unklaren Gedanken in der Sache für mich absolut nachvollziehbar und untermauert umgesetzt. Da ich meine beiden letzten Wochen "im Amt" habe, komme ich damit wohl auch noch zu einer brauchbaren Zwischenverfügung. Ich muss allerdings auch noch die Richtigkeit der Erbscheine überprüfen lassen, da im Erbschein nach der Mutter z. B. eine Nacherbin fehlt. Die Auslegung der Testamente für die einzelnen Erbfolgen ist auch unschlüssig (mal Nacherbfolge, mal Vollerbin, obwohl im Endeffekt alle Kinder die Grundstücke weitervererben sollen).

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