Voreintragung Vorerbe/Nacherbe

  • Liebe Kollegen,der Erblasser wurde laut Erbschein beerbt von seinem Sohn zu 60/100 als beschränkter Vorerbe. Der Nacherbe steht bereits fest. TV ist bezüglich dieses Erbteils angeordnet. Bis zum Eintritt des Nacherbfalls nimmt der TV auch die Rechte des Nacherben wahr (§ 2222 BGB). Zu 40/100 ist die Mutter des Sohnes Vollerbin.Der TV und die Mutter verkaufen ein Grundstück an einen Dritten und beantragen die Eintragung einer Vormerkung. Verstehe ich Demharter, GBO, § 40 Rn. 5 richtig - dass die Voreintragung hier erforderlich ist, weil der Nacherbe dem Rechtsgeschäft nicht zugestimmt hat? Der TV hat in dem Vertrag ausdrücklich nur für den Vorerben gehandelt. Danke euch.

  • Der TV hat in dem Vertrag ausdrücklich nur für den Vorerben gehandelt. Danke euch.

    Das wird doch aber das Hauptproblem sein. Der Testamentsvollstrecker hätte ausdrücklich in dieser Eigenschaft handeln müssen (vgl. BeckOK/Zeiser GBO § 52 Rn. 58 m.w.N.). So hat der nicht befreite Vorerbe weder wirksam über den Grundbesitz verfügt, noch der Testementsvollstrecker wirksam auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verzichtet.

  • Ihr seht mich etwas ungehalten, weil immer wieder die gleichen Fallgestaltungen nachgefragt werden und man offenbar nicht verinnerlicht, was (stets) die zutreffende Lösung ist.

    a) Denken wir uns doch einmal zunächst den Testamentsvollstrecker hinweg. In diesem Fall würde der nicht befreite Vorerbe verfügen und da der Nacherbe nicht zugestimmt hat, könnte die Eintragung der Vormerkung - die an sich ohne Voreintragung der Erbfolge möglich wäre - nicht erfolgen, weil der Nacherbe schutzlos gestellt würde.

    b) Jetzt kommt der TV für den Vorerben hinzu. Er unterliegt nach wohl überwiegender (wenn auch von mir nicht für zutreffend gehaltener) Ansicht den Beschränkungen des § 2113 BGB. Das Ergebnis wäre demnach das Gleiche wie zu lit. a), ganz abgesehen davon, dass der Nacherbe zur Entgeltlichkeit der Verfügung des TV anzuhören wäre (Näheres hierzu bei nachfolgender lit. d).

    c) Jetzt kommt noch hinzu, dass der Vorerben-TV gleichzeitig als Nacherben-TV i. S. des § 2222 BGB amtiert. Als Letzterer hat er nichts erklärt, so dass wieder das Ergebnis zu b) und damit auch das Ergebnis zu a) gilt.

    d) Genehmigt der Nacherben-TV nunmehr noch für den Nacherben (was noch nicht erfolgt ist), haben wir zwar eine Zustimmung des Nacherben, aber damit ist noch nicht geklärt, ob diese Genehmigung eine unentgeltliche Verfügung i. S. des § 2205 S. 3 BGB ist, was sie nur sein kann, wenn die Veräußerung durch den Vorerben-TV als solche voll entgeltlich ist. Man kommt also - welche Überraschung! - (Achtung: Ironie) zur Notwendigkeit der Anhörung des Nacherben. Ist er bekannt, ist er selbst anzuhören, ist er nicht geschäftsfähig, ist der jeweilige gesetzliche Vertreter anzuhören (so kein Vertretungsausschluss vorliegt, ansonsten ein zu bestellender Ergänzungspfleger oder Ergänzungsbetreuer) und ist er unbekannt, ist ein nach § 1913 BGB zu bestellender Pfleger anzuhören.

    e) Ist alles gemäß lit. d) erfolgt, bleibt es aber trotzdem dabei, dass der Grundbesitz erst mit dem Vollzug der Auflassung aus der Nacherbenbindung ausscheidet (vgl. Bestelmeyer Rpfleger 2015, 177, 186 m. w. N.), so dass die Vormerkung wiederum nicht ohne Voreintragung der Erbfolge (samt Nacherbenvermerk) eingetragen werden kann. Auch ein von der (unzutreffenden) hM grundsätzlich für zulässig gehaltener Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks seitens des Nacherben-(sic!)-TV würde hier nicht weiterhelfen, weil es sich insoweit um eine unentgeltliches Geschäft des Nacherben-TV handeln würde, weil es für die vorzeitige Löschung des Nacherbenvermerks keinerlei Gegenleistung gibt. Die volle Entgeltlichkeit der Veräußerung als solche ändert daran nichts.

    Also eigentlich immer wieder das gleiche Spiel. Man braucht nur mit dem Grundsachverhalt anzufangen, sodann fügt man eine Besonderheit und Schwierigkeit nach der anderen hinzu und - schwupps - schon hat man die Lösung.

    Dass der Notar den TV hier nur für den Vorerben handeln ließ, ist natürlich ein rechtliches Armutszeugnis (jedenfalls dann, wenn nicht lediglich eine Genehmigung des TV, sondern dessen Beteiligung an der Beurkundung vorliegt).

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