Regress für Vergütung des Nachlasspflegers oder höhere Vergütung?

  • I.

    Meine Kollegin hat hier folgenden (vereinfacht dargestellten) Fall:

    Nachlasspflegschaft. Zum Nachlass gehört nur ein Grundstück, wobei zunächst unklar ist, ob sich dieses verkaufen lässt, es ist in keinem guten Zustand.

    Nachlasspfleger beantragt Teilvergütung in Höhe von 3000 € aus der Staatskasse, hilfsweise 8000 € (mit höherem Stundensatz) gegen das Vermögen. Der Bezirksrevisor stimmt zu, weil absehbar kein Geld flüssig ist, der Nachlasspfleger erhält somit die 3000 € aus der Staatskasse.

    Nun konnte das Grundstück doch verkauft werden, Erlös: 10.000 €.

    Die Rechtspflegerin hat nun der Nachlasspflegerin Regress in den Nachlass in Aussicht gestellt über die aus der Staatskasse ausgezahlten 3000 €.
    Darauf antwortet die Nachlasspflegerin, dass sie nun erst einmal den erhöhten Stundensatz, d.h. die Differenz aus 8000 € zu den ausgezahlten 3000 € noch aus dem Nachlass begehrt, weiterhin legt sie einen weiteren Vergütungsfestsetzungsantrag vor (weitere Tätigkeit) vor über 5000 €, hilfsweise 2000 € gegen die Staatskasse.

    Wie würdet Ihr das Ganze jetzt abhandeln?

    II.

    In diesem Zusammenhang die Frage, wie der Erbenfreibetrag nach § 102 SGB XII dabei zu berücksichtigen ist:

    Anderer (einfacherer) Fall: Nach Begleichung der Beerdigungskosten verbleiben 2000 €, die in diesen Standardfällen immer hinterlegt werden. Der Nachlasspfleger beansprucht aber noch seine Vergütung in Höhe von 200 €. Gemäß § 1836e BGB ist doch § 102 SGB XII zu beachten (?), was bedeutet, dass der Erbenfreibetrag (ca. 2500 €) verbleiben müsste, sodass die Vergütung aus der Staatskasse gezahlt werden müsste? Ist das so? Wir haben uns bislang noch keine Gedanken darüber gemacht und den Nachlasspfleger in derartigen Fällen immer die Vergütung aus dem Restnachlass bewilligt.

  • Ich habe das auf die Schnelle aus meinem Sammelsurium rausgekramt und hoffe, es hilft weiter (beide Entscheidungen sind bei Juris):

    OLG München, Beschluss vom 08. März 2006 – 33 Wx 131/05
    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. September 2012 – I-3 Wx 308/11

  • Ja, das sind die betreffenden Entscheidungen, die die Festsetzung der Vergütung gg. die Staatskasse stützen.

    Wenn nun einmal die Vergütung (rechtskräftig) festgesetzt ist, kann der NLP später nicht doch nochmals die erneute Festsetzung der Vergütung mit einem höheren Stundensatz beantragen. Festgesetzt ist festgesetzt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Wenn nun einmal die Vergütung (rechtskräftig) festgesetzt ist, kann der NLP später nicht doch nochmals die erneute Festsetzung der Vergütung mit einem höheren Stundensatz beantragen. Festgesetzt ist festgesetzt.

    Naja, es gibt ja gar keine formelle "Festsetzung". Der Betrag wurde einfach nur antragsgemäß "angewiesen" (so wie man das etwa bei Betreuervergütungen macht, wenn nichts abzusetzen ist und keine formelle Festsetzung beantragt wird).

  • Dieses Detail war aus dem SV so deutlich nicht zu entnehmen.

    Insofern bestünde (sofern die sog. 15-Monatsfrist nicht abgelaufen ist), wohl doch noch eine Möglichkeit, die Festsetzung der Vergütung gegen den Nachlass zu beantragen - sofern die Zahlung aus der Staatskasse im Wege des Regresses rückgefordert wird.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • II.

    In diesem Zusammenhang die Frage, wie der Erbenfreibetrag nach § 102 SGB XII dabei zu berücksichtigen ist:

    Anderer (einfacherer) Fall: Nach Begleichung der Beerdigungskosten verbleiben 2000 €, die in diesen Standardfällen immer hinterlegt werden. Der Nachlasspfleger beansprucht aber noch seine Vergütung in Höhe von 200 €. Gemäß § 1836e BGB ist doch § 102 SGB XII zu beachten (?), was bedeutet, dass der Erbenfreibetrag (ca. 2500 €) verbleiben müsste, sodass die Vergütung aus der Staatskasse gezahlt werden müsste? Ist das so? Wir haben uns bislang noch keine Gedanken darüber gemacht und den Nachlasspfleger in derartigen Fällen immer die Vergütung aus dem Restnachlass bewilligt.

    Der Erbenfreibetrag nach § 102 SGB XII schützt den Erben nur vor den Forderungen des Sozialhilfeträgers. Warum sollten andere Gläubiger - insbesondere auch der Nachlasspfleger mit seiner Vergütung - dem Erben einen solchen Freibetrag belassen?

    Wenn der Nachlass für NP-Vergütung, Beerdigung und andere Gläubiger (in dieser Reihenfolge) draufgeht, ist halt nichts mehr übrig, weder für das Sozialamt noch für die Erben.

  • Zum Nachlass gehört nur ein Grundstück, wobei zunächst unklar ist, ob sich dieses verkaufen lässt, es ist in keinem guten Zustand.

    In diesem Fall stellt doch jeder pragmatisch veranlagte Nachlasspfleger einen Antrag auf Vergütungsfristverlängerung um allen Beteiligten einen permanenten Aktenumlauf zu ersparen. Erst wenn ich endgültig weiß, dass keine Liquidität kommt, stelle ich Antrag gegen Staatskasse und spare mir den Aufwand die Akte ständig dem BeZi vorzulegen und eventuelle Regressforderungen umzusetzen, etc. ...

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  • Wenn nun einmal die Vergütung (rechtskräftig) festgesetzt ist, kann der NLP später nicht doch nochmals die erneute Festsetzung der Vergütung mit einem höheren Stundensatz beantragen. Festgesetzt ist festgesetzt.

    Naja, es gibt ja gar keine formelle "Festsetzung". Der Betrag wurde einfach nur antragsgemäß "angewiesen" (so wie man das etwa bei Betreuervergütungen macht, wenn nichts abzusetzen ist und keine formelle Festsetzung beantragt wird).

    Was ist denn das bitte für ein Vorgang - auf welcher Rechtsgrundlage denn? Und wieso sollte im Anschluss daran ein solches Vorgehen keine Festsetzung - wenn auch noch nicht rechtskräftig - darstellen?

    M.E. wird das Eisen für den Nachlasspfleger, ganz schwer aus dem Feuer rauszuholen sein, als zum Zeitpunkt der Antragstellung eben kein verwertbarer Vermögenswert vorhanden war, sodass über den gleichen Zeitraum nicht noch einmal eine Forderung gestellt werden kann - schließlich erfolgte sodann bereits die Befriedigung aus der Landeskasse, als der Nachlasspfleger nunmehr gar nicht mehr Inhaber dieser Forderung ist.


  • II.

    In diesem Zusammenhang die Frage, wie der Erbenfreibetrag nach § 102 SGB XII dabei zu berücksichtigen ist:

    Anderer (einfacherer) Fall: Nach Begleichung der Beerdigungskosten verbleiben 2000 €, die in diesen Standardfällen immer hinterlegt werden. Der Nachlasspfleger beansprucht aber noch seine Vergütung in Höhe von 200 €. Gemäß § 1836e BGB ist doch § 102 SGB XII zu beachten (?), was bedeutet, dass der Erbenfreibetrag (ca. 2500 €) verbleiben müsste, sodass die Vergütung aus der Staatskasse gezahlt werden müsste? Ist das so? Wir haben uns bislang noch keine Gedanken darüber gemacht und den Nachlasspfleger in derartigen Fällen immer die Vergütung aus dem Restnachlass bewilligt.

    Der Erbenfreibetrag nach § 102 SGB XII schützt den Erben nur vor den Forderungen des Sozialhilfeträgers. Warum sollten andere Gläubiger - insbesondere auch der Nachlasspfleger mit seiner Vergütung - dem Erben einen solchen Freibetrag belassen?

    Wenn der Nachlass für NP-Vergütung, Beerdigung und andere Gläubiger (in dieser Reihenfolge) draufgeht, ist halt nichts mehr übrig, weder für das Sozialamt noch für die Erben.


    Genauso wird es bei uns auch gehandhabt.

  • Sersch:

    Solange nur eine Zahlbarmachung erfolgte, ist keine rechtskräftige Entscheidung über den Festsetzungsantrag erfolgt. Die Zahlbarmachung kann m.E. jederzeit wieder rückgängig gemacht werden.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Woraus ergibt sich, dass die Festsetzung gegen die Staatskasse die Festsetzung gegen den Nachlass (mit Erstattung an die Staatskasse) verhindert? Bei Prozesskostenhilfe bekommt man z.B. einen Teil aus der Staatskasse und den Rest vom Gegner (wenn dieser die Kosten tragen muss).

  • Woraus ergibt sich, dass die Festsetzung gegen die Staatskasse die Festsetzung gegen den Nachlass (mit Erstattung an die Staatskasse) verhindert? Bei Prozesskostenhilfe bekommt man z.B. einen Teil aus der Staatskasse und den Rest vom Gegner (wenn dieser die Kosten tragen muss).

    Weil der Nachlasspfleger für den Zeitraum x bis y seine Vergütung antragsgemäß festgesetzt bekommen hat und dieser Beschluss wirksam geworden ist.

    Aufgrund welcher Rechtsvorschrift soll dieser Beschluss (noch) geändert werden können? Mir ist keine bekannt.

    Ggf. hätte der Nachlasspfleger eben mit seiner Vergütung abwarten müssen.

  • @Wombat: Wird die Zahlbarmachung per Beschluss angeordnet?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • @Wombat: Wird die Zahlbarmachung per Beschluss angeordnet?

    Zitat von Papenmeier Woraus ergibt sich, dass die Festsetzung gegen die Staatskasse die Festsetzung gegen den Nachlass (mit Erstattung an die Staatskasse) verhindert? Bei Prozesskostenhilfe bekommt man z.B. einen Teil aus der Staatskasse und den Rest vom Gegner (wenn dieser die Kosten tragen muss).

  • Aber in dem einen Beschluss steht erst einmal nicht drin, dass es keine Vergütung aus dem Nachlass gibt. Wenn die Begründung also in der materiellen Rechtskraft liegen soll, dann fehlt es wohl schon am selben Gegenstand (kleine Vergütung von der Staatskasse gegen große Vergütung aus dem Nachlass).

  • Gut, danke für den Hinweis, wieder etwas dazu gelernt, da ich bisher nur davon ausging, dass jedwede Vergütung - ob nun aus der Landeskasse oder aus dem Nachlass - durch förmliche Festsetzung des Nachlassgerichts erfolgt.
    Dass § 168 Abs. 1 FamFG ein justizförmiges Verwaltungsverfahren im Sinne des JVEG für die Feststellung der Vergütung des Nachlasspflegers aus der Landeskasse vorsieht war mir neu, ist aber in der Folge erstmal keine andere, als der Feststellungsakt des Anweisungsbeamten einen abgeschlossenen und für die Beteiligten verbindlich wirkenden Verwaltungsakt darstellt, der nicht so ohne weiteres später wieder gelöst werden kann. Dieser besitzt provisorischen Charakter, der ohne weiteres durch Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (bereits schon BGH, Dienstgericht des Bundes, Beschluss vom 05.11.1968 RiZ (R) 4/68, zitiert nach juris). Tatsache ist, dass mit Auszahlung der Vergütung an den Nachlasspfleger aufgrund bestehenden Verwaltungsaktes, dieser nicht mehr Inhaber der Forderung ist, vgl. § 1836e BGB. Danach kann ich mir weitere Überlegungen sparen, ob er für den abgerechneten Zeitraum aufgrund neuerlichen Vermögenserwerb nunmehr ein Anspruch aus dem Nachlass über den "Mehrbetrag" erwerben könnte.


    Zu II. Zunächst einmal geht es ja nicht um die Vergütung aus der Landeskasse, sondern aus dem Nachlass, als § 1836e BGB nicht einschlägig ist.

    In der Definition der Mittellosigkeit eines Nachlasses finde ich auch die Antwort zur m.E. richtigen Vorgehensweise, den Nachlasspfleger immer aus dem Nachlass zu vergüten, wenn er denn tatsächlich zur Verfügung steht:

    "Die Frage der Mittellosigkeit ist nicht nach den Vermögensverhältnissen des - vielleicht schon bekannten - Erben, sondern allein nach den Verhältnissen des Nachlasses zu beurteilen (BayObLG NJW-RR 2000, 1392, 1394 f). Abzustellen ist auf den gesamten Bestand des Aktivnachlasses; ein Schonvermögen iS der §§ 1836c Nr 2 BGB, 90 Abs 2, 3 SGB XII ist wegen der Besonderheiten der Nachlasspflegschaft nicht anzuerkennen (zutr BayObLG NJW-RR 2000, 1392, 1394 f). Mittellosigkeit ist bereits dann zu verneinen, wenn überhaupt ein die Vergütung deckender Aktivnachlass vorhanden ist (BayObLG NJW-RR 2000, 1392, 1394 f)"
    (Staudinger/Mešina (2017) BGB § 1960, Rn. 34b)

  • Eben. "Soweit" also die Mittellosigkeit in dem Vergütungszeitraum des Nachlasspflegers feststeht, besteht der Anspruchsbefriedigung aus der Landeskasse. Ob der Nachlasspfleger sie dann auch geltend macht, obliegt ihm dann selbst.

    Dies führt aber m.E. nicht dazu, mit diesem Argument des möglichen Vermögengewinns die Fristverlängerung über den 15-Monatszeitraum zu begehren bzw. anschließend zu bewilligen. M.E. würde das am Ergebnis auch nichts ändern, weil ja gerade für diesen Vergütungszeitraum Mittellosigkeit fest stand und nur Anspruch gegenüber der Landeskasse besteht.

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