Persönliche Anhörung des Vormunds im Entlassungsverfahren nötig?

  • Ich habe den Fall, dass ich einen Vormund entlassen muss, weil er das Mündel schlägt und absichtlich gegen die Interessen des Kindes handelt. Das Kind wurde vom JA in Obhut genommen, nachdem es sich zur Polizei geflüchtet hatte und ist derzeit im Heim untergebracht. Verfahrensgrundlage ist § 1886 BGB; es handelt sich um eine Kindschaftssache gem. § 151 FamFG. Dass ich den Vormund vor Entlassung anhören muss, ist klar. Aber muss ich ihn pesönlich anhören? Eine konkrete Vorschrift, die das vorschreibt, finde ich nicht; aber es gibt natürlich § 160 FamFG, der dem Wortlaut nach für Eltern gilt. Die könnte analog auch für den Vormund gelten und wenn ich dann nur schriftlich anhöre, muss ich mit Aufhebung wegen eines Verfahensfehlers rechnen. Das möchte ich nicht riskieren. Hintergrund meiner Frage ist, dass es sich bei dem Vormund um einen Flüchtling aus Afghanistan handelt, der mit der Inobhutnahme seines Mündels (= Bruder) überhaupt nicht einverstanden ist. Bei einem Vermittlungstermin im JA hat er ausgesagt, dass er mit der Gewalt gegen das Mündel nicht aufhören werde und alles tun werde, um das Asylverfahren des Bruders zu einem negativen Ende zu bringen, sollte der Bruder nicht sofort zurückkommen. Schließlich bekomme er sonst ja kein Geld mehr für ihn. Zudem hat er glaubhaft angekündigt, ein Selbtsmordattentat im Amtsgericht zu begehen, sollte ihm die Vormundschaft entzogen werden. Das Jugendamt war zeitweise abgeriegelt, Strafanzeige wurde erstattet. Vom Jugendamt wird er als "im wahrsten Sinne unheimlich gelassen" beschrieben und eiskalt. Ich habe unter diesen Umständen keine Lust auf eine persönliche Anhörung. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das rechtlich in Ordnung ist. Der Vormund will einen Beratungshilfeschein in dieser Sache, damit er sich anwaltlich beraten lassen kann.
    Was meint ihr dazu? Ist die persönliche Anhörung zwingend?

  • Also wenn man sich so die Kommentierung zu § 160 FamFG durchliest, kommst Du eigentlich um eine persönliche Anhörung nicht drum herum, es sei denn Du begründest mit Deinem Akteninhalt das Vorliegen eines "schwerwiegenden Grundes" nach Abs.3

    Bei dem Vortrag würde ich jedoch die Geschäftsleitung mit einbinden, so dass für entsprechende Sicherungsvorkehrungen gesorgt wird und Du evtl. einen Wachtmeister mit im Termin hast.

    In jedem Fall kannst Du Dir ja auch einen Kollegen dazu holen.

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

  • "Dabei sind der Mündel nach § 159 FamFG, seine Eltern nach § 160 FamFG sowie ggf die Verwandten und Verschwägerten des Mündels nach § 1847 zu hören. Die Anhörung des Vormunds lässt sich auf § 34 FamFG oder § 160 FamFG analog stützen, die des Jugendamts auf § 162 FamFG (NK-BGB/Fritsche Rn 6)."
    (Staudinger/Barbara Veit (2014) BGB § 1886, Rn. 25)

    "Soweit das Gesetz keine verbindliche Entscheidung trifft, liegt die Form der Anhörung grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. In der Regel genügt daher - soweit vom Gesetz nicht anders vorgeschrieben - die schriftliche Information, z.B. durch die Gewährung von Akteneinsicht, die Übersendung von Protokollabschriften oder schriftlicher Gutachten, sowie die Gelegenheit, sich schriftlich zu äußern."
    (Jox in: Fröschle, Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, 3. Aufl. 2014, § 34 FamFG Persönliche Anhörung, Rn. 8)

    Ergo: Keine persönliche Anhörung des Vormunds erforderlich, sondern lediglich die einfachgesetzliche Gewährung Rechtlichen Gehörs durch schriftliche Mitteilung.

  • Danke für die Kommentarzitate!
    Ich verfüge hier nur über Palandt und Keidel-FamFG und die schweigen sich aus zu der Frage. Auf die Argumentation zu § 34 FamFG würde ich gerne zurück greifen, da ich ja explizit keine Vorschrift habe, die die persönliche Anhörung vorschreibt. Ich (und andere ansscheinend auch nicht) habe auch keine Verweisvorschriften gefunden, weder im FamFG noch BGB, die den § 160 FamFG auch für Vormünder gelten lassen würden. Es beruhigt mich, dass ich das nicht allein so sehe. Nichtsdestotrotz hätte ich in einem anders gelagerten Fall mir schon angehört, was der Vormund dazu zu sagen hat. Aber ich denke, ich werde hier nur das Mündel persönlich anhören, und dem Vormund das Schreiben des JA übersenden mit einem ausführlichen schriftlichen Hinweis, was von meiner Seite beabsichtigt ist und zur Stellungnahme mit Fristsetzung auffordern mit dem Hinweis, dass Schweigen als Zustimmung gewertet wird. Zumal die Gerichtsleitung im Fall der persönlichen Anhörung des Vormunds das große Besteck auffahren würde, also nicht nur Wachtmeister, sondern auch Polizei anfordern. Wer Lust hat kann ja versuchen, mir daraus im Nachhinein einen Strick zu drehen!

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    [TD='class: TD70']Das OLG Köln, 16.09.2008, 16 Wx 148/08 (über juris) hat -allergings noch zum FGG- eine persönliche Anhörung des Vormundes für zwingend erforderlich gehalten.[/TD]

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  • Das OLG Köln, 16.09.2008, 16 Wx 148/08 (über juris) hat -allerdings noch zum FGG- eine persönliche Anhörung des Vormundes für zwingend erforderlich gehalten.[/TD]

    Achtung, die OLG Köln-Entscheidung hat auch noch heute dem Inhalt nach einen Wert, allerdings in einem anderen Zusammenhang!

    Hier geht es um die verfahrensrechtliche Anhörung innerhalb des Verfahrens zur Entlassung des Vormunds, die nicht zwingend die mündliche Anhörung des Vormunds vorschreibt.

    Das OLG Köln sah es in dem zu entscheidenden Fall aber an, dass der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt ist, die die Entlassung des Vormunds aus besonderem Anlass begründet, sodass zur Sachverhaltsaufklärung die persönliche Anhörung zwingend erforderlich erschien, das hat nix mit der hiesigen Eingangsfrage zu tun, weil der Sachverhalt offenbar ausermittelt ist.

    "Die Anhörung zur Gewährung rechtlichen Gehörs ist von der Anhörung zur Aufklärung des Sachverhalts zu unterscheiden (BVerfG NJW 1988, 125): Inwieweit Letzte geboten ist, richtet sich grundsätzlich nach § 26 FamFG, ihre Durchführung nach § 33 FamFG."
    (Jox in: Fröschle, Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, 3. Aufl. 2014, § 34 FamFG Persönliche Anhörung, Rn. 9)

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