Hallo liebe Leute,
ich bin gesetzlicher Betreuer, und habe jetzt eine Betreuung einer 76-jährigen, demenzkranken Dame vom Betreuungsgericht bekommen, die gar nicht mehr in Deutschland lebt.
Hier kurz einiges zur Vorgeschichte:
Die Dame ist Deutsche, lebte in Deutschland, wurde aber von ihrem Sohn im Jahr 2013 aus Deutschland abgemeldet, damit die GEZ-Gebühren nicht (mehr) bezahlt werden müßen.
Der Sohn selbst ist als Querulant und sog. "GEZ Verweigerer" bekannt, und hatte deswegen wohl auch seine Mutti aus Deutschland 2013 abgemeldet.
Die 76-jährige Dame lebte alleine in ihrer Wohnung, hat Pflegegrad 3, und es kam tgl. ein Pflegedienst morgens und abends.
Das Problem war allerdings, dass der Pflegedienst zu Recht erkannt hatte, dass die ältere Dame nicht mehr alleine in ihrer Wohnung leben kann, und dem Sohn vorgschlug, seine Mutti in ein Pflegeheim zu bringen, was die ältere Dame aber strickt abgelehnt hatte.
Nun hat die ältere Dame forschreitende Demenz, und eine Verbesserung der Pflegesituation war nicht festzustellen, so dass der Pflegedienst die Behörde informierte, welche wiederum beim Betreuungsgericht ein Betreuungsverfahren eingeleitet hatte.
Dann die übliche Vorgehensweise:
1.) Verfahrenspfleger besuchte die alte Dame zu Hause, und fertigte einen Bericht für das Betreuungsgericht
2.) ärztliches Gutachten wurde vom Nervenarzt erstellt.
3.) Betreuungsrichter besuchte ebenfalls die ältere Dame zu Hause.
Alle 3 sind übereinstimmend zu dem Schluß gekommen, dass die ältere Dame zu ihrem Wohl und ihrem Schutz in ein Altersheim zu verbringen sei, und eine Berufsmäßige Betreuung, bzw. zumindestens eine Kontrollbetreuung einzurichten sei.
Nachdem also der Verfahrenspfleger (übrigens ein Rechtsanwalt!), der gerichtlich bestellte Nervenarzt und der Betreuungsrichter die ältere Dame zu Hause besucht hatte, muß diese wohl dem Sohn davon berichtet haben.
Dieser handelte jedoch blitzschnell, und hatte seine Mutti noch in der gleichen Woche und 3 Tage (!) vor dem Erlaß und der Rechtskräftigkeit des Beschlußes aus Deutschland herausgebracht, und seinen eigenen Angaben zufolge seine Mutti nach Tschechien verbracht.
Als ich -als gerichtlich bestellter Betreuer- den Beschluß vom Gericht erhalten hatte, bin ich sofort zur Wohnung der älteren Dame gefahren, die allerdings schon ausgezogen war.
Ich nahm dann noch den selben Tag Kontakt zu dem Sohn auf, welcher mir berichtete, er habe seine Mutti zu deren "Schutz" vor der wie er es nannte "Betreuungsmxxxx" ins sichere Tschechien verbracht, da seine Mutti angeblich nicht in ein Altersheim wollte!
Außerdem zeigte er mir die Kopie eines Briefes an das Betreuungsgericht, welchen er selbst verfasste, und darin ankündigte, seine Mutti nach Tschechien bringen zu wollen.
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Ich sitze jetzt hier als gerichtlich bestellter Betreuer mit einem rechtskräftigen Beschluß, den ich nicht umsetzen kann.
Wie denn auch?
Ich habe die zu betreuende Dame nie gesehen, und die ist einfach zu weit weg, als das ich überhaupt eine Betreuung übernehmen könnte.
Die Vorsorgevollmacht, die der Sohn zwar hatte, ist vom Gericht zwar widerrufen worden, aber der Sohn weigert sich, das original der Vorsorgevollmacht herauszugeben, und dem Gericht liegt nur eine Kopie vor -der von der Krankenkasse der Mutti beglaubigten Vorsorgevollmacht.
Ich als gesetzlicher Betreuer habe eine allumfassende Betreuung, jedoch habe ich keine Vollmacht für den Aufgabenkreis der Gesundheitssorge, und selbst, wenn ich diese hätte, könnte ich sie nicht wahrnehmen.
Ich habe auch vom Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht, und möchte die ältere Dame gerne zu ihrem Schutz in ein Altersheim bringen, kann dieses aber nicht, da sie einfach nicht da ist und sich im Ausland aufhält.
Der Sohn gibt an, seine Mutti sei auf eigenen Wunsch mit ihm nach Tschechien gefahren.
Tatsächlich hat laut Gerichtsunterlagen die ältere Dame auch mehrfach geäußert, sie wolle nicht in ein Altersheim, sondern zu Hause in ihrer Wohnung bleiben.
Jedoch ist sie bereits an fortgeschrittener Demenz erkrankt, weiß nicht mehr ihr eigenes Alter, noch ihren Geburtstag, noch das Jahr, noch Uhrzeit (ob morgens oder abends) und bringt auch sonst alles komplett durcheinander, und berichtet laut Gerichtsunterlagen von ihrer eigenen Kindheit und bringt Gegenwart und jahrzehntelang zurückliegende Vergangenheit durcheinander und "vermischt" alles.
Selbst das Gericht konnte nicht den eigentlich Wunsch der alten Dame herausfinden, und stützt sich auf Vermutungen, was die ältere Dame wohl wahrscheinlich gerne möchte.
Kurz gesagt:
Ich weiß nicht, was ich tun soll.
So einen Fall hatte ich in den letzten Jahrzehnten nicht.
Eine Betreuung ist aus meiner Sicht nicht möglich, da die ältere Dame einfach nicht da ist.
Ehrlich gesagt, möchte ich eine solche Betreuung gar nicht durchführen und gar nicht haben!
Es ist schwerlich, mit dem Gericht darüber zu kommunizieren, denn die streben ernsthaft eine gerichtlich angeordnete Rückführung der alten Dame nach Deutschland an!