Erbnachweis - Entscheidung BGH vom 5.4.2016

  • Hat sich schon einmal jemand mit der obigen Entscheidung Az: XI ZR 440/15 näher beschäftigen müssen?

    Wir sind ein Gericht ohne Amtsermittlungspflicht. In den hier eröffneten zwei handschriftlichen TES ist in beiden Fällen keine natürliche Person als Erbe eingesetzt.
    Wir haben keine Anhaltspunkte zu den gesetzlichen Erben, konnten also bis dato niemanden anhören. Der berufene Erbe hat in keiner Weise mitgewirkt, heißt hier genau, er hat weder die beigefügten Formulare, noch evt. im Besitz der Erblasserin befindlichen Hinweise zur Familie zur Verfügung gestellt. Er hat gar nichts getan, nur die Frist verstreichen lassen.

    Ein ES-Verfahren wird vom Erben nicht betrieben, er verlangt nur beglaubigte Ablichtungen von diesen handschriftlichen Testamenten als Erbnachweis, nebst beglaubigter Abschrift vom Eröffnungsprotokoll über seinen Anwalt.

    Wenn der BGH sagt das genügt als Erbnachweis, kann ich als NLG ohne Weiteres die Unterlagen wie beantragt ausreichen? Auch in dem Fall wie hier, wo überhaupt keine Hinweise zu gesetzlichen Erben bekannt sind bisher?

  • Pflegschaft für unbekannte Beteiligte anordnen (lassen)?

    Verhindern kann die Herausgabe des Erbnachweises niemand. Der Testamentserbe hat einen Anspuch auf Erteilung.

  • Ebenso !
    Wenn die gesetzlichen Erben zunächst nicht bekannt sind , dann sind sie wegen ihrer Beteiligtenstellung im Eröffnungsverfahren aus § 7 II FamFG v.a.w. zu ermitteln.
    Bei Nichtermittlung bzw. unverhältnismäßig großem Aufwand ist ein Pfleger zu bestellen ( m.E. nach § 1913 BGB ) vgl. Bumiller/Harders Anm. 17 zu § 348 FamFG.

    Zuständig für die Pflegschaft nach § 1913 BGB ist allerdings das Betreuungsgericht.

    Eigentlich falsch, aber besser als gar nichts (im Sinne der gängigen OLG-Rechtsprechung), wäre ein Verfahrenspfleger (zur Vertretung der unbekannten gesetzlichen Erben) im Eröffnungsverfahren. Das könnte das Nachlassgericht dann mit Bordmitteln beschließen. Aber wie gesagt: m.E. nicht ganz hasenrein, da richtig die Pflegschaft für unbekannte Beteiligte wäre.

  • ...

    ... kann ich als NLG ohne Weiteres die Unterlagen wie beantragt ausreichen? ..

    Die Frage verstehe ich nicht. Der testamentarische Erbe muss doch auf jedem Fall eine begl. Kopie des Testamentes mit Eröffnungsprotokoll übersandt bekommen. Das kann man doch nicht davon abhängig machen, ob schon gesetzliche Erben bekannt sind.

  • Ich hatte keinen solchen Fall in den letzten Jahren. Daher war mir auch diese Entscheidung nicht geläufig und bei der ersten Lesung war nur ein Gedanke: die Rechtssicherheit wird hier aber massiv unterwandert.

    Vlt. liegt es an den Banken, die bisher regelmäßig einen ES verlangt haben oder es war immer ein Grundstück im NL und da genügt es ja ohnehin nicht. Bei handschriftlichen Testamenten wollten die Erben entweder gar nichts haben (eine Kopie des TES wird bei Eröffnung versandt) oder es wurden ganz normale ES - Verfahren durchgeführt. Und ein Hinweis auf gesetzliche Erben gab es irgendwo immer bis dato. Also war auch noch nie ein Pfleger notwendig.

    In diesem speziellen Fall wird es an der "Person" des Erben liegen. Die Entscheidung des BHG kommt dem Erben sehr entgegen, er hat sicher bundesweit sehr viele dieser Verfahren nunmehr erspart bekommen.

    Danke für die Hinweise.

  • Er hat gar nichts getan, nur die Frist verstreichen lassen.

    Wie wurde die Frist denn in Lauf gesetzt? Bei Testament beginnt die Frist ab Kenntnis von der Eröffnung, also muss dem Erben doch eine begl. Kopie vor Testament und Eröffnung sowieso übersandt worden sein. Auch ohne Amtsermittlung (?)

  • Irgendwie verstehe ich das Problem nicht... die Frage, was das Nachlassgericht im Eröffnungsverfahren zu tun hat und wie der Erbe sein Erbrecht ggf. Dritten ggü. nachzuweisen hat, sind doch zwei völlig verschiedene Dinge. Im Eröffnungsverfahren eröffnet das Nachlassgericht und benachrichtigt die Beteiligten. Besonderheiten/Zweifel an der Wirksamkeit sind ggf. im Eröffnungsprotokoll zu vermerken. Und wenn der testamentarische Erbe die gesetzlichen Erben nicht benennen kann/will, muss das Nachlassgericht von Amts wegen ermitteln (§ 26 FamFG gilt in allen Bundesländern). Sofern ges. Erben nicht ermittelt werden können, ist ggf. die Bestellung eines Pflegers zu prüfen (s. bereits Vorposter).
    Was hat das Nachlassgericht denn bisher zur Ermittlung der ges. Erben unternommen?
    Oder sehe ich das Problem nicht?

  • Es gibt keine Hinweise zu gesetzlichen Erben, die EL stammt aus Osteuropa. Heißt ich müsste nun einen Pfleger bestellen. Wie alle Gericht die mit fs arbeiten werden ja spätestens mit der Berufung die Verwandtenfragebögen mit rausgesandt, bzw. um Hinweise aus den Unterlagen die sich im Nachlass befinden gebeten. Da kam aber nichts zurück, es kam gar nichts, auch keine Annahmeerklärung .

    Mir war die Entscheidung des BGH nicht bekannt (heißt: das wurde noch nie in der Form als Erbnachweis für eine Bank abgefordert, daher überlesen, obwohl ich die wöchentlichen BGH Entscheidungen verfolge). Als ich sie las, kam sie mir eher wie eine Einzelfallentscheidung vor, da in diesem Fall die gesetzlichen Erben auch die test. Erben sind.

    Daraus ergaben sich für meinen Fall zwei Probleme:

    a) kann ich die Entscheidung tatsächlich so 1 zu 1 anwenden (ich habe da Bauchschmerzen, ein handschriftliches Testament als Erbnachweis???)

    b) kann ich den gewünschten "Erbnachweis" herausgeben bevor ich die Anhörung durchführen konnte (Ermittlungen noch nicht so weit gediegen, Pfleger noch nicht bestellt...),

    B ist glaub ich gut beantwortet, a macht mir noch Probleme. Wenn ich die Entscheidung aber richtig lese liegt der schwarze Peter ausschließlich bei der Bank. Wenn diese ein handschriftliches TES anerkennt, ohne prüfen zu können, ob es wirksam ist, dann ist das nicht mehr Sache des NLG.
    Gleichzeitig spricht der BGH aber von einer Einzelfallentscheidung und von dem günstigen Umstand, dass gesetzliche Erben und test. Erben zusammenfallen. Und in diesem! ? Fall wäre eben das ES-Verfahren für den test. Erben nicht "zuzumuten".

    In meinem Fall drängt der RA des Erben. Vlt. habe ich, unabhängig davon, dass mir dies so noch nicht unter gekommen ist, auch nur deswegen ein Problem, weil der Erbe keine natürliche Person ist und schon zu Lebzeiten recht aufdringlich durch die Landen zieht und auffälliger Weise immer Menschen beerbt, die keine näheren Angehörigen haben (hier zumindest).

    Ich hoffe jetzt ist es besser zu verstehen.

  • Was der Erbe mit der Testamentsabschrift "anstellt" ist dem Nachlassgericht egal.

    Die Bank muss in der Regel die Testamentsabschrift (beglaubigt oder unbeglaubigt dürfte egal sein) als Erbnachweis anerkennen und kann nur in absoluten Ausnahmefällen noch einen Erbschein verlangen.

  • So stimmt das aber nicht, denn die Erbfolge aufgrund eines privatschriftlichen (oder notariellen) Testaments muss schon "klar" und unzweideutig sein. Und bei allem, was heute privatschriftlich so zusammengeschrieben und gelegentlich auch beurkundet wird, kann man kaum sagen, dass das "absolute Ausnahmefälle" sind. Man braucht sich doch nur die "massenhaften" Threads im Nachlass- und Grundbuchforum zu Fragen der Testamentsauslegung anzusehen.

  • Was der Erbe mit der Testamentsabschrift "anstellt" ist dem Nachlassgericht egal. Die Bank muss in der Regel die Testamentsabschrift (beglaubigt oder unbeglaubigt dürfte egal sein) als Erbnachweis anerkennen und kann nur in absoluten Ausnahmefällen noch einen Erbschein verlangen.

    In der Praxis wird der kleine Bankkunde aber lieber in den saueren Apfel beissen und den Erbschein vorlegen. Denn wer prozessiert schon gegen eine große Bank bis zum BGH wenn doch eh nur 10k aufm Konto sind.

    Und nochmal zum Ausgangsfall: warum tust du so lang rum, § 13 Abs. 3 FamFG -> der eingesetzte Erbe ist Beteiligter und hat sogar einen Anspruch auf die beglaubigte Abschrift von diesen Aktenbestandteilen. Deshalb stellt sich mir schon von anfang an die Frage warum ihr nicht gleich eine begl. Kopie von Testament und Eröffnung hinausschickt. Hier gibt es aber überhaupt nichts zu diskutieren ob da erst noch jemand vorher angehört werden muss oder alle gesetzlichen Erben auch bekannt sind.


  • In meinem Fall drängt der RA des Erben. Vlt. habe ich, unabhängig davon, dass mir dies so noch nicht unter gekommen ist, auch nur deswegen ein Problem, weil der Erbe keine natürliche Person ist und schon zu Lebzeiten recht aufdringlich durch die Landen zieht und auffälliger Weise immer Menschen beerbt, die keine näheren Angehörigen haben (hier zumindest).

    Ich hoffe jetzt ist es besser zu verstehen.


    :sehrverda aber verhindern kannst du mE nichts.
    Der von einem Anwalt beratene Erbschleicher wird schon für ein wasserdichtes Testament gesorgt haben.
    Auf dem Eröffnungsprotokoll würde ich den Vermerk anbringen: "Gesetzliche Erben sind noch nicht ermittelt."
    Dann hat die Bank zumindest einen Hinweis.

  • Zu der Frage ob man sofort mit Eröffnung eine beglaubigte Abschrift raus schickt oder nur eine Kopie gab es hier im Forum schon sehr unterschiedliche Meinungen.
    Und es gab auch schon im Einzelfall schlechte Erfahrung mit der Variante sofort beglaubigte A. raus, heißt Gerichte haben ihre Praxis umgestellt. Beglaubigte Variante gibt es hier erst nach Annahme der Erbschaft.

    Danke für die vielen Gedanken.

  • Beglaubigte Variante gibt es hier erst nach Annahme der Erbschaft.


    :mad:
    Eine förmliche Annahme der Erbschaft als Voraussetzung für irgendwas kennt das deutsche Erbrecht nicht. Das Amtsgerichte hier mit Verfahrensrecht contra legem Rechtsfortbildung betreiben, halte ich nicht nur im Hinblick auf § 1944 Abs. 2 Satz 2 BGB für mehr als bedenklich. Hier muss man sich eher Gedanken machen, ob nicht die Schwelle zur strafbaren Rechtsbeugung schon überschritten ist.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Wieso Rechtsbeugung? Für den Berufungsgrund reicht nach Palandt bei gewillk. Erbfolge die Kenntnis, dass der Erbe durch Verf. von Todes wegen zum Erben berufen ist. Auf die genaue Kenntnis des Inhaltes der ganzen Verfügung kommt es nicht an.
    Aber die Frist nach § 1944 II 2 beginnt nicht vor Bekanntgabe der Verf. v. Tw durch das NLG zu laufen, die bei oder nach der Eröffnung an den Ausschlagungsberechtigten zu erfolgen hat, mündlich im Termin oder schriftlich bei Abwesenheit.

    Das steht nirgends was von einer Form. Wieso soll für die nur für Berufung keine vollständige Kopie der Verf. genügen? Keidel § 348 Randnr58:
    "In der Regel erfolgt die Übersendung einer Fotokopie der vollständigen Verfügung....zweckmäßig ist eine Beglaubigung.
    In den Berufungsschreiben wird standardmäßig angefragt was er genau benötigt und das bekommt er dann umgehend.


    Wo bitte liegt da die Rechtsbeugung?

  • Ich lese nichts davom im 1944 BGB oder im § 348 FamFG - siehe Keidel 17. Auflage Rdnr. 58

    Für den Berufungsgrund reicht Kenntnis, dass er dr. Verf. v. TW berufen ist, auf die genaue Kenntnis des Inhaltes kommt es nicht an....
    Allerd., beginnt die Frist nach II 2 nicht vor der gerichtlichen Bekanntgabe der Verf v TW durch das NLG an den Ausschlagungsberechtigten zu laufen, entweder im Termin oder schriftlich...

    In der Regel erfolgt die Bekanntgabe durch Übersendung einer vollständigen Fotokopie der letztw. Verf, zweckmäßig ist eine Beglaubigung....

    Üblich ist ferner, dass angefragt wird, was der annehmende Erbe benötigt.... und das bekommt der annehmende Erbe dann umgehend zugesandt.


    Genau das tun wir, wo bitte liegt da die Rechtsbeugung?

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