Stockwerkseigentumsanteil: AV auf Teilfläche

  • Hallo zusammen,

    ich bitte um Einbringung von etwas Hirnschmalz, da ich - als Grundbuchanfänger - gerade ein Verständnisproblem zum Thema Stockwerkseigentum habe. Ich weiß, exotisch ...

    Die Konstellation ist in etwa diese: Zwei Stockwerkseigentümer, einer (ich nenne ihn A) davon hat nun einen Teil seines Stockwerksanteils an B verkauft. Im Kaufvertrag wird hierzu ausgeführt, dass man sich in einer anderen Urkunde (liegt mir nicht vor) mit der anderen Stockwerskeigentümerin geeinigt habe, dass das Stockwerkseigentum an einer Teilfläche (800 qm) aufgehoben wird - und dieser Anteil wurde ebenfalls von B kauflich erworben (in der benannten Urkunde, die mir nicht vorliegt). Im Grundbuch vollzogen ist noch nix von alledem.

    Nun steckt in der mir vorliegenden Urkunde der Antrag darauf, dass eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird bzgl. des Stockwerkseigentums des Eigentümers A, genauer bzgl. der restlichen Teilfläche, die übrig bleibt, wenn man die bereits verkauften 800 qm abzieht.

    Meine - erfahrene - Kollegin ist der Meinung, das gehe so nicht - man könne auf der restlichen Teilfläche (auf der Stockwerkseigentum also bestehen bleiben soll) keine AV eintragen, solange die Aufhebung des Stockwerkseigentums an den 800 qm nicht im Grundbuch vollzogen wurde (und die Teilung vollzogen).

    Ich habe versucht ihren Argumenten zu folgen (Sei sagt, Teilung oder Neubildung von STockwerkseigentum sei unzulässig), aber ich steige einfach nicht so ganz durch.

    Könnt ihr mit meiner Schilderung etwas anfangen??

    Vielen Dank schon mal!

    Grüßle,
    GoForIt

  • Nach Deiner Schlussformel („Grüßle“) vermute ich, dass es sich um Stockwerkseigentum handelt, das in Baden-Württemberg belegen ist. Allerdings existiert Stockwerkseigentum außer in Baden Württemberg noch nach französischem Recht u. a. in den zur ehemaligen preußischen Rheinprovinz gehörenden linksrheinischen Gebieten Nordrhein-Westfalens, von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes (s. Thümmel, JZ 1980, 125, 130), zitiert Gutachten des DNotI vom 15.05.2009, geändert am 08.06.2009, Abrufnummer 91787
    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j…75Bde4w&cad=rjt

    Handelt es sich um baden-württembergisches Stockwerkseigentum, so gilt das Baden-Württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (AGBGB) vom 26. November 1974
    https://www.juris.de/jportal/portal…jlr-BGBAGBWpP36

    § 36 dieses Gesetzes lautet:

    (1) Das bisher für das Stockwerkseigentum in Württemberg geltende Landesrecht bleibt in der Fassung der Anlage zu diesem Gesetz in Kraft und gilt künftig auch für das nach badischem Landesrecht begründete Stockwerkseigentum.

    (2) Die Neubegründung von Stockwerkseigentum ist nicht zulässig.

    Demnach ist nur die Neubegründung von Stockwerkseigentum nicht zulässig.

    Auch der Anlage zu § 36 mit den Bestimmungen der Artikel 226 bis 231 kann ich nicht entnehmen, dass die Teilung von Stockwerkseigentum unzulässig sein soll.

    Bei der Bestimmung über die Durchführung der Aufhebung des Stockwerkseigentums in Art 231 geht es um die Aufhebung nach Art. 230, also die Aufhebung insgesamt, nämlich wenn die Verhältnisse in dem Gebäude so unhaltbar geworden sind, dass dem Stockwerkseigentümer die Weiterführung des Stockwerkseigentums nicht mehr zugemutet werden kann.

    Ggf. lässt sich zur Frage der Aufhebung des Stockwerkseigentums an einer Teilfläche etwas den Abhandlungen von Thümmel entnehmen.

    Dazu ist jedoch erforderlich, zu wissen, um welchen Landesteil es sich handelt. Zum Stockwerkseigentum in Baden nach französischem Recht und der Einwirkung des württembergischen Rechts s. Thümmel in der BWNotZ 1984, 5 ff.; Zum Stockwerkseigentum nach württembergischen Recht s. Thümmel in der BWNotZ 1980, 97 ff. (bis 125).

    Für das badische Stockwerkseigentum geht das OLG Karlsruhe im Urteil vom 14.03.1986, 6 U 231/84 = NJW-RR 1987, 138, s. hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…6234#post726234
    davon aus, dass es nicht unbedingt Miteigentum an der Grundstücksfläche voraussetzt. Es führt dazu aus: „Thümmel weist hierbei überzeugend nach, dass zwar im Regelfall des Stockwerkseigentums ein Miteigentumsanteil an der Grundstücksfläche gegeben sein wird, dass dies aber gerade für das Badische Recht nicht unbedingte Voraussetzung für die Annahme von Stockwerkseigentum ist. Auch bei Staudinger-Kanzleiter-Hönle, (Art. 182 EGBGB Rdnr. 1) findet sich die Bemerkung, dass Stockwerkseigentum häufig, aber nicht notwendig mit dem Miteigentum am Grundstück verbunden ist; dahin geht auch die Ansicht des LG Ulm (BWNotZ 1971, 68 (70)) betreffend das Stockwerkseigentum nach Württembergischem Recht. LRS 553 spricht ausdrücklich von “Eigentum, das ein Dritter an einem unterirdischen Bau, oder an jedem anderen Teil eines Gebäudes auf fremdem Boden" hat, also auf einem Grundstück, an welchem dem Sondereigentümer gerade keine Mitberechtigung in Form eines Miteigentumsanteils zusteht…. Auch das RG hat in einer das Badische Recht betreffenden Entscheidung (RG, JW 1894, 95) ausgeführt, dass “... die Bodenfläche (der Grund und Boden), worauf das Gebäude sich befindet, dann, wenn nichts anderes feststeht, als im ungeteilten Miteigentum der verschiedenen Eigentümer der Stockwerke (hierunter auch das Kellergeschoß gemeint),... zu erachten sind”. Damit hat auch das RG Miteigentum am Grundstück nur für den Regelfall angenommen, die Möglichkeit eines Stockwerkseigentums ohne gleichzeitige Mitberechtigung an der Grundstücksfläche jedoch keineswegs ausgeschlossen. Thümmel (BWNotZ 1984, 5 (14)) legt unter Anführung der alten Badischen Rechtsprechung und Grundbuchpraxis dar, dass man in Baden jedenfalls bis zur eingangs erwähnten RG-Entscheidung von 1904 (RGZ 56, 258) einen Anteil des Stockwerkseigentümers am Boden nicht forderte und Kellereigentum mit Stockwerkseigentum gleichstellte….“

    Dabei dürfte es sich mE aber um eine Ausnahme handeln.

    Davon wird auch bei Bewertung des Stockwerkseigentums ausgegangen. Der Erlass des Finanzministerium Baden-Württemberg vom 23.11.1967, S 3216 A-2/67, FMNR115800067 führt dazu aus (Hervorhebung durch mich):

    „Bewertung des Stockwerkseigentums.
    Das alte badische Stockwerkseigentum, das sich auf den Satz 664 des badischen Landrechts stützt, ist nach den von Ihnen zitierten Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.11.1966 - V ZR 30/64 (Karlsruhe) - NJW 1967, Heft 17, S. 775 - ein echtes Stockwerkseigentum. Für seinen Rechtsinhalt ist typisch, daß es aus stockwerkweise getrenntem Alleineigentum (Sondereigentum) am Gebäude und gemeinschaftlichem Eigentum (Miteigentum nach Bruchteilen) am Rest des Grundstücks (Grundfläche, Umfassungsmauern usw.) besteht. Das Wohnungseigentumsgesetz vom 15. März 1951 (BStBl I S. 175) hat in der Rechtsform des Wohnungseigentums eine Verbindung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum geschaffen. In der Begründung zu dem oben angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.11.1966 wird deshalb unter Hinweis auf die §§ 1, 5 und 6 des Wohnungseigentumsgesetzes ausgeführt, dass das echte Stockwerkseigentum dem heutigen Wohnungs- und Teileigentum ähnlich sei.
    Das Finanzministerium hat keine Bedenken, wenn das alte badische Stockwerkseigentum bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den 1. Januar 1964 wie Wohnungseigentum (Teileigentum) nach § 93 BewG 1965 bewertet wird. Wenn bei einem Stockwerkseigentum ausnahmsweise Miteigentum am Grund und Boden nicht vorhanden sein sollte, ist der auszuscheidende Bodenwertanteil im Falle der Bewertung im Ertragswertverfahren nach den Anlagen 1 - 8 zu den Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens zu ermitteln….“

    Und wenn es sich um eine Ausnahme handelt, dürfte vorliegend (auch beim Stockwerkseigentum nach badischem Recht) an der Grundfläche Miteigentum beider Stockwerkseigentümer bestehen. Darauf deuten auch Deine Ausführungen hin, wonach man sich in einer anderen Urkunde mit der anderen Stockwerkseigentümerin geeinigt habe, dass das Stockwerkseigentum an einer Teilfläche (800 qm) aufgehoben wird.

    Diese Aufhebung muss mE vollzogen sein, um dann an dem restlichen Stockwerkseigentum eine Erwerbsvormerkung eintragen zu können. Es kann nichts anderes gelten, wie bei der sonstigen Inhaltsänderung, s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post734384

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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