(Teil)Rechtskraftvermerk nach Berufung

  • Hallo in die große Rechtspflegerwelt!

    Es wurde die Erteilung einer Klausel und eines (Teil)Rechtskraftvermerkes in folgendem Fall beantragt:

    Klage Kl gg Bekl. auf Durchführung Baumaßnahme 1,2,3,4 durch B und Zahlung Schadensersatz i.H.v. 3.000,00 €

    Urteil erste Instanz: 1. Beklage muss Baumaßnahmen 1,2,3 vornehmen
    2. Bekl muss 1.000,00 € zahlen
    3. Zurückweisung der weitergehenden Klage
    4. Kostenquotelung
    5. Urteil ist gg. SiLei vorl. vollstreckbar

    Berufung "soweit der Berufungskläger unterlegen ist"

    Jetzt beantragt der Kl vollstr. Ausfertigung und hinsichtlich Ziffer 1 und 2 Rechtskraftvermerk

    Ich steh gard ein bißchen im Wald - Kann das so einfach erteilt werden?? - RM-Frist ist lange rum, Bekl hat keinerlei RM eingelegt
    (Ich weiß, dass es nicht meine Zuständigkeit ist.....)

  • Wer hat denn die Berufung erhoben? Ist das Berufungsverfahren schon abgeschlossen (in der Überschrift schreibst du "nach" Berufung, im SV ist das nicht deutlich)?

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Du hast noch zu prüfen, ob der Beklagte = Berufungsbeklagte Anschlussberufung eingelegt hat. Das ist innerhalb der Frist zur Berufungserwiderung möglich. Wurde alkerdings keine Anschlussberufung eingelegt, dann können sich Ziffer 1 und 2 des Urteils im Berufungsverfahren nicht mehr verschlechtern, sie sind in diesem Umfang teilrechtskräftig. Also kannst Du die entsprechende Bescheinigung erteilen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • AndreasH:

    Wie verhält sich die Frage, ob bis Ablauf der Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung eingelegt wurde oder nicht zu § 537 Abs. 1 ZPO?

    ...

    Offen gesagt keine Ahnung, hatte so einen Fall noch nicht.

    Ich würde das, ohne in den Kommentar zu sehen, wie folgt lösen:
    § 537 Abs. 1 ZPO regelt ja nur den frühesten Zeitpunkt der Entscheidung und in vielen Fällen kann es ja nur eine Berufung geben (vollständige Klageabweisung oder vollständige Zusprechung). Und in einem "gemischten" Fall mit Möglichkeit der Anschlussberufung dürfte man in den § 537 ZPO wohl den Wortteil "Anschluss" vor "Berufung" mit hineinzulesen haben.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich habe vorhin etwas im Internet herumgesucht und dies gefunden:

    https://www.haufe.de/recht/deutsche…_HI9609306.html

    Danach scheint § 537 Abs. 1 ZPO vor allem folgenden Fall zu betreffen: Gläubiger ist Berufungsbeklagter, Schuldner legt nur beschränkte Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung ein, für den nicht angegriffenen Teil kann Gläubiger keinen Rechtskraftvermerk bekommen, weil zumindest theoretisch die Berufungserweiterung möglich ist.

    Im Gesamtkontext ergibt das meines Erachtens Sinn. In der Konstellation Kläger = Berufungskläger bei teilweisem Obsiegen des Klägers in I. Instanz brauche ich die Vorschrift nicht, da mit Ende der Möglichkeit zur Anschlussberufung Teilrechtskraft vorliegt.

    Zur Frage der Threaderstellerin siehe OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.06.2004 - 1 U 3/04.

  • Wenn auch ein bißchen verspätet trotzdem noch vielen lieben Dank für die Antworten. Ich hatte inzwischen aus lauter Verzweiflung Rat bei "meinem Richter" gesucht, der mich auch auf die Thematik der Anschlussberufung (und teilweise der Problematik, ob die Frist hierfür formell in Gang gesetzt wurde) hingewiesen hat. Teilrechtkraftvermerk wurde inzwischen erteilt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!