Falsche Bestätigung als europ. VT

  • Hallo,

    Folgende Konstellation:

    Es ergeht VU, das nach Schweden per Zustellungsersuchen zugestellt wird. Eine Empfangsbestätigung wird zurückgesandt, alle freuen sich, Antrag auf Bestät. als europ. VT geht ein und wird dementsprechend erlassen. Beim Verbinden der Bestätigung des europ. VT mit der vollstr. Ausf. fällt der SE nach Rücksprache mit der Verwaltung auf, dass es sich bei der Empfangsbestätigung doch nur um eine solche handelt, die sagt, "ja, ist in Schweden eingegangen", keinen Zustellnachweis beim Schuldner.
    Das VU wird also erneut zugestellt, diesmal klappt es, die SE verbindet die vollstr. Ausf. mit der zuvor bereits erstellten Bestätigung und schickt sie an den RA.

    Nun ruft der RA an, da die Bestätigung als europ. VT bereits vor dem Zugangsnachweis datiert. Allerdings ist in der Bestätigung ja kein direktes Datum genannt, wann das VU zugegangen ist und da die SE bis zum Ablauf der RM-Frist der 2. Zustellung abgewartet hat, ist es theoretisch inhaltlich korrekt.

    Wie ist nun zu verfahren? Kann die Bestätigung aufrecht erhalten werden oder ist diese einzuziehen, neu zu erstellen und erneut mit der vollstr. Ausf. zu verbinden?


    Vielen Dank für Lösungsvorschläge :)

  • Bevor ich Deine Frage beantworten kann benötige ich noch weitere Angaben:

    1. Ist das Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren ergangen?
    2. Aus welchem Grund ist das VU ergangen? (Nichterscheinen vor Gericht? fehlende Antragstellung?)
    3. Ist die Schuldnerpartei ein Verbraucher?
    4. Wie und wann erfolgte die Zustellung der Klageschrift/der Ladung an den Beklagten?
    5. Wann wurde das gerichtliche Verfahren eingeleitet (Klageeingang)?

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (31. Juli 2017 um 23:54)

  • 1.
    Sofern und soweit das Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren ergangen ist, kann dieses nur nach erfolgter Zustellung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden.
    Da das Versäumnisurteil noch nicht an die Schuldnerpartei zugestellt worden ist, erfolgte die Bestätigung zu Unrecht.
    Dass die Bestätigung zu Unrecht erfolgte, kann der Rechtsanwalt aufgrund des Ausstellungsdatums der Bestätigung erkennen.

    Daher hat der Rechtsanwalt erfolgreich einen Antrag auf Widerruf der Bestätigung nach Art. 10 EuVTVO (EU-Verordnung Nr. 805/2004) gestellt.
    Antragstellung kann mit dem Formblatt V EuVTVO oder in Schriftform erfolgen.

    Die Erteilung einer Ersatzbestätigung (Formblatt V EuVTVO) kann nicht auf Antrag der Gläubigerpartei erteilt werden, da in der Hauptsache keine Rechtsbehelfsentscheidung ergangen ist.
    Die Entscheidung (Versäumnisurteil) ist korrekt;
    die Bestätigung wurde dagegen zu früh erteilt.
    Auf Antrag der Schuldnerpartei kann ebenfalls keine Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) erteilt werden, da das Versäumnisurteil nunmehr vollstreckbar ist (Zustellung an die Parteien ist inzwischen erfolgt.

    Zweckmäßigerweise ist daher eine neue Bestätigung zu erteilen.
    Eine Ausfertigung der neuen Bestätigung ist mit der vollstreckbaren Ausfertigung zu verbinden.
    Eine weitere Ausfertigung der neuen Bestätigung ist der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen.
    Die Zustellung kann an den bevollmächtigten Rechtsanwalt der Schuldnerpartei erfolgen.

    2.
    Sofern das Versäumnisurteil im Termin verkündet worden ist (z, B. aufgrund Nichterscheinens der Schuldnerpartei ergangen), ist dagegen insoweit das Versäumnisurteil zurecht als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden, da das Versäumnisurteil mit Verkündung vollstreckbar ist.
    Die vorherige Zustellung des Versäumnisurteils an die Schuldnerpartei bedarf es nicht.
    Es genügt insoweit, wenn das Versäumnisurteil mit Beginn der Zwangsvollstreckung an die Schuldnerpartei zugestellt wird.

    3.
    Um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Bestätigung des Versäumnisurteils als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen üvberhaupt vorliegen, werden die weiteren Angaben (s. Beitrag 2) benötigt.

    4.
    Weitere Informationen:
    s. Info im Justizportal NRW: https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    Einmal editiert, zuletzt von rolli (24. März 2018 um 11:35)

  • Ich danke dir, das hat mir sehr geholfen. :)

    Ich habe allerdings noch eine weitere Frage:

    Wie oben erläutert haben wir aus Schweden ein sogenanntes "Date of Receipt" bekommen. Dabei handelte es sich nur um die Bestätigung, dass Schweden sich nun um die Zustellung kümmern wird (und wir sind fälschlicherweise davon ausgegangen, dass es bereits die Zustellungsbescheinigung war).

    Nun ist in einer anderen Sache eine Zustellung nach England erfolgt und zurückkam ein "Acknowledgement of Receipt" (nach Article 6 of Council Regulation No 1348/2000).
    Darauf ist nur das Datum vermerkt sowie der Ort (London), allerdings nichts vom Schuldner.
    Ich finde nichts, woraus ich entnehmen kann, ob das als Zustellung ausreichend ist oder eine gesonderte Bestätigung des Zugangs an den Schuldner noch abzuwarten ist (wie in Schweden).
    Any suggestions? :)

  • Das ist lediglich die Empfangsbestätigung und nicht die Zustellungsbescheinigung. Das Ersuchen ist bei der Empfangsstelle eingegangen. Nach der Zustellung wird eine Zustellungsbescheinigung zurückgesandt. Diese bescheinigt die Zustellung. Ggf. kann es auch sein, dass eine Bescheinigung über die Nicht-Zustellung zurückgesandt. Eine wirksame Zustellung ist nur erfolgt, wenn dies entsprechend bescheinigt ist.

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