privilegierte Pfändung aus VB trotz BGH-Entscheidung?

  • Hallo Leute,

    die Gläubigerin ( Stadt xy ) legt mir die ab 01.07.2017 geltenden Richtlinien zur Durchführung des UVG vor mit dem Hinweis, dass eine privilegierte Pfändung demnach auch aus einem VB möglich sei. Der BGH hatte ja 2016 ( VII ZB 67/13 ) anderslautend entschieden. Aus der Richtlinie: 7.8 Zum Nachweis des Charakters als Unterhaltsanspruch ist dem Vollstreckungsantrag der Bewilligungsbescheid gemäß § 9 Abs. 2 UVG beizufügen ( § 7 Abs. 5 UVG ).

    Würdet Ihr den Pfänder erlassen? In der BGH-Entscheidung steht explizit, dass die Feststellung, ob es sich um einen privilegierten Anspruch handelt, dem Prozessgericht obliegt. Es wäre zwar kein Ding sich diesen Bewilligungsbescheid anzuschauen, aber seit wann prüft das Vollstreckungsgericht materiell-rechtlich? Was meint Ihr dazu?

  • ... kann ich nicht, da aber in der Gesetzesbegründung steht:

    "Zu Buchstabe b

    Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2016 (Az. VII ZB 67/13) ist nach geltendemVollstreckungsrecht beimRückgriff auf den Unterhaltsschuldner die privilegierte Vollstreckung allein

    auf Grundlage eines im Mahnverfahren erwirkten Vollstreckungstitels nicht zulässig, da die Einordnung als Unterhaltsanspruch hierbei allein auf der gerichtlich nicht überprüften Angabe des Gläubigers beruht.

    Mit der Änderung wird dem Land imRahmen des Rückgriff des Unterhaltsvorschutzgesetz nun ermöglicht, auch aus Vollstreckungsbescheiden die privilegierte Vollstreckung zu betreiben, so dass gemäß § 850d der

    Zivilprozessordnung über die Pfändungsgrenzen des § 850c der Zivilprozessordnung hinaus in das Einkommen des Schuldners vollstreckt werden darf. Erforderlich ist hierfür die Beifügung eines Nachweises

    in Gestalt des Bewilligungsbescheids nach § 9 Absatz 2 des Gesetzes." Zitatende


    Also wurde dies genau dafür geschaffen: Um die privilegierte Forderung aus einem VB zu ermöglichen. Ich werde wohl daher beim Vorliegen von VB und Bescheid entsprechend die privilegierte Pfändung zulassen und dies ggf. ändern sobald ich Rechtsprechung habe. Kann ja aufgrund der Gesetzesbegründung schlecht das dort explizit aufgeführte BGH Urteil anführen. Ist zwar Mist, dass ich jetzt zur " Überprüfung der Angabe des Gläubigers" berufen bin- aber so soll es ja sein.

    Bin gespannt, ob es alle so handhaben und wann dazu Rechtsprechung kommt.

    Falls jemand dazu Urteile bekommt- bitte mitteilen.


  • Danke für deine Ausführungen. Okay, dann machen wir's halt so, wenn das ausdrücklich so gewollt ist. Der Schuldner hat ja immer noch ein Rechtsmittel :strecker

  • "Zu Buchstabe b

    Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2016 (Az. VII ZB 67/13) ist nach geltendemVollstreckungsrecht beimRückgriff auf den Unterhaltsschuldner die privilegierte Vollstreckung allein

    auf Grundlage eines im Mahnverfahren erwirkten Vollstreckungstitels nicht zulässig, da die Einordnung als Unterhaltsanspruch hierbei allein auf der gerichtlich nicht überprüften Angabe des Gläubigers beruht.

    Mit der Änderung wird dem Land imRahmen des Rückgriff des Unterhaltsvorschutzgesetz nun ermöglicht, auch aus Vollstreckungsbescheiden die privilegierte Vollstreckung zu betreiben, so dass gemäß § 850d der

    Zivilprozessordnung über die Pfändungsgrenzen des § 850c der Zivilprozessordnung hinaus in das Einkommen des Schuldners vollstreckt werden darf. Erforderlich ist hierfür die Beifügung eines Nachweises

    in Gestalt des Bewilligungsbescheids nach § 9 Absatz 2 des Gesetzes." Zitatende

    Es kann auch so interpretiert werden, dass der Nachweis bei Beantragung des VB durch das zentrale Mahngericht zu prüfen ist und das Schreiben bereits dem Antrag auf Mahnbescheid beigefügt werden soll und ein dann erlassener VB mit dem Schreiben verbunden wird und Teil des VB ist. Sprich: Die Prüfung durch das den VB erstellende Gericht zu erfolgen hat.


    Ist hier mal jemand aus einem zentralen Mahngericht der sagen kann ob es dort bezüglich der Gesetzesänderung neue Richtlinien gibt?

  • M.E. geht diese Gesetzesänderung an der Rechtsprechung des BGH vorbei.
    In der zitierten Entscheidung des BGH heisst es:

    "Denn es ist [...] nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts zu prüfen, ob der Gläubiger aus einem in der Zwangsvollstreckung privilegierten Anspruch vorgeht. Vielmehr ist es an die Auffassung des Prozessgerichts hierzu gebunden. Allein das wird der Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren gerecht.
    [...]
    Nach diesen Grundsätzen hat der Senat bereits entschieden, dass durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides der Nachweis der Voraussetzungen einer privilegierten Vollstreckung selbst dann nicht geführt werden kann, wenn sich aus ihm der Anspruchsgrund ergibt.
    [...]
    Diese Berechtigung ist ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch eine bloße Behauptung des Gläubigers nicht ersetzt werden."

    Ergo: ich würde ihn nur als normalen Pfüb im Rahmen von § 850 c ZPO erlassen, nicht aber als priviligierte Pfändung nach § 850 d ZPO.


  • Für eine Prüfung der Forderung durch das Mahngericht bzw. eine Überprüfung, ob in der beantragten Höhe auch UVG gezahlt wurde, gibt es aus meiner Sicht keine Rechtsgrundlage.

  • Ich kenne nur eine einzige Ausnahme, in der das Vollstreckungsgericht materielles Recht prüft. Das ist die Rangklasse 2 des § 10 ZVG für WEGs im Rahmen von Zwangsversteigerungen. Dort steht es aber ausdrücklich im Gesetz, § 10 III ZVG.
    Eine Richtlinie zur Durchführung, die sich an den Gläubiger richtet, auch wenn es eine Stadt ist, ist für mich nicht relevant. Zumal sie sich ja auch nicht an mich richtet.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • LG Hannover, 92 T 117/17 vom 20.10.2017:

    Der Beschluss des AG XX wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

    Das AG X hat bei seiner erneuten Entscheidung den Erlass des PfÜB nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass eine privilegierte Pfändung bei Unterhaltsansprüchen gemäß § 850 d ZPO nicht aus einem Vollstreckungsbescheid erfolgen könne.


    Damit für mich: Thema beendet, VB reicht aus!

  • LG Hannover, 92 T 117/17 vom 20.10.2017:

    Der Beschluss des AG XX wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

    Das AG X hat bei seiner erneuten Entscheidung den Erlass des PfÜB nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass eine privilegierte Pfändung bei Unterhaltsansprüchen gemäß § 850 d ZPO nicht aus einem Vollstreckungsbescheid erfolgen könne.


    Damit für mich: Thema beendet, VB reicht aus!

    Ich habe jetzt die Entscheidung nicht gelesen, aber das klingt mir doch ein bisschen dünn, um alleine aus dem VB zu vollstrecken.


    Ich hätte noch eine Frage zu diesem Thema:
    Nach § 7 Abs. 5 UVG muss als Nachweis der Privilegierung der Übergangsbescheid vorgelegt werden. Muss dieser Bescheid dem Schuldner zugestellt sein? Ich habe weder im UVG noch in der spärlichen Kommentierung hierzu etwas gefunden.

  • Na ja- natürlich ist da auch die entsprechende Begründung dabei, Verweis auf den gesetzgeberischen Willen im § 7 Abs. 5 UhVorschG.

    Mir reicht es aus- mein LG sagt die Vollstreckung ist aus dem VB möglich- also mach ich es auch.

    Auf eine Zustellung des Bescheides wurde nicht eingegangen. ich habe aber auch keine Bestimmung gefunden, dass dieser zugestellt werden muss- also muss er es nicht.(bis ich was anderes finde)

  • Wenn etwas zuzustellen ist, ist das auch ausdrücklich angegeben.

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