Erhöhung Freibetrag Nachzahlung Arbeitgeber Rückforderung Jobcenter

  • Folgender Sachverhalt liegt meinem Antrag auf einmalige Erhöhung des Freibetrages zu Grunde:

    Die Schuldnerin hat von Ihrem Arbeitgeber im Okt. ´16 eine Kündigung erhalten. Auf Grund der Kündigung erhielt die Schuldnerin nachfolgend Leistungen durch das Jobcenter. Da die Kündigung nach Ansicht der Schuldnerin nicht rechtens war, hat sie ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht geführt. Durch Urteil wurde bestätigt, dass die Kündigung nicht im Okt. ´16 sondern erst zum Jan. ´17 wirksam erfolgt ist. Die Arbeitgeberin muss nunmehr für die Monate Oktober ´16 bis Januar ´17 den Lohn nachzahlen.

    Die Schuldnerin hat die Leistungen des Jobcenters für den o. g. Zeitraum zurückzugewähren. Ein konkreter Bescheid des Jobcenters liegt noch nicht vor - eine Rückforderung wurde jedoch bereits durch das Jobcenter angekündigt.

    Nunmehr stellt die Schuldnerin einen Antrag auf einmalige Erhöhung des Sockelfreibetrages um den Betrag, da die Zahlung der Arbeitgeberin auf ihrem als Pfändungsschutzkonto geführten Girokonto eingegangen ist. Sie trägt vor, dass ohne die einmalige Erhöhung eine Rückzahlung an das Jobcenter nicht möglich wäre und so noch weitere Schuldnern auflaufen könnten.

    Ich kann mich nicht ganz entscheiden. Zum einen finde ich keine Norm die die Erhöhung des Sockelfreibetrages rechtfertigen würde. Auf der anderen Seite kann die Schuldnerin nun nicht bestraft werden. Immerhin ist es nicht ihr zuzuschreiben, dass der Sockelfreibetrag überschritten wurde und eine Rückforderung durch das Jobcenter droht.


    Über Lösung(-sansätze) würde ich mich sehr freuen :daumenrau

  • Mir würde in diesem Fall nur der § 765a ZPO einfallen, wobei man argumentativ die besondere Härte für die Schuldnerin begründen müsste.

    Man könnte sich allerdings auch fragen, ob ein erweiterter Pfändungsschutz hier eher die Interessen des Jobcenters als die Schuldnerin schützen würden. Letztlich entzieht man dem Pfändungsgläubiger A Beträge, um Sie dem Gläubiger B (Jobcenter) zukommen zulassen. Für die Schuldnerin selbst ist es eher ein Nullsummenspiel, weil sich an der Gesamtverschuldung nichts ändert. Ggf. könnte man irgendwie begründen, dass ohne Freigabe letztlich staatliche Sozialleistungen zur Schuldentilgung verwendet würden und Analogien zu § 850f ZPO herstellen.

  • Ich hatte mal so einen Fall, da hat (damals) das AA seine Forderung bei dem Arbeitgeber auf sich übergeleitet.

    Was ist denn mit § 115 SGB X?

  • Nicht § 765a, die Lösung liegt in §§ 850k Abs.4 + 850c ZPO:

    Zitat

    Es ist für Arbeitseinkommen im Sinne des § 850c ZPO allgemein anerkannt, dass Nachzahlungen (anteilig) dem Monat zuzuschlagen sind, für den (und nicht: in dem) sie erfolgen (Zöller/Stöber, ZPO 31. Aufl., § 850c Rn 3), d.h. der Nachzahlungsbetrag ist auf den Nachzahlungszeitraum aufzuteilen und zu überprüfen, ob in dem jeweiligen Monat der Pfändungsfreibetrag überschritten ist.
    (LG Deggendorf, Beschluss vom 14. März 2017 – 12 T 17/17 –, Rn. 10, juris)

    alles klar? :)

  • @ Olaf K: Kann mich deiner Ansicht hinsichtlich der Verschuldung der Schuldnerin nicht anschließen, denn hätte der Arbeitgeber fristgerecht gezahlt, hätte die Schuldnerin keine Zahlungen durch das Jobcenter erhalten, die sie nunmehr zurückzahlen muss. Es ist also nicht der Schuldnerin zuzurechnen.

    @ ruki: Eine Zurechnung zu dem Monat für die das Arbeitsentgelt nachgezahlt wird ist nicht möglich, da die Schuldnerin in den betroffenen Monaten ja Arbeitslosengeld I bezogen hat. Dies lag knapp unterhalb des Sockelfreibetrages. Daher komme ich mit § 850 k Abs. 4 i. V. m. § 850 c ZPO nicht weit.

    Ich habe mich jetzt dazu entschieden die Zwangsvollstreckung vorerst einstweilen einzustellen. Nachdem die Schuldnerin einen Rückforderungsbescheid erhalten hat, werde ich den Freibetrag um die Höhe der Rückforderung anheben.

  • @ Olaf K: Kann mich deiner Ansicht hinsichtlich der Verschuldung der Schuldnerin nicht anschließen, denn hätte der Arbeitgeber fristgerecht gezahlt, hätte die Schuldnerin keine Zahlungen durch das Jobcenter erhalten, die sie nunmehr zurückzahlen muss. Es ist also nicht der Schuldnerin zuzurechnen.

    @ ruki: Eine Zurechnung zu dem Monat für die das Arbeitsentgelt nachgezahlt wird ist nicht möglich, da die Schuldnerin in den betroffenen Monaten ja Arbeitslosengeld I bezogen hat. Dies lag knapp unterhalb des Sockelfreibetrages. Daher komme ich mit § 850 k Abs. 4 i. V. m. § 850 c ZPO nicht weit.


    Dann müsste man wohl tatsächlich eher so rechnen als wäre der Lohn fristgerecht gezahlt worden, also das ALG I außen vorlassen. M. E. wäre dies auch gerechtfertigt, da die damals zwar bezogenen Zahlungen aus ALG I nun zurückgezahlt werden müssen. (also letztlich doch Antrag nach § 850 k IV ZPO)

    Die Freigabe sollte jedoch zweckgebunden erfolgen, damit lediglich die Zahlung an das Jobcenter möglich ist (und nicht der anderweitige Verbrauch des Betrages).

  • @ Olaf K: Kann mich deiner Ansicht hinsichtlich der Verschuldung der Schuldnerin nicht anschließen, denn hätte der Arbeitgeber fristgerecht gezahlt, hätte die Schuldnerin keine Zahlungen durch das Jobcenter erhalten, die sie nunmehr zurückzahlen muss. Es ist also nicht der Schuldnerin zuzurechnen.

    @ ruki: Eine Zurechnung zu dem Monat für die das Arbeitsentgelt nachgezahlt wird ist nicht möglich, da die Schuldnerin in den betroffenen Monaten ja Arbeitslosengeld I bezogen hat. Dies lag knapp unterhalb des Sockelfreibetrages. Daher komme ich mit § 850 k Abs. 4 i. V. m. § 850 c ZPO nicht weit.

    Ich habe mich jetzt dazu entschieden die Zwangsvollstreckung vorerst einstweilen einzustellen. Nachdem die Schuldnerin einen Rückforderungsbescheid erhalten hat, werde ich den Freibetrag um die Höhe der Rückforderung anheben.

    Warum kommt man mit § 850k IV ZPO nicht weiter?! Zumindest teilweise könnte was freigegeben werden, da man das ALGI mit den (anteiligen) Lohn zusammenrechnet und schaut wie viel (un)pfändbar wäre.

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-


  • Ja, wäre wohl eine prima Idee gewesen.
    Allerdings ist das hier wohl nicht geschehen, weil die Abfindung bereits auf das P-Konto der Schuldnerin ausgezahlt wurde.

    Ggf. weil die Schuldnerin das AA nicht rechtzeitig über das Abfindungsurteil informiert hat ?

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