Anordnung Zwangsverwaltung bei Nießbrauch

  • Der Fall: Es wurde ein Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung gestellt und dazu die Grundschuldbestellungsurkunde nebst Klausel ("wurde dem Gläubiger xy zum Zwecke der ZV erteilt") sowie ZU-Nachweise eingereicht. In Abt. II ist (nach RÄ) ein nachrangiger Nießbrauch für die Eltern des Vollstreckungsschuldners eingetragen. Es wurde daher von mir moniert, dass entweder eine Zustimmungserklärung der Berechtigten oder Duldungstitel zur ZV in das Grundstück bzw. Duldungstitel nach § 727 ZPO nachgereicht wird; Stöber § 146 Rn. 11.3 und 5. Nun entgegnet der Gläubigervertreter, dass sich die Berechtigten in der eingereichten Bestellungsurkunde wegen der Zinsen, NL und HF der sofortigen ZV aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterwerfen. Die Bestellungsurkunde wurde den Berechtigten ebenfalls zugestellt.
    Kann ich darin meinen erforderlichen Duldungstitel sehen? Falls ja, benötige ich eine Vollstreckungsklausel, die der Gläubigerin explizit gegen die Nießbrauchberechtigten erteilt wird, da die vorhandene evtl. zu allgemein ist?

  • Zu dem Klauselproblem gibt es eine Entscheidung des BGH vom 26.03.2014, V ZB 140/13. Dazu auch die Anmerkungen von Schmidberger, IGZInfo 2014, S. 172 und Alff, ZfIR 2014, S. 489. Nach dem BGH besteht die Möglichkeit eine titelerweiternde Klausel gegen die Nießbraucher zu erteilen. Es genügt also der alte Titel, aber es bedarf einer ausdrücklichen Klausel gegen die Nießbraucher.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • "..., dass sich die Berechtigten in der eingereichten Bestellungsurkunde wegen der Zinsen, NL und HF der sofortigen ZV aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterwerfen."

    Berechtigte sind die Nießbrauchsberechtigten, ja?
    Wurde der Nießbrauch, vorher, gleichzeitig oder nach der Grundschuld eingetragen?

    Die oben stehende Klausel ist, wenn ich nicht fehlgehe, doch nur die persönliche Vollstreckungsunterwerfung. Es braucht auch noch die dingliche Vollstreckungsunterwerfung der Nießbrauchsberechtigten bzw. - vgl. BGH a.a.O. - eine gegen sie als (Teil-)Rechtsnachfolger des Eigentümers lautende Vollstreckungsklausel. Die erteilte Klausel bezieht sich nur auf das, was in der Urkunde erklärt ist, und nicht auf eine spätere Teilrechtsnachfolge.

  • "..., dass sich die Berechtigten in der eingereichten Bestellungsurkunde wegen der Zinsen, NL und HF der sofortigen ZV aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterwerfen."

    Berechtigte sind die Nießbrauchsberechtigten, ja?
    Wurde der Nießbrauch, vorher, gleichzeitig oder nach der Grundschuld eingetragen?

    Berechtigte sind die Nießbrauchberechtigten, genau.
    Erst wurde der Nießbrauch eingetragen, später die Grundschuld. Dann wurde der Grundschuld jedoch der Vorrang eingeräumt.

  • Das ist schlecht, da es insofern keine "Teil-Rechtsnachfolge" auf die Nießbrauchsberechtigten im BGH-Sinne gibt.

    Laut Stöber § 146 Rn. 11.5: "[...] der Nießbraucher ist für den Duldungsanspruch Rechtsnachfolger. Das gilt auch, wenn der Grundpfandrechtsgläubiger den Vorrang durch Rangänderung erlangt hat." Zumindest nach dieser Meinung dürfte es eine (Teil-)Rechtsnachfolge sein. Aber selbst wenn, bestünde weiter das Problem, dass sich die Klausel auf die Urkunde bezieht und darin nur die persönliche, nicht aber die dingliche Unterwerfung enthalten ist. Folglich dürfte im vorliegenden Fall eine Klauselerweiterung gegen die Nießbrauchberechtigten nichts bringen, sondern es wäre mir ein neuer Duldungstitel vorzulegen, der die dingliche Unterwerfung der Berechtigten beinhaltet, oder?

  • Stöber überrascht mich. Nachfolge des Vorangehenden durch Rangrücktritt?

    Ist die Grundschuld "Vollstreckbar nach § 800 ZPO"? Also ist die Unterwerfung auch für Nachfolger des Eigentümers erfolgt? Dann brauchte es m.E. nur eine Klausel gegen die Nießbraucher (sofern man Stöber da wirklich glauben mag).

  • Meines Erachtens gibt es grundsätzlich 2 Herangehensweisen:
    1. Zwangsverwaltung unter den gegebenen Voraussetzungen wird eine "beschränkte" Zwangsverwaltung unter Beachtung der Rechte des Nießbrauchers werden. Wie diese sich gestalten, müsste den konkret bestellten Nießbrauch entnommen werden.
    Im Zweifel dürfte dies aber in aller Regel wirkungslos bleiben und damit keinen Sinn machen, weil der Zwangsverwalter keine Macht (gegen den Nießbraucher und seine Rechte) hat.

    2. Für eine "unbeschränkte" Zwangsverwaltung ist ein dinglicher Titel auch gegen den/die Nießbraucher nötig und möglich, wenn der Nießbrauch nachrangig zur antragstellenden Grundschuld ist. Der Titel kann über den Notar als titelerweiternde Klausel gegen den/die Nießbraucher erlangt werden (unter Aufrechterhaltung der biserigen Klausel gegen den Eigentümer). In dem Fall hat der Zwangsverwalter auch "Macht" gegen den Nießbraucher inne und es dürfte dann auch wirtschaftlich sinnvoll sein oder werden.

  • Stöber überrascht mich. Nachfolge des Vorangehenden durch Rangrücktritt?

    Ist die Grundschuld "Vollstreckbar nach § 800 ZPO"? Also ist die Unterwerfung auch für Nachfolger des Eigentümers erfolgt? Dann brauchte es m.E. nur eine Klausel gegen die Nießbraucher (sofern man Stöber da wirklich glauben mag).

    Ja, die Grundschuld ist vollstreckbar nach § 800 ZPO. Bei einer (neuen) Klausel gegen die Nießbraucher dürfte dann auch ein neuer Zustellungsnachweis nach § 750 Abs. 2 ZPO zu führen sein...

  • Richtig. Es gelten auch hier die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen.

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  • Es gibt auch die Meinung, dass eine Titelumschreibung bei einem bei Beurkundung bereits bestehenden Nießbrauchsrecht nicht möglich ist. Der Grundschuldgläubiger ist vielmehr gehalten, die Nießbraucher auf Duldung der Zwangsvollstreckung zu verklagen. Schmidberger, FP 2016, 206 (208).

  • Hange mich hier mal dran. Folgender Sachverhalt:

    A ist Eigentümer und bestellt der G eine Grundschuld, inkl. § 800 ZPO und Unterwerfung in das gesamte Vermögen.
    Vollstreckbare Ausfertigung wird G für ZV gegen A erteilt.
    ZU Klausel an A erfolgt.
    Dann überträgt A das Grundstück an B gegen Nießbrauch.
    B wird als Eigentümerin eingetragen, A als Nießbrauchnehmer.
    Vollstreckbare Ausfertigung hinsichtl. des dinglichen Anspruchs wird G für ZV gegen B erteilt.
    ZU Klausel an B erfolgt.

    Nun beantragt G Zwangsverwaltung und verweist darauf, dass bzgl. A ja ein Titel + Klausel vorliegt (persönliche Forderung) und diese Klausel dann auch die Duldungsklausel bzgl. des Nießbrauches ist. Ich würde dem Antrag entsprechen und Zwangsverwaltung gegen B anordnen, A ist sozusagen weiterer Schuldner als Duldungsschuldner. Liege ich da richtig?

  • Wer ist als Antragsgegner genannt? A oder B?
    die Zwangsverwaltung gegen B ist ziemlich sinnfrei, da dieser ja keine Nutzungen ziehen kann.

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  • Dann brauchst du aber eine Klausel gegen A. vgl. auch BGH v. 14.03.2003, IXa ZB 45/03 und vom 26.03.2014, V ZB 140/13. Du brauchst eine dingliche Klausel gegen A.

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