Testamentsauslegung

  • Erbvertrag (Bisherige Verfügung von Todes wegen)

    --> "Nach den Bestimmungen der Vorurkunde ist der Überlebende berechtigt, die in der Vorurkunde enthaltenen Verfügungen von Todes wegen in beliebiger Weise zu ändern, aber nur innerhalb des Personenkreises unserer gemeinsamen Kinder und deren ehelichen Abkömmlingen, also nur zu deren Gunsten oder zu deren Lasten."

    Drei Kinder des Erblassers sind vorhanden. Ein Kind davon ist verstorben.

    Der letztverstorbene Ehegatte hat ein weiteres Testament hinterlegt, in dem er seine (unehliche) Enkelin (Tochter des verstorbenen Sohnes) zur Alleinerbin ernannt hat. Dort ist auch ein Nachtrag vermerkt, indem steht, dass mit dem Erbvertrag keinesfalls die uneheliche Enkelin ausgeschlossen werden sollte.

    Ist dies gültig? :gruebel:

  • Ist dies gültig? :gruebel:


    Ja, wenn die AUslegung ergibt, dass mit "eheliche Kinder" auch solche Kinder gemeint waren, die zwar gar nicht ehelich sind, aber (zum Beispiel) aus einer gefestigten Beziehung stammen oder sonst als "erbwürdig" anerkannt werden. :teufel:

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Das Gleichbehandlungsgesetz (2009 EMGH) unehelicher und ehelicher Kinder tritt hier nicht ein?

    Danke für die Antwort. Über weitere Antworten freue ich mich :)

  • ... ist auch ein Nachtrag vermerkt, indem steht, dass mit dem Erbvertrag keinesfalls die uneheliche Enkelin ausgeschlossen werden sollte.

    Für die Auslegung wird man den zeitlichen Ablauf berücksichtigen müssen. War die uneheliche Enkelin bei Errichtung des Erbvertrags schon geboren? Stammt der Erbvertrag aus einer Zeit, in der es völlig abwegig war, dass unverheiratete Paare gemeinsam Kinder großziehen?

  • ... ist auch ein Nachtrag vermerkt, indem steht, dass mit dem Erbvertrag keinesfalls die uneheliche Enkelin ausgeschlossen werden sollte.

    Für die Auslegung wird man den zeitlichen Ablauf berücksichtigen müssen. War die uneheliche Enkelin bei Errichtung des Erbvertrags schon geboren? Stammt der Erbvertrag aus einer Zeit, in der es völlig abwegig war, dass unverheiratete Paare gemeinsam Kinder großziehen?

    Das ist das, worauf ich hinauswollte.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich sehe das anders. Maßgeblich ist der (geäußerte) Wille der Erblasser. Dieser ist dem Wortlaut eindeutig. Der Kreis möglicher Erben wurde bewußt an die Ehelichkeit geknüpft. Dem Überlebenden wurde auch nur in diesem Umfang Abänderungsbefugnis eingeräumt. Die Äußerung des Überlebenden, dass es nun doch nicht soo streng gemeint war hilft nicht. Denn es geht (auch) um den letzten Willen des Erstversterbenden, der eindeutig geäußert wurde. Dass auch der zuerst verstorbene entgegen dem klaren Wortlaut - und damit eigentlich das genaue Gegenteil - "auch nichteheliche" meinte kann ich nicht sehen. Denn jede Testamentsauslegung muss doch auch einen Niederschlag im Testament finden.
    (Die Fallgestaltung, dass nach dem Tod des erstversterbenden ein nichteheliches Kind geboren werden könnte macht meiner Meinung nach keinen Unterschied, denn das musste den Testatoren doch bewußt sein, dass sowohl zu Lebzeiten beider als auch nach dem Tod des Ersten nichteheliche Enkel entstehen können. Die Abänderungsbefugnis betrifft ja gerade den Zeitraum zwischen beiden Toden und wurde bewußt so gewählt.)

    Folge: die Verfügung des Überlebenden überschreitet die Abänderungsbefugnis, ist also unwirksam. Es verbleibt bei der Erbeinsetzung aus der Vorurkunde.

    花より団子

    2 Mal editiert, zuletzt von Tyrael (21. September 2017 um 16:02)

  • Maßgeblich ist der (geäußerte) Wille der Erblasser.


    Nein, maßgeblich ist der wahre Wille des Erblassers.

    § 133 BGB: "Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften."

    Es bleibt das Nachweisproblem

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  • Du meinst also, der Notar war nicht in der Lage, den wahren Willen des Erblassers im Erbvertrag wiederzugeben.:teufel: Ich frage mich immer wieder, weshalb solche Dinge bei der Beurkundung nicht hinterfragt werden und das Ergebnis des Hinterfragten nicht aufgenommen wird.

    "Sie wissen aber schon, dass dann etwaige nichteheliche Kinder ihrer Kinder nichts erben? Sie wollen das aber trotzdem so?"

  • Du meinst also, der Notar war nicht in der Lage, den wahren Willen des Erblassers im Erbvertrag wiederzugeben.:teufel: Ich frage mich immer wieder, weshalb solche Dinge bei der Beurkundung nicht hinterfragt werden und das Ergebnis des Hinterfragten nicht aufgenommen wird.

    "Sie wissen aber schon, dass dann etwaige nichteheliche Kinder ihrer Kinder nichts erben? Sie wollen das aber trotzdem so?"


    Je nachdem wann das war (und die Formulierung läßt da schon Rückschlüsse zu) war der Text vorgedruckt. Mein Archiv ist voll von identischen, vorgedruckten Ehe- und Erbverträgen, wo nur noch mit der Schreibmaschine die persönlichen Daten der BEteiligten eingesetzt werden mussten, und schwupps war die Gütergemeinschaft (Verwaltung GG durch Ehemann), die gegenseitige Erbeinsetzung mit Wiederverheiratungs- und Pflichtteilsstrafklausel nebst Einsetzung der ehelichen Abkömmlinge fertig.

    Die Vermutung, dass die "echten" Kinder (im Gegensatz zu "Unfällen beim Auswärtsspiel") gemeint waren, ist jedenfalls nicht von vorneherein völlig abwegig.

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  • Die Vermutung, dass die "echten" Kinder (im Gegensatz zu "Unfällen beim Auswärtsspiel") gemeint waren, ist jedenfalls nicht von vorneherein völlig abwegig.

    Da manövriert man sich aber dann in ein anderes Problem, nämlich das der Bestimmtheit. Wer bestimmt, dass ein uneheliches Kind nun ein Unfall ist, zu dem der Vater keinen Kontakt hat, keinen Unterhalt zahlt und sich auch sonst nicht kümmert? Richtig, der Vater, und nicht der Erblasser. Dadurch komme ich aber dann auch (zugegeben auf Umwegen) an den Rand von § 2065 BGB, der Erblasser kann die Bestimmung der Person des Erben grds. nicht einem Dritten überlassen. Hier wäre es aber letztlich vom Willen der unverheirateten Eltern abhängig ob das daraus hervorgegangene Kind Erbe wird.

    Mir ist klar, dass die Gegenmeinung wahrscheinlich jetzt denk "Aber das Kind kann doch nix dafür". Das ist aber kein Grund, den niedergelegten Willen der Erblassers zu biegen bis er bricht.

  • Ich sehe das anders. Maßgeblich ist der (geäußerte) Wille der Erblasser. Dieser ist dem Wortlaut eindeutig. Der Kreis möglicher Erben wurde bewußt an die Ehelichkeit geknüpft. Dem Überlebenden wurde auch nur in diesem Umfang Abänderungsbefugnis eingeräumt. Die Äußerung des Überlebenden, dass es nun doch nicht soo streng gemeint war hilft nicht. Denn es geht (auch) um den letzten Willen des Erstversterbenden, der eindeutig geäußert wurde. Dass auch der zuerst verstorbene entgegen dem klaren Wortlaut - und damit eigentlich das genaue Gegenteil - "auch nichteheliche" meinte kann ich nicht sehen. Denn jede Testamentsauslegung muss doch auch einen Niederschlag im Testament finden.
    (Die Fallgestaltung, dass nach dem Tod des erstversterbenden ein nichteheliches Kind geboren werden könnte macht meiner Meinung nach keinen Unterschied, denn das musste den Testatoren doch bewußt sein, dass sowohl zu Lebzeiten beider als auch nach dem Tod des Ersten nichteheliche Enkel entstehen können. Die Abänderungsbefugnis betrifft ja gerade den Zeitraum zwischen beiden Toden und wurde bewußt so gewählt.)

    Folge: die Verfügung des Überlebenden überschreitet die Abänderungsbefugnis, ist also unwirksam. Es verbleibt bei der Erbeinsetzung aus der Vorurkunde.

    Schließe mich dem an.
    Frage mich auch, was das ändern sollte, wann das Kind geboren wurde.
    Und zu welcher Zeit war es denn so, dass das Großziehen unehelicher Kinder völlig abwegig war. Das gab es sicher auch schon im 19. Jahrhundert.

    Zur Zeit der Testamentserrichtung war es der Wille, dass nur eheliche Kinder erben sollen. Dies ist für mich eindeutig.

  • Die Argumentation mit § 2065 BGB ist interessant, würde aber - konsequent zu Ende gedacht - bedeuten, dass eine Beschränkung auf eheliche Abkömmlinge immer unwirksam ist, da die Ehelichkeit (außer bei eigenen Kindern des Erblassers) nicht der Entscheidung des Erblassers unterliegt, sondern immer durch Dritte bestimmt wird, nämlich die Eltern, die heiraten oder es bleiben lassen.

  • Mit § 2065 BGB hat das gar nichts zu tun.

    Es geht schlicht und einfach darum, ob derjenige, der erben könnte, auch die Voraussetzungen erfüllt, die der Erblasser dafür formuliert hat. § 2065 meint die Bestimmung im Willen und nicht die Bestimmung im Faktischen, aus der dann rechtliche Konsequenzen folgen.

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