Pfändungsfreibetrag - Diplomarbeit

  • Erst einmal: Hallo an alle netten Antwortschreiber und Leser,

    da dies mein erster Beitrag ist, hoffe ich, dass ich alles richtig mache und auf viele hilfreiche Antworten.

    Derzeit schreibe ich meine Diplomarbeit über die Pfändung durch privilegierte Gläubiger nach § 850d und 850f II ZPO.
    Hierzu findet sich in der Literatur, dass jede solcher Pfändungen eine Einzelentscheidung des Rechtspflegers braucht im Hinblick auf den dem Schuldner zu belassenden Freibetrag. Auch an der Hochschule wird gelehrt, dass es immer eine Einzelfallentscheidung ist, wenn solch ein Antrag auf privilegierte Pfändung kommt.
    Nun habe ich durch meine Ausbildung erfahren, dass es eher so gehandhabt wird, dass es quasi einen Grundfreibetrag gibt der dem Schuldner zunächst bei einer privilegierten Pfändung belassen wird und eine wirkliche Einzelfalllösung erst gibt, wenn ein Antrag nach 850f I ZPO auf Erhöhung des pfändungsfreien Betrages erfolgt.

    Des Weiteren beschäftige ich mich in meiner Arbeit mit der Frage ob Unterhaltsgläubiger einen höheren Vorrechtsbereich zum Pfänden haben sollten oder nicht - hierzu brauche ich auch dringend Erfahrungsberichte.

    Meine Frage ist nun:
    1. Wird das an allen Gerichten so gehandhabt?
    2. Wenn ja, wie hoch sind die bei euch zunächst dem Schuldner belassenen Freibeträge (über eine Info an welchem Gericht ihr das so handhabt würde ich mich freuen, falls dies untunlich ist würde ich mich über eine Info eures OLG Bezirks oder Bundeslandes freuen)
    3. Die für mich wichtigste Frage: Gibt es bei euch am Gericht, sofern es wie bei meinem Ausbildungsgericht gehandhabt wird, die gleichen Freibeträge sowohl für Unterhalts-, als auch Deliktsgläubiger?

    Vielen Dank fürs Lesen und beantworten und freundliche Grüße
    Phike


  • Des Weiteren beschäftige ich mich in meiner Arbeit mit der Frage ob Unterhaltsgläubiger einen höheren Vorrechtsbereich zum Pfänden haben sollten oder nicht - hierzu brauche ich auch dringend Erfahrungsberichte.

    Meinst du, ob die im Gesetz bereits enthaltene Bevorrechtigung gerechtfertigt ist?

    Oder zielt der Satz darauf ab, dass der an sich schon vorhandene Vorrechtsbereich noch weiter erhöht werden soll?

  • Danke für die Antwort.

    Es ging mir darum, ob es grundsätzlich wichtiger ist, dass ein Unterhaltsgläubiger etwas bekommt auch bei nachrangiger Pfändung nach einem Deliktsgläubiger.
    Ob also der dem Schuldner zu belassende Teil des Arbeitseinkommens bei beiden Pfändungen der gleiche ist. (Ausgenommen der Regelung bezüglich des 850a Nr. 1, 2 und 4 ZPO)

  • Danke für die Antwort.

    Es ging mir darum, ob es grundsätzlich wichtiger ist, dass ein Unterhaltsgläubiger etwas bekommt auch bei nachrangiger Pfändung nach einem Deliktsgläubiger.
    Ob also der dem Schuldner zu belassende Teil des Arbeitseinkommens bei beiden Pfändungen der gleiche ist. (Ausgenommen der Regelung bezüglich des 850a Nr. 1, 2 und 4 ZPO)

    Da ist doch die gesetzliche Regelung des 850f ausreichend - "dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf"

    Zitat

    Nun habe ich durch meine Ausbildung erfahren, dass es eher so gehandhabt wird, dass es quasi einen Grundfreibetrag gibt der dem Schuldner zunächst bei einer privilegierten Pfändung belassen wird und eine wirkliche Einzelfalllösung erst gibt, wenn ein Antrag nach 850f I ZPO auf Erhöhung des pfändungsfreien Betrages erfolgt.

    Wie auch sonst, den "Einzelfall" kennt man beim PfÜB-Antrag / Entscheidung ja nicht.
    Man hat ja kaum mehr Informationen als den Namen des Schuldners, wie soll man daraus dann eine richtige "Einzelfalllösung" basteln.

  • In meinem Landgerichtsbezirk gibt es eine Absprache zwischen den Vollstreckungsrechtspflegern. Wir nehmen bei den Unterhaltspfändungen Pauschal 850,00€ als Freibetrag (wissen wir, dass der Schuldner keinerlei Tätigkeit nachgeht, sind es 700€). Wenn ein Schuldner unzufrieden ist, setzen wir den Betrag individuell fest (da wir bei Erlass des PfüB keine Ahnung von den persönlichen Verhältnissen des Schuldners haben geht das nicht anders). Da sich relativ wenige Schuldner beschweren scheint der Betrag von 850,00€ einigermaßen zu passen. Ich bin übrigens im Bereich des OLG Karlsruhe tätig.

  • In meinem Landgerichtsbezirk gibt es eine Absprache zwischen den Vollstreckungsrechtspflegern. Wir nehmen bei den Unterhaltspfändungen Pauschal 850,00€ als Freibetrag (wissen wir, dass der Schuldner keinerlei Tätigkeit nachgeht, sind es 700€). Wenn ein Schuldner unzufrieden ist, setzen wir den Betrag individuell fest (da wir bei Erlass des PfüB keine Ahnung von den persönlichen Verhältnissen des Schuldners haben geht das nicht anders). Da sich relativ wenige Schuldner beschweren scheint der Betrag von 850,00€ einigermaßen zu passen. ...


    Die Akzeptanz ist fast schon erstaunlich bei den bei euch wohl höheren Mieten.

    Hier im Osten (ländlicher Bereich) orientieren wir uns an der Berechnung eines stets einen konkreten Betrag für § 850d ZPO angebenden Jugendamtes.

    Anhand des Regelbetrages 409,- € (+ ggf. 50 % Erwerbszuschlag) + angemessene maximale Miete nach hiesiger Verordnung für Alleinstehenden (355,- €) sind wir dann bei rund 970,- € bzw. ohne Erwerbstätigkeit 764,- €.

  • In meinem Landgerichtsbezirk gibt es eine Absprache zwischen den Vollstreckungsrechtspflegern. Wir nehmen bei den Unterhaltspfändungen Pauschal 850,00€ als Freibetrag (wissen wir, dass der Schuldner keinerlei Tätigkeit nachgeht, sind es 700€). Wenn ein Schuldner unzufrieden ist, setzen wir den Betrag individuell fest (da wir bei Erlass des PfüB keine Ahnung von den persönlichen Verhältnissen des Schuldners haben geht das nicht anders). Da sich relativ wenige Schuldner beschweren scheint der Betrag von 850,00€ einigermaßen zu passen. ...


    Die Akzeptanz ist fast schon erstaunlich bei den bei euch wohl höheren Mieten.

    Hier im Osten (ländlicher Bereich) orientieren wir uns an der Berechnung eines stets einen konkreten Betrag für § 850d ZPO angebenden Jugendamtes.

    Anhand des Regelbetrages 409,- € (+ ggf. 50 % Erwerbszuschlag) + angemessene maximale Miete nach hiesiger Verordnung für Alleinstehenden (355,- €) sind wir dann bei rund 970,- € bzw. ohne Erwerbstätigkeit 764,- €.

    Danke für die Antwort - wie ist es denn bei euch für 850f II Gläubiger?

  • 1. gleicher Betrag für alle
    2. hier: 944,20 € (OLG Bezirk Celle) Freibetrag bei Berufstätigkeit
    3. hatte noch nie den Fall, dass ein Deliktsgläubiger und ein Unterhaltsgläubiger aufeinander getroffen sind

  • Da sich relativ wenige Schuldner beschweren scheint der Betrag von 850,00€ einigermaßen zu passen. ...


    Die Akzeptanz ist fast schon erstaunlich bei den bei euch wohl höheren Mieten.

    Aus meiner Beratungspraxis habe ich eher die Einschätzung, dass der betreffende Personenkreis mit der Regelung seiner Angelegenheiten überfordert ist und einfach aus diesem Grund keine Anträge gestellt werden.

    Eigentlich nicht verwunderlich, denn bis es zu einer Pfändung nach § 850d ZPO kommt, braucht es schon im Vorfeld ein ordentliches Maß an Untätigkeit.

    700,- € bei Erwerbslosen und 850,- € bei Erwerbstätigen können heutzutage eigentlich nicht mehr passen.


  • Letzteres sehe ich auch so.

  • Also bei uns gibt es für den Schuldner selber:

    den Regelsatz................409,- € / 368,- €.......(je nachdem, ob unverheiratet oder verheiratet)
    ggf. + 50 %..................205,50 € / 184,- €.....(Erwerbszuschlag nach dem LG Mönchengladbach)
    angemessene Miete........275,- € bis 466,- €. ..(hier gibt es in unserem Landkreis eine sehr detaillierte Auflistung
    ..................................................................für die einzelnen Gemeinden und Städte inkl. Personenanzahl pro Haushalt)
    Heizkosten (20%) ..........55,- € bis 95,- €

    Wir haben das gerade letztes Jahr stichprobenartig für einige Kombinationen durchgerechnet und uns dann darauf geeinigt, zunächst einen (durchschnittlichen) pauschalen Betrag von 950,- € für Erwerbstätige anzusetzen; für nicht erwerbstätige 750,- € (gerade, damit der Unterhalts- bzw. Deliktsgläubiger noch was davon hat.)

    (Weitere) Gesetzliche laufende Unterhaltspflichten werden dann gesondert berücksichtigt.

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Als ich bin an einem Amtsgericht in Berlin tätig und bei uns setzt sich der pfandfrei zu belassende Grundbetrag wie folgt zusammen.

    409,00 EUR SGB II - Regelsatz für Alleinstehende
    103,00 EUR Pauschale für Berufstätigkeit (ca. 25 % vom Regelsatz)
    461,00 EUR Warmmiete
    ---------------
    973,00 EUR Gesamt

    Je nach weiteren dem Gläubiger gleich- oder vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen wird dann mithilfe des PfÜB-Formulars der Betrag angepasst.


    Bei uns wird zwischen den Freibeträgen bzgl. eines Unterhaltsgläubigers und eines Gläubigers aus einer unerlaubten Handlung kein Unterschied gemacht.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!