Löschung Grunddienstbarkeit nach Teilung des dienenden Grundstücks gem. § 22 GBO

  • Im Grundbuch sind drei Grunddienstbarkeiten ursprünglich auf einem Grundstück eingetragen gewesen:
    II 1: Wegerecht (Geh- und Fahrrecht)
    II 2: Leitungsrecht (Ver- und Entsorgungsleitungen)
    II 3: Halten und Nutzen von unterirdischen Tanks, die unterirdisch in die Wegefläche hineinragen.
    Die drei Dienstbarkeiten sind ausdrücklich beschränkt “auf die Teilfläche (in der Natur vorhandene Wegefläche), die auf dem als Anlage 2 zur Bewilligungsurkunde genommenen Lageplan schraffiert gekennzeichnet ist“.
    Mit der Bewilligungsurkunde der Grunddienstbarkeiten ist als Anlage 2 eine Flurkarte des zuständigen Katasteramtes, in welcher diese Schraffur genau eingezeichnet ist, fest verbunden.

    Das belastete/dienende Grundstück ist jetzt in zwei Grundstücke geteilt und zwischenzeitlich auf zwei neue (verschiedene) Eigentümer umgeschrieben worden.
    Nunmehr macht der Eigentümer des Grundstücks, welches keine gemeinsame Grenze mit dem herrschenden Grundstück hat, geltend, durch die Teilung der Grundstücke sei sein Grundstück freigeworden, da dieses außerhalb des Bereichs der Ausübung aller drei Grunddienstbarkeiten liege, § 1026 BGB. Er beantragt - durch den Notar - die Löschung der drei Rechte im Wege der Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, da
    - die Tatsache der Beschränkung der Ausübung sich aus der notariellen Bewilligungsurkunde nebst Anlage eindeutig ergebe und
    - dem Grundbuchamt eine neue amtliche Flurkarte des Katasteramtes in Ausfertigung vorliege, welche die Lage der geteilten Grundstücke sowie des herrschenden Grundstücks z
    zeige.
    Vergleiche man beide Karten, so könne der Rechtspfleger feststellen, dass der eingeschränkte Ausübungsbereich der drei Grunddienstbarkeiten sich nicht auf das Grundstück des Antragstellers des Löschungsantrages erstrecken könne.

    Reicht das als Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs in der Form des § 29 GBO überhaupt aus?
    Wie ist ein Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO sonst zu führen?

    Laut Kommentierung und Rechtsprechung sind an die Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit hohe Anforderungen zu stellen. Eigene Ermittlungen darf ich nicht anstellen.

    Dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks habe ich rechtliches Gehör gewährt. Dieser wehrt sich vehement gegen die beantragte Löschung. Er macht z.B. geltend, auf dem Grundstück des Antragstellers stehe ein Stromtrafo und es läge dort eine Leitung, über welche die Stromzufuhr zu seinem Grundstück laufe. Über diesem Trafo und die Stromleitung ist in der Bewilligungsurkunde bzgl. der Dienstbarkeiten aber überhaupt nichts ausgesagt.

    Kann der Dienstbarkeitsberechtigte die Notwendigkeit von Trafo und Zuleitung als ‘Nebenrecht‘ geltend machen, welches für die Ausübung seines Leitungsrechts unentbehrlich ist? Jedoch: Die Ausübung der Grunddienstbarkeit/en ist ausdrücklich und unzweifelhaft auf eine genau bestimmte Fläche beschränkt! Muss ich die Einwendungen des Berechtigten berücksichtigten?

    Ich bitte dringend um Eure Meinung. Eine (später vom OLG festgestellte) fehlerhafte Löschung der Grunddienstbarkeiten (bei Nichtvorliegen der Löschungsvoraussetzungen) kann ich nicht wieder rückgängig machen. Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen.

  • § 1026 BGB regelt klar, dass die Fläche, die nicht Ausübungsbereich des Rechts ist und nach dem Inhalt der Bestellungsurkunde auch nicht werden kann, bei Wegmessung von dem Recht frei wird.

    Nachweis für das Grundbuchamt: Vergleich der Bewilligungsurkunde anhand der dortigen Beschreibung bzw. Skizze des Ausübungsbereichs einerseits mit dem amtlichen Plan der Katasterbehörde andererseits. Achtung: In der Bewilligungsurkunde muss auf den Plan Bezug genommen worden sein, damit er Urkundsinhalt wurde! - Ist solcherart klar feststellbar, welche Fläche nun noch Ausübungsbereich ist und welche definitv nicht mehr, so ist der Nachweis in der Form des § 29 GBO gelungen. Das Recht ist dann dort zu löschen, wo es nach § 1026 BGB nicht mehr lastet.

    Gelingt der Nachweis mit diesem Vergleich nicht, so wird die Löschung abzulehnen sein.

    Hinweis: Es gibt Fälle, in denen der Plan nur scheinbar die Ausübungfläche abschließend markiert, sich aus den Gesamtumständen aber ergibt, dass er größer sein muss. Wenn der Berechtigte entsprechend schlüssig vorträgt, würde ich die Löschung im Zweifel eher ablehnen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Zunächst vielen Dank für die Antworten.
    Zu Andreas: In der Bewilligungsurkunde der drei Grunddienstbarkeiten ist ausdrücklich erklärt, dass "die Ausübung beschränkt ist auf die Teilfläche (in der Natur vorhandene Wegefläche), die auf dem als Anlage 2 zu dieser Urkunde genommenen Lageplan schraffiert gekennzeichnet ist." Damit ist der fest mit der Urkunde verbundene Plan, der die Ausübungsfläche genau bezeichnet, Urkundsinhalt geworden.
    Zu fridolin 2001: Bei keiner der drei Dienstbarkeiten sind ausdrücklich Nebenrechte, wie z.B. ein Betretungsrecht, vereinbart. Es gibt also keine mitgesicherten Nebenrechte. Können solche Nebenrechte, insbesondere ein Betretungsrecht im Rahmen des Leitungsrechts, auch konkludent mitvereinbart und somit Inhalt des Rechts sein?

    Welche Rechte stehen dem Dienstbarkeitsberechtigten zu, wenn ich die Dienstbarkeiten gegen seinen Willen lösche?
    Beschwerde gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO mit dem Antrag, einen Amtswiderspruch gegen die Löschung einzutragen?

  • Hinsichtlich des Eigentümers des herrschenden Grundstücks würde ich ihn nochmals anschreiben und ihn darauf aufmerksam machen, dass der Trafo nicht vom Dienstbarkeitsinhalt erfasst ist. Auch ein solches Nebenrecht müsste in der Bewilligung aufgeführt sein aber es kann sich nicht auf eine Fläche beziehen, die nicht von der Dienstbarkeit erfasst ist.

    Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks könnte Beschwerde einlegen, diese ist als Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs umzudeuten. Nach der Zurückweisung der Eintragung des Amtswiderspruchs und der dann einzulegenden Beschwerde geht die Angelegenheit mit dem Nichtabhilfebeschluss zum OLG.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • >>"die Ausübung beschränkt ist auf die Teilfläche (in der Natur vorhandene Wegefläche), die auf dem als Anlage 2 zu dieser Urkunde genommenen Lageplan schraffiert gekennzeichnet ist."<<

    Rechtliche Beschränkung nun durch Karte oder den tatsächlichen Verlauf in der Natur?
    Ist die Stromleitung nicht von Recht II/2 erfasst?

    Das würde ich mir schon alles sehr genau ansehen.

    M.E. kann durchaus vertreten werden, dass die rechtliche Beschränkung des Ausübungsbereichs durch den Verlauf des Weges/Leitungen/Lage der Tanks in der Natur bestimmt ist und die Schraffur nur einen ungefähren Hinweis geben soll wo die Natur so verläuft.
    Dann brauchts die Bewilligung.

  • Dank auch an Atlantik und Leviathan für ihre Beiträge.
    Zu Atlantik:
    Ich kann natürlich den Dienstbarkeitsberechtigten noch einmal anschreiben und ihm unter Benennung der Gründe mitteilen, dass ich beabsichtige, seine Grunddienstbarkeiten auf dem (nach meinem Dafürhalten) gem. § 1026 BGB freigewordenen Grundstück zu löschen. Nach seinem bisherigen Vortrag zu beurteilen, wird ihn das auch nicht umstimmen. Der Dienstbarkeitsberechtigte ist leider nicht rechtskundig vertreten.
    Bist Du der Meinung, dass es zulässig ist, wenn ich einen rechtsmittelfähigen 'Vorbescheid' mit der Löschungsankündigung erstelle, an den Dienstbarkeitsberechtigten zustelle und dieser dann Beschwerde gem. § 71 GBO einlegen kann?
    Nach meiner Kenntnis kann ich vorliegend leider keinen Vorbescheid, Ankündigungsbeschluss oder ähnliches erlassen. Ich kann nur dem Löschungsantrag stattgeben oder ihn zurückweisen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das bei meinen Recherchen gelesen habe, weiß aber leider nicht mehr wo.

    Zu leviathan:
    Wenn ich den Lageplan mit dem skizzierten Ausübungsbereich der Bewilligungsurkunde und den neuen Auszug aus dem Liegenschaftskataster vergleiche, kann ich als Rechtspfleger klar erkennen, dass der eingeschränkte Ausübungsbereich der Dienstbarkeiten nicht auf dem Grundstück liegen kann, auf welchem jetzt die Dienstbarkeiten gelöscht werden sollen.
    Der Dienstbarkeitsberechtigte macht aber gerade geltend, dass er auch an außerhalb dieses beschränkten Ausübungsbereichs sich befindenden Anlagen/Einrichtungen/Leitungen ein Mit-Benutzungsrecht habe. M.E. ist ihm dieses Vorbringen von vorneherein abgeschnitten, da er eine Dienstbarkeitsbestellung (mit)unterschrieben hat, die den Ausübungsbereich unter Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes klar einschränkt. Die Schraffur ist m.E. mehr als ein ungefährer Hinweis. Nur an den Anlagen/Einrichtungen/Leitungen die in diesem Ausübungsbereich liegen, hat er ein Recht auf Mit-Benutzung. Nebenrechte außerhalb des Ausübungsbereichs wurden nicht vereinbart. Für alles , was außerhalb liegt, brauche ich m.E. seine Bewilligung zur Löschung nicht. Oder?

    p.s.
    Ich darf zwar als Rechtspfleger für meine Entscheidung keine Ermittlungen anstellen, habe aber trotzdem - um wirklich ganz sicher zu sein - bei der zuständigen Stadtverwaltung und den Stadtwerken mich erkundigt und in die Pläne geschaut. Ergebnis: Der Stromtrafo, auf dessen Mitbenutzungsrecht sich der Dienstbarkeitsberechtigte beruft, ist vor kurzer Zeit abgebrochen worden. Die bisherigen Stromleitung vom aktuell noch dienenden Grundstück zum herrschenden Grundstück des Dienstbarkeitsberechtigten ist gekappt worden. Ein neuer Trafo (auf einem Grundstück der Stadt gelegen) wurde bereits fertiggestellt. Der Berechtigte hat jetzt eine Stromzuleitung über diesen neuen Trafo von der öffentlichen Straße her. Die Leitungen/Einrichtungen auf dem dienenden Grundstück gibt es gar nicht mehr! Diesen Sachverhalt verschweigt mir der Berechtigte geflissentlich.


  • ....
    Wenn ich den Lageplan mit dem skizzierten Ausübungsbereich der Bewilligungsurkunde und den neuen Auszug aus dem Liegenschaftskataster vergleiche, kann ich als Rechtspfleger klar erkennen, dass der eingeschränkte Ausübungsbereich der Dienstbarkeiten nicht auf dem Grundstück liegen kann, auf welchem jetzt die Dienstbarkeiten gelöscht werden sollen.
    ...
    Die Schraffur ist m.E. mehr als ein ungefährer Hinweis. Nur an den Anlagen/Einrichtungen/Leitungen die in diesem Ausübungsbereich liegen, hat er ein Recht auf Mit-Benutzung.
    ...

    Na dann. Wenn's eindeutig ist.
    Löschen und gut iss.
    Anhörung war eh schon.

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