P- Konto und Selbständigkeit

  • Wir haben hier folgenden Sachverhalt:

    Der Schuldner ist selbständig und sein Geschäftsbetrieb wurde nach § 35 InsO freigegeben.

    Der Schuldner hat lediglich einen Auftraggeber, für den er im Rahmen der Selbstständigkeit tätig wird.
    Der Schuldner hat ein P- Konto, auf dieses gehen die Einnahmen aus seiner Selbständigkeit ein. Der Geldeingang ist höher als der eingetragene Sockelfreibetrag.
    Nunmehr beantragt der Schuldner die Erhöhung des Sockelfreibetrages nach § 850 k Abs. 4 ZPO bezüglich der (eigentlich freigegebenen) Zahlungen des Auftraggebers.

    Wir hatten so einen Fall noch nie, obwohl es bekanntlich viele Schuldner mit freigegebenen Geschäftsbetrieb gibt.

    Ist § 850 k Abs. 4 ZPO in diesem Fall möglich? Zufällig hat der Schuldner im vorliegenden Fall nur einen Auftraggeber, bei Selbständigen ist dies jedoch nicht immer der Fall.

    Bei Lohneingängen bei abhängiger Beschäftigung nehmen wir in unseren 850k 4- Beschluss ausdrücklich den Arbeitgeber namentlich auf, damit nicht etwaige pfändbare Zahlungen von der Erhöhung des Sockelbetrages umfasst werden.

    Über Ratschläge wären wir sehr dankbar.

  • § 850 k Absatz 4 i.V.m. 850 f Absatz I Buchstabe b (besondere Bedürfnisse des Schuldners aus beruflichen Gründen) sollte hier nutzbar sein.

    Hatte hier (Zwangsvollstreckungsabteilung) einen selbstständigen Transportunternehmer dessen Freibetrag auf über 6.000,00 € zu erhöhen war um den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten zu können.. da war es genauso: hoher Geldeingang, aber auch hohe Kosten= Gewinn auf den Monat gerechnet deutlich unterm Freibetrag, daher freizugeben.

  • Wenn die Zahlungen nur von einem Auftraggeber stammen, kannst Du den ja namentlich benennen.

    ((nur ein Arbeitgeber? Das sieht aber ein wenig nach Scheinselbstständigkeit aus.))

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ja, das ist wahr (das mit der Scheinselbständigkeit habe ich mir auch gedacht, aber das ist eine andere Baustelle und zwar nicht meine :) ), aber ich habe irgendwie Bauchweh, mich bei durch den Verwalter freigegebenen Ansprüchen im Rahmen des §850 k Abs. 4 ZPO einzumischen bzw. sehe ich keine Zuständigkeit meinerseits darin, bei einem freigegebenen Geschäftsbetrieb mich im Rahmen eines Antrages nach § 850 k Abs. 4 ZPO noch damit zu befassen, ob und in welcher Höhe dem Schuldner ein pfandfreier Betrag unter Berücksichtigung etwaiger Betriebsausgaben etc. verbleiben muss.
    Der Verwalter hat ja in seiner Freigabeerklärung schon kundgetan, dass Einnahmen aus dieser Selbständigkeit nicht zur Masse gehören.
    Ob und in welcher Höhe der Schuldner Zahlungen an den Verwalter zu leisten hat bzw. gehabt hätte i.S.d. §§ 287a Abs. 1 Satz 1, 295 Abs 2 InsO wären im Rahmen eines Versagungsantrages zu prüfen.

  • Clau, das sehe ich auch so. Wir hatten hier auch schon ein, zwei Fälle mit Selbstständigen. Ich bin der Meinung, dass sich die Freigabe einfach nicht mit einem P-Konto verträgt. Bei uns war daher immer die Lösung, dass der Schuldner ein normales Konto führt, das der Verwalter dann im Rahmen der Freigabe des Geschäftsbetriebs bzw. ggf. später (nach Umwandlung des P-Kontos) auch freigibt. Wie Du schon sagst, die Abführungen nach § 295 analog haben wir nicht zu prüfen.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Ich halte auch die von Ecosse genannte Vorgehensweise für praktikabel. Man kann daran denken, dass aus der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters eine Nebenpflicht dahingehend besteht, das "normale" Geschäftskonto des Schuldners freizugeben.Es wäre ja doch ein venire contra factum proprium, einerseits gegenüber dem Schuldner die Freigabe der Selbständigkeit zu erklären (und die Abführung von Zahlungen zu erwarten) und ihm andererseits ein essentielles Mittel hierfür, nämlich sein Geschäftskonto, zu verwehren, wenn man es nicht freigäbe.

  • Nur ein Auftraggeber ist zwar ein starkes Indiz für eine Scheinselbständigkeit.

    Das wichtigste Kriterium ist aber die selbständige Zeiteinteilung. Wenn der Selbständige selbst bestimmen kann, wann er arbeitet, dann ist er nicht in den Geschäftsbetrieb des Auftraggebers eingebunden. Das spricht dann sehr stark für eine Selbständigkeit.

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