Kontofreigabe der etwas anderen Art

  • @ Bolleff - ich gebe zu die Gesetzesbegründung zum P-Konto nicht gelesen zu haben.

    Ich stelle mein Ansicht noch mal ganz einfach dar, mal aufs Wesentliche reduziert:

    1. Wille des Gesetzgebers ist, dass jeder Schuldner einen festgelegten Betrag monatlich für sich selbst nutzen darf. (wir haben da so §§ und Tabellen, der Gesetzgeber hat sich wirklich Mühe gemacht.)
    2. Dieser Betrag steht der Schuldnerin diesen Monat nicht zur Verfügung. An den Gläubiger soll gezahlt werden, was der Schuldnerin fehlt.
    3. Dies ist zu korrigieren, denn:

    - der Gläubiger würde mehr erhalten als die Pfändungsvorschriften ihm zugestehen
    - die Schuldnerin erhält weniger als ihr gesetzlich zusteht


    Oder wie Bolleff:
    1. ganz besondere Umstände: Ja, hier wurde mehr gepfändet als vom Gesetzgeber vorgesehen, die pfändungsfreien Beträge der Schuldnerin werden unterschritten. Die Pfändung hat nicht die Auswirkungen einer regulären Kontopfändung. (ja, wenn Gesetze nicht wie gewollt funktionieren, nenne ich das (noch) ganz besondere Umstände)
    2.mit den guten Sitten unvereinbare Härte: Ja, die "guten Sitten" sind die Standards unserer Gesellschaft, auch vom Gesetzgeber normierte Pfändungsfreigrenzen und Beträge stellen diese dar. Hier werden diese unterschritten und die Schuldnerin schlechter gestellt, als es ihr von Gesetzes wegen zugestanden wird-alle vom Gesetzgeber im Pfändungsrecht normierten Schutzvorschriften werden umgangen, der Schuldnerin bleibt evtl. weniger als einem Unterhaltsschuldner oder einem Straftäter, der wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung gepfändet wird. Platt gesagt: Sie wird schlimmer als ein Verbrecher behandelt (rein pfändungsrechtlich)
    3. Schutzbedürfnisse des Gläubigers: Stehen nicht entgegen, da hier Beträge abgeführt würden, die ihm nach den Vorschriften nicht zustehen.

    Fragen?

  • Warum hier 765 a ZPO anwendbar ist:


    Zahlt ein Schuldner einen Betrag jetzt nach Pfändung aus und dann um ihn zu überweisen wieder ein, arbeitet das Programm und der Betrag wird gepfändet. Es findet eine nicht zulässige Doppelpfändung statt- bedingt durch den Computer der Bank- nicht durch die Schuldnerin, da ihr Ein- und Auszahlungen generell nicht verboten sind. Eine Erklärung über diese Funktionsweise findet seitens der Banken meines Wissens nicht statt. Es ist also eine Frechheit hier mit: "Die Schuldnerin ist selbst schuld" zu kommen. Selbst als die Schuldnerin es wieder bei der Bank einzahlte, wurde sie darauf nicht hingewiesen, sonst hätte sie es wohl kaum gemacht. Genau dies wäre bei der Bank wünschenswert gewesen:"Sie wollen das wieder einzahlen? Sie wissen schon, dass Sie ein P-Konto haben und dieses Geld dann gesperrt ist?"-passierte aber nicht.


    Die Bank ist ja gerade gehalten, nicht nachzufragen "Wollen Sie das wirklich wieder einzahlen". Damit würden wir unsere gesetzliche Neutralität verlassen
    und letztlich die Zwangsvollstreckung vereiteln. Dann müssten wir ja auch Kunden beraten, wie sie ihre Freibeträge optimieren können. Das steht uns an der
    Stelle aber gerade nicht zu.

    Im übrigen bekommen die Kunden sehr umfangreiches Informationsmaterial ausgehändigt zu Funktionsweise
    des P-Kontos. Ob das dann auch gelesen wird, ist eine andere Sache.

  • Da der Vortrag der Schuldnerin durch die Bankangestellte bestätigt wurde, sehe ich es auch wie Insulaner. Natürlich hat der Gläubiger das Problem nicht verursacht, er würde allerdings davon profitieren und für den entsprechenden Monat eigentlich mehr erhalten als ihm zusteht.

    Würde übrigens hier tatsächlich von einem Versehen der Schuldnerin beim Abheben ausgehen. (Ist mir selbst in der Eile auch schon passiert, dass ich eine Null zuviel gedrückt hatte und 900,- € statt 90,- € erhielt.) Es ergäbe sonst im geschilderten Fall auch wenig Sinn, mit der Bankangestellten zu rechnen (Rest 200,- €) und dann doch viel mehr abzuheben.

    (Eigentlich frage ich mich, weshalb die Bank vom monatlichen pfändungsfreien Betrag nicht die Daueraufträge abzieht und durch entsprechenden Eintrag im Computerprogramm der Schuldner am Automaten tatsächlich nur die Differenz abheben kann. Technisch sollte das wohl machbar sein.)

    Wir dürfen zu keinem Zeitpunkt Dispositionsentscheidungen des Kunden treffen. Wenn der Kunde Daueraufträge eingerichtet und Lastschrifteinzügen zugestimmt hat, muss er dies schlicht in seiner eigenen Disposition berücksichtigen. Insofern dürfen wir dem Kunden nicht Geld vorenthalten. Es gilt aber wie immer das Windhund-Prinzip (... wer zuerst kommt....) Will der Kunde Geld abheben und es ist verfügbar, kann er das tun. Dann wird aber evtl. sein Dauerauftrag über die Miete, welcher 5 Minuten später ausgeführt werden sollte nicht gebucht. Wird der Dauerauftrag zuerst gebucht, kann er nichts mehr abheben.

  • Das sollte jetzt keine Bankenschelte werden. Ich erwarte nicht, dass die Banken umfangreich in dieser Hinsicht beraten.

    Jedoch hat die Schuldnerin laut Vortrag kurz vorm Geldabheben und wieder einzahlen mit der Mitarbeiterin die Pfändung besprochen und sogar ausgerechnet was alles noch überwiesen werden muss. (innerhalb eines 10 Min Zeitraumes)

    Das klingt für mich nach einer Schuldnerin, die das erste Mal mit der Pfändung zu tun hat und alles richtig machen wollte. Diese hätte man auf die Funktionsweise und die Auswirkung auf diese Einzahlung hinweisen können. Insbesondere wegen obiger Besprechung.

    Wie geschrieben- wünschenswert.

  • @ Bolleff - ich gebe zu die Gesetzesbegründung zum P-Konto nicht gelesen zu haben.

    Ich stelle mein Ansicht noch mal ganz einfach dar, mal aufs Wesentliche reduziert:

    1. Wille des Gesetzgebers ist, dass jeder Schuldner einen festgelegten Betrag monatlich für sich selbst nutzen darf. (wir haben da so §§ und Tabellen, der Gesetzgeber hat sich wirklich Mühe gemacht.)
    2. Dieser Betrag steht der Schuldnerin diesen Monat nicht zur Verfügung. An den Gläubiger soll gezahlt werden, was der Schuldnerin fehlt.
    3. Dies ist zu korrigieren, denn:

    - der Gläubiger würde mehr erhalten als die Pfändungsvorschriften ihm zugestehen
    - die Schuldnerin erhält weniger als ihr gesetzlich zusteht


    Zwei ganz wesentliche Punkte unterschlägst Du dabei aber: Das ist zum einen das Instrument des § 765a ZPO selbst, der quasi "die letzte Möglichkeit" bietet, in daher nur ganz eng begrenzten Ausnahmefällen den Schutz für den Schuldner wiederherzustellen, wenn die übrigen Pfändungsschutzvorschriften einen solchen nicht gewähren und die in § 765a ZPO drei Voraussetzungen gemeinsam vorliegen.

    Daher hat z. B. das AG Hannover (Beschl. v. 27.01.2011, 711 M 116359/08, bestätigt durch das LG Hannover mit Beschl. vom 17.02.2011, 52 T 9/11) auch in einem ähnlichen Fall entschieden, daß die Härteklausel des § 765a ZPO als eng auszulegende Ausnahmevorschrift nur dann anzuwenden ist, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde. Hat danach also der Schuldner aus freiem Willen sein Geld (auf dem P-Konto an sich geschützte Sozialleistungen) von einem (im dortigen Fall nicht gepfändeten) Konto abgehoben und auf ein gepfändetes Sparkonto eingezahlt, handelte der Schuldner fahrlässig, so daß mangels sittenwidriger Härte eine Freigabe nicht mehr in Betracht kam. Dabei kam es nicht mal auf die zu seiner Antragsbegründung vorgetragene Unkenntnis über den fehlenden Schutz auf diesem Sparkonto an, weil allein der Schuldner sich die Folgen seines(!) fehlerhaften Handelns zurechnen lassen mußte und insoweit nicht schutzwürdig war.

    Der andere, aber m. E. wesentlich wichtigere Punkt ist, bevor insbesondere wir beide also über die Voraussetzungen und die Bewertung des Falls weiter auseinandersetzen, überhaupt dieselbe Diskussionsgrundlage zu haben:

    Ich verstehe den Pfändungsschutz ("kann der Schuldner ... über Guthaben in Höhe des monatlichen Freibetrages ... verfügen") eben nicht so, wie Du ihn aber als selbstverständlich hinstellst, daß der Schuldner seinen Freibetrag des Monats hin- und herzahlen kann, wie es ihm beliebt und daher auch Einzahlungen vornehmen könne, welcher den ursprünglichen Freibetrag (quasi unter "Zurückrechnung" auf den bereits durch Fehlabhebung oder Fehlüberweisung geminderten Freibetrag) auf dem P-Konto wiederherstellen würden. Ich verstehe den Begriff der "Verfügung" also nicht wie Du als mehrmalige, sondern als vom Gesetzgeber monatlich (ganz oder in Teilen) einmalige Verfügung. Nur so läßt sich das m. E. mit dem Sinn & Zweck des P-Kontos und des pauschalen Freibetrages in Einklang bringen, daß es im Gegensatz zu früher für den gewährten Pfändungsschutz nicht mehr auf den Grund der Einzahlung ankommt, es also vollkommen egal ist, wer, wofür Zahlung auf das Konto leistet. Denn das P-Konto hat den Vorteil, dass weder die Kreditinstitute noch die ZV-Gericht nachprüfen müssen, ob das gepfändete Guthaben aus der Gutschrift von bestimmten geschützten Einkünften herrührt (MK-ZPO/Smid, 4. Aufl., § 850k Rn. 2). Das würde in Deinem Fall aber konterkariert werden.

    Daher geht Deine daran anknüpfende Prüfung im Rahmen des § 765a ZPO von falschen gesetzgeberischen Voraussetzungen des Pfändungsschutzes aus. Entgegen Deiner obigen Ziff. 2 stand im hiesigen Fall der Betrag der Schuldnerin nicht nur zur Verfügung, sondern über ihn hat sie durch Barabhebung verfügt. Was die Schuldnerin danach damit macht, ob sie die Scheinchen in Essig einlegt, auf'n Kopp knallt oder wieder einzahlt, ist ihr überlassen. Sie hat aber über ein i. S. d. § 850k Abs. 1 S. 1 ZPO ihr freigestelltes Guthaben von rd. 1.000 € bereits verfügt, so daß ihr lediglich die Differenz zum gesetzlich pfändungsfrei gestellten Betrag noch verbleibt und nicht durch Einzahlung (durch wen auch immer) wieder rückgängig machen kann.

    Daher verfangen Deine weiteren Schlußfolgerungen auch nicht, weil die Barauszahlung im Rahmen des vom Gesetzgeber gewährten Pfändungsschutzes ordnungsgemäß erfolgte, die Schuldnerin also in dem vom Gesetzgeber ihr zugewiesenen Bereich handelte. Eine Sittenwidrigkeit kann ich dafür nicht erkennen. Es kommt bei der Sittenwidrigkeit des Vollstreckungsaktes insoweit auch allein auf objektive und nicht subjektive Gesichtspunkte an (Walker, aaO., Rn. 29; AG Hannover, Rpfleger 1990, 174), also insbesondere nicht darauf, daß die Schuldnerin eigentlich über gar nicht so viel Guthaben verfügen wollte.

    Anders wäre der Fall im Rahmen der Sittenwidrigkeit sicher zu beurteilen, wenn technisches Versagen auf Seiten der Bank vorgelegen hätte, weil dann die Bank entgegen der Anweisung der Schuldnerin gehandelt hätte. Aber das ist nach #11 durch die Bank gerade nicht bestätigt worden, weil die Bankangestellte nicht daneben stand, sondern der Automat (die Bank) doch vielmehr weisungsgemäß (technisch einwandfrei) bei der Verfügung handelte.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I


  • Wie geschrieben- wünschenswert.

    M.M. sind rechtlich beide Entscheidungswege möglich, wobei ich -wen wundert's- für Freigabe bin.

    Welcher Wissensstand zum P-Konto hier teilweise vom Schuldner erwartet wird, halte ich allerdings teilweise für überzogen. Selbst mancher Bankangestellte ist hinsichtlich den einzelnen Bestimmungen hierzu überfordert. Auch der Verweis auf die Möglichkeit der Bareinzahlungen hilft nur bedingt weiter, Bareinzahlungen zu Gunsten Dritter wird z.B. von unserer Sparkasse nicht mehr ausgeführt.

    Entscheidet man sich gegen die Freigabe so ist Boleffs Bildunterschrift
    "» Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. « "
    ganz passend: Die Schuldnerin steht diesen Monat ohne Geld da. Sie kann natürlich zum Job-Center gehen und wird dann vlt. in 14 Tagen Geld erhalten. Bis dahin evtl. Nothilfemittel von Caritas/Diakonie und Tafelladen. Sollte die Schuldnerin nur Geldeingänge unterhalb ihres Freibetrages haben, wird auch der Gläubiger auf Grund first in / first out so schnell nichts von den separierten Geldern sehen.

  • Danke ich für die Anregungen.

    Ich bleibe dabei:
    Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass einem Schuldner 1.180,33 € zum Leben verbleiben soll, er soll durch Zwangsvollstreckung kein Sozialfall werden, der dann von uns allen mitfinanziert wird.
    (außerdem ggf. Räumungsklage, Räumungsschutzanträge, weitere PfÜB. Hinweis dazu: Selbst wenn sie Geld vom Sozialamt bekäme, wäre dies dann ebenfalls gesperrt und sie stünde wieder vor mir.)

    Daher folge ich der von dir angeführten Begründung auch nicht: Die Schuldnerin hat vielleicht über 1.180,33 € verfügt im Rechtssinne, das ist richtig.
    Ausschlaggebend ist jedoch für mich:
    1. Ist der obige Wille des Gesetzgebers erfüllt.Konnte Sie dieses Geld für sich selbst verbrauchen? (nach der von Bolleff selbst angesprochenen eigenen Wahl? Genau das fehlt, da die Einzahlung und deren Einbehaltung genau das verhindern: Sie zahlte das Geld wieder ein, damit es für andere Ausgaben zur Verfügung steht (siehe Sachverhalt). Nicht um es dem Gläubiger zukommen zu lassen.)
    und
    2. Hat der Gläubiger soviel bekommen wie ihm zusteht ? (Nein,er erhält 800,00 € zuviel, das ist unstreitig).

    Der Wille des Gesetzgebers ist also nicht erfüllt. Ich bin Teil der Justiz- dem Arm des Gesetzgebers, also werde ich das korrigieren.

    Ich halte 765a ZPO aus den von mir angegebenen Gründen für möglich, ich selbst gehe aber wie folgt vor und umgehe die 765 a ZPO-Problematik komplett, ich lege den Antrag aus:

    Ich erlasse einen klarstellenden Beschluss:

    Wird bezüglich des Verfahrens ...M ... klargestellt, dass der am ... auf dem P-Konto eingegangene Betrag in Höhe von 465,00 €
    Teil des pfandfreien Betrages ist und dem Schuldner vollständig zu belassen ist.

    Dies gilt auch für alle weiteren, hier nicht aufgeführten Pfändungen, welche das Konto des Schuldners zum Ziel haben.

    Dieser Beschluss wird erst mit Rechtskraft wirksam.

    Gründe:

    Der Pfändungsfreibetrag wurde hier nicht überschritten. Es handelt sich bei dem am ... eingegangenen Betrag um eine Einzahlung des Schuldners selbst, geleistet aus dem ihm zustehenden Freibetrag, abgehoben am .... die dieser im Irrtum über die Funktionsweise seines P-Kontos am ... zurück auf das Konto zahlte. Eine Pfändung dieses Betrages würde eine unzulässige Doppelpfändung bedeuten.Es ist also keine Einnahme, welche der Pfändung unterliegt.

    Dies wurde durch Vorlage der Kontoauszüge betreffend die Barauszahlung am 05.10.2016 und durch die Einzahlungsquittung vom 10.10.2016 seitens des Schuldners nachgewiesen.

    Von einer Anhörung wurde aufgrund der Eindeutigkeit der Rechtslage abgesehen.


    Soll das LG Hannover mich entsprechend aufheben, falls es das möchte- bis jetzt haben aber die Gläubigervertreter meine Erläuterung für nachvollziehbar befunden. Die Beschlüsse wurden rechtskräftig.

    Anscheinend wirkt auch manchmal gesunder Menschenverstand- auch wenn er nicht im Kommentar steht.

    Allen ein schönes WE, es war mir ein Vergnügen mit euch zu diskutieren und insbesondere Danke an Bolleff: du hast mir gut aufgezeigt, dass ich auch zukünftig besser nicht die Anträge als solche nach 765 a ZPO auslege, das ist dann zu angreifbar.

  • Das mit dem Bankautomaten würde ich schon glauben. Das ist meinem Vater vor kurzem nämlich auch passiert. Er wollte 300,00 € haben, es wurden aber 1.000,00 € ausgezahlt und auch belastet. Dem nächsten Kunden ging es ganz genauso. Keine Ahnung, ob es sich um ein verbreiteteres Problem der Bank handelte, aber eine Bank könnte doch zumindest dazu eine Aussage machen, ob dieses "Problem" bekannt ist?!

    Wenn die Bank also bestätigen würde, dass es sich um ein Computerproblem gehandelt hat, würde ich keine Probleme sehen.

  • Das Computerproblem ist hier gar nicht zu prüfen! Dies kann nicht Teil der Begründung sein. Denn:
    Die Schuldnerin hat fehlerfrei eingezahlt, sie wollte es einzahlen, ein Fehler liegt also nicht vor.
    ( Das eventuelle fehlerhafte Auszahlen zwang die Schuldnerin nicht zum Einzahlen, das evtl. fehlerhafte Auszahlen führte zu keinem Problem. Nur das Einzahlen und dessen Wirkung. siehe # 2 von Bolleff)

  • Dies gilt auch für alle weiteren, hier nicht aufgeführten Pfändungen, welche das Konto des Schuldners zum Ziel haben.

    Das halte ich für absolut gesetzeswidrig.

    Du entscheidest doch immer nur im jeweils konkreten Verfahren, der jeweilige Gläubiger ist zu hören und hat Rechtsmittel.

    Wie sollen denn Gläubiger möglicher anderer Pfändungen (oder auch das Finanzamt oder wer auch immer noch selbst pfändet) von deinem Beschluss Kenntnis erlangen und Rechtsmittel einlegen können.

  • Ausschlaggebend ist jedoch für mich:
    1. Ist der obige Wille des Gesetzgebers erfüllt.Konnte Sie dieses Geld für sich selbst verbrauchen? (nach der von Bolleff selbst angesprochenen eigenen Wahl? Genau das fehlt, da die Einzahlung und deren Einbehaltung genau das verhindern: Sie zahlte das Geld wieder ein, damit es für andere Ausgaben zur Verfügung steht (siehe Sachverhalt). Nicht um es dem Gläubiger zukommen zu lassen.)


    Da machst Du weiterhin den 2. vor dem 1. Schritt. Der 1. Schritt ist die Verfügung durch Barabhebung. Ja, sie hatte das Geld zum Eigenverbrauch zur Verfügung. Was sie damit macht, steht ihr frei. Nur kann nicht der gesetzliche Pfändungsschutz (aus meiner Sicht dann unzulässigerweise) allein deshalb erweitert werden, weil sie bei Einzahlung im Irrtum um die Möglichkeit der dann nicht mehr bestehenden Verfügungsberechtigung des Geldes war. Der hinter dem Irrtum stehende Grund war letztlich nur die Sorge, Lastschriften könnten nicht erfolgen. Daß sie offenkundig die Problematik der möglichen Rücklastschrift aber auch auf anderem Wege (anderweitige Zahlung durch das ihr in der Hand liegende Geld) hätte umgehen können, mag ihr nicht in den Sinn gekommen sein. "Besonnenes Verhalten" sieht für mich aber anders aus.

    Ich bin der Meinung, daß jeder "seines Glückes Schmiedes" ist und selbst Verantwortung für sein Handeln trägt (auch wenn es natürlich genehmer erscheint, die Verantwortung auf Dritte abzuwälzen - die ggf. falsche Auskunft der Bankangestellten).

    2. Hat der Gläubiger soviel bekommen wie ihm zusteht ? (Nein,er erhält 800,00 € zuviel, das ist unstreitig).


    Nö, das ist keineswegs "unstreitig". Der Gläubiger erhält zurecht das Guthaben, welches über dem Freibetrag des Schuldners liegt. Wenn er über diesen Freibetrag verfügt hat (1. Schritt), dann ist das am Ende des Monats bestehende Guthaben (ganz gleich, woher es kommt) gepfändet und dem Gläubiger zu überweisen. So wollte und hat es der Gesetzgeber geregelt.

    Der Wille des Gesetzgebers ist also nicht erfüllt.


    Du stellst den Willen des Gesetzgebers so hin, als ob das ZV-Gericht quasi der Vormund der Verfahrensbeteiligten sei. Der Gesetzgeber hatte bei der Verfügung über den Freibetrag den pauschalen Kontoschutz und die Erleichterung für die Bank (keine Prüfung des Grundes der Einzahlung mehr) im Sinn und nicht das, was Du bislang suggerierst, daß der Schuldner bereits verfügte Gelder aus dem Freibetrages hin- und herzahlen kann (ob er das nun im vollem Wissen oder im Irrtum darum macht). Was zu lässig ist: Der Schuldner kann, solange er noch nicht verfügt hat, die Bank jederzeit zu einer Verfügung anweisen, diese Anweisung jederzeit ändern, sie auch komplett aufheben oder sie wiederholen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 75. Aufl. [2017], § 850k Rn. 12). Er kann sie aber nicht rückgängig machen, so wie Du Deinen ganzen Gedankengängen zugrundelegst.

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  • zu Queen: betreffend Finanzamt etc. werde ich mir was überlegen müssen- guter Einwand. Ansonsten geht der Beschluss immer an alle hier bekannten ZV-Verfahren.

    Bolleff:

    1. Ich erweitere nicht, ich setze um,dass die Schuldnerin so viel Geld ausgeben kann, wie der Gesetzgeber wollte dass sie ausgeben kann um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie erhält durch meinen Beschluss nicht mehr Geld sondern nur den durch den Vorgang verminderten Betrag zurück.

    1133,80 € Betrag für die Schuldnerin - 800,00 Abhebung + 800,00 € Einzahlung darf nicht zu Lasten der Schuldnerin im realen Ergebnis, im realen Leben 333,80 € ergeben, sondern muss 1.133,80 € sein. Sie hat das Geld nicht für irgendeinen Murks ausgegeben sondern es handelt sich hier nur um eine reine Hin- und Herbuchung. Es hat sich nichts an der Situation geändert in den 10 Minuten, außer Buchungsvorgänge.

    2. unstreitig, denn : ohne den Vorfall erhielte der Gläubiger die 800,00 € zusätzlich gar nicht/würde in diesem Monat nicht erzielt.

    3. Da hast du mich falsch verstanden: Ich stelle als Willen des Gesetzgebers hin, dass ein Schuldner durch ein ZV-Verfahren nicht so viel verlieren darf, dass er als Sozialfall der Allgemeinheit zur Last fällt-unabhängig vom Kontenschutz-. Das findet sich überall wieder: selbst in Pfändung nach §850k i.V.m § 850 d ZPO und sogar in i.V.m 850 f ZPO, auch dort muss dem Schuldner soviel belassen werden, dass er seinen notwendigen Unterhalt bestreiten kann. Um eine solche Pfändung handelt es sich hier nicht einmal, hier sorgt eine reguläre Pfändung für schlimmere Verhältnisse. Das darf meiner Ansicht nach nicht sein.

    Da werden wir uns aber nie einigen, da ich vorrangig das reale Leben berücksichtige und die Auswirkung meiner Entscheidung auf die Menschen und du vorrangig die 100% nachvollziehbare rechtliche Betrachtung.
    ( was du übrigens beeindruckend gut machst )

    Fazit: Durch meinen schlecht begründeten ggf. fehlerhaften Beschluss sorge ich für das meiner Ansicht nach richtige Ergebnis, wie es der Gesetzgeber es meiner Ansicht nach gewollt hat.
    Durch euren gut begründeten ggf. fehlerhaften Beschluss begünstigt ihr den Gläubiger und stürzt den Schuldner in unvorhergesehene Probleme und sorgt für Arbeit bei Bank, Sozialamt, Gericht, Tafel,
    Schuldnerberatung, Inkassounternehmen, Gerichtsvollzieher und und und.

    Ich werde daher meine Vorgehensweise nicht ändern, da ich überzeugt bin mit der Ablehnung Schaden anzurichten, nicht jedoch mit meinem Beschluss.

  • 3. Da hast du mich falsch verstanden: Ich stelle als Willen des Gesetzgebers hin, dass ein Schuldner durch ein ZV-Verfahren nicht so viel verlieren darf, dass er als Sozialfall der Allgemeinheit zur Last fällt-unabhängig vom Kontenschutz-. Das findet sich überall wieder: selbst in Pfändung nach §850k i.V.m § 850 d ZPO und sogar in i.V.m 850 f ZPO, auch dort muss dem Schuldner soviel belassen werden, dass er seinen notwendigen Unterhalt bestreiten kann. Um eine solche Pfändung handelt es sich hier nicht einmal, hier sorgt eine reguläre Pfändung für schlimmere Verhältnisse. Das darf meiner Ansicht nach nicht sein.


    Du vermischst immer noch beide Schritten in Deiner Argumentation: Nicht die Pfändung des Gläubigers ist das "himmelschreiende Unrecht", das Du korrigieren möchtest, sondern das nachlässige (und aus meiner Sicht vorschnelle) Verhalten der Schuldnerin. Daher greift auch nicht die Behauptung, die Schuldnerin dürfe nicht der Sozialhilfe anheimfallen, weil nicht der Gläubiger, sondern sie selbst die Situation geschaffen hat. Auch ist Deine Behauptung nicht richtig, daß sie in der Konsequenz nicht "als Sozialfall der Allgemeinheit zur Last" fallen dürfe. Das Interesse der Allgemeinheit überwiegt nicht grds. den Interessen des Gläubigers, wie der beispielhaft in #17 zitierte BGH zu einem Verfahren nach § 765a ZPO auch ausführlich dargelegt hat.

    Da werden wir uns aber nie einigen, da ich vorrangig das reale Leben berücksichtige und die Auswirkung meiner Entscheidung auf die Menschen und du vorrangig die 100% nachvollziehbare rechtliche Betrachtung.


    Du bist auch gar nicht an Dein persönliches Empfinden gebunden, sondern allein an Recht und Gesetz (§ 9 RPflG). ;)

    Ich werde daher meine Vorgehensweise nicht ändern...


    Klar, Du bist ja auch sachlich unabhängig (§ 9 RPflG).

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  • Ist eine irrtümliche Abhebung, egal ob in Folge Hardware- oder Software-Problem des Geldautomaten oder Vertippen bzw. Daneben-Touchen des Kunden auf dem Touchscreen nicht ein Anfechtungsgrund?

    10 Minuten später hat die Kundin der Bankmitarbeiterin erklärt, dass sie soviel Geld gar nicht hat abheben wollen und das Geld wieder eingezahlt. Hat sie damit der Bank gegenüber die Anfechtung erklärt?

  • Selbstverständlich entscheide ich aufgrund Recht und Gesetz (§ 9 RPflG), ich lege nur teleologisch aus. Lernt man ja so;).

    Guthaben auf der Bank: 2.000,00 €
    Das Gesetz sagt: 866,20 € für Gläubiger, 1.133,80 € für Schuldner.

    Versehentliche Auszahlung aus den 1.133,80€ des Schuldners, dann Einzahlung vom Schuldner in Höhe von 800,00 €.(damit Miete etc. gezahlt werden können) Auswirkung:

    1.666,20 für Gläubiger, 333,80 für Schuldner. (Mietzahlung bedroht bzw. nicht möglich)

    u.a. Bolleff sagt: rechtlich so gewollt, einwandfrei- ist nun mal eine Folge des Kontoschutzes.
    Ich sage: NEIN! Vermögenssituation hat sich auf Schuldnerseite nicht geändert, also darf sich auch die Pfändung nicht erhöhen. (sonst "himmelschreiendes Unrecht" ;))

    So, Schluss meinerseits

  • zu Queen: betreffend Finanzamt etc. werde ich mir was überlegen müssen- guter Einwand. Ansonsten geht der Beschluss immer an alle hier bekannten ZV-Verfahren.

    Dein Schuldner muss nur mal im Zuständigkeitsbereich eines anderen vollstreckungsgerichts gewohnt haben dann kannst du auch nicht alle Gläubiger erwischen


  • Fazit: Durch meinen schlecht begründeten ggf. fehlerhaften Beschluss sorge ich für das meiner Ansicht nach richtige Ergebnis, wie es der Gesetzgeber es meiner Ansicht nach gewollt hat.
    Durch euren gut begründeten ggf. fehlerhaften Beschluss begünstigt ihr den Gläubiger und stürzt den Schuldner in unvorhergesehene Probleme und sorgt für Arbeit bei Bank, Sozialamt, Gericht, Tafel,
    Schuldnerberatung, Inkassounternehmen, Gerichtsvollzieher und und und.

    Ich werde daher meine Vorgehensweise nicht ändern, da ich überzeugt bin mit der Ablehnung Schaden anzurichten, nicht jedoch mit meinem Beschluss.

    Eine mir sehr sympathische Haltung; den Entwurf eines klarstellenden Beschlusses habe ich mir mal für die Zukunft notiert.

    ... Der Gläubiger erhält zurecht das Guthaben, welches über dem Freibetrag des Schuldners liegt. Wenn er über diesen Freibetrag verfügt hat (1. Schritt), dann ist das am Ende des Monats bestehende Guthaben (ganz gleich, woher es kommt) gepfändet und dem Gläubiger zu überweisen. So wollte und hat es der Gesetzgeber geregelt.


    Hier irrt Bolleff: Das in diesem Monat separierte Guthaben wird dem Schuldner im nächsten Monat wieder zur Verfügung gestellt. Es wird nicht an den Gläubiger überwiesen. Nicht alles was man in Bezug auf das P-Konto als logisch annimmt ist tatsächlich so. Wenn also selbst rechtlich geschulte Fachleute mit den Spielregeln des P-Kontos ihre Schwierigkeiten haben, darf man m.E. an einen Durchschnittsbürger auch keine überhöhte Anforderungen hinsichtlich des Wissens über das P-Konto stellen.

    Dies gilt auch für alle weiteren, hier nicht aufgeführten Pfändungen, welche das Konto des Schuldners zum Ziel haben.

    Das halte ich für absolut gesetzeswidrig.

    Du entscheidest doch immer nur im jeweils konkreten Verfahren, der jeweilige Gläubiger ist zu hören und hat Rechtsmittel.

    Wie sollen denn Gläubiger möglicher anderer Pfändungen (oder auch das Finanzamt oder wer auch immer noch selbst pfändet) von deinem Beschluss Kenntnis erlangen und Rechtsmittel einlegen können.

    Das Vollstreckungsgericht ist in verschiedenen rechtlichen Fallkonstellationen die für das P-Konto grundlegend sind als übergeordnete Instanz benannt. Dies ist z.B. der Fall wenn der Schuldner nach 850 k (5) keine entsprechende Bescheinigung erlangen kann um den Freibetrag auf dem P-Konto zu erhöhen. Hier hat das Vollstreckungsgericht einen entsprechenden Beschluss zu erlassen. Dies gilt ebenfalls für die Anordnung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf einem P-Konto nach 850 l ZPO. Diese Beschlüsse gelten für alle Gläubiger.
    Die "Reparatur" des Basisfreibetrag des Kontos im vorliegenden Fall würde ich ebenfalls diesem übergeordneten Zuständigkeitsbereichs des Vollstreckungsgerichtes zu ordnen.


  • Das Vollstreckungsgericht ist in verschiedenen rechtlichen Fallkonstellationen die für das P-Konto grundlegend sind als übergeordnete Instanz benannt. Dies ist z.B. der Fall wenn der Schuldner nach 850 k (5) keine entsprechende Bescheinigung erlangen kann um den Freibetrag auf dem P-Konto zu erhöhen. Hier hat das Vollstreckungsgericht einen entsprechenden Beschluss zu erlassen. Dies gilt ebenfalls für die Anordnung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf einem P-Konto nach 850 l ZPO. Diese Beschlüsse gelten für alle Gläubiger.
    Die "Reparatur" des Basisfreibetrag des Kontos im vorliegenden Fall würde ich ebenfalls diesem übergeordneten Zuständigkeitsbereichs des Vollstreckungsgerichtes zu ordnen.

    Dann sollte aber das Vollstreckungsgericht dies aber auch als den Grund für sein Erkennen der "Eindeutigkeit der Rechtslage" in seinen Beschluss mit aufnehmen...

  • Klar sind wir hier im formellen Recht (und eure Diskussion ist unheimlich spannend, wobei ich auch zu Bolleffs Ansicht tendiere). Allerdings halte ich es für möglich, dass der Schuldnerin ein Schadenersatzanspruch gegen die Bank zustehen würde, wenn die Schuldnerin aufgrund eines technischen Fehlers nicht über ihr volles Guthaben verfügen konnte.

    Dies nachzuweisen wird mit Sicherheit umfangreich, zeitaufwändig und schwierig (und die Bank sollte die Ersatzsumme lieber nicht auf das gepfändete Konto auszahlen ;) ), aber die Schuldnerin wäre durch die Ablehnung des § 765a-Antrags nicht komplett "rechtelos" gestellt.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Das Computerproblem ist hier gar nicht zu prüfen! Dies kann nicht Teil der Begründung sein. Denn:
    Die Schuldnerin hat fehlerfrei eingezahlt, sie wollte es einzahlen, ein Fehler liegt also nicht vor.
    ( Das eventuelle fehlerhafte Auszahlen zwang die Schuldnerin nicht zum Einzahlen, das evtl. fehlerhafte Auszahlen führte zu keinem Problem. Nur das Einzahlen und dessen Wirkung. siehe # 2 von Bolleff)


    Letzteres führte mittelbar durchaus zum Problem der Schuldnerin. Erst wegen der zu hohen Auszahlung am Automaten war sie zur Kontodeckung gezwungen, den Betrag von 800,- € wieder einzuzahlen.

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