Pfändungsschutz Pkw nach Anfechtung

  • S benötigt für seine Wege zur Arbeit unstreitig ein Auto. Also fährt er mit dem Wagen seiner Freundin F täglich dorthin. Dumm ist nur, dass ihm dieser Wagen bis eine Woche vor Antragsstellung selbst gehörte. Dann schenkte er ihn F.

    Der IV muss diese Schenkung ja nun anfechten. Also würde das Auto in die Masse gelangen. Würden in diesem Moment, in dem F den Wagen an die Masse herausgibt, die § 36 Inso, § 811 I Nr. 5 ZPO greifen und der Wagen würde gar nicht Massebestandteil?

  • Wenn der PKW aufgrund § 811 I Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen ist, worin liegt dann die Gläubigerbenachteiligung gem. §129 InsO ?

    Guter Hinweis, hier liegt die Sache noch etwas anders: Zum Zeitpunkt der Schenkung war S arbeitslos, darum brauchte er den Wagen nicht und verschenkte ihn. Zum Zeitpunkt der Schenkung bestand also kein Pfändungsschutz. Jetzt, nach Verfahrenseröffung hat er einen Job mit rd. 20 km Fahrtweg.

  • Dann war zum Zeitpunkt der Schenkung das Fahrzeug pfändbar und man sollte es für die Masse zurückholen.

    Hierbei dürfte es nicht von Belang sein, dass der Schuldner jetzt in Lohn und Brot steht. Unabhängig hiervon stellt sich die Frage, ob bei 20 km der Pfändungsschutz greift, es gibt Bus- und Bahn, Fahrrad oder per pedes apostolorum.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Dann war zum Zeitpunkt der Schenkung das Fahrzeug pfändbar und man sollte es für die Masse zurückholen.

    Hierbei dürfte es nicht von Belang sein, dass der Schuldner jetzt in Lohn und Brot steht. Unabhängig hiervon stellt sich die Frage, ob bei 20 km der Pfändungsschutz greift, es gibt Bus- und Bahn, Fahrrad oder per pedes apostolorum.

    Also heute wäre der Wagen definitiv geschützt, S wohnt auf dem Land, Schichtdienst etc. Zum Zeitpunkt der Schenkung sehe ich die Gläubigerbenachteiligung, so dass die Anfechtung wohl locker durchginge. Aber was ist mit dem Wagen, der dem IV dann vor die Tür gestellt wird, 36 Inso + 811 I Nr. 5 ZPO gelten doch auch für Gegenstände, die während des eröffneten Verfahrens zur Masse gelangen. Geschieht ja schon mal, dass Schuldner sich während des Verfahrens einen Wagen zulegen, der dann auch - i.d.R. wegen Arbeitsfahrten - nicht zur Masse gehört.

    Müsste das nicht genau so sein, wenn der Wagen durch Anfechtung zur Mase kommt?

  • Wie Du schon sagst, das Auto kommt zur Masse.

    Tja, wie kommt der Schuldner zur Arbeit? Hat sich zuvor das Fahrzeug der Lebensgefährtin geliehen. Was würde er machen, wenn die Beziehung auseinander geht? Viele Fragen, die sich der IV mE aber nicht stellen muss.

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  • Wenn der Schuldner bei Eröffnung arbeitslos war, ist der Pkw bei Eröffnung pfändbar gewesen. Dies fällt nicht weg wenn er später eine Arbeit aufnimmt

    Den Job hatte er bei Eröffnung schon. Mir geht es eigentlich nur um die Frage, ob ein Gegenstand, der per Anfechtung zur Masse gelangt, anders zu behandeln ist als Sachen, die der Schuldner selbst 'mitbringt'. Ich kann im Gesetz eigentlich nichts finden, was dafür spricht.

  • Ich würde eher Volkmar zustimmen, ich betrachte das mal vom Sinn und Zweck der Anfechtung: Durch die Anfechtung soll die Masse Vermögenswerte zurückerhalten die ihr widerrechtlich bzw. insolvenzschädlich entzogen wurden. Wie wäre denn der Fall, wenn wir uns die Schenkung an die Freundin erst einmal wegdenken? Wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, hatte der Schuldner bei Eröffnung bereits das Arbeitsverhältnis. Wäre das Auto da noch sein Eigentum gewesen, wäre es gemäß § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen. Wenn ich jetzt die Schenkung eine Woche vor der Inso wieder mit betrachte, sollen die Gläubiger durch eine erfolgreiche Anfechtung doch letztlich nur so gestellt werden, als ob die Schenkung nicht erfolgt wäre. Und damit wäre das Fahrzeug auch nach erfolgreicher Anfechtung nach wie vor unpfändbar, weil es für den Weg zur Arbeit gebraucht wird.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

    Einmal editiert, zuletzt von Ecosse (15. Dezember 2017 um 09:37) aus folgendem Grund: Anfang geändert, weil zwischenzeitlich Beitrag 10 kam

  • Nur mal so ins Unreine und als Denkanstoß gedacht, weil mit der rosaroten Verwalterbrille und dem Wochenende vor Augen formuliert:

    Könnte man aus der Sache nicht noch anderweitig Honig saugen?

    Hier ist unzweifelhaft eine Anfechtungslage nach § 134 InsO gegeben. Nach § 140 Abs. 1 InsO kommt es für die Frage der (unmittelbaren) Gläubigerbenachteiligung auf den Zeitpunkt der Rechtshandlung an, wie LFdC & Reifenpanne richtig feststellten. Damals war noch kein Pfändungsschutz gegeben, so dass die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt wurden. Allerdings steht einer Rückgewähr "zur Insolvenzmasse" entgegen, dass nunmehr zugunsten des Schuldners der Pfändungsschutz greift. Das heißt, die Rückgewähr könnte nicht zur Masse, sondern nur zum insolvenzfreien Vermögen des Schuldners erfolgen.

    Aber: Nach § 143 Abs. 1 InsO muss grundsätzlich der aus dem Vermögen des Schuldners stammende Gegenstand zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Dafür gelten die Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung. Nach § 818 Abs. 2 BGB schuldet der Anfechtungsgegner Wertersatz, wenn er den Gegenstand "wegen der Beschaffenheit des Erlangten ... oder aus einem anderen Grund" nicht herausgeben kann. Wenn man also etwas argumentatorisches Geschick anwendet, könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass die Freundin den Wagen nicht zur Masse zurückgewähren kann. Daher schuldet sie nicht die Herausgabe des Wagens, sondern Wertersatz dafür. Ergebnis für die Masse: die damalige Gläubigerbenachteiligung ist behoben. Voilá!

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Wäre das Auto da noch sein Eigentum gewesen, wäre es gemäß § 811 Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen. Wenn ich jetzt die Schenkung eine Woche vor der Inso wieder mit betrachte, sollen die Gläubiger durch eine erfolgreiche Anfechtung doch letztlich nur so gestellt werden, als ob die Schenkung nicht erfolgt wäre. Und damit wäre das Fahrzeug auch nach erfolgreicher Anfechtung nach wie vor unpfändbar, weil es für den Weg zur Arbeit gebraucht wird.

    Unmittelbar ist eine Benachteiligung, die ohne Hinzukommen späterer Umstände schon mit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung selbst eintritt. Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens zu beurteilen. Dabei sind lediglich solche Folgen zu berücksichtigen, die an die anzufechtende Rechtshandlung selbst anknüpfen. Hingegen bleiben entferntere Ereignisse regelmäßig sogar dann außer Betracht, wenn sie adäquat kausal verursacht sind. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum.

    (Zusammengeschnitten aus BGH vom 12.07.2007, IX ZR 235/03)

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