Eigentumsvormerkung und Eigentumsumschreibung

  • Mir liegt ein notarieller Kaufvertrag mit Auflassung vor. In diesem wird u. a. die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Rechts auf Eigentumsumschreibung bewilligt und beantragt. Soweit alles ganz normal.
    Der Notar beantragt jetzt die Eigentumsumschreibung und die Eintragung der bewilligten Vormerkung.

    Mein Problem ist jetzt die Eintragung der Vormerkung, da der Eigentumsverschaffungsanspruch mit der Eintragung des Eigentumswechsels doch erfüllt sein dürfte, ich somit keinen vormerkungsfähigen Anspruch mehr habe.
    Auf meine Nachfrage bestätigt der Notar ausdrücklich, dass beide Eintragungen vorgenommen werden sollen.

  • Mit der Vormerkung wird der schuldrechtliche Anspruch auf Verschaffung des Eigentums gesichert.
    Solange dieser Anspruch nicht durch Umschreibung des Eigentums erfüllt ist, kann die Vormerkung noch eingetragen werden.

    Der BGH, 5. Zivilsenat, führt im Urteil vom 17.06.1994, V ZR 204/92, aus (Hervorhebung durch mich):

    „… Solange noch nicht Erfüllung eingetreten ist, besteht ein Anspruch unabhängig davon weiter, ob die erforderliche Leistungshandlung teilweise oder vollständig erbracht wurde (Senatsurt. v. 25. März 1983, V ZR 168/81, DNotZ 1983, 549 f mit Anm. Zimmermann). Deshalb existiert der schuldrechtliche Eigentumsverschaffungsanspruch trotz Auflassung fort (RGZ 113, 403, 405; KG Rpfleger 1971, 312, 313 mit Anm. Haegele; BayObLGZ 1985, 332; OLG Düsseldorf MittRhNotK 1989, 252; LG Essen NJW 1955, 1401 mit Anm. Horber; s. auch Senatsurt. v. 26. Februar 1964, V ZR 154/62, BB 1964, 576; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 925 Rdn. 45, § 883 Rdn. 44; MünchKomm - BGB/Kanzleiter, 2. Aufl., § 925 Rdn. 38; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 925 Rdn. 83; Thomas/Putzo, ZPO 18. Aufl., § 848 Rdn. 2; Münzberg in Festschrift Schiedermair, 1976, S. 457; Raiser, Dingliche Anwartschaften 1961 S. 27 ff, 89; Hieber, DNotZ 1959, 350 f; Kuchinke, JZ 1964, 149 f; Vollkommer, Rpfleger 1968, 339; 1969, 412). Dem entspricht es auch, dass nach zutreffender Auffassung trotz Auflassung der Anspruch noch durch Vormerkung gesichert werden kann (RGZ 113, 403 f; KG Rpfleger 1971, 312 f; Erman/Hagen, BGB, 9. Aufl., § 925 Rdn. 51; Hieber, DNotZ 1954, 176).“

    Der Erfüllungsanspruch des Auflassungsempfängers auf Eigentumsübertragung aus dem Grundgeschäft erlischt erst mit Eintragung des Erwerbers (s. Benning in jurisPK-BGB,8. Auflage 2017, Stand 01.04.2017, § 925 RN 93). Und die hast Du ja gegenwärtig noch nicht vorgenommen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (27. Dezember 2017 um 20:20) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Mein Problem ist jetzt die Eintragung der Vormerkung, da der Eigentumsverschaffungsanspruch mit der Eintragung des Eigentumswechsels doch erfüllt sein dürfte, ich somit keinen vormerkungsfähigen Anspruch mehr habe.

    Ist der Anspruch hier denn schon mit bloßer Eigentumsübertragung erfüllt oder hat sich der Verkäufer z.B. zu lastenfreier Übertragung verpflichtet.

  • Mein Problem ist jetzt die Eintragung der Vormerkung, da der Eigentumsverschaffungsanspruch mit der Eintragung des Eigentumswechsels doch erfüllt sein dürfte, ich somit keinen vormerkungsfähigen Anspruch mehr habe.

    Ist der Anspruch hier denn schon mit bloßer Eigentumsübertragung erfüllt oder hat sich der Verkäufer z.B. zu lastenfreier Übertragung verpflichtet.


    Spielt ehrlich gesagt keine große Rolle wenn Eigentumsumschreibung schon beantragt ist. Vorrangige Anträge gehen eh vor und wenn der Umschreibungsantrag vollzugsreif ist wird er halt vollzogen und alles was danach kommt braucht eine Bewilligung vom (oder einen Titel gegen :teufel: den) neuen Eigentümer.

    Anders wenn die Vormerkung wie üblich zuerst eingetragen wird und dann EU beantragt wird - da muss vor etwaigen Zwischeneintragungen (nämlich "zeitlich zwischen" der Eintragung der Vormerkung und der EU) geschützt werden.

    P.S. Ganz sicher dass es eine Vormerkung für den Erwerber ist und nicht für den Veräußerer zu Sicherung von Rückforderungsrechten, Bauverpflichtung, Restkaufpreis etc.?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Nach der Sachverhaltsdarstellung ist es so, dass der bisherige Eigentümer die Vormerkung zur Eintragung bewilligt hat. Sonst würde sich ja auch die Frage der Threadstarterin erübrigen. Also kann die Vormerkung nur zu Zeiten des Eigentums des bisherigen Eigentümers eingetragen werden. Würde sie erst nach Eigentumsumschreibung auf den Erwerber (etwa auf dessen Bewilligung hin) eingetragen werden, würde es an der Identität zwischen Anspruchsschuldner und eingetragenem Eigentümer fehlen (BGH, DNotZ 2007, 360/361 m.w.N.).

    Daraus ergibt zugleich die Folge, dass zuerst die Vormerkung und erst danach der Eigentumswechsel zu vollziehen ist. Das würde auch dann, wenn beide Eintragungen am gleichen Tag erfolgen, aus dem Grundbuch hervorgehen (OLG Nürnberg, DNotZ 1967, 711; BGH, DNotZ 1971, 411). Und solange das Eigentum nicht umgeschrieben ist, ist die Vormerkung eintragungsfähig (s. die Nachweise hier in Fußnote 164):
    https://books.google.de/books?id=79oFW…C%20411&f=false

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  • Vielen Dank für alle Antworten und Anregungen.


    Schon, aber man macht sich halt so seinen Gedanken, welchen Sinn die Eintragung über diesen Augenblick hinaus ergibt.

    Die mache ich mir auch immer, dass führt aber zu nichts!
    Z. Zt. ist die Vormerkung noch eintragbar, deshalb werde ich das jetzt auch tun.

  • Gut iss.

    Der Sinn mancher notariellen Regelung erschließt sich mir gelegentlich auch nicht.:teufel: Ich könnte mir im vorliegenden Fall aber vorstellen, dass z. B. der Eigentumsverschaffungsanspruch verpfändet wurde. Der Verpfändungsvertrag kann formfrei geschlossen werden. Er bedarf lediglich dann der Form des § § 29 GBO, wenn er zur Grundlage einer Grundbucheintragung gemacht werden soll (Hügel im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.10.2017, § 20 RN 90 mwN). Die Frage, ob das GBA die erklärte Auflassung ohne oder nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers vollziehen kann, wird nicht einheitlich beantwortet (BeckOK/Hügel, RN 92; Bohlsen, Pfändung und Verpfändung der Rechte des Grundstückserwerbers und Auflassungsempfängers“, ZfIR 2017, 130 ff. mwN in den Fußnoten 27 bis 30). Sofern der Erwerber ohne Beteiligung des Pfandgläubigers als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, bleiben gleichwohl der Übereignungsanspruch, die Eigentumsvormerkung und das Pfandrecht bestehen (BeckOK/Hügel, RN 92). Das könnte vorliegend der Fall sein.

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  • Demnach beantragt der Notar neben der Eigentumsumschreibung zusätzlich noch die Vormerkung, weil er denkt, dass die Eigentumsumschreibung ohne die Zustimmung des Verpfändungsgläubigers nicht wirksam sein könnte? Ich denke, es bleibt rätselhaft.

  • Wenn es um eine in Rechtsprechung und Schrifttum nicht eindeutige geklärte Frage geht, empfinde ich das gar nicht als so rätselhaft.

    Toskana: Hast Du mal geprüft, ob der Erwerber auf der EU-Sanktionsliste steht ?, s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…280#post1082280

    Zu dem vom EuGH im Urteil vom 11. 10. 2007, Rs. C-117/06, entschiedenen Fall führt Schmucker in der DNotZ 2008, 688/703 aus: „Von dem beteiligten Notar habe ich erfahren, dass der Antrag auf Eigentumsumschreibung zurückgenommen wurde. Aktiv wird von den Vertragsparteien eine Änderung der Sachlage nicht mehr betrieben; aus der Käufer-GbR soll der Gelistete jedenfalls nicht ausscheiden. Vielmehr hat man sich darauf geeinigt, es bis auf Weiteres beim bloß „wirtschaftlichen Eigentumsübergang” durch Besitzübergang und Vormerkungssicherung ohne Eigentumsumschreibung zu belassen….“

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  • Nein, habe ich nicht geprüft, weil ich in der Konstellation keine Notwendigkeit zur Kontrolle gesehen habe: deutscher Name, Mutter überträgt auf Sohn (oder umgekehrt). Mir ist daher insgesamt schleierhaft was das Ganze soll. Aber ich denke jetzt auch nicht mehr darüber nach, siehe #8

  • Ich häng mich hier mal dran:

    1993 wurde ein Grundstück 2 Töchtern zu gleichen Anteilen übergeben, es wurde 1 Rück-AV eingetragen.
    Vor ein paar Jahren ist die eine Tochter verstorben, sodass die Eltern den Anspruch ausgeübt haben und hinsichtlich der Verstorbenen wieder als Miteigentümer (neben der noch lebenden Tochter) eingetragen wurden.

    In der Urkunde wurde vereinbart, dass der Anspruch nur noch den 1/2 Anteil der lebenden Tochter sichert, da er ja hinsichtlich des anderen 1/2 Anteils erfüllt wurde. Bei der AV wurde nichts vermerkt.

    Jetzt überlassen die Eltern den wieder zurückgeforderten Anteil der lebenden Tochter, sodass sie Alleineigentümerin wird.

    Hinsichtlich der Rück-AV vereinbaren sie, dass sich das Recht auf Rückübertragung nun wieder auf den weiteren 1/2 Anteil erstreckt (bei dem der Anspruch erloschen war).

    "Entsprechende Grundbucheintragung" wird bewilligt und beantragt.

    Muss ich hier eine neue AV hinsichtlich des 1/2 Anteils eintragen? Oder gar nichts, weil die 'alte' AV ja noch am ganzen Grundstück eingetragen ist und den Anspruch noch ausreichend sichert?

  • Nach meiner Ansicht muss die eingetragene Vormerkung teilgelöscht und für den neu begründeten Anspruch bezüglich des zweiten Hälftemiteigentumsanteils eine neue Vormerkung eingetragen werden.

    Eine "Wiederaufladung" für den Hälftemiteigentumsanteil kommt nicht in Betracht, weil der Schuldner des neuen Anspruchs nicht der Schuldner des alten (erloschenen) Anspruchs ist.

  • Das Problem wird schon anfänglich darin bestehen, dass es eigentlich zwei voneinander unabängige Ansprüche waren, für die es die Bestellung zweier Vormerkungen bedurft hätte.

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (4. August 2023 um 07:11)

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