Frage zur EAO § 882 d und Wohnsitzeigenschaft

  • Mahlzeit erstmal und ein Gutes Neues und ruhiger(es) Jahr 2018.
    Ich hätte hier ein kleines vollstreckungsrechtliches Problem, in einer Akte, die
    ich schon etwas vor mir herschiebe und die heute mal wieder auf dem Tisch liegt...

    -Schuldner nie zu Gesicht bekommen, ca. 50 Verfahren sind durchgelaufen bis zur Haftanordnung. (hat man per se öfters)
    -Verhaftungsanträge: Einstweilen eingestellt - erneutes Nichtantreffen bzw. Schu. öffnete nie.
    -Nun haben einzelne Vollstreckungsgläubiger Beschluss gem. § 758a I beantragt (eigentlich überflüssig, da im HB bereits impliziert).
    -Einzelne Vollstreckungsrichter hören die VS. vor Erlaß der Anordnung nochmals an (hmm:cool:).
    -Ehefrau meldet sich nun bei mir (ist ja insoweit positiv) und teilt mit, das der VS. bereits seit .... (also mehreren Monaten) in der JVA... in Strafhaft einsitzt.

    Nun meine Frage:
    Ich habe die oben genannte Akte als einzigste EV-Akte noch vorliegen. Der Schu. ist verständlicherweise zum T. nicht erschienen.
    EAO wurde erlassen zu zugestellt.

    Was nun - Wohnsitzeigenschaft dürfte wegen BGH bereits am Wohnort nicht mehr bestehen. Schu. ist aber lt. EMA bislang nicht umgemeldet.

    -Das Protokoll wurde ja bereits von mir unterzeichnet, EAO per Beschluss erlassen und zugestellt.
    Gehe ich richtig der Annahme, das ich mein Protokoll bzw. die EAO nicht aufheben kann?
    Oder hebe ich beides auf wegen den nachträglich eingetretenen Umständen?
    Oder müsste der VS ggf. nach seiner Entlassung Wiedereinsetzung beantragen bzw. gebe ich das Verfahren nunmehr ab? (Der Wohnsitz bestand ja
    bereits zum Zeitpunkt der Zustellung der LzT (auf welchen abgestellt wird) nicht mehr.

    Sämtliche anderen Verfahren (Haftverfahren) die ich hier noch liegen hatte, habe ich wegen Unzuständigkeit nach vorheriger Anhörung des VGl.
    an den Wohnsitz (JVA) - anderer AG Bezirk zur EV Abnahme abgegeben.

    Danke und Gruß
    ulti

  • Einsitzen in der JVA begründet dort aber doch keinen Wohnsitz :gruebel:

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zustellungsrechtlich gesehen bei längerem Einsitzen in Strafhaft hinsichtlich des Begriffs "Wohnung" schon.
    Insoweit bereits bejahend ab 2 monatigen Haftaufenthalt (Schultze-Tenner, Zustellungsrecht, 2 Aufl., S. 77 unter Verweis auf
    BGH III ZR 1/76 vom 24.11.77)

    Selbst die Lehrmeinung in Monschau (auf welche Rspr. sich diese bezieht, habe ich nicht mehr im Kopf) ging/geht
    bei einer Haftverbüssung von mehr als 6 Monaten von einer aufgehobenen Wohnungseigenschaft aus.

    Zum Zeitpunkt der Abgabe saß er bereits länger als 6 Monate ein, das habe ich entsprechend vor der Abgabe geprüft.

  • Zustellungsrechtlich gesehen bei längerem Einsitzen in Strafhaft hinsichtlich des Begriffs "Wohnung" schon.
    Insoweit bereits bejahend ab 2 monatigen Haftaufenthalt (Schultze-Tenner, Zustellungsrecht, 2 Aufl., S. 77 unter Verweis auf
    BGH III ZR 1/76 vom 24.11.77)


    Aber der BGH differenziert dort zwischen "Wohnung" i. S. d. Zustellvorschriften und dem "Wohnsitz" nach § 7 BGB (vgl. Rn. 11 ff.):


    "Dementsprechend kommt es für den Begriff der "Wohnung" im Sinne der §§ 181, 182 ZPO auf das tatsächliche Wohnen an, nämlich darauf ob der Zustellungsempfänger hauptsächlich in den Räumen lebt und insbesondere ob er dort schläft (BGH LM BGB § 328 Nr. 15, Otto a.a.O. jeweils m.w.Nachw.). Unwesentlich ist dagegen, ob sich in dieser Räumlichkeit auch der Wohnsitz des Adressaten im Sinne des § 7 BGB befindet oder ob der Adressat in dieser Wohnung polizeilich gemeldet ist (BayObLG JR 1961, 271).


    Hat der Zustellungsempfänger Räume in dieser Weise benutzt, so hebt nicht jede vorübergehende Abwesenheit, selbst wenn sie länger dauert, die Eigenschaft jener Räume als einer Wohnung im Sinne der Zustellungsvorschriften auf. Diese Eigenschaft geht vielmehr erst verloren, wenn sich während der Abwesenheit des Zustellungsempfängers auch der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an den neuen Aufenthaltsort verlagert. Ob das der Fall ist, läßt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen (BayObLG a.a.O.; ferner Stein/Jonas/Pohle ZPO 19. Aufl. 1972 Anm. II 1 zu § 181 ZPO), wobei der Zweck der Zustellungsvorschriften, dem Empfänger das rechtliche Gehör zu gewähren, zu berücksichtigen ist. Geeignete Gesichtspunkte für diese Prüfung können die Dauer der Abwesenheit, der Kontakt zu den in der Wohnung Verbliebenen, die Absicht und die Möglichkeit der Rückkehr sein. Dagegen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich der Abwesende polizeilich abgemeldet oder ob er etwa noch persönliche Habe an dem früheren Aufenthaltsort zurückgelassen hat."

    Und - für Deinen Fall der Ehefrau - auch Rn. 14:

    "Erhält dann noch ihr Inhaber, wie es bei dem Beklagten der Fall war, während seiner Inhaftierung zu seiner Wohnung keine fortdauernde persönliche Beziehung aufrecht, wie sie etwa hätte bestehen können, wenn Angehörige des Beklagten noch dort gewohnt hätten, dann haben die bisher bewohnten Räume während dieses Zeitraums ihren Charakter als "Wohnung" im Sinne der §§ 181, 182 ZPO verloren."

    Schließlich begründet der Aufenthalt in der JVA auch keinen Wohnsitz, weil der Wohnsitz einen Willen zu seiner Begründung vorausetzt, was beim Strafgefangenen wohl erstmal nicht unterstellt werden kann (vgl. Rz. 5).

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
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