Vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses

  • Guten Tag.

    in allen mir bekannten Fällen erhielten Ersteher die vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses zwecks Räumung des Alteigentümers erst nach Eintritt der Rechtskraft. Hierzu wurden stets mindestens 2 Wochen abgewartet und vielfach auch beim LG angefragt, ob Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss eingelegt wurde. Vorher wurde keine vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Ebenso, wenn Beschwerde eingelegt wurde. Erst nach rechtskräftiger Entscheidung des Beschwerdegerichts wurde diese erteilt. In einem aktuellen Fall wurde jedoch auch Beschwerde eingereicht, der nicht abgeholfen wurde. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts steht noch aus. Trotzdem wurde dem Ersteher in diesem Fall jetzt schon die vollstreckbare Ausfertigung erteilt, mit der er einen Gerichtsvollzieher beauftragt hat. Tatsächlich geht aus vielen Entscheidungen des BGH hervor, dass "aus dem Zuschlagsbeschluss schon vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann". Das überrascht mich insofern, dass in der Praxis die Rechtskraft doch stets abgewartet wird und nach meiner eigenen Auffassung zu Recht. Denn aus dem § 93 ZVG geht nicht hervor, dass aus dem Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache SOFORT die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe stattfindet. Zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel gehört doch, dass der Titel vollstreckbar ist. Und vollstreckbar ist er u.a. erst dann, wenn die Rechtskraft eingetreten ist.

    Was denkt Ihr darüber?

    LG Rex

  • Meines Erachtens ist eine beantragte vollstreckbare Ausfertigung sofort zu erteilen. Die Vollstreckung ist bereits mit der Wirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses möglich, unabhängig von der Rechtskraft. Ggf. kann eine Aussetzung der Vollziehung (§ 570 II+III ZPO) in Betracht kommen. Siehe Stöber, Rn. 2.1 zu § 93 ZVG.

  • Es geht aber auch nicht das Gegenteil daraus hervor. Der Beschluss wird mit seiner Verkündung wirksam. Rechtskraft ist keine Voraussetzung für den Eigentumsübergang. Ob die Räumungsvollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft sinnvoll ist, ist eine ganz andere Frage.

  • Rechtskraft ist keine Voraussetzung, weder für die Erteilung noch für die folgende ZV daraus. Deswegen erteilen wir die auch sofort, wenn sie beantragt wurde, was teilweise noch am Ende des Versteigerungstermins erfolgt.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Tatsächlich geht aus vielen Entscheidungen des BGH hervor, dass "aus dem Zuschlagsbeschluss schon vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann". LG Rex

    Ist ja richtig! Der Zuschlag verschafft sofort und bedingungslos das Eigentum für den Ersteher.

    Er darf alle Handlungen vornehmen, die er meint ausführen zu müssen. Wer diese Rechtsfolge
    nicht will, muß eben einen Antrag nach § 94 ZVG stellen. Dann ist der Ersteher, solange
    er das Bargebot nicht voll erbracht hat, in seiner Verwaltungsbefugnis behindert.

    Der hist. Gesetzgeber hatte gute Gründe, dies so zu regeln. Auch bei einer Zwangsverwaltung
    ist der Ersteher sofort uneingeschränkter Eigentümer.

    Also - es gibt keinen Grund, die Vollstreckbare vor RK zu verweigern.
    Das Risiko der Zuschlagsversagung trägt "volle Kanne" allerdings der Ersteher (s. oldman).

  • Ich weise grundsätzlich nach Zuschlagserteilung den Ersteher darauf hin, dass er ab sofort Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten ist; verbunden mit der Gefahr der Aufhebung des Zuschlags im Rechtsmittelverfahren. Ich empfehle in dem Zusammenhang auch stets, vor Rechtskraft des Zuschlags von irreversiblen Handlungen abzusehen (sei es am Objekt selbst oder eben auch was die Anstrengung einer Räumung betrifft), da ihn auch eine Schadensersatzpficht treffen könnte.

    Wer trotzdem unverzüglich eine vollstreckbare Ausfertigung gegen den Schuldner möchte, bekommt die natürlich...

  • ...
    Ich empfehle in dem Zusammenhang auch stets,
    ...

    Empfehlen würde ich ja schon mal grundsätzlich gar nichts. Das halte ich auch für nicht angemessen.
    Darlegen, welche Möglichkeiten es gibt und welche Folgen diese mit sich bringen genügt und sollte auch alles sein. Für Näheres kann (hier könnte man ein "soll" einfließen lassen) er einen Anwalt konsultieren. Die dürfen beraten und empfehlen.

    Zumal ja nur äußerst selten Zuschlagsbeschwerde erhoben wird. Du hältst in quasi davon ab, sein Eigentum zu nutzen. Das kann auch mit wirtschaftlichen Einbußen verbunden sein. ;)

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  • "Jeder Zuschlagsbeschluss kann durch einen Beteiligten des Verfahrens angefochten werden. Über diese sofortige Beschwerde entscheidet das Landgericht ... oder ein höheres Gericht. Wird der Zuschlagsbeschluss durch ein Obergericht aufgehoben, so verliert der Ersteher wieder sein Eigentumsrecht. Das Gericht weist die Bietinteressenten auf das gegebene Instanzenrisiko hin. Es wird anheimgestellt, vor dem Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses keine finanz- und/oder baurechtlichen Verfügungen über den Grundbesitz zu treffen."

    "Der Ersteher wurde nochmals auf das Instanzenrisiko hingewiesen. Es wurde anheim gestellt, in etwa 4 Wochen auf der Geschäftsstelle den Eintritt der Rechtskraft zu erfragen."

  • [QUOTE=Araya; Empfehlen würde ich ja schon mal grundsätzlich gar nichts. Das halte ich auch für nicht angemessen.
    [/QUOTE]

    Der Hinweis auf die Gefahren eines vorzeitigen Eingriffs in das zugeschlagene Objekt vor RK ist durchaus
    angebracht. Das Gericht empfiehlt nichts, sonderen es klärt hier nach § 139 ZPO den (vielleicht unbedarften)
    Ersteher auf.
    Spätestens dann wenn tatsächlich eine Zuschlagsbeschwerde erfolgt, hat der Ersteher ein massives Problem.

  • Der Hinweis auf die Gefahren eines vorzeitigen Eingriffs in das zugeschlagene Objekt vor RK ist durchaus
    angebracht. Das Gericht empfiehlt nichts, sonderen es klärt hier nach § 139 ZPO den (vielleicht unbedarften)
    Ersteher auf.

    Die Wortwahl von Riesling11 ist da anders (siehe auch das Zitat in Arayas Beitrag mit entsprechender Markierung) - und insoweit ist diese "Spitzfindigkeit" durchaus angemessen.
    Auf das Risiko hinzuweisen ist völlig unproblematisch. Ein Handeln (oder Nicht-Handeln) zu empfehlen steht uns nicht zu.

    Auf diesen Unterschied wollte Araya meiner Meinung nach hinaus - und da stimme ich auch vollkommen zu.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!


  • ...
    Auf diesen Unterschied wollte Araya meiner Meinung nach hinaus - und da stimme ich auch vollkommen zu.

    Exakt.

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