Bestimmtheit des Titels - Unbestimmte Zahlungsangabe im Titel

  • Hallo,

    folgender Fall: Im Mahnverfahren erbringt der Antragsgegner zwischen Erlass des Mahnbescheides und Beantragung des Vollstreckungsbescheides eine Zahlung, was vom Antragsteller auch so angegeben wird. Daraufhin wird der Vollstreckungsbescheid erlassen mit dem Hinweis, dass der Antragsgegner nach Erlass des Mahnbescheides am xx.xx.xxxx eine Zahlung in Höhe von xx Euro geleistet hat.

    Aus dem Titel soll jetzt vollstreckt werden. Ich hätte hier Bedenken, ob sich der vollstreckbare Anspruch aus dem Titel hinreichend konkret ergibt, m.a.W. ob der Vollstreckungsbescheid überhaupt einen vollstreckbaren Inhalt hat. Denn: Aus dem Hinweis auf die Zahlung im Vollstreckungsbescheid ergibt sich nicht, auf welche Forderungen die Zahlungen geleistet wurden (Verrechnung unter Ausübung des Leistungsbestimmungsrechtes auf bestimmte Einzelforderungen oder gemäß § 367 Abs. 1 BGB?) und welche Einzelforderungen damit noch offen sind und damit den vollstreckbaren Inhalt des Titels bilden. M.E. fällt die Prüfung der Verrechnung auch nicht in die Sphäre des Vollstreckungsorgans, da die Zahlung vor Titulierung erfolgt ist.

    Hintergrund der Frage: Im Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheides kann zwar der Zeitpunkt der Zahlung aber keine Leistungsbestimmung der Zahlung angegeben werden.

    Was meint ihr?

    Gruß
    DD

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Danke für den Link!

    Das LG Osnabrück führt in der in dem Link angegebenen Entscheidung aus:

    "Denn der Antrag, eine "(ursprüngliche) Forderung nebst Zinsen abzüglich Zahlungen" ausurteilen zu lassen, bedeutet entsprechend dem Wortlaut und allgemeiner Praxis, dass die Zinsen auf die noch nicht verringerte Forderung zu berechnen sind, so dass entsprechend dem auf § 367 Abs. I BGB beruhenden Recht des Gläubigers die Zahlungen vorrangig auf die Zinsen verrechnet werden."

    Doch hier ist das Problem: Man kann im Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheides, für den Vordruckpflicht besteht, (anders als im Klagantrag) gar keine Verrechnung unter Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts angeben. Selbst wenn man eine anderweitige Verrechnung in einem Extraschreiben mitteilt, kann das Mahngericht die Tilgungsbestimmungen technisch bedingt gar nicht im Vollstreckungsbescheid darstellen!

    Folgt man also dem LG Osnabrück, müsste man in diesen Fällen immer nach § 367 Abs. 1 BGB verrechnen, auch wenn eine andere Zahlungsbestimmung stattgefunden hat und nur systembedingt im Vollstreckungsbescheid nicht dargestellt werden konnte. M.E. ist die Aussage der Entscheidung deshalb nicht so ganz auf die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid anwendbar.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ohne weitere Angaben würde ich von einer gesetzlichen Verrechnung ausgehen, wobei zu beachten ist, dass es deren ja zwei verschiedene gibt, §§ 367 I, 366 BGB und das, was mal das Verbraucherkreditgesetz war (jetzt auch irgendwo im BGB geregelt).

    Zudem sind die Daten zu beachten. Ev war die Zahlung noch vor Kosten und/oder Zinsbeginn.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich frage als Gläubigervertreter. Der Antragsgegner hat eine Zahlung erbracht, die er auf die Hauptforderungen geleistet hat. Das Mahngericht meint, dass eine Aufnahme der Leistungsbestimmung in den Zahlungshinweis des Vollstreckungsbescheides nicht möglich ist. Ich halte dies vor Hintergrund dessen, dass dadurch ein nicht vollstreckbarer Titel geschaffen wird, für problematisch.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Ich würde sagen, dass der Vollstreckungsbescheid bestimmt genug und daher unbedenklich vollstreckungsfähig ist.
    letztlich ist die frage der korrekten Verrechnung materiell - schuldrechtlicher art. Ob die Ansprüche dem gläubiger materiell-rechtlich tatsächlich zustehen, ob er richtig berechnet und/oder verrechnet hat, wird ja ohnehin vom Mahngericht nicht geprüft.

    Ob die ohnehin allein vom Gläubiger vorzunehmende und ungeprüft bleibende Verrechnung schon im VB selbst bei den einzelnen Ansprüchen, oder pauschal mit dem Satz:"nach Erlass des Mahnbescheides wurden XXX € gezahlt" berücksichtigt wird ist doch wurst-

    Das Vollstreckungsorgan überprüft die korrekte Verrechnung zwar auch nicht, aber das heißt nicht, dass eine fehlerhafte nicht gerügt werden könnte.
    Ist eben eine materiell-rechtliche Einwendung.
    Das Vollstreckungsorgan prüft (und das kann es auch) nur, dass die Verrechnung stattgefunden hat.

    Ich würde die Sache ähnlich einstufen, wie einen Zahlungsvermerk auf einem Titel; der lässt ja die Verrechnung auch nicht erkennen.

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von JoansDong (22. Januar 2018 um 16:03)

  • Ich frage als Gläubigervertreter. Der Antragsgegner hat eine Zahlung erbracht, die er auf die Hauptforderungen geleistet hat. Das Mahngericht meint, dass eine Aufnahme der Leistungsbestimmung in den Zahlungshinweis des Vollstreckungsbescheides nicht möglich ist. Ich halte dies vor Hintergrund dessen, dass dadurch ein nicht vollstreckbarer Titel geschaffen wird, für problematisch.

    Dann verrechne das doch auch so und gib in deinen ZV-Aufträgen ergänzend an, dass aufgrund Tilgungsbestimmung gem § 367 II BGB verrechnet wurde.

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  • Danke für eure Antworten. Das beruhigt mich etwas, da ich zu meiner Zeit als Rechtspfleger da vermutlich etwas kleinlicher gewesen wäre. :D

    Zitat

    Ob die ohnehin allein vom Gläubiger vorzunehmende und ungeprüft bleibende Verrechnung schon im VB selbst berücksichtigt wird, oder nicht, ist doch wurst-

    Naja, nehmen wir an, der Antragsgegner hat bzgl. seiner Zahlung eine Tilgungsbestimmung getroffen, die im Zahlungsvermerk des Vollstreckungsbescheid (systembedingt) nicht mit aufgenommen wird. Dann könnte er theoretisch bzgl. der nicht angegebenen Verrechnung Teil-Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen (obwohl der Antragsteller ja wünscht, dass die Verrechnung mit aufgenommen wird und in diesem Fall insoweit kein Risiko des Teil-Einspruchs besteht).

    Trifft der Antragsgegner eine Tilgungsbestimmung, die aber nicht im Zahlungsvermerk des Titels wiedergegeben wird und beantragt der Antragsteller/Gläubiger nun die Vollstreckung unter Verrechnung der Zahlung gemäß § 367 Abs. 1 BGB (wozu er ja zumindest nach der Entscheidung des LG Osnabrück berechtigt sein dürfte, da keine Angabe der Zahlungsbestimmung im Titel dahingehend zu verstehen sein soll, dass die Zahlung nach § 367 Abs. 1 BGB zu verrechnen ist) kann sich der Schuldner dagegen nicht einmal mehr wehren, auch nicht mittels einer Vollstreckungsgegenklage (§§ 795 S. 1; 796 Abs. 2 ZPO).

    Zitat

    Ich würde die Sache ähnlich einstufen, wie einen Zahlungsvermerk auf einem Titel; der lässt ja die Verrechnung auch nicht erkennen.

    Der Unterschied dürfte nur sein, dass der Zahlungsvermerk erst nach Titulierung erfolgt und die Richtigkeit der Verrechnung damit noch im Wege der Vollstreckungsgegenklage überprüft werden kann.

    Aber ich werde die Sache jetzt auch eher pragmatisch handhaben. ;)

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • mh! ich bin mir nicht sicher, dass da eine Vollstreckungsgegenklage nicht möglich wäre!
    Denn der Vollstreckungsbescheid ist mit dem Zahlungsvermerk vollumfänglich zurecht ergangen.
    Der Vermerk selbst trifft ja keine Aussage über die Tilgungsreihenfolge!

    Aber so oder so: aus vollstreckungsgerichtlicher Sicht hätte ich keine Probleme mit der Vollstreckungsfähigkeit!

    so soll auch der zweite von dir zitierte Satz verstanden sein:
    aus vollstreckungsgerichtlicher Sicht würde ich das so einstufen:)

    Aber Seis drum:´Wenn eine abweichende Tilgungsreihenfolge besteht müsste die Sache entweder mittels Einspruch oder mittels Gegenklage rügbar sein.
    Im ersten Fall müsste der Gläubiger die Möglichkeit haben, entsprechend seinen Antrag zu korrigieren.

    Ob das Mahngericht zum Umsetzen dieser Möglichkeit technisch nicht in der Lage ist, die abweichende Verrechnung einzupflegen wäre aber eher ne Sache für den Mahnverfahrensbereich. Vom Mahnverfahren habe ich eher wenig Ahnung

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  • Ich würde sagen, dass der Vollstreckungsbescheid bestimmt genug und daher unbedenklich vollstreckungsfähig ist.
    letztlich ist die frage der korrekten Verrechnung materiell - schuldrechtlicher art. Ob die Ansprüche dem gläubiger materiell-rechtlich tatsächlich zustehen, ob er richtig berechnet und/oder verrechnet hat, wird ja ohnehin vom Mahngericht nicht geprüft.

    Ob die ohnehin allein vom Gläubiger vorzunehmende und ungeprüft bleibende Verrechnung schon im VB selbst bei den einzelnen Ansprüchen, oder pauschal mit dem Satz:"nach Erlass des Mahnbescheides wurden XXX € gezahlt" berücksichtigt wird ist doch wurst-

    Das Vollstreckungsorgan überprüft die korrekte Verrechnung zwar auch nicht, aber das heißt nicht, dass eine fehlerhafte nicht gerügt werden könnte.
    Ist eben eine materiell-rechtliche Einwendung.
    Das Vollstreckungsorgan prüft (und das kann es auch) nur, dass die Verrechnung stattgefunden hat.

    Ich würde die Sache ähnlich einstufen, wie einen Zahlungsvermerk auf einem Titel; der lässt ja die Verrechnung auch nicht erkennen.


    Das sehe ich genauso. :daumenrau

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