Irrtümlicher Vorschuss auf die Vergütung ohne Antrag - ungerechtfertigte Entnahme?

  • Der IV beantragt die Festsetzung seiner Vergütung als vorläufiger Verwalter. Nachdem 2 Monate keine Festsetzung erfolgte, stellt er einen Antrag auf Vorschuss auf die Vergütung des vorläufigen IV.
    Nun passiert Folgendes: Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung des vIV antragsgemäß fest und gestattet (irrtümlich) im selben Beschluss eine Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung des Insolvenzverwalters, welcher ja nie beantragt war.

    Der IV macht das Insolvenzgericht nicht auf diesen offensichtlichen Fehler aufmerksam, sondern entnimmt am gleichen Tag die Vergütung des vIV sowie den Vorschuss auf die IV-Vergütung.

    Der Verwalter muss Kenntnis des Irrtums gehabt haben, da er keinen Antrag gestellt hatte. Wie sollte das Insolvenzgericht am besten mit der Sache umgehen? Im Falle einer ungerechtfertigten Entnahme des Vorschusses würden der Masse nennenswerte Zinsen zustehen, da die Entnahme vor mehr als 10 Jahren erfolgte.

  • Beschluss ist nicht nichtig, jedoch wohl rechtskräftig, trotz § 308 ZPO und trotz der Erfordernis nach eines Antrages, IX ZB 282/04. Da wird man nichts mehr heilen können. Auf die Vergütung anrechnen und gut. Eine andere Idee habe ich da nicht, zumal auch einen Beschluss über einen Vorschuss keine Bindungswirkung für die endgültige Vergütung darstellt, IX ZB 53/02, IX ZB 67/10.Weiterhin ist der Beschluss nicht mit einer Beschwerde angreifbar.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Beschluss ist nicht nichtig, jedoch wohl rechtskräftig, trotz § 308 ZPO und trotz der Erfordernis nach eines Antrages, IX ZB 282/04. Da wird man nichts mehr heilen können. Auf die Vergütung anrechnen und gut. Eine andere Idee habe ich da nicht, zumal auch einen Beschluss über einen Vorschuss keine Bindungswirkung für die endgültige Vergütung darstellt, IX ZB 53/02, IX ZB 67/10.Weiterhin ist der Beschluss nicht mit einer Beschwerde angreifbar.

    Gerade § 308 ZPO macht mich stutzig. BGH v. 12.01.2006 – IX ZB 127/04 und BGH v. 28.09.2006 – IX ZB 108/05 bestätigen, dass nicht über den Antrag hinausgegangen werden darf. Einen Antrag gab es nicht, also hätte es keinen Vorschuss für den IV geben dürfen.

    Der IV schweigt und kassiert - so stellt man sich die Verwaltung fremden Vermögens nicht vor. Immerhin geht es um Zinsen in einer mittleren 5-stelligen Größenordnung.

  • Gerade § 308 ZPO macht mich stutzig. BGH v. 12.01.2006 – IX ZB 127/04 und BGH v. 28.09.2006 – IX ZB 108/05 bestätigen, dass nicht über den Antrag hinausgegangen werden darf. Einen Antrag gab es nicht, also hätte es keinen Vorschuss für den IV geben dürfen.

    Da der Beschluss aber in der Welt ist, ist er in der Welt.


    Der IV schweigt und kassiert - so stellt man sich die Verwaltung fremden Vermögens nicht vor. Immerhin geht es um Zinsen in einer mittleren 5-stelligen Größenordnung.


    Das ist noch die Frage. Grundlage für die Entnahme ist der Beschluss und ein solcher liegt vor.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das ist noch die Frage. Grundlage für die Entnahme ist der Beschluss und ein solcher liegt vor.

    Grundlage für die Entnahme war ein offensichtlich fehlerhafter Beschluss. Der IV wusste um die Fehlerhaftigkeit und hat trotzdem zugegriffen. Weniger als 3 Monate nach Insolvenzeröffnung wäre in dem Verfahren kein 6-stelliger Vorschuss auf die Vergütung gewährt worden, da weder die Voraussetzungen gem. § 9 Satz 2 InsVV vorlagen noch der Vorschuss in einem angemessenen Verhältnis zur bereits geleisteten Arbeit stand.

    Die Frage ist eher ob Amtshaftungsansprüche bestehen, schließlich hat das Gericht ohne Antrag die Entnahme gestattet

    Zum 'Schaden' kam es aber erst durch die Entnahme des IV.

  • Das müsste man näher prüfen, vor allem hinsichtlich der Verbindung zwischen rechtswidrig erlassenem Beschluss und durch diesen vermittelter Gutgläubigkeit. Jedenfalls kann man nicht eindeutig sagen, dass ein Amtshaftungsanspruch offensichtlich nicht in Betracht kommt.

    Inhaltlich mag das nicht schön sein, sowas in ein Gutachten für das Gericht zu schreiben. Aber es lässt sich im worst case nun einmal nicht vermeiden.

    Den weiteren Annahmen aus dem letzten Beitrag ist so nicht zuzustimmen. Es wäre zum Beispiel genauso denkbar, dass der Verwalter angenommen hat, beim Gericht wurde beschlossen, dass mit dem vIV-Vergütung ein Vorschuss auf die IV-Vergütung gezahlt wird, um von Vorschussanträgen verschont zu bleiben. Eine Übereinstimmung derartiger Regelungen mit rechtlichen Rahmenbedingungen ist nicht stets gewährleistet.

  • Das müsste man näher prüfen, vor allem hinsichtlich der Verbindung zwischen rechtswidrig erlassenem Beschluss und durch diesen vermittelter Gutgläubigkeit. Jedenfalls kann man nicht eindeutig sagen, dass ein Amtshaftungsanspruch offensichtlich nicht in Betracht kommt.

    Inhaltlich mag das nicht schön sein, sowas in ein Gutachten für das Gericht zu schreiben. Aber es lässt sich im worst case nun einmal nicht vermeiden.

    Den weiteren Annahmen aus dem letzten Beitrag ist so nicht zuzustimmen. Es wäre zum Beispiel genauso denkbar, dass der Verwalter angenommen hat, beim Gericht wurde beschlossen, dass mit dem vIV-Vergütung ein Vorschuss auf die IV-Vergütung gezahlt wird, um von Vorschussanträgen verschont zu bleiben. Eine Übereinstimmung derartiger Regelungen mit rechtlichen Rahmenbedingungen ist nicht stets gewährleistet.

    Als IV muss er wissen, dass für den Vorschuss Folgendes zutreffen muss:

    - eröffnetes Verfahren dauert bereits 6 Monate an oder besonders hohe Auslagen erforderlich UND
    - IV stellt Antrag

    Beide Punkte lagen nicht vor; da könnte es schwer werden, sich auf Gutgläubigkeit zu berufen.

    Nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt eine Amtshaftung bei Fahrlässigkeit nur dann in Betracht, wenn der Schaden nicht auf andere Weise (gegen den IV) geltend zu machen ist. Also wäre hier der erste Ansatzpunkt, sollte man das Thema weiter verfolgen.

    Wegen § 839 Abs. 3 BGB scheidet m.E. die Amtshaftung spätestens an dem Punkt aus, da kein Rechtsmittel gegen den fehlerhaften Beschluss eingelegt wurde.

    Es ist schon richtig, dass man so etwas nicht gerne in sein Gutachten schreibt, verschweigen kann man es aber auch nicht. Deshalb möchte ich den Rechtspfleger neutral und bestmöglich informieren, damit er die richtige Entscheidung treffen kann, wie es weitergeht. In dem Verfahren lief noch mehr schief ... #30

  • Wegen § 839 Abs. 3 BGB scheidet m.E. die Amtshaftung spätestens an dem Punkt aus, da kein Rechtsmittel gegen den fehlerhaften Beschluss eingelegt wurde.

    Wie, als Erinnerung?

    Mal abgesehen davon, wo ist denn hier der Schaden? Die hypothetischen Zinsen können es ja nicht sein. Da ein Beschluss in der Welt ist, brauchte es keinen weiteren Vorschussbechluss.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wegen § 839 Abs. 3 BGB scheidet m.E. die Amtshaftung spätestens an dem Punkt aus, da kein Rechtsmittel gegen den fehlerhaften Beschluss eingelegt wurde.

    Wie, als Erinnerung?

    Verstehe ich nicht.

    Mal abgesehen davon, wo ist denn hier der Schaden? Die hypothetischen Zinsen können es ja nicht sein. Da ein Beschluss in der Welt ist, brauchte es keinen weiteren Vorschussbechluss.

    Ich bin der Meinung, der Schaden besteht aus Zinsen gem. § 288 BGB, umgerechnet mehr als 2 Tonnen Tomahawk-Steaks. Das kann nicht ungeachtet bleiben. Der IV musste um die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses wissen, da er ja gar keinen Antrag gestellt hatte.

  • Mal abgesehen davon, wo ist denn hier der Schaden? Die hypothetischen Zinsen können es ja nicht sein. Da ein Beschluss in der Welt ist, brauchte es keinen weiteren Vorschussbechluss.

    Ich bin der Meinung, der Schaden besteht aus Zinsen gem. § 288 BGB, umgerechnet mehr als 2 Tonnen Tomahawk-Steaks. Das kann nicht ungeachtet bleiben. Der IV musste um die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses wissen, da er ja gar keinen Antrag gestellt hatte.

    Mag sein, es berechtigt ihn aber einen Vorschuss zu entnehmen. Das ist sicher nicht sauber.


    Wegen § 839 Abs. 3 BGB scheidet m.E. die Amtshaftung spätestens an dem Punkt aus, da kein Rechtsmittel gegen den fehlerhaften Beschluss eingelegt wurde.

    Wie, als Erinnerung?

    Verstehe ich nicht.

    Welches Rechtsmittel soll es denn sein ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Eine Beschwerde eines Gläubigers oder Gesellschafters gem. BGH IX ZB 32/12 v. 20.02.2014.


    Hier geht es aber um des Vorschuss des (nicht vorläufigen) Insolvenzverwalters. Die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschuss ist als rein insolvenzrechtliche Erlaubnis keine Vergütungsentscheidung, so dass § 64 Abs. 3 InsO weder direkt noch analog anwendbar ist (BGH IX ZB 53/02 - ZIP 2002, 2223).

    Es gibt daher weder ein Rechtsmittel noch einen Ausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB.

    Das kann nicht ungeachtet bleiben. Der IV musste um die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses wissen, da er ja gar keinen Antrag gestellt hatte.

    Vergütungsabforderungen macht in der Regel vollständig das Sekretariat. Dass die Verwaltungsangestellten nicht automatisch nochmal nachschauen, ob das Gericht nicht rechtsfehlerhaft einen tatsächlich von niemand gestellten Antrag beschieden hat ist m.E. nicht vorwerfbar. Der Insolvenzverwalter ist nicht der Auditor der Geschäftsstelle. Es wäre auch ein eindeutiger Interessenkonflikt, dem Verwalter in seiner Stellung als Treuhänder effektiv die Prüfung seiner eigenen Anträge aufzugeben. Das muss das Gericht schon selbst schaffen.

  • lest doch mal den 9 InsVV: der IV kann einen Vorschuss entnehmen, wenn das InsoG zustimmt.

    Genau das ist hier passiert. Der IV hat nur gemacht, was die InsVV erlaubt und was ihm sein InsoG bewilligt hat. Ich finde es völlig daneben hier über eine Schadensersatzpflicht des Verwalters nachzudenken. Dafür gibt es doch gar keinen Ansatzpunkt. Der 9 InsVV verlangt nicht mal einen Antrag (dass ich nie ohne festsetzen würde, weiß ich auch)

    Für eine Haftung gem. § 60 InsO müsste der IV schuldhaft gg. eine Pflicht verstoßen haben. Welche sollte das sein.

  • Falls der Verwalter ohne Beschluss eingenmächtig entnommen hätte, wer dies bei der endgültigen Festsetzung in Abzug zu bringen, BGH vom 02.07.2009, IX ZB 278/08. Hier liegt aber ein Beschluss vor, wenn auch dessen Entstehung obskur ist. Das kann man sicher ansprechen, mehr aber auch nicht.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hier geht es aber um des Vorschuss des (nicht vorläufigen) Insolvenzverwalters. Die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschuss ist als rein insolvenzrechtliche Erlaubnis keine Vergütungsentscheidung, so dass § 64 Abs. 3 InsO weder direkt noch analog anwendbar ist (BGH IX ZB 53/02 - ZIP 2002, 2223).

    Es gibt daher weder ein Rechtsmittel noch einen Ausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB.

    Der Vorschuss wurde in den Beschluss über die Vergütung des vIV gepackt und gegen diesen Beschluss gibt es Rechtsmittel. Das lässt sich m.E. dann nicht trennen.


    Es wäre auch ein eindeutiger Interessenkonflikt, dem Verwalter in seiner Stellung als Treuhänder effektiv die Prüfung seiner eigenen Anträge aufzugeben. Das muss das Gericht schon selbst schaffen.

    Er hatte eben keinen Antrag gestellt, soweit sollte der IV seinen Laden im Griff haben, wenn er schon nicht selbst Hand anlegen möchte. "Ich war's nicht" hilft hier wohl nicht.

    lest doch mal den 9 InsVV: der IV kann einen Vorschuss entnehmen, wenn das InsoG zustimmt.

    Genau das ist hier passiert. Der IV hat nur gemacht, was die InsVV erlaubt und was ihm sein InsoG bewilligt hat. Ich finde es völlig daneben hier über eine Schadensersatzpflicht des Verwalters nachzudenken. Dafür gibt es doch gar keinen Ansatzpunkt. Der 9 InsVV verlangt nicht mal einen Antrag (dass ich nie ohne festsetzen würde, weiß ich auch)

    Für eine Haftung gem. § 60 InsO müsste der IV schuldhaft gg. eine Pflicht verstoßen haben. Welche sollte das sein.

    Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO hat er für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen. Als Pflichtverletzung wäre denkbar, dass er die Masse nicht vor einer ungerechtfertigten Entnahme bewahrt hat.

    Falls der Verwalter ohne Beschluss eingenmächtig entnommen hätte, wer dies bei der endgültigen Festsetzung in Abzug zu bringen, BGH vom 02.07.2009, IX ZB 278/08. Hier liegt aber ein Beschluss vor, wenn auch dessen Entstehung obskur ist. Das kann man sicher ansprechen, mehr aber auch nicht.

    Rn. 17 ist erschreckend. Wozu dann überhaupt noch Anträge? Selbstbedienung ist angesagt. Bin ich der Einzige, den das stört?

  • Der Vorschuss wurde in den Beschluss über die Vergütung des vIV gepackt und gegen diesen Beschluss gibt es Rechtsmittel. Das lässt sich m.E. dann nicht trennen.

    Doch, das muss sogar getrennt werden. Ein nicht statthaftes Rechtsmittel wird nicht dadurch statthaft, dass eine Rechtsmittelbelehrung fälschlich das Gegenteil suggeriert.

  • Er hatte eben keinen Antrag gestellt, soweit sollte der IV seinen Laden im Griff haben, wenn er schon nicht selbst Hand anlegen möchte. "Ich war's nicht" hilft hier wohl nicht.

    Nochmal: Er muss nicht "seinen Laden im Griff haben" damit dieser die Arbeit des Gerichts besser macht. Nicht sein Job.

    Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO hat er für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen. Als Pflichtverletzung wäre denkbar, dass er die Masse nicht vor einer ungerechtfertigten Entnahme bewahrt hat.

    So langsam wird es absurd. Wie viele Leute müssen denn noch schreiben, dass eine genehmigte Entnahme nicht "ungerechtfertigt" ist bevor Du darauf reagierst? Der Beschluss ist in der Welt. Rechtsmittel gibt es keine. Damit besteht ein Rechtsgrund für die Entnahme und der Verwalter hat nichts falsch gemacht.

    Das kann man jetzt doof finden aber so funktioniert Rechtskraft nunmal. Wenn man das sicher verhindern will muss man eben die Stellen für ein vier-Augen-Prinzip bewilligen.

    Rn. 17 ist erschreckend. Wozu dann überhaupt noch Anträge? Selbstbedienung ist angesagt. Bin ich der Einzige, den das stört?

    Das Urteil sagt lediglich, dass sich dieser Umstand nicht auf die Vergütung auswirkt. Warum auch?

    Nichts besagt er darüber, ob ggfs. Zinsschäden zu ersetzen wären oder der Verwalter u.U. deshalb berechtigt nicht mehr bestellt werden könnte.

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