Erwerbsobliegenheit der Ehefrau

  • Ich habe hier einen Fall, der aus dem Insolvenzrecht kommt und deshalb einige Merkwürdigkeiten aufweist, grundsätzlich aber auf die folgenden Punkte zu reduzieren ist.

    Schuldner stellt einen Antrag gemäß § 850 f ZPO den ihn zu belassenden pfandfreien Betrag monatlich um ... Euro zu erhöhen. Hintergrund ist, dass der Schuldner aufgrund ausgesprochen guter Einkommensverhältnisse den Höchstbetrag der "Pfändungstabelle" von 3.479,99 € ausschöpft, hierbei aber nicht berücksichtigt wird, dass er neben 5 Kindern mittlerweile auch seiner neuen Ehefrau grundsätzlich unterhaltsverpflichtet ist.

    Ehefrau betreut im Wesentlichen die minderjährige Tochter, welche sie gemeinsam mit dem Schuldner hat. Alle anderen Kinder stammen aus dessen früherer Beziehung. Das Gericht hat im Rahmen des 1570 BGB bereits einmal argumentiert, die Ehefrau (damals noch Lebensgefährtin) möge doch in Vollzeit arbeiten gehen, eine Unterhaltsberechtigung besteht aufgrund der Erwerbsobliegenheit von dieser nicht. Damit erfolgte im Rahmen der §§ 850 f, 850 c ZPO auch keine Berücksichtigung.

    Darf das Gericht dies wirklich prüfen oder kann ich mich darauf zurückziehen, dass der Schuldner seiner Ehefrau aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift (Natural-)Unterhalt leistet.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Habt Ihr einen Familienrechtler im Haus? Der freut sich, Dir eine mehrstündige Vorlesung über Unterhaltsrecht halten zu können. Das erste, was er Dir sagen wird, ist aber: Eheleuten steht es frei, ihr Leben zu gestalten, wie es ihnen beliebt. Und wenn sie beschließen, einer kümmert sich ums Kind, dann ist das so. Eine Erwerbsobliegenheit gibt es erst nach Trennung, wenn Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, und dann auch abhängig vom Alter des Kindes, eigenem Gesundheitszustand, Ausbildung, Dauer der Ehe und und und... § 1356 BGB handelt nur von der Berechtigung, erwerbstätig zu sein, nicht von einer Verpflichtung. In § 1360 BGB steht es noch mal ausdrücklich drin, dass die Haushaltsführung für die wechselseitige Unterhaltsverpflichtung während des Zusammenlebens genügt.
    Ich halte die Argumentation des Gerichtes auch bei Getrenntlebenden oder Geschiedenen für verfehlt. Es ist nicht Aufgabe des Volltreckungsgerichtes, die familienrechtlichen Rechte und Pflichten auszuhebeln.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • @ A.U.

    Durch die genannten Vorschriften habe ich mich auch schon durchgearbeitet und sehe es wie Du :2danke.


    Aber § 850 f ZPO setzt eine Ermessenentscheidung des Gerichts voraus und da weiß man nie, auf welche Ideen der zuständige Rechtspfleger kommt. Er steht dem Schuldner leider sehr feindlich gegenüber.
    Aber dann werde ich hier mal vortragen, dass er sich aufgrund des § 1360 BGB hier nicht einzumischen hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • § 850 f ZPO greift aber doch nur, wenn der Schuldner noch mehr als den ihm nach § 850 c ZPO zustehenden Betrag haben will, oder sehe ich das falsch? In § 850 c ist nichts von Ermessensentscheidung drin.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Die Pfändungstabelle des § 850 c ZPO sieht die Höchstzahl von fünf Unterhaltspflichten vor. Da der Schuldner aber sechs Personen zum Unterhalt verpflichtet ist, muss er einen ermessensabhängigen Antrag gemäß § 850 f ZPO stellen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Asche auf mein Haupt!
    Man kann m.E. zusätzlich mit dem Gedanken aus § 857 c IV ZPO argumentieren. Nur wenn der unterhaltsberechtigte Familienangehörige wirklich Einkommen hat, kann er unberücksichigt bleiben. Nicht, wenn er Einkommen erzielen könnte.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Laut Ausgangsfrage war die Ehefrau bei der ersten Entscheidung nur Lebensgefährtin und hatte demnach keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch, so dass m. E. die Entscheidung i. O. war. Als Ehefrau ist die Rechtslage jetzt eine andere.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!