KFB ohne Anhörung

  • Gestützt auf diverse Rechtsprechung und Anmerkungen setze ich die so genannten "zweifelsfreien Kosten" eines Zivilverfahrens sofort ohne Anhörung fest, weil es in solchen Fällen eh nichts zu diskutieren gibt (z.B.: VU, Anerkenntnisurteil, Urteil nach § 495a ZPO, einfache einseitige Festsetzung).

    Die Verfechter der Gegenmeinung erheben immer wieder den Einwand, dass die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs auf jeden Fall grundsätzlich verfahrensfehlerhaft sei.

    Beanstandungen/Beschwerden habe ich noch nie gehabt, aber man bekommt die Akte nur 1x in die Hand, der KFB kann ganz erheblich schneller erlassen und abgesandt werden und die Akte ist sofort vom Tisch.

    Gibt es noch Gerichte, die bei einfachsten Kostenanträgen sofort festsetzen? Hat jemand vielleicht sogar aktuelle Rechtsprechung zu dieser Methode?

  • Ich habe mal kürzlich mit "meinem" WEG-Richter zur Frage, ob die Anhörung im KFB-Verfahren formal ./.ZU oder formlos geschehen müsste, diskutiert und er war der Meinung, dass eien Anhörung gegen ZU nur in den ausdrücklich in der ZPO genannten Fälle (Klageschrift etc.) erfolgen muss und die "unterbliebene" Anhörung (im Falle, dass der Antrag den Empfänger bei formloser Anhörung nicht erreicht hat ) zwar grundsätzlich einen Verfahrensfehler darstellen würde, der jedoch durch Ablauf der Rechtsmittelfrist, die durch die Zustellung des KFB beginnt, geheilt würde.

    Fraglich ist noch, ob man in diesem Fall (formlose Anhörung), zur Sicherheit und Wahrung des garantierten rechtlichen Gehörs mit formaler Zustellung des KFB den Antrag (nochmals) formal zustellen müsste... (was ich jedoch nicht mache - schließlich kann der Zahlungspflichtige im Rechtsmittelweg einwenden, dass er den Antrag nicht erhalten hätte, so dass im Beschwerdeverfahren das erforderliche rechtliche Gehör nachgeholt wird.

    Ich meine aber, dass es eine BVerfG-Entscheidung dahingehend gibt, dass vor Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren ist... (über Beck-online...). Über die Form schwieg sich das BVerfG jedoch aus.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • In den Fällen, wo ich anhören muss, verfahre ich wie folgt:

    Einseitige Festsetzung:
    Abschrift des KFA formlos zur Stellungnahme, begl. Abschrift des KFA mit KFB zustellen.

    Ausgleichung:
    Zustellung der Abschrift des KFA an Gegner mit Formblatt, das die Aufforderung enthält, binnen 1 Woche die eigenen Kosten zwecks Ausgleichung aufzugeben. Begl. Abschriften werden mit KFB zugestellt.

    § 19 BRAGO / § 11 RVG:
    Eine Anhörung ist logischerweise immer notwendig, die formlos erfolgt. Begl. VFA-Abschrift wird mit VFB zugestellt.

  • In Verfahren vor dem Rechtspfleger bestimmt sich die Pflicht zur Anhörung der in ihren Rechten Betroffenen nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens und nicht nach Art. 103 I GG.

    BVerfG, Beschluß vom 18. 1. 2000 - 1 BvR 321/96


    Aus den Gründen:

    Zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zählt das Recht auf ein faires Verfahren. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 103 I GG darf der Einzelne deshalb nicht zum bloßen Objekt staatlicher Entscheidung werden; ihm muss insbesondere die Möglichkeit gegeben werden, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können.

  • Das haben die von mir erwähnten Entscheidungen auch berücksichtigt, daher ist eine sofortige Festsetzung ausdrücklich auf "zweifelsfreie" Kosten beschränkt. Wo es nichts zu diskutieren gibt, da wird halt auch nicht diskutiert. Da ist die Verfahrensbeschleunigung nach meiner Erfahrung durchaus im Sinne aller, ohne dass Rechte verletzt werden. Mir erscheint es sinnfrei, nur aus Prinzip eine Anhörung durchzuführen, obwohl für jedermann ersichtlich ist, dass diese völlig überflüssig ist. Ein entsprechender Hinweis im KFB hat bislang auch zu keinerlei Proteste geführt - im Gegenteil.
    Oder was soll zu den korrekten Gebühren bei Erlass eines VU, Postpauschale und USt. groß bemängelt werden? Ich bin vor langer Zeit durch ein anderes Gericht auf die Methode und Rechtsprechung hingewiesen worden und erledige die einfachen Sachen schon seit -zig Jahren in der beschriebenen Weise. Schneller geht es nicht.
    Die Entscheidung des BVerfG steht dem auch nicht entgegen. Die Möglichkeit, Einwändungen zu erheben, ist dann sinnvoll, wenn es zweifelhafte oder unklare Positionen gibt. Dies ist auch gewährleistet. Man kann aber auf die gerichtliche Entscheidung keinen Einfluss nehmen, wenn eh nur die Mindestpositionen geltend gemacht worden sind.
    Die Frage ist also weiterhin: Grundsätzlich oder ausnahmslos anhören. Ich vertrete nach wie vor die erstere Variante. Ein faires Verfahren ist nämlich regelmäßig dann gegeben, wenn es sich nur um die zweifelsfreien Mindestkosten handelt, die die Gegenseite in jedem Fall tragen muss. Der Entscheidung des BVerfG ist also Rechnung getragen, da § 103 I GG zudem ausgeklammert ist, sehe ich keine Bedenken.

  • Ich höre vor jedem KFB an. Für mich bedeutet das keine Mehrarbeit, da ich die Akte zum ersten Mal auf dem Tisch habe, wenn bereits angehört worden ist. Die Anhörung kann meiner Meinung nach die Geschäftsstelle problemlos selbstständig erledigen.

    Es wird (außer bei Kostenausgleichung) formlos angehört; eine Abschrift des KFA wird nicht zusammen mit dem KFB zugestellt.

  • Zitat von geo


    Es wird (außer bei Kostenausgleichung) formlos angehört; eine Abschrift des KFA wird nicht zusammen mit dem KFB zugestellt.



    Da hast du es aber gut, wenn deine Geschäftsstelle die Anhörung erledigt. Ich bin gehalten, den KFA mindestens einmal förmlich zuzustellen, da mein LG dies ausdrücklich verlangt hat.

  • An die Entscheidung komme ich im Moment nicht heran. Ich werde sie nächste Woche mal heraussuchen. Hoffentlich habe ich sie noch - taufrisch ist sie nicht mehr...

  • Zitat

    setze ich die so genannten "zweifelsfreien Kosten" eines Zivilverfahrens sofort ohne Anhörung fest, weil es in solchen Fällen eh nichts zu diskutieren gibt (z.B.: VU, Anerkenntnisurteil, Urteil nach § 495a ZPO, einfache einseitige Festsetzung).

    Das habe ich zu meinen Festsetzungszeiten auch so gehandhabt (ebenso bei reinen Gerichtskostenausgleichungen). Ich weiß von mehreren Kollegen, die ähnlich arbeiten. Selbst wenn die Geschäftsstelle die Anhörungen veranlasst, bleibt die sofortige Festsetzung eine Arbeitsersparnis (nämlich bei der Geschäftsstelle) sowie eine Portoersparnis und das Verfahren beschleunigt sich dadurch ungemein. Es mag ja sein, dass man rein formal betrachtet anhören müsste, aber hier bin ich der Meinung: Soll der Zahlungspflichtige Beschwerde einlegen (ist selbst bei anwaltlicher Vertretung nie vorgekommen). Die Vorteile überwiegen meine geringen formalen Bedenken.

    Im Fall einer Anhörung wurde der Antrag formlos zugesandt und später nicht noch einmal zugestellt. Das gab auch nie ein Problem. Wenn wirklich ein Landgericht die Zustellung verlangt: Rechtspfleger sind unabhängig und auch in dieser Hinsicht soll sich erst einmal Beschwerde eingelegt werden. In einem solchen Einzelfall könnte man dann immer noch weiter sehen.

  • Jau siehste, die Gerichtskostenausgleichungen sind bei mir auch dabei. Da zeigt sich die Berechtigung sogar noch deutlicher, weil in aller Regel die Gegenseite nicht einmal weiß, welche Vorschüsse von der Klägerseite eingezahlt worden sind.

    Ansonsten sehe ich mich mit § 21 BGB vollkommen konform. Hinsichtlich etwaiger geringfüger formaler Bedenken kann man getrost auf die vorhandenen Entscheidungen verweisen. Auch ich habe selbst bei anwaltlich vertretenen Parteien bis dato nicht einen Fall der Beschwerde gehabt.
    Einziger Nachteil: Die RAe sind schnell verwöhnt und fangen nach 3 Wochen an zu erinnern, wo der KFB bleibt... :what:

  • Ich meine mich zu erinnern, dass die mehrheitliche OLG-Rechtsprechung plötzlich von einer zwingenden Anhörung ausging, als § 11 RpflG dahingehend -wohl versehentlich?- geändert wurde, dass dem Rpfl kein Abhilferecht bei einer sofortigen Beschwerde mehr zustand und die angefochtene Entscheidung direkt dem Beschwerdegericht vorzulegen war. Es gab natürlich auch einiger OLG die von einem gesetzgeberischen Versehen sprachen und daher ein Abhilferecht weiterhin befürworteten. Nun mittlerweile ist die Sache durch die Änderung der Beschwerdevorschriften in der ZPO erledigt, da auch der Richter bei der sofortigen Beschwerde ein Abhilferecht/-pflicht hat und damit gilt dies über den Verweis des § 11 RpflG auch für den Rpfl.
    Allerdings gebe ich zu Bedenken, dass dies natürlich nicht die Frage zur Anhörung beantwortet. Es kann auch in -vermeintlich- unstreitigen Fällen -wenn auch überwiegend theoretisch- denkbar sein, dass Einwendungen vorgebracht werden, die erfolgreich sind; ist dann der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten, entstehen Kosten, die durch eine Anhörung evtl. vermeidbar gewesen wären.
    Ich weiß, unwahrscheinlich, aber denkbar und in seltenen Einzelfällen bestimmt auch mal vorgekommen. Sollte man nicht schon deshalb zur "Vorsicht" als Mutter aller Porzellankisten/Kostenfestsetzungsverfahren vorher anhören?

  • Alle theoretischen Eventualitäten werden sich nicht abdecken lassen, aber der Fall ist wohl so selten, dass die Vorteile der schnellen Erledigung auch hier überwiegen. Ich habe jedenfalls einen solchen Fall noch nicht gehabt...

    Allerdings stimmt es, dass in der Zeit der fehlenden Abhilfemöglichkeit zwingend anzuhören war, weil durch diesen Lapsus der Partei praktisch eine Instanz "gestohlen" worden war. Das ist nunmehr - wie festgestellt - ja hinfällig.

    Ich fahre jedenfalls mit der beschriebenen Methode zur Zufriedenheit aller bislang bestens. Sollte sich per Rechtsprechung zur diese Chose noch irgend etwas ergeben, wäre ich für einen Tipp dankbar. Zu meiner Methode kenne ich 3 Entscheidungen zuzüglich einer Anmerkung. Bei Bedarf stelle ich sie hier rein, weil ich sie just now nicht parat habe...

  • AU und VU: Übersendung des Antrages mit KFB. Sonst nur Anhörung, wenn nicht gerade mal nur die PG und TG geltend gemacht wird. Wenn beim 106.er der erste RA einreicht gehts an den Gegner, wenn der beim anderen RA abschreibt setzte ich auch gleich fest. Die Beteiligten können schließlich Rechtsmittel einlegen. Das spart allen Beteiligten Arbeit. Bin im Falle der Rechtsmittel auch noch nicht aufgehoben worden weil ich nicht angehört habe.

  • Ich schicke jeden Antrag 1 Mal an den Gegner mit Gelegenheit zur Stellungnahme. Formlos. Bedeutet ja nicht wirklich Arbeit. Die Verfügung dazu dauert nicht mal ne Minute und ich sehe es auch nicht als meine Aufgabe an, das KF-Verfahren zu beschleunigen. Und wer weiß schon, was der anderen Partei nicht alles an (meist unbegründeten) Einwänden einfällt. Ich hatte schon Dinger, da wäre ich im Traum nicht drauf gekommen! Und wenn ich gar nicht vor Festsetzung anhören würde, liefere ich dem Gegner damit u.U. erst recht ein Grund zur Beschwerde.
    :strecker

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die einzige Ausnahme, die ich mache, ist die Festsetzung der Gerichtskosten, wenn zuvor in einem Vergleich die Kosten gegeneinander aufgehoben wurden.

    Sonst höre ich immer an. Ich sehe das genauso wie Ulf. Bisherige Highlights:
    - Als Antwort auf die Anhörung kommt erst einmal eine Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss.
    - Antragsgegner ist selbst Jurist. Da gibt's welche, die grundsätzlich gegen alles sind.
    Warum soll ich denen noch Argumente wg. nicht erfolgter Anhörung liefern, wo die Obergerichte zunehmend pingelig werden? Außerdem gehört es zu einem rechtsstaatlichen Verfahren, vorher dazu anzuhören, was ich machen werde. Man überfährt die Kostenschuldner nicht so arg. So habe ich jede Akte halt zweimal auf dem Tisch, übermäßig mehr Arbeit ist das nicht.

    Kosten... je nu... dafür kassiert der Staat doch die Gerichtsgebühren? Oder dienen die anderen Zwecken? Habe ich da was verpasst?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wenn der KFB eindeutig ist, erhälts du von Pseudo-Juristen (so ein-zwei Semester Jura studiert oder Pädagogen) nur unsachliche Argumente, setzt wie beantragt fest und kriegst dann das Rechtsmittel. Und die Akte ist dann immer wieder in deiner Vorlage. Deshalb mach ich das nicht so. In Kenntnis, daß es eigentlich falsch ist. Bin halt ein Pragmatiker.

  • 13

    wär mal interessant, die dir bekannte rechtsprechung, die das verfahren ohne anhörung erlaubt. so sehr ich auch die vorteile dieser methode aus gründen der praktikabilität nachvollziehen kann, frage ich mich doch, wie gerichte rechtsprechung am im grundgesetz verankerten recht auf rechtl. gehör vorbei begründen.

  • @oL

    In der Ausbildung hat ein Rechtspfleger das so begründet:

    "Das ist zwar möglicherweise verfassungswidrig, aber unerhört praktisch."

    Nun ja... direkt verfassungswidrig ist es laut BGH ja nicht, es verstößt "nur" gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens ... nun ja ... ist nicht so, dass ich die Pragmatiker nicht verstünde (der Hang zum Pragmatismus besteht allerdings nicht nur bei Rechtspflegern), aber ich schließe mich deren Argumenten halt normalerweise nicht an.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!