Lastenfreier Erwerb

  • Hallo allerseits,

    hier ein (vielleicht auch hausgemachtes) Grundbuchproblem, an dem ich schon eine ganze Weile herumrecherchiere:

    Die geschiedenen Eheleute A haben bereits 1999 einen Scheidungsfolgenvertrag abgeschlossen und sich darin über die Aufteilung ihres umfangreichen Grundbesitzes geeinigt.

    Zu einer Durchführung der wechselseitigen Anteilsübertragungen ist es bislang jedoch nicht gekommen.

    Statt dessen wurden auf dem ½ Anteil der Frau A in der Zwischenzeit
    a) eine Auflassungsvormerkung für einen Herrn X
    b) ein Veräußerungsverbot aufgrund einstweiliger Verfügung auf Antrag des geschiedenen Ehemannes und Miteigentümers A
    c) mehrere Eigentümergrundschulden für Frau A

    Nunmehr wird mir der Antrag auf Eigentumsumschreibung des ½ Anteils der Frau A auf Herrn A vorgelegt u.a. mit einer Ende 2005 errichteten Urkunde, in der die geschiedenen Eheleute die Auflassung u.a. des ½ Anteils erklären.
    Aus der Urkunde ergibt sich aber auch, dass das der Mann A den ½ Anteil der Frau nur mit den (bereits vor 1999) eingetragenen Gesamtgrundschulden und ansonsten lastenfrei erwerben will.

    M. E. kann ich die Umschreibung nicht vornehmen, da ein vertragsgemäßer Übergang nicht gewährleistet ist und damit ein Einigungsmangel anzunehmen ist.
    Auf meine entsprechende unechte Zwischenverfügung (entweder Vorlage der Löschungsunterlagen oder Erklärung des Mannes über die Übernahme der Rechte) teilt mir der Notar sinngemäß mit:
    Auflassung wurde unbedingt erklärt – Lastenfreiheitsvereinbarung ist nur schuldrechtlicher Natur und für den grundbuchlichen Vollzug ohne Belang.:mad:

    Recherchen in Beck-online etc. haben mich bislang in meiner Meinung leider nicht bestätigt.
    Vielleicht sehe ich das ganze ja auch zu eng und verbissen :gruebel:
    – aber eine schlechtes Gefühl habe ich bei der Sache auf jeden Fall.

    Wie seht Ihr die Sache?

  • Wie wäre es mit einem bedingten Antrag?
    Die Auflassung mag ja unbedingt erklärt worden sein, aber evtl. hat der Antragsteller (Wohl Ehemann) die Eigentumsumschreibung nur beantragen wollen, wenn er den 1/2 MEA nur lastenfrei, ausser den Gesamtbelastungen bekommt.

    Ist aus der Lebenserfahrung heraus ja anzunehmen. Allein die Auflassungsvormerkung ist ja schon ein Risiko für den Ehemann. Mal von weiteren Handlungen der Frau (was bei Scheidungsangelegenheiten nun mal nicht ganz auszuschliessen ist) ganz abgesehen (Abtretung der Eigentümergrundschulden und gutgläubiger Erwerb des Zessionars als Fremdgrundschuld).

    Einfach so wollte ich in dem Fall das Eigentum auch nicht umschreiben.

  • Das sehe ich genauso. Wenn in der Urkunde eine lastenfreie Eigentumsumschreibung bzw. eine Umschreibung nur unter Übernahme bestimmter Rechte beantragt ist, kann die Eintragung ohne entsprechende Übernahmeerklärung des Erwerbers hinsichtlich der weiteren Rechte nicht erfolgen. Ich habe das schon oft beanstanden müssen.

  • Zitat von Babs


    Auflassung wurde unbedingt erklärt – Lastenfreiheitsvereinbarung ist nur schuldrechtlicher Natur und für den grundbuchlichen Vollzug ohne Belang.:mad:



    Aus diesem Grunde mache ich mir bislang nie Gedanken um solche Lastenfreiheitsklauseln. Ich trage gnadenlos ein, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.

    Auch der Eigentumsumschreibungsantrag, der meist gleich hinter der Auflassung steht, ist ja in der Regel in keinster Weise bedingt (hier der der Ehefrau schon mal gar nicht). Hier durch eine schuldrechtliche Klausel an einer ganz anderen Stelle im Vertrag eine Bedingung zu konstruieren, scheint mir nicht möglich zu sein.

    Bei einem bedingten Antrag müsste man wohl mit Zwischenverfügung darauf hinwirken, dass der Vorbehalt aus dem Antrag verschwindet (s. Demharter, Rdnr. 5 zu § 16). Anderenfalls dürfte man dem bedingten Antrag nicht stattgeben (§ 16 I GBO). Das Anfordern der Löschungsunterlagen gibt § 16 GBO damit aber nicht her.

  • Ich schließe mich Kai an - § 16 GBO ist maßgeblich. Die Beteiligten "dürfen" bestimmen, ob und welche Anträge miteinander verknüpft sein sollen. Der Notar und das GBA müssen sich an die Wünsche der Beteiligten halten.

    Da ich ein Fan von § 44 a BeurkG bin, lasse ich mir im Zweifel den Vertrag durch den amtierenden Notar klarstellen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Hmm, sehe ich anders als Kai und tendiere eher in die Richtung von Babs und den anderen.

    Wenn ich Verträge habe, in denen die "lastenfreie Eigentumsumschreibung bewilligt und beantragt" wird, beanstande ich auch.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wir beanstanden das stets und führen dazu an

    BayObLG Beschluss vom 17.6.1993 (2 Z BR 64/93) = Rpfleger 1994, 58.

    Der Passus in der Urkunde, wonach das Grundstück lastenfrei umzuschreiben ist, hat danach die nächstliegende Bedeutung, dass auch der Antrag nach § 15 GBO so gestellt ist. Wenn diese Bestimmung nur schuldrechtliche Bedeutung haben sollte, wäre es Sache des beurkundenden Notars gewesen, das zum Ausdruck zu bringen.

    Das Problem kann der Notar ziemlich einfach dadurch beheben, dass er den Antrag dahingehend klarstellt, dass die Rechte (derzeit) übernommen werden (BayObLG aaO). Weil diese Klarstellung eine teilweise Antragsrücknahme bedeutet, bestehen wir darauf, dass sie gesiegelt und unterschrieben ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Grundsätzlich tendiere ich eher zu Kais Meinung. Die Auflassung ist unbedingt erklärt und könnte vollzogen werden. Es hätte damals eben eine AV eingetragen werden müssen, um vor eben solchen Zwischeneintragungen zu schützen. Aber nach Überfliegen der von Andreas genannten Entscheidung denke ich auch, dass der Antrag insoweit bedingt ist, dass lastenfreier Erwerb gewollt ist. Also: beanstanden!

    Ja ja wir reiten bis zum Horizont - anschlagen - und zurück!
    (Mike Lehmann)

  • Ich für meinen Teil würde die Urkunde dahingehend überprüfen, ob nun tatsächlich der dingliche Teil der Urkunde diese Einschränkung enthält oder ob sich dieser Vorbehalt unter den schuldrechtlichen Bestimmungen befindet. Im letzteren Fall würde ich mich den Mitteilungen des Notars anschließen und eintragen. Er wurde ja dazu gehört. Und damit steht auch fest, dass der Antrag nicht als unter dieser Bedingung gestellt anzusehen ist. Schließlich stellt der Notar die Anträge im Namen der Beteiligten. Wenn die Beteiligten was anderes gewollt hätten, ginge das dann mit dem Notar anheim.

  • So!
    Dank der tätigen Mithilfe aus dem Kollegenkreis und angeschoben durch die Entscheidung der Bayern habe ich jetzt doch eine förmliche Zwischenverfügung gemacht - und habe ich die Vorlage der bereits angeforderten Unterlagen bestanden.
    Die Frage der Übernahme der Rechte befindet sich tatsächlich nicht unter den schuldrechtlichen Bestimmungen.
    Stattdessen ist mir beim weiteren durchforsten der Urkunde aufgefallen, daß darin (und zwar bei den Löschungszustimmungen!) die ausdrückliche Weisung an den Notar enthalten ist, die Eigentumsumschreibung nur mit der Löschung der Eigentümergrundschuld zu beantragen.
    Ich habe meine Beanstandung daher auch darauf gestützt, daß damit die Vermutung zur Antragsvollmacht offensichtlich widerlegt ist (vgl. Schöner/Stöber, 13. Auflage, Anm.174)

    Bin gespannt auf die weiteren Schritte.:D

  • Hallo allerseits!

    Ich häng mich hier mal mit dran, weil ich sonst nix passendes gefunden hab.

    Ich habe folgenden Fall:
    Verkauf wird ne Eigentumswohnung an der ein verschiede Rechte (Abt. 2) lasten. In der Kaufvertragsurkunde sind diese Rechte einzeln aufgeführt, das Recht II/3 wurde jedoch vergessen.... In der Urkunde heißt es weiter, dass der Erwerber lediglich die in der Urkunde aufgeführten Rechte übernimmt.
    Jetzt hab ich beim Notar eine Übernahmeerklärung des Käufers hinsichlich Recht II/3 angefordert (da das ja nicht durch die Urkunde übernommen worden ist).
    Jetzt beantragt mir der Notar die Eintragung der Auflassung unter Übernahme des "vergessenen" Rechts II/3.

    Reicht mir diese Erklärung des Notars aus? Brauch ich nicht vielmehr eine Erklärung des Erwerbers?? :gruebel:
    Falls ich eine Erklärung des Erwerbers brauche, reicht hierfür dann einf. Schriftform aus??

    Schon mal vielen Dank für eure Hilfe!

  • Was die Beteiligten schuldrechtlich zur Übernahme von Rechten erklären, interessiert mich eigentlich nicht. Anders nur, wenn "lastenfreie Umschreibung (ggf. mit Ausnahme der lt. KV zu übernehmenden Rechte)" von den Beteiligten bewilligt und beantragt wird.
    In dem Fall würde dann aber wohl auch eine "Übernahmeerklärung" nicht ausreichen, um das Hindernis zu beseitigen. Da bräuchte es wohl schon einer (förmlichen) Änderung von Antrag und Bewilligung.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Wie geht Ihr denn im Fall der Eigentumsumschreibung vor, wenn ein Recht (z.B. Grundschuld) nicht im Kauf- oder Übergabevertrag aufgeführt ist, aber bezüglich aller im Vertrag wiedergegebenen Rechte in Abt. III Übernahme erfolgen soll.

    Ich tendiere dazu, dass dies kein Eintragungsmangel ist, konnte im Forum aber nichts entsprechendes finden.

  • Wenn kein Löschungsantrag vorliegt, bleibt das Recht bestehen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • In Abgrenzung zur in #7 und 14 zitierten Entscheidung des BayObLG siehe auch den Beschluss vom 9.3.2004 desselben Gerichts (MittBayNot 2004, 359:(

    "Überträgt der Veräußerer ein Grundstück auf den Erwerber, der mit Ausnahme eines Grundpfandrechts keine Belastungen übernimmt, und ist in einem mit „Auflassung, Grundbucherklärungen“ überschriebenen Absatz der Urkunde nur die Eigentumsumschreibung beantragt, kann der Antrag des Notars auf Vollzug „der in der Urkunde enthaltenen Anträge“ nicht als Antrag auf Umschreibung frei von den nicht übernommenen Belastungen ausgelegt werden (Abgrenzung zu BayObLG, Rpfleger 1994, 58)."

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