Anwalt im eigenen Gerichtsbezirk

  • Zu # 76:
    Korrekt. Da wird auch gleich der so genannte Vertrauensanwalt mit "behandelt".



    Der leider nicht tot zu kriegen ist und immer wieder zur Rechtfertigung hoher Reisekosten herhalten muss.

    Du willst Vertrauensanwälte töten? :eek::flucht:


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Vertrauensanwalt, Vertrauensverhältnis, Hausanwalt, "wir nehmen nur den, den wir immer nehmen" und was weiß ich für Varianten. Alles arbeitsintensive Krücken - wem sagste das. Der K(r)ampf gegen die berühmten Windmühlen.

  • Die Anwaltswahl ist ja grundsätzlich nicht eingeschränkt. Die Wahl geht ggf. eben nur nicht zu kostenmäßigen Lasten der Gegenseite, weil diese nach dem genannten kostenrechtlichen Grundsatz nur die "notwendigen" Kosten zu tragen hat. Wer sich den Luxus eines RA leistet, der -zig km weg residiert, der muss die Differenzkosten zur Notwendigkeit des Aufwandes auch selbst tragen. Eine Lösung, die mir durchaus gerecht erscheint. Auch Gerichtsbezirke sind flächenmäßig nicht unbedingt klein. Da kann kostenmäßig bei einem intensiven Verfahren schon einiges zusammenkommen. Und vermeintliche Ausnahmetatbestände kann man ja immer versuchen zu begründen... ;)


    Jetzt mal praktisch:
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass z.B. eine Privatperson, juristisch ein Laie, der einen RA für seine Vertretung benötigt, einen RA in einem zig Kilometer entfernten Ort beauftragt. Er wird doch im Zweifel einen RA in seiner Nähe beauftragen, es sei denn, er kennt einen sehr guten RA in einem zig Kilometer entfernten Ort. Bei Privatpersonen ist es aus meiner Erfahrung aber die Regel, dass der RA in direkter Nähe des Sitzes der Partei seinen Sitz hat. Bei Unternehmen sieht das natürlich anders aus (Stichpunkt Hausanwalt). Aber auch da sind die Reisekosten nur maximal ab Sitz der Firma erstattungsfähig.



    An dieser Stelle sollte ich vielleicht doch noch mal kurz erläutern welche Konstellation meiner Frage zugrunde lag (Ortsnamen sind rein zufällig und entsprechen keinen realen Städten oder Gemeinden:-):

    Fall am AG Düddl. Mandant hat seinen Wohnsitz in einem Vorort von Düddl, der aber eben zu Düddl gehört. Mandant beauftragt mich in Füddl. Entfernung Wohnort - Gericht ca. 5 km, Entfernung Wohnort - Kanzlei ca. 4 km. Füddl liegt direkt neben Düddl. Gegnerische Haftpflichtversicherung wird wegen EUR 60 verklagt. Ich bin so doof den Fall anzunehmen. Obsiege und mache EUR 20,00 Abwesenheitsgeld geltend (keine weiteren Reisekosten).

    Mir ist schon klar, dass dies letztendlich für die rechtliche Beurteilung keine Rolle spielt. Irgendwie ist das aber eben auch alles zufällig. Mandant hätte ja auch in Füddl wohnen können und alles wäre gut:-) Oder der Vorort in dem der Mandant wohntg hätte durch die Kreisreform im Jahre 1972 zu Füddl kommen können und nicht zu Düddl:-) Ausgefüddlt äääh genug geschrieben. Ich schweife ab. Wollte damit nur nochmals darstellen, dass die Ergebnisse der hier h.M. manchmal auch zu komischen Ergebnissen führen können:-)

  • Das Entscheidende ist hier eben, dass der Mandant im Vorort Düddl die Gemeindegrenze gerade nicht verlässt, da Düddl-Vorort und Düddl-Kern eine Gemeindeeinheit bilden. Damit gilt der Mandant als am Gerichtsort wohnhaft mit der schon genannten Konsequenz, dass es sich ausgedüddlt hat und Reisekosten überhaupt nicht gibt. Da spielen auch geringe Entfernungen keine Rolle. Das Risiko besteht, sobald ein RA außerhalb des Gerichtsorts eine Partei direkt am Gerichts(vor)ort vertreten will. Daher immer auf die Gemeindegrenzen achten.

  • Das Entscheidende ist hier eben, dass der Mandant im Vorort Düddl die Gemeindegrenze gerade nicht verlässt, da Düddl-Vorort und Düddl-Kern eine Gemeindeeinheit bilden. Damit gilt der Mandant als am Gerichtsort wohnhaft mit der schon genannten Konsequenz, dass es sich ausgedüddlt hat und Reisekosten überhaupt nicht gibt. Da spielen auch geringe Entfernungen keine Rolle. Das Risiko besteht, sobald ein RA außerhalb des Gerichtsorts eine Partei direkt am Gerichts(vor)ort vertreten will. Daher immer auf die Gemeindegrenzen achten.



    mal wieder:zustimm:
    Zudem: die Beträge, um die es hier geht, sind doch sehr gering. Wegen 20,00 EUR Fahrtskosten habe ich jedenfalls noch keine Beschwerde gefangen (ich hoffe, das bleibt auch so...). Da gibt es doch wesentlich kostenträchtigere Problemfälle.:)

  • @ Dunja

    Das kann ja alles stimmen. Mit der Gemeindegebietsreform war halt alles ein wenig Zufall oder Bestimmung oder ... oder ... oder ...

    Ist im ländlichen Raum halt so. Aber da kann man ja wenigstens noch sagen, vielleicht klappt es mit den Reisekosten in der nächsten Instanz.

    Was sollen da die Anwälte von Berlin sagen. Die haben alle Instanzen vom AG bis zum OLG (sprich Kammergericht) in derselben politischen Gemeinde. Da kommt bei der Fahrzeit (nur die eigentliche Stadt betrachtet) mit der S-Bahn (so sie denn fährt :unschuldi) gerne mal eine Stunde für eine Richtung raus. Aber auch Berlin ist in den letzten Jahren gewachsen. Die haben fast ihren gesamten "Speckgürtel" eingemeindet. Allein im Stadtbereich sind Entfernungen von 20 km und mehr keine Seltenheit.

  • Nochmals danke für die weiteren Meinungen.

    Das Beispiel Berlin zeigt eigentlich ganz gut, dass die "sture" Abgrenzung an der politischen Gemeindegrenze durchaus zu größeren Ungerechtigkeiten führen kann. Da habe ich's hier auf dem Lande mit deutlich kleineren Städte / Gemeindeeinheiten viel einfacher:-)

  • Das gleicht dann die geringere Mandantenzahl wieder aus... :teufel: :flucht:



  • Was sollen da die Anwälte von Berlin sagen. Die haben alle Instanzen vom AG bis zum OLG (sprich Kammergericht) in derselben politischen Gemeinde. Da kommt bei der Fahrzeit ...



    Die Mutter aller Gebührenordnung ist die Rechtsanwaltsgebührenordnung vom 07.07.1879 (RAGO), in Kraft getreten am 01.10.1879 (RGBl. I, S. 179 ff.).

    § 80 Abs. 1 RAGO lautete
    "Für Geschäfte am Wohnorte stehen dem Rechtsanwalte weder Tagegelder noch Fuhrkosten zu; dasselbe gilt von Geschäften außerhalb des Wohnortes in geringerer Entfernung als zwei Kilometer von demselben."

    Da es Berlin 1879 schon gab, wenngleich kleiner als heute (dafür sind vielleicht Fahrten mit der Kutsche auch nicht schneller gewesen als mit der S-Bahn heute), muss die Berliner Anwaltschaft die geltende Rechtslage hinnehmen. Nach dem RVG ist es nicht anders als nach der alten RAGO, im Gegentheil (:)), die zwei Kilometer sind weggefallen.

  • @ BREamter: In § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Fall, dass die Partei am Gerichtsort wohnt und der RA lediglich im Gerichtsbezirk aber eben nicht am Gerichtsort, gerade nicht geregelt. Es heisst dort ja: "Reisekosten eines Rechtsanwalts, der NICHT in dem BEZIRK DES PROZESSGERICHS niedergelassen...".

    Schließt Du aus dieser Lücke also, dass die Reisekosten des RA in dieser Konstellation daher erstattungsfähig sind?



    Ja, so meine ich das. Wobei dies m.M.n. keine Lücke ist, sondern sich im Umkehrschluß aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt. Die in den anderen Beiträgen geäußerte andere Auffassung teile ich daher nicht. Nach meiner Meinung ergibt sich die Notwendigkeit der Kosten bzw. des Anfalls dieser Kosten bereits unmittelbar aus der ZPO, so daß kein Raum für weitergehende Erwägungen bleibt (um die Notwendigkeit weiter einzuschränken).

    Insbesondere halte ich Argumente wie - Zitat - "Luxus" oder die Größe des AG- bzw. LG-Bezirks nicht für überzeugend. Schließlich steht - jedenfalls von meiner Sichtweise aus - auch der Gegenpartei die kostenneutrale Anwaltswahl in demselbem Rahmen offen.

  • @ BREamter: In § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Fall, dass die Partei am Gerichtsort wohnt und der RA lediglich im Gerichtsbezirk aber eben nicht am Gerichtsort, gerade nicht geregelt. Es heisst dort ja: "Reisekosten eines Rechtsanwalts, der NICHT in dem BEZIRK DES PROZESSGERICHS niedergelassen...".

    Schließt Du aus dieser Lücke also, dass die Reisekosten des RA in dieser Konstellation daher erstattungsfähig sind?



    Ja, so meine ich das. Wobei dies m.M.n. keine Lücke ist, sondern sich im Umkehrschluß aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt. Die in den anderen Beiträgen geäußerte andere Auffassung teile ich daher nicht. Nach meiner Meinung ergibt sich die Notwendigkeit der Kosten bzw. des Anfalls dieser Kosten bereits unmittelbar aus der ZPO, so daß kein Raum für weitergehende Erwägungen bleibt (um die Notwendigkeit weiter einzuschränken).

    Insbesondere halte ich Argumente wie - Zitat - "Luxus" oder die Größe des AG- bzw. LG-Bezirks nicht für überzeugend. Schließlich steht - jedenfalls von meiner Sichtweise aus - auch der Gegenpartei die kostenneutrale Anwaltswahl in demselbem Rahmen offen.

    @ BREamter:

    Da unterliegst Du m. E. aber einem Missverständnis. Die Formulierung "nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen" ist nämlich seit 2007 im Gesetz, weil es vorher "nicht bei dem Prozessgericht zugelassen" hieß. Da man aber, egal wo die Niederlassung war, immer nur bei dem Prozessgericht zugelassen sein konnte oder nicht, war zwangsläufig in dem Wort "zugelassen" der gesamte Gerichtsbezirk umfasst. Sintemalen die Zulassung keine Rolle mehr spielt, musste man den "Bezirk" extra hineinschreiben. Geändert hat sich m. E. hierdurch für die Erstattungsfähigkeit nichts.

  • Nach dem RVG ist es nicht anders als nach der alten RAGO, im Gegentheil (:)), die zwei Kilometer sind weggefallen.


    :wechlach: :wechlach: :wechlach:

  • @ BREamter: In § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Fall, dass die Partei am Gerichtsort wohnt und der RA lediglich im Gerichtsbezirk aber eben nicht am Gerichtsort, gerade nicht geregelt. Es heisst dort ja: "Reisekosten eines Rechtsanwalts, der NICHT in dem BEZIRK DES PROZESSGERICHS niedergelassen...".

    Schließt Du aus dieser Lücke also, dass die Reisekosten des RA in dieser Konstellation daher erstattungsfähig sind?



    Ja, so meine ich das. Wobei dies m.M.n. keine Lücke ist, sondern sich im Umkehrschluß aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt. Die in den anderen Beiträgen geäußerte andere Auffassung teile ich daher nicht. Nach meiner Meinung ergibt sich die Notwendigkeit der Kosten bzw. des Anfalls dieser Kosten bereits unmittelbar aus der ZPO, so daß kein Raum für weitergehende Erwägungen bleibt (um die Notwendigkeit weiter einzuschränken).

    Insbesondere halte ich Argumente wie - Zitat - "Luxus" oder die Größe des AG- bzw. LG-Bezirks nicht für überzeugend. Schließlich steht - jedenfalls von meiner Sichtweise aus - auch der Gegenpartei die kostenneutrale Anwaltswahl in demselbem Rahmen offen.

    Eine Mindermeinung hier im Thread, die mir aber durchaus sympathisch ist. Kennst Du Rechtsprechung, die Deine Auslegung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO stützt?

  • @ BREamter: In § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ist der Fall, dass die Partei am Gerichtsort wohnt und der RA lediglich im Gerichtsbezirk aber eben nicht am Gerichtsort, gerade nicht geregelt. Es heisst dort ja: "Reisekosten eines Rechtsanwalts, der NICHT in dem BEZIRK DES PROZESSGERICHS niedergelassen...".

    Schließt Du aus dieser Lücke also, dass die Reisekosten des RA in dieser Konstellation daher erstattungsfähig sind?



    Ja, so meine ich das. Wobei dies m.M.n. keine Lücke ist, sondern sich im Umkehrschluß aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO ergibt. Die in den anderen Beiträgen geäußerte andere Auffassung teile ich daher nicht. Nach meiner Meinung ergibt sich die Notwendigkeit der Kosten bzw. des Anfalls dieser Kosten bereits unmittelbar aus der ZPO, so daß kein Raum für weitergehende Erwägungen bleibt (um die Notwendigkeit weiter einzuschränken).

    Insbesondere halte ich Argumente wie - Zitat - "Luxus" oder die Größe des AG- bzw. LG-Bezirks nicht für überzeugend. Schließlich steht - jedenfalls von meiner Sichtweise aus - auch der Gegenpartei die kostenneutrale Anwaltswahl in demselbem Rahmen offen.

    Eine Mindermeinung hier im Thread, die mir aber durchaus sympathisch ist. Kennst Du Rechtsprechung, die Deine Auslegung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO stützt?

    Was spricht gegen meinen Beitrag # 93 bzw. dagegen, sich mit ihm zu befassen? Oder anders gefragt: Warum findet man wohl kaum Rspr. zu der "Mindermeinung hier im Thread"? Weil m. E. durchgehend die Gesetzesumformulierung so verstanden wird, wie von mir dargestellt.

  • @Valerianus:

    War der Beitrag #93 auf Frist gelegt: Wenn nicht innerhalb 48 Stunden Zustimmung dazu bekundet wird, ist diese anzumahnen?:wechlach:



    Nein, mir ist nur "kommunikationstechnisch" schon öfter in diesem und anderen Foren aufgefallen, dass A und B über einen Aspekt Nr. 1 diskutieren, dann kommt C und bringt Aspekt Nr. 2 mit ein, der etwas zu der Frage beitragen kann, aber darauf wird gar nicht eingegangen, A und B diskutieren munter auf bisherigem Stand über Aspekt Nr. 1 weiter, D und E kommen dazu usw. usw. Dieses Mal hat's halt mich als den "C" erwischt.

  • @Valerianus:

    War der Beitrag #93 auf Frist gelegt: Wenn nicht innerhalb 48 Stunden Zustimmung dazu bekundet wird, ist diese anzumahnen?:wechlach:



    Nein, mir ist nur "kommunikationstechnisch" schon öfter in diesem und anderen Foren aufgefallen, dass A und B über einen Aspekt Nr. 1 diskutieren, dann kommt C und bringt Aspekt Nr. 2 mit ein, der etwas zu der Frage beitragen kann, aber darauf wird gar nicht eingegangen, A und B diskutieren munter auf bisherigem Stand über Aspekt Nr. 1 weiter, D und E kommen dazu usw. usw. Dieses Mal hat's halt mich als den "C" erwischt.

    Ich wäre sehr gerne auf Deinen Gesichtspunkt näher eingestiegen, finde das aber bei Begrüngungen mit der "Intention des Gesetzgebers" immer relativ schwierig, da man, sofern man die Bundesratsdrucksache oder ähnliches nicht gelesen hat, die Hintergründe der Gesetzgebers oft nicht voll erfassen kann. Hast Du denn eine Quelle für Dein Argument?

    Mir fiel gerade selbst auf, dass ich dringend einen aktuelleren ZPO-Kommentar benötige. Der ist nämlich leider auf dem Stand 2005 und daher der "neue" § 91 ZPO noch gar nicht kommentiert:D. Steht denn in der neuen § 91 ZPO Kommentierung was zu der Thematik "Anwalt im Gerichtsbezirk und Partei direkt am Gerichtsort"?

  • In der Neuauflage vom Zöller steht, bei Lektüre älterer Lit. und Rspr. zur Altfassung des § 91 ZPO solle man sich gerade statt der einen die andere Formulierung denken. Da hab ich's her.

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