Abgabe ins streitige Verfahren

  • Hallo,

    nach Erlass des MB stellt sich raus, dass an den Ageg. nur öffentlich zugestellt werden kann.

    Nun beantragt der Ast.-Vertr. die Abgabe nach § 696 ZPO an das Streitgericht.

    Sind die §§ 696, 70 Abs. 3 ZPO Ausschlusstatbestände für die Abgabe eines Mahnverfahrens??
    Das Mahnverfahren ist nunmehr unzulässig, weil öffentlich zugestellt werden müsste und darf nicht abgegeben werden.
    Es ist gesondert Klage einzureichen??

    Wie seht ihr das?

  • Die Abgabe an das Streitgericht gem. § 696 ZPO ist richtig. Hierzu Zöller, 17. Auflage, § 688, Rd.-Nr. 8:

    "Stellt sich nachträglich heruas, dass der Mahnbescheid nicht zugestellt werden kann, ... ist angesichts der Unzulässigkeit öffentlicher Zustellung im Mahnverfahren unter Wahrung der Verfahrenseinheit ... Abgabe ins Streitverfahren in entsprechender Anwendungvon § 696 zulässig" ... Eine jederzeitige Rückkehr ins Mahnverfahren ist möglich. Bsp. späteres Bekanntwerden ladungsfähiger Anschrift ..."



  • Nun beantragt der Ast.-Vertr. die Abgabe nach § 696 ZPO an das Streitgericht.



    Der Sinn dieses Antrages ist nicht nachvollziehbar. Voraussetzung für einen Antrag nach § 696 ist ein wirksamer Widerspruch, Antrag und Kosten.



    Doch. Der Mahnbescheid ist bereits erlassen, die Unzustellbarkeit stellte sich nachträglich heraus. Und da der Mahnbescheid bereits erlassen ist, scheidet auch eine (nachträgliche) Zurückweisung des Mahnantrages aus.

  • Eine Abgabe ins streitige Verfahren schließt der BGH ausdrücklich aus.

    Früher wurde es wohl so gehandhabt, dass das Verfahren sodann übergeleitet wird. Mit dem Beschluss des 9. Zivilsenates vom 17.06.2004 (IX ZB 206/03) sagt der BGH ausdrücklich, dass eine Überleitung ausgeschlossen ist, wenn erst bei der versuchten Zustellung des Mahnbescheides bekannt wird, dass an den Antragsgegner nur öffentlich zugestellt werden könnte.

    Das Mahnverfahren ist zurückzunehmen und eine Klage einzureichen.

  • Die Kosten des Mahnverfahrens wären dann als Nebenforderung geltend zu machen.



    Da hätte ich bissel Bauchschmerzen. Der Antragsteller muss vorher abklären, ob das Mahnverfahren überhaupt zulässig ist. Wenn nur die öffentliche ZU geht, hätte er sofort Klage einreichen müssen.
    Aber über die geltend gemachten Nebenforderungen entscheidet ja der Richter. Und wenn keine Einwende vorgetragen werden, was ja nicht der Fall sein wird, weil der Antragsgegner nichts von der Klage erfahren wird, geht mittels VU sowieso alles durch.

  • Die Kosten des Mahnverfahrens wären dann als Nebenforderung geltend zu machen.



    Da hätte ich bissel Bauchschmerzen. Der Antragsteller muss vorher abklären, ob das Mahnverfahren überhaupt zulässig ist. Wenn nur die öffentliche ZU geht, hätte er sofort Klage einreichen müssen.
    Aber über die geltend gemachten Nebenforderungen entscheidet ja der Richter. Und wenn keine Einwende vorgetragen werden, was ja nicht der Fall sein wird, weil der Antragsgegner nichts von der Klage erfahren wird, geht mittels VU sowieso alles durch.



    Wie heißt es schön: Versuch macht klug. :wechlach:

  • Die zitierte Entscheidung gehört m.E. in die Rubrik der "verunglückten" BGH - Entscheidungen, denen ich nicht gefolgt bin. Ich hatte diesen Fall ein Mal und habe an das Streitgericht abgegeben. Der zuständige Richter hat sich nicht "beschwert" ;).

    Hier ggf. weitere Kosten zu produzieren halte ich nicht für angebracht. Eine halbe Gebühr ist und bleibt eine halbe Gebühr und kann auch entsprechend hoch ausfallen.

    Die Maßstäbe, die der BGH an die Zustelladresse stellt, halte ich für weltfremd. Der Antragsteller hatte in diesem Fall die Meldeandresse angegeben. Was soll er denn noch machen, als eine EMA - Anfrage? Einen Detektiv vor die Hautür stellen, ob der Antragsgegner tatsächlich ein und aus geht? Das geht doch voll über die "normale" Zustellung hinaus. Dass der Maßstab bei einer öffentlichen Zustellung wesentlich höher ist ist logisch und nachvollziehbar.

  • Unsere Richter schauen auch lieber in der Kommentierung nach. Der Zöller hat ja schon fast den Status einer Bibel. Ich kann mich nicht erinnern diesen Fall schon einmal gesehen zu haben.

  • Ich habe von der Zöller-Methode erst erfahren, nachdem ich die Mahnsachen nicht mehr hatte wegen Zentralisierung. Bei mir wurde grundsätzlich die BGH-Methode auch schon vor dessen Entscheidung angewandt und bin immer gut damit gefahren. Mir schmeckt die Zöller-Lösung als nicht systematisch gar nicht.
    Das Kostenrisiko trug bei mir ebenfalls der Antragsteller, schon deshalb, weil er sich auch nach meiner Meinung hätte vorher schlau machen können und müssen.

  • Es gibt übrigens eine gleichlautende Entscheidung des OLG Dresden schon vor der des BGH:

    LS
    Stellt sich erst nach Erlass des Mahnbescheids heraus, dass das Mahnverfahren aus einem der in § 688 II Nr. 3 und III ZPO genannten Gründe nicht stattfinden kann, muss der Antragsteller eine Entscheidung des Mahngerichts nach § 691 I Nr. 1 ZPO herbeiführen oder seinen Mahnantrag zurücknehmen. Eine Überleitung in das streitige Verfahren in entsprechender Anwendung von § 696 I ZPO ist nicht möglich.

    OLG Dresden, Beschl. v. 18.12.2000 – 8 W 663/00 = Rpfleger 2001, 437 = OLGR Dresden 2001, 373 = juris (KORE 402122001)

  • Aus Sicht des Gläubigers bedeutet das, er ist nicht nur durch die gewaltigen Kosten der Klage nebst öffentlicher Zustellung (man beachte dort vor allem die völlig blödsinnigen Kosten für das Einrücken in den Bundesanzeiger) gestraft sondern muss zu allem übel auch noch die halbe Gebühr für das Mahnverfahren berappen.

    Und das alles, weil sein Schuldner einfach abhaut ohne seinen Meldeverpflichtungen nachzukommen.

    Schönes Recht.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Wer sagt denn, dass die öffentliche ZU mittel Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen muss? Das wird bei uns nicht gemacht. Wir hängen an der Gerichtstafel aus (kostenlos) und fertig. Wer weiß denn schon (außer uns), dass es einen Bundesanzeiger gibt und wo es ihn gibt. Selbst wenn, liest ihn kein normaler Mensch - genauso wenig wie die Gerichtstafel.

  • Hallo!

    Über Google habe ich diesen Beitrag gefunden und hoffe, daß das Rauskramen ok ist!

    Ich habe folgenden Fall: Der MB wurde kurz vor der Verjährung beantragt, Schuldner verzogen, EMA-Anfrage, Zustellung an Meldeanschrift nicht möglich (unbekannt verzogen). Persönliche Nachforschung (da Schuldner um die Ecke wohnen soll) ergaben, daß er nicht mehr dort wohnt, keiner kennt ihn.

    Die Beantragung der Abgabe "nach Zöller" ist mir ein bissl zu heikel. Wegen des Beschlusses des OLG Dresden frage ich mich nur, wie ich denn eine Entscheidung nach § 691 ZPO herbeiführen kann?

    Ich meine, es kann doch auch irgendwie nicht sein, daß ein Gläubiger, der einen Fehler beim MB-Antrag gemacht hat, besser gestellt wird, als Gläubiger, dessen Schuldner verschwunden ist, oder?

    Denn wenn ich den Mahnantrag zurücknehme ist meine Forderung doch verjährt...

    Danke bereits!

    LG Anja

  • Zitat

    Vielmehr kann der Antragsteller auch in diesem Falle die Zurückweisung seines Mahnantrages gemäß § 691 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 688 Abs. 2 Nr. 3 ZPO bzw. § 688 Abs. 3 ZPO herbeiführen und anschließend binnen einer Frist von einem Monat seit der Zustellung der Zurückweisung Klage einreichen.


    Dein Boss hat zu den obigen Ausführungen in Rn. 3 der Entscheidungsbegründung des OLG Dresden keine Idee?

  • Unser Boss überläßt uns solche Sachen... ;)

    Ich dachte, gelesen zu haben, daß § 691 nur greift, wenn der MB noch nicht erlassen wurde. Aber wenn das OLG es sagt :D.

    Dann werde ich das versuchen, lieben Dank!

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