Erbberechtigt nach dem adoptierten Erblasser

  • Mein Erblasser ,geb. 1944, gestorben 2006 wurde im Jahr 1964 von dem Ehemann seiner leiblichen Mutter adoptiert.
    Der Adoptivvater hat aus erster Ehe zwei Söhne ,die nun ihr gesetzliches Erbrecht nach dem adoptierten Stiefbruder geltendmachen. Der Nachlasswert ist erheblich.
    Der Erbfall fand also nach dem 31.12.1976 statt und der adoptierte ERblasser war am 1.1.1977 volljährig, sodass nach den Übergangsregelungen des Art 12 AdopG das neue Recht über die Adoption Volljähriger anzuwenden wäre.
    Danach ist ein gesetzliches Verwandschaftsverhältnis nach den Verwandten des Annehmenden nicht begründet, § 1770 BGB. Nun finde ich in einem Skript aus einer Fortbildungsveranstaltung in Bad M Eifel den Satz, dass sich das Verwandschaftsverhältnis auf die Kinder des Annehmenden erstreckt.Sind Kinder des Annehmenden keine Verwandten im sinne des § 1770 BGB?
    Oder ist das Skript falsch?Ich bin ratlos.

  • Hast Du vielleicht falsch gelesen?

    In Deinem Skript müsste zutreffenderweise die Rede davon sein, dass sich die Wirkungen der Adoption auf die Kinder des Angenommenen (nicht: des Annehmenden) erstrecken.

  • So schnell wie juris2112 möchte ich solche Fragen auch einmal beantworten können ...

    Bei mir wäre da mind. 1 Stunde Recherche fällig gewesen.

    Bei "Adoption" zieht sich mir irgendwie schon innerlich der Magen zusammen ... :confused: ... wird nur noch übertroffen von ausländischem Erbrecht ... :confused::confused:

  • Ich lern ja gern dazu , aber sind im Ausgangsfall wirklich alle Daten richtig?
    Der Erblasser war - rechnen ist nicht meine Stärke - wenn er 1944 geboren iwurde doch zum Zeitpunkt der Adoption 1964 schon 20 Jahre alt, wieso war er 1977 volljährig.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Wenn man im Jahr 1944 geboren ist, ist man im Jahr 1977 halt schon volljährig.

    1964 war der angenommene Erblasser dagegen noch minderjährig (Volljährigkeitsalter damals 21 Jahre).

  • Lieber Juris 2112 : ich habe das Skript tausendmal gelesen !Es heißt darin wörtlich :Regelung für den Fall, dass der Adoptierte am 1.1.1977 volljährig war:Es sind mit Wirkung vom 1.1.1977 die von da geltenden Vorschriften über die A. Volljähriger anzuwenden, maßgebl also insbesondere §§ 1767 II, 1770BGB.Danach wird gem §§ 1767,1754 ein Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet, das sich ohne weiteres auch auf bereits vorhandene Abkömmlinge des Annehmenden erstreckt.Zu den Verwandten des Annehmenden wird kein Verwandtschaftsverh. begründet.Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den leibl. Verwandten des Angenommenen bleiben bestehen."

  • Da haben wir den Fehler.

    Im Skript heißt es wie folgt:

    Danach wird gem §§ 1767,1754 ein Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet, das sich ohne weiteres auch auf bereits vorhandene Abkömmlinge des Annehmenden erstreckt. Zu den Verwandten des Annehmenden wird kein Verwandtschaftsverh. begründet.

    Satz 1 und Satz 2 sind ein Widerspruch in sich.

    Es muss daher richtig heißen:

    Danach wird gem §§ 1767,1754 ein Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet, das sich ohne weiteres auch auf bereits vorhandene Abkömmlinge des Angenommenen erstreckt.Zu den Verwandten des Annehmenden wird kein Verwandtschaftsverh. begründet.

    Aber auch diese Aussage ist im Hinblick auf Altadoptionen nur für die Abkömmlinge des Angenommenen zutreffend, die im Zeitpunkt der Altadoption noch nicht geboren waren oder die zwar bereits geboren waren und die als mitwirkende Beteiligte in den Annahmevertrag einbezogen wurden. Hatte der Angenommene im Zeitpunkt der Altadoption bereits Kinder, die nicht in der beschriebenen Weise in die Annahme einbezogen wurden, haben sich die Rechtswirkungen der Annahme nicht auf sie erstreckt (jeweils: § 1762 BGB a.F.). Bei einer solchen Nichterstreckung ist es auch geblieben (Art.12 § 1 Abs.2 AdoptG). Obwohl dies im vorliegenden Fall keine Rolle spielt, wollte ich vorsorglich darauf hingewiesen haben.

    Ergebnis für den vorliegenden Fall:

    Die Abkömmlinge des Annehmenden sind nach dem Angenommenen nicht gesetzlich erbberechtigt und dies gilt auch für alle übrigen Verwandten des Annehmenden.

    Der Angenommene wird daher von seinen leiblichen Verwandten beerbt, wozu im Fall der Stiefvateradoption natürlich nach wie vor auch die leibliche Mutter gehört.

    Also:

    Je 1/2 leiblicher Vater und leibliche Mutter, falls beide noch leben, oder

    1/2 für nur noch einen lebenden leiblichen Elternteil und 1/2 für die Abkömmlinge des vorverstorbenen anderen leiblichen Elternteils zu gleichen Stammanteilen, oder

    Alleinerbschaft für den nur noch lebenden leiblichen Elternteil, wenn der vorverstorbene andere leibliche Elternteil keine Abkömmlinge hinterlassen hat, oder

    Erbfolge dritter Erbordnung, wenn beide leiblichen Elternteile ohne Hinterlassung von anderweitigen Abkömmlingen vorverstorben sind, wobei 1/2 in die leibliche mütterliche und 1/2 in die leibliche väterliche Verwandtschaft fällt.

    Alles anders natürlich, wenn der Erblasser nichtehelich geboren war. In diesem Fall fallen der leibliche Vater und dessen Verwandte ab- und aufsteigender Linie aus der Erbfolge heraus, weil der Erblasser vor dem 1.7.1949 geboren ist. Anders (und wie vorstehend) aber wiederum, wenn (Feststellung der Vaterschaft vorausgesetzt) Art.235 § 1 Abs.2 EGBGB zur Anwendung kommt, was der Fall ist, wenn der leibliche nichteheliche Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt am 2.10.1990, 24 Uhr, in den neuen Bundesländern hatte, weil dann die zum 1.7.1949 gezogene Altersgrenze nicht gilt.

  • claudia:

    Ich bezweifle, dass man im Jahr 1964 in der ehemaligen DDR bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig wurde.

  • aus http://de.wikipedia.org/wiki/Vollj%C3%A4hrigkeit:
    "Am 1. Januar 1975 wurde das Alter der Volljährigkeit in der Bundesrepublik Deutschland von zuvor 21 Jahren auf 18 Jahre herabgesetzt. In der DDR war dies bereits am 17. Mai 1950 mit dem Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters geschehen."
    siehe http://www.verfassungen.de/de/ddr/volljae…itsgesetz50.htm

  • Alles klar - vielen Dank.

    Ein Bezug zur ehemaligen DDR wird im vorliegenden Fall aber wohl weder in adoptionsrechtlicher noch in erbrechtlicher Hinsicht vorliegen, es sei denn, die Fragestellerin klärt uns entsprechend auf.

  • Lieber Juris 2112, ich bin restlos begeistert(obwohl ich mich gemeinerweise langsam frage, was du wohl für ein Pensum hast, dass du solche enorme Prüfungsarbeit leisten kannst). Niemals hätte ich gewagt, die Richtigkeit eines Meifeler Skripts anzuzweifeln und hier hängen Millionen dran!!!!!!!!!!!!
    Ich sehe die Anglegenheit nun einfach genau wie du und grüße ganz herzlich.
    Auch Dank an Claudia, aber die Vorschriften des gen. ART 12 AdoptG haben schlichtweg die Voraussetzung : Erbfall nach dem 31.12.1976 und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens , also 1.1.1977 volljährig sein.
    Liebe Grüße und bis zum nächsten mal!

  • Man soll eben nur glauben, was man selbst überprüft hat.

    Welche Angehörigen der leiblichen Verwandtschaft kommen denn in Deinem Fall nunmehr als gesetzliche Erben in Betracht?

  • Alles klar - vielen Dank.

    Ein Bezug zur ehemaligen DDR wird im vorliegenden Fall aber wohl weder in adoptionsrechtlicher noch in erbrechtlicher Hinsicht vorliegen, es sei denn, die Fragestellerin klärt uns entsprechend auf.




    Hallo Juris 2112, ich hoffe, du bist schon wach:
    Ich bin mit meinem Thema Adption im Erbrecht noch ins Wochenende gegangen und will heute noch die Frage an dich richten, ob hier u. U. noch zu prüfen wäre, ob ein Verwandtschaftsverhältnis zu den Verwandten des Annehmenden über § 1772 c) noch in Frage käme.

  • Nein.

    § 1772 BGB setzt nach seinem Absatz 1 voraus, dass das VormG die "starken" Wirkungen einer Volljährigenadoption explizit ausspricht. Ein solcher Ausspruch ist bei einer Altadoption begrifflich ausgeschlossen, weil er nur bei nach dem 31.12.1976 stattfindenden Volljährigenadoptionen nach neuem Recht erfolgen kann (vorher existierte die Norm ja nicht).

    Es bleibt für die Verwandten des Annehmenden somit bei den "schwachen" Wirkungen des § 1770 Abs.1 S.1 BGB (Art.12 § 1 Abs.1 AdoptG).

    Welche Erbfolge tritt denn nun ein?

  • Ergänzend:

    Aus Art.12 § 7 Abs.1 AdoptG ergibt sich, dass eine Wiederholung der Annahme (immer noch) Minderjähriger nach neuem Recht auch dann zulässig ist, wenn der am 1.1.1977 minderjährige Angenommene vom Annehmenden bereits nach altem Recht angenommen wurde, diese Annahme aber keine Wirkungen der Minderjährigenadoption herbeiführte, weil ein Beteiliger dem Eintritt dieser Rechtswirkungen nach Art.12 § 2 Abs.2 AdoptG widersprochen hatte und deshalb nach Art.12 § 3 Abs.1 AdoptG eine Überleitung in das neue Recht der Volljährigenadoption erfolgte. Durch eine solche sog. wiederholte "Aufstockungsadoption" konnte erreicht werden, dass nachträglich die Wirkungen der Minderjährigenadoption nach neuem Recht eintraten.

    In unserem Fall war der Angenommene am 1.1.1977 bereits volljährig, sodass sich die Wirkungen der Altadoption nach Art.12 § 1 Abs.1 AdopG nach dem neuen Recht der Volljährigenadoption mit "schwachen" Wirkungen bestimmen. Nach Art.12 § 7 Abs.2 AdoptG wird auf solche Fällle "§ 1772 des Bürgerlichen Gesetzbuches angewandt". Dies bedeutet aber nicht, dass die Rechtswirkungen dieser Norm kraft Gesetzes eintreten, sondern eröffnet lediglich die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 1772 BGB nachträglich die Anordnung der Volladoption auszusprechen (MünchKomm/Maurer Anh. zu § 1772 BGB RdNr.25). Da dies im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist, bleibt es bei den "schwachen" Wirkungen der Volljährigenadoption, sodass die Verwandten des Annehmenden kein Erbrecht im Verhältnis zum Angenommenen haben.

  • Hab mal ne kleine (wohl einfache) Nachfrage:

    Erblasser verstirbt im Oktober 2008. Hinterlässt keine Kinder. Die Eltern sind vorverstorben und haben 8 Kinder hinterlassen, die nunmehr grds. erbberechtigt wären. Eines der Kinder wurde 1954 als einjähriges Kind zur Adoption freigegeben und von Dritten (keine Verwandschaft) adoptiert. Hat diese Schqwester Erbansprüche bzw. muss sie ausschlagen wenn der NAchlass überschuldet isr ?Dankeschön.

  • Erbfall nach 01.01.1977, Kind am Stichtag 01.01.1977 volljährig:

    Folge: Altes Recht = Alte Verwandtschaft

    Kind bleibt erbberechtigt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • TL:

    1. )danke für die schnelle Hilfe!! Ich weiß, dass es Übersichten zum Thema Adoption und zum nichtehelichen Erbrecht gibt, in der genau angegeben ist in welchem Fall welches Erbrecht greift. Könntest du mir sagen wo ich diese beiden Übersichten finde???

    2.) Habe nochmal ne Nachfrage: Aber diesmal zum Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach dem Vater.

    Fall:

    Erblasser verstirbt 2008 widerrum ohne Abkömmlinge. Mutter lebt noch (danach Erbon zu 1/2). Vater ist vorverstorben. Vater hatte 4 Kinder. Eines der vier Kinder, auf das sein 1/2 aufgeteilt werden müsste ist nichtehlich geboren. Im Jahre 1979. Der vorverstorbene Vater hat die Vaterschaft anerkannt. Ist diese Tochter nunmehr erbberechtigt nach dem ihrem Halbbruder?

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