Muss ich hinterlegen oder recherchieren?

  • Ich frage mich, ob ich in folgendem Fall hinterlegen muss.

    Ich bin kein Freund langer Sachverhalte in unserem Forum, aber leider geht's nicht kürzer:

    Ein Mandant hatte einen Verkehrsunfall. Er legte mir u. a. eine Mietwagenrechnung der Fa. X über 500 EUR vor nebst Abtretung aller seiner Ansprüche aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Mietwagenkosten an die Fa. X. Die Abtretung ist wirksam.

    Nach zwei Jahren gewinne ich den Rechtsstreit gegen den Unfallgegner und dessen Kfz-Haftpflicht-Versicherung. Die Beklagten bezahlen den eingeklagten Schadensersatz incl. der 500 EUR für die Mietwagenkosten.

    Ich buche nun die 500 EUR auf einem Fremdgeldkonto und schicke mich eben an, diese an den Zessionar (Mietwagenunternehmen Fa. X) auf Wunsch des Mandanten auszuzahlen, als mir als Drittschuldner ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wird:

    Ein ehemaliger Mitarbeiter der Fa. X hat vor dem Arbeitsgericht Ansprüche auf Arbeitslohn erstritten und weiß aus der Zeit, als er noch bei der Fa. X arbeitete, dass ich der Anwalt des Autofahrers (= Mietwagenkunden) bin. Daher vollstreckt er - wie er glaubt - in die auf Grund Abtretung der Fa. X zustehende Forderung gegen mich, die bei mir auf dem Fremgeld steht.
    Diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erkenne ich nicht an aus Gründen, die ich hier nicht näher ausführe. Es wurde jedenfalls alles falsch gemacht, was man falsch machen kann und ich sehe mich als Drittschuldner nicht daran gebunden. Bitte unterstellt daher für die Diskussion hier im Thread, dass der PfÜB ins Leere ging.

    Jetzt habe ich also noch die 500,00 EUR hier. Angeblich soll die Fa. X GmbH mal eine Sitzverlegung beantragt haben. Ihre Niederlassung, die auf der Mietwagenrechnung steht, hier in unserer Stadt ***, gibt es jedenfalls nicht mehr, wie ich aus eigener Anschauung (Vorbeifahren im Straßenverkehr) weiß. Die Telefon- und Faxnummern sind "tot". Auf der Mietwagenrechnung stehen 3 Kontonummern bei 3 Banken. Alle drei Banken erklären mir auf telefonische Nachfrage, dass das Konto nicht mehr existiert.

    Meine Frage nun: Darf ich hinterlegen oder muss ich jetzt auf meine Kosten (und mit meiner Arbeitszeit) durch Handelsregisteranfragen, Gewerbeamtsnachfragen und ähnliches recherchieren, wo denn die Fa. X jetzt zu erreichen sein könnte?

  • Ich würde einfach mal den Sachverhalt der Hinterelgunsstelle schildern und Hinterlegung beantragen.
    Vielleicht ordnet das AG ja die Annahme ohne weitere Fragen an und du bist raus aus der Sache. Anderenfalls hast du dann einen Aufgabenkatalog, was aus Sicht deiner HL-Stelle noch zu machen wäre.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
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  • Dürfte die erfolgversprechenste Variante sein, um die Sache loszuwerden.

    Alternativ bliebe noch der dezente Hinweis an den pfändenden Kollegen doch den richtigen Anspruch zu pfänden. :unschuldi

  • Danke für die Antworten!

    Ich bin dem Rat von T.L. gefolgt und habe den zust. Rpfl. der Hinterlegungsstelle angerufen. Er hat bestätigt, was ich befürchtete: kein Hinterlegungsgrund.

    Ich muss also recherchieren.

    Den kollegialen Tip an den Kollegen (Wink mit dem Zaunpfahl, den PfüB zu wiederholen) hat der nicht verstanden. Da kann man nichts machen!

  • @Titus:

    Und das hatte ich befürchtet, daß du nicht schreibst, sondern anrufst.

    Ich denke, das war ein Fehler. Ein schönes, ausführliches Schreiben mit Schilderung des gesamten Sachverhalts hätte wohl eher dazu geführt, die Sache in die Hinterlegung zu bringen.

    Was hat denn nun der Hinterl.-Rpfl. gesagt, was/wo du noch ermitteln sollst?

    Wie gesagt: Ich bin auch ein Freund von "schnell mal anrufen", aber hier war das wohl der falsche Weg.

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  • Ich habe keine Ahnung von Hinterlegung, aber immer wenn ich damit zu tun habe, bekomme ich den Eindruck vermittelt, das sei ein schwieriges Rechtsgebiet. :gruebel:

    Einen Hinterlegungsgrund muss man erst einmal haben und nachweisen ! :eek::D

  • Ist bei mir schon ewig lange her, dass ich -für kurze Zeit- mal Hinterlegungssachen gemacht habe. Ich habe das nicht so schwierig in Erinnerung, jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, dass man wegen des Hinterlegungsgrundes große Klimmzüge anstellen musste.

    Die Probleme waren i. d. R. praktischer Natur, d. h. man musste darauf achten, ob man etwa vor einer Auszahlung auch alle Freigabeerklärungen (das können sehr, sehr viele sein) beisammen hat.


  • Ich frag mich nur, was der seinem Mandanten erzählt?

    Man könnte sich ja schriftlich an ein andere Hinterlegungsstelle wenden.:teufel:

  • Man könnte sich ja schriftlich an ein andere Hinterlegungsstelle wenden.:teufel:




    Der Gedanke kam mir auch schon, aber das ist dann auch wieder für den Bearbeiter dort :sehrverda

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  • Ich kann dem Hinterl.-Rpfl. (der übrigens weiß, dass dieser Fall hier im Thread diskutiert wird) keinen Vorwurf machen. Ich muss eben schauen, wohin der Sitz verlegt wurde. Und sollte die GmbH inzwischen gelöscht sein, müsste eine Nachtragsliquidation beim Handelsregister in die Wege geleitet werden, damit dann die hier vorhandenen Gelder verteilt werden.

  • Ich kann dem Hinterl.-Rpfl. (der übrigens weiß, dass dieser Fall hier im Thread diskutiert wird) keinen Vorwurf machen. Ich muss eben schauen, wohin der Sitz verlegt wurde. Und sollte die GmbH inzwischen gelöst sein, müsste eine Nachtragsliquidation beim Handelsregister in die Wege geleitet werden, damit dann die hier vorhandenen Gelder verteilt werden.



    Wenn gelöscht, wäre m. E. eine Hinterlegung möglich. Nachtragsliquidation zu beantragen ist Sache der Gläubiger.

  • Ich kann dem Hinterl.-Rpfl. (der übrigens weiß, dass dieser Fall hier im Thread diskutiert wird) keinen Vorwurf machen.:wechlach::wechlach:(TL):wechlach::wechlach:

    Ich muss eben schauen, wohin der Sitz verlegt wurde. Und sollte die GmbH inzwischen gelöscht sein, müsste eine Nachtragsliquidation beim Handelsregister in die Wege geleitet werden, damit dann die hier vorhandenen Gelder verteilt werden.




    :strecker Tja, das Forum bringt "Freud´" und "Leid":wechlach:

    Aber jetzt mal ehrlich. Wenn es sich ergeben sollte, daß die Firma gelöscht ist, dann würde ich das Geld dem Mandanten übergeben und sagen, daß er damit zu rechnen hat, daß es theoretisch sein könnte, daß irgendwann einmal einer die Zahlung fordert. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Warum also zwanghaft leisten wollen, wenn man denn auch mal abwarten kann, oder?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Aber jetzt mal ehrlich. Wenn es sich ergeben sollte, daß die Firma gelöscht ist, dann würde ich das Geld dem Mandanten übergeben

    Die Forderung ist leider (siehe Sachverhalt #1) wirksam an die Fa. X abgetreten. An den Ma. hätte ich das Geld sonst längstausgezahlt. Wenn die Fa. X aber wirksam Forderungsinhaber wurde muss ich das Geld an die abführen (oder eben an den Nachtragsliquidator).

  • Also, wenn ein Berechtigter unbekannten Aufenthaltes ist, wäre dies eigentlich ein Hinterlegungsgrund im Sinne des § 372 BGB. Du müßtest aber schon Anfragen beim Registergericht (ggfl.auch Gewerbeamt) machen. Das Registergericht kann Dir auf jeden Fall mitteilen, wohin der Sitz verlegt wurde. Dann Anfrage beim Registergericht des neuen Sitzes, die haben dann auch eine Anschrift in der Akte, die aber nicht unbedingt aktuell ist. Ggfl. dann dort noch einmal eine Anfrage beim Gewerbeamt.
    Sollte sich aber gleich bei der ersten (auch telef.) Nachfrage beim Registergericht etwa das Erlöschen der Fa. ergeben, kommt es darauf an:
    a) Personenhandelsgesellschaften:
    Personenhandelsgesellschaften haben in Form aller Gesellschafter (auch der Kommanditisten, BGH WM 82,1170) geborene Liquidatoren § 147 HGB. Auch nach Löschung der Gesellschaft im Handelsregister besteht diese Funktion latent fort. Sind nachträglich Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft vorzunehmen, sind diese Liquidatoren zuständig. Die Löschungseintragung wirkt insoweit nur deklaratorisch. Findet sich nach Schlußverteilung , auch Löschung , doch noch Gesamtvermögen, so ist die Liquidation noch nicht beendet, die Firma in Wahrheit noch nicht erloschen, BGH NJW 79, 1987, BayObLG BB 83,82. Die bisherige Vertretungsmacht besteht ohne Neubestellung weiter, BGH NJW 79,1987.
    b) Kapitalgesellschaften:
    Mit Löschung einer Kapitalgesellschaft im Handelsregister endet auch das Amt des Liquidators. Bei nachträglich vorzunehmenden Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft ist daher in diesen Fällen eine Nachtragsliquidation bei dem zuständigen Handelsregistergericht zu beantragen.

    Ich gehe davon aus, dass Deine Fa. eine Personenhandelsgesellschaft ist. Dann wäre der persönlich haftende Gesellschafter automatisch (Nachtrags-)Liquidator. Einer Bestellung bedarf es nicht.
    An diesen müßtest Du Dich dann wenden, ggf. wieder Anschrift ermitteln über EMA.

    Ermittlungen sind Dir leider zuzumuten. Vielleicht ergibt aber bereits die erste Anfrage beim Registergericht, dass die Fa. nach Auflösung gelöscht wurde und der persönlich haftende Gesellschafter ist noch da. Dieser ist dann empfangsberechtigt.

    Ist bspw. auch der pers.haftende Gesellschafter unbekannten Aufenthaltes würde ich die Hinterlegung annehmen.

    Ermittlungen mußt Du jedoch anstellen. Der Hinterlegungsgrund des § 6 HO ist glaubhaft zu machen.

  • Ich gehe davon aus, dass Deine Fa. eine Personenhandelsgesellschaft ist.

    Nein, eine GmbH (siehe meine Beiträge).

    b) Kapitalgesellschaften:
    Bei nachträglich vorzunehmenden Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft ist daher in diesen Fällen eine Nachtragsliquidation bei dem zuständigen Handelsregistergericht zu beantragen.

    Leider kam ich auch zu diesem Ergebnis (s. o.).

    Also werde ich recherchieren. Vielen Dank für die Tipps!

  • Die Nachtragsliquidation muss aber m. E. dich nicht interessieren. Für die gelöschte GmbH ist eben noch ein Vermögenswert vorhanden.
    Es ist doch nicht Aufgabe des Schuldners hier Nachforschungen anzustellen, wem dieser zukommt.

  • Die Nachtragsliquidation muss aber m. E. dich nicht interessieren. Für die gelöschte GmbH ist eben noch ein Vermögenswert vorhanden.
    Es ist doch nicht Aufgabe des Schuldners hier Nachforschungen anzustellen, wem dieser zukommt.

    Er kann das Geld dann auf seinem anwaltlichen Fremdgeldkonto stehen lassen und warten, bis es der Nachtragsliquidator anfordert.

  • Ja, aber es scheint ja evtl. auch nur der Sitz verlegt zu sein. Dann müßte eine telefonische Anfrage beim Registergericht (des alten Sitzes) zuzumuten sein. Wenn tatsächlich nur der Sitz verlegt wurde, läßt sich ja die GmbH und dann der GF relativ leicht ermitteln. Ist die GmbH allerdings gelöscht, würd ich als Hinterlegungsstelle das Geld annehmen. Es besteht keine Verpflichtung m.E. für Dich einen Nachtragsliquidator zu beantragen, der das Geld für die gelöschte GmbH in Empfang nimmt.

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