'Mahngebühren' bei überlanger Dauer des KB-Verfahrens?

  • Verteidiger reicht nach Freispruch seinen Kostenfestsetzungsantrag gegen die Staatskasse ein. Aus irgendwelchen Gründen wird darüber nicht zeitnah entscheiden.

    Monate nach Eingang des Antrages kommt ein Schreiben des Verteidigers (sinngemäß):

    "...ist mein Kostenfestsetzungsantrag immer noch nicht beschieden. Die Staatskasse befindet sich in Verzug, daher mache ich gemäß § 286 III BGB Mahngebühren in Höhe von 117 € (nicht aufgeschlüsselt) geltend".

    Was sollte das Gericht abgesehen ggf. von der Aufschlüsselung der "Mahngebühren" antworten?

    Generell: Sollte die Staatskasse tatsächlich insoweit besser gestellt sein als ein handelsüblicher Inverzuggeratener?

  • Ich denke, die Staatskasse steht sich da besser :D .

    Es besteht ja kein Schuldverhältnis im Sinne des BGB zwischen uns und dem Anwalt. Insofern sind die entsprechenden schuldrechtlichen Vorschriften m.E. nicht anzuwenden.

    Und wenn der Anwalt zu der Marke "Viel hilft viel" oder "kurz vor 12 Publikum-schick" gehört, muss er damit rechnen, dass einer aus der Kolonne der Kostenbeamten den Antrag übersieht, kann ja mal passieren bei soviel Anlagen oder man wird durch schreiende Kinder abgelenkt...:teufel:

  • Ich stimme jojo zu!

    Die Staatskasse kann hier schon vom Wesen des Festsetzungsverfahrens her nicht wie ein "gewöhnlicher Schuldner" nach BGB behandelt werden.

    So wirklich begründen kann ich diese Ansicht allerdings im Moment leider auch nicht. Ist mehr eine Antwort aus dem Bauch heraus. :oops:

    Ich denke, dass, wenn dem Anwalt tatsächlich ein Schaden entstanden sein sollte, dieser im üblichen Regresswege geltend zu machen wäre.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Staatskasse hat auch nach meinem Dafürhalten einen Sonderstatus. Einfach mal dem Bezirksrevisor als Vertreter der Landeskasse vorlegen - der wird sich sicherlich freuen und eine passende Antwort parat haben.

  • Ich würde einfach davon ausgehen, dass der RA dies nur geschrieben hat, um die Eilbedürftigkeit seines Antrages deutlich zu machen. Ein einfaches Erinnerungsschreiben hätte es wohl auch getan:teufel: .
    Mir hatte mal ein RA geschrieben, sofern nicht die Auszahlung des Betrages in Kürze erfolgt, dass er dann ohne weitere Mahnung das Präsidentenbild im Präsidentenzimmer pfänden wollte. Habe mir nicht verkneifen können, ihm wenigstens mitzuteilen, dass dies keine Aussichten auf Erfolg hätte, da es bei uns im Gericht kein Präsidentenbild, kein Präsidentenzimmer und auch keinen Präsidenten gibt (weil nur kleineres Gericht mit Direktor).:grin: :grin:
    Aber nun mal im Ernst: Ist nicht ohnehin der Vertreter der Landeskasse (Bezirksrevisor) noch zu dem Antrag anzuhören? Soll der sich doch über die Mahngebühren 'nen Kopf machen.

  • Ich fürchte, der RA hat ganz schlechte Karten, da nirgendwo geregelt ist, daß die Überweisung binnen einer Frist X zu erfolgen hat. Bei Behörden dauerts halt mal etwas länger, je nach Arbeitsanfall. Möge er klagen (und zwar nicht sein Leid, sondern gegen die Staatskasse. Einen Vorsatz wird man keinem Mitarbeiter vorwerfen können (oder war es DER RA?).

  • Bei mir hat mal jemand versucht, aus ähnlichen Gründen die Vergütung aus der Staatskasse verzinsen zu lassen. Das ist über den BezRev. auch fix in den berühmten Teich gegangen.
    Was nicht gesetzlich vorgesehen ist, gibt´s auch nicht. :klugschei

  • Ich würde den Antrag erstmal dem Revisor zur Stellungnahme schicken. Dafür ist er doch schließlich der Vertreter der Staatskasse.

  • Der Anspruch des Freigesprochenen gegen die Staatskasse auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die zivilrechtlichen Vorschriften über den Verzug/Verzugsschaden wären nur anwendbar, wenn dies gesetzlich besonders vorgesehen wäre. Der Anwalt wird sich wohl mit den Zinsen nach § 104 ZPO begnügen müssen.

  • Man muss aber auch der Fairness halber dazusagen, dass in aller Regel eine nicht relativ zeitnahe Bearbeitung eines PKH-Vergütungsantrags nicht recht nachvollziehbar ist, wenn nicht gerade die Akte versandt ist. Wenn man sich in der heutigen Wirtschaftslage in die Situation einiger Anwälte hineinversetzt, die fast am Existenzminimun kleben, dann ist es nur verständlich, wenn berechtigte Forderungen auch alsbald eingehen. Man stelle sich vor, wegen Ausfall des entsprechenden Mitarbeiters bekommt man 6 Monate keine Bezüge. :eek:

    Dass vielfach Not am Mann/an der Frau ist, sieht man daran, dass sich bei uns z.B. die Vorschussanträge erheblich vermehrt haben gegenüber früher. Das geht mitunter so weit, dass der Vorschussantrag schon VOR der PKH-Bewilligung vorliegt...

    Andererseits hatte ich auch schon den Fall: "Kann mein Antrag nicht vorgezogen werden, bei mir wird der Beitrag für den Golf-Club fällig" - und das ist jetzt kein Witz! :gruebel: :sagnix:

    Also: Es gibt überall sonne und sonne...

  • Zitat von 13

    Man muss aber auch der Fairness halber dazusagen, dass in aller Regel eine nicht relativ zeitnahe Bearbeitung eines PKH-Vergütungsantrags nicht recht nachvollziehbar ist, wenn nicht gerade die Akte versandt ist. Wenn man sich in der heutigen Wirtschaftslage in die Situation einiger Anwälte hineinversetzt, die fast am Existenzminimun kleben, dann ist es nur verständlich, wenn berechtigte Forderungen auch alsbald eingehen. Man stelle sich vor, wegen Ausfall des entsprechenden Mitarbeiters bekommt man 6 Monate keine Bezüge. :eek:

    ...


    Vergütungsanträge (ob PKH-Vergütung oder auch Betreuervergütung) haben und hatten bei mir immer Priorität, eben weil die Betroffenen davon leben.

    Außerdem sollen nach der letzten mir bekannten Erhebung ca. 40% der RAe am Existenzminimum leben. Wenn ich dann in die Gelben Seiten schaue, und einen Anwalt nach dem Nächsten finde, wundert mich das nicht. Hinzu kommt eine schlechte Zahlungsmoral der Mandanten und die allgemeine wirtschaftliche Lage (siehe Thread Beratungshilfezahlen). Die Zahl der Anträge nach § 11 RVG ist bei mir in den letzten zwei Jahren merklich gestiegen.

  • Zitat von Manfred

    Die Zahl der Anträge nach § 11 RVG ist bei mir in den letzten zwei Jahren merklich gestiegen.



    Dem kann ich nur beipflichten. Auch bereits ältere Sachen werden mittels § 19 BRAGO vermehrt wieder hervorgeholt. Es ist ersichtlich, dass es bei einigen RAen tatsächlich um einiges geht - bei den heutigen Kosten auch nachvollziehbar.

    Als ich die Sachen noch zu bearbeiten hatte, ist eine Anweisung aus der Landeskasse auch immer prompt erledigt worden - eigentlich eine Selbstverständlichkeit und durch den elektronischen Zahlungsverkehr auch kein großes Problem.

  • Ich sehe dieses auch nicht unbedingt als ein Problem der Gerichte an. Sämtliche Behörden zahlen möglichst spät. :teufel:

  • Zitat von Erzett

    Ich sehe dieses auch nicht unbedingt als ein Problem der Gerichte an. Sämtliche Behörden zahlen möglichst spät. :teufel:


    Leider, und die Komunen mit Ihrer schlechten Zahlungsmoral treiben damit kleinere Unternehmen in die Insolvenz. Von Aussenständen kann man halt nicht leben, aber das ist jetzt Off-Topic.

  • Ein ähnlicher Fall wurde bei uns akut. Soweit erinnerlich wurde der Anwalt darauf hingewiesen, dass allenfalls ein Schadenersatzanspruch gegen das Land besteht, aber ein Kostenfestestzung mangels gesetzlicher Grundlage ausscheidet.

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