Wohnrecht: Ersatz bei Zerstörung

  • Hallo zusammen,

    was haltet Ihr von folgender Vereinbarung bei Bestellung eines Wohnrechts:
    'Im Falle der Zerstörung der Wohnungsrechtsräume ist die Übernehmerin zur Gewährung einer gleichwertigen Wohnungsmöglichkeit auf dem Vertragsgrundstück verpflichtet.'

    Ich bin mir nicht sicher, ob dieses noch im Wege einer Dienstbarkeit dinglich gesichert werden kann, oder den Rahmen sprengt.
    Oder geht die Gewährung von Wohnraum so weit, dass der Eigentümer (nach Vereinbarung) bei Zerstörung einen gleichwertigen Ersatz zur Verfügung stellen muss?!

    Schon mal vielen Dank!

  • Die Verpflichtung zum Wiederaufbau zerstörter Baulichkeiten ist nach einer Entscheidung des LG Heilbronn (BWNotZ 1975, 124) als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts eintragungsfähig. Eine andere Frage ist, ob das Wohnungsrecht dessen ungeachtet bei der Zerstörung des Gebäudes erlischt oder ob es im Hinblick auf das neu errichtete Gebäude fortbesteht (hierzu vgl. Riedel Rpfleger 1966, 133 und Palandt/Bassenge § 1093 RdNr. 9 mit Hinweisen zu den dinglichen Sicherungsmöglichkeiten).

    Es gibt übrigens (z.B. in Bayern) auch landesrechtliche Bestimmungen, die beim Leibgeding einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wiederaufbau für den Fall der Zerstörung des Gebäudes und auf Wiederherstellung geeigneten Wohnraums vorsehen.

  • Ich muss juris 2112 ausnahmsweise da mal widersprechen!

    Ich verstehe die Formulierung als eine Wiederherstellungspflicht, die m.E. nicht dinglicher Inhalt einer Dienstbarkeit sein kann.

    Es ist (oder war zumindest lange Zeit) ja schon streitig, ob eine Unterhaltungspflicht des Eigentümers Inhalt eines Wohnungsrechts sein kann. Dieses wird inzwischen wohl überwiegend bejaht. Zur Begründung wird jedoch § 1021 BGB heran gezogen, welcher Regelungen über die Unterhaltspflichten einer Anlage (=bei Wohnungsrechten Gebäude) ermöglicht.

    M.E. geht eine Wiederherstellungspflicht darüber aber deutlich hinaus.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hallo,
    ich denke auch, dass eine Wiederherstellungspflicht nicht Inhalt einer Dienstbarkeit sein kann. Bei Zerstörung des Gebäudes könnte das Wohnungsrecht erlöschen, insbesondere wenn die Räume nicht genauso wiederaufgebaut werden.
    Letztendlich muss ja sagen, das eine Wiederherstellungpflicht nichts anderes bedeutet, dass bei Zerstörung des Gebäudes ein Anspruch auf Eintragung eines gleichwertigen Wohnrechtes besteht. Und ein Anspruch auf Eintragung eines Wohnrechtes kann durch eine Vormerkung gesichert werden.

    Gruß

    Jens

  • Ulf, FOLIA-Jens:

    Manchmal ist es doch nicht so gut, seine Stellungnahme zur Vermeidung einer längeren Abhandlung möglichst kurz zu halten.:D

    Als reallastähnliche Nebenverpflichtung ist die Wiederaufbaupflicht des Eigentümers wohl als als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts sicherbar (vgl. die in #2 zitierte Entscheidung des LG Heilbronn und Palandt/Bassenge § 1093 RdNr.11). Diese Frage der Eintragungsfähigkeit hat mit der zeitlich nachgelagerten Frage nach der dinglichen Sicherung am neuen Gebäude zunächst nichts zu tun.

    Vertritt man die Meinung, dass das alte Wohnungsrecht erlischt, weil es am neuen Gebäude (auch aufgrund des bereits erwähnten Bestimmtheitsgrundsatzes) nicht weiterbestehen kann, so empfiehlt es sich, die Wiederaufbauverpflichtung noch zusätzlich durch eine Reallast und die Wiederherstellung neuen Wohnraums des weiteren durch eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung eines neuen Wohnungsrechts zu sichern (was schon zur Sicherheit wahrscheinlich klüger wäre). Vertritt man dagegen die Auffassung, dass das Wohnungsrecht durch die Zerstörung des Gebäudes nicht ohne weiteres erlischt, weil es zutreffenderweise nicht am Gebäude, sondern am Grundstück lastet, so ist es auch denkbar, dass das alte Wohnungsrecht auch nach erfolgtem Wiederaufbau materiell fortbestehen kann (vgl. die Zitate in #2).

    Ich denke, wir müssen hier nach dem Ausgangssachverhalt aber nur darüber entscheiden, ob die Wiederaufbauverpflichtung als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts (ohne weitere zusätzliche Sicherungen) eintragungsfähig ist. Insoweit tendiere ich aus den genannten Gründen nach wie vor dazu, diese Frage zu bejahen.

  • Zitat von juris2112


    Als reallastähnliche Nebenverpflichtung ist die Wiederaufbaupflicht des Eigentümers wohl als als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts sicherbar (vgl. die in #2 zitierte Entscheidung des LG Heilbronn und Palandt/Bassenge § 1093 RdNr.11). (...)

    Ich denke, wir müssen hier nach dem Ausgangssachverhalt aber nur darüber entscheiden, ob die Wiederaufbauverpflichtung als dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts (ohne weitere zusätzliche Sicherungen) eintragungsfähig ist. Insoweit tendiere ich aus den genannten Gründen nach wie vor dazu, diese Frage zu bejahen.


    Bin nach wie vor :dagegen: !
    Eine solche Verpflichtung würde mir als Nebenpflicht erheblich zu weit gehen! Grundsatz ist schließlich, dass bei Dienstbarkeiten nicht mit dinglicher Wirkung positive leistungspflichten des Eigentümers gesichert werden können. Bisher habe ich keine Begründung gefunden, die mich überzeugt, warum bei so einer Wiederherstellungspflicht dieser Grundsatz durchbrochen werden sollte.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Man kann hier sicher beide Meinungen vertreten. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte sich (als Wohnungsberechtigter) auf jeden Fall nicht einer bloßen dinglichen Sicherung durch das Wohnungsrecht zufrieden geben. Denn sonst steht er im Zweifel dinglich (nicht schuldrechtlich) mit leeren Händen da.

    Vielleicht sollte "Nicole" es beanstanden und ggf. vom LG entscheiden lassen, dann hat sie mit dem Problem bis zum Vorliegen einer zumindest obergerichtlichen Entscheidung für die Zukunft ihre Ruhe.

  • Auch die notarielle Praxis empfiehlt entweder eine Wohnungsreallast, die das Wohnungsrecht unabhängig vom jeweiligen Gebäudebestand gewährt, oder eine sog. "Brandvormerkung", die den künftigen Anspruch auf Neubestellung eines Wohnungsrechtes sichert (so das Würzburger Notarhandbuch, Bearbeiter Holland, Seite 1055).

  • Ich gebe mal den Inhalt der Urkunde auszugsweise wortwörtlich wieder, weil ich zwar nach langer Recherche nicht mehr völlig überfragt, aber immer noch unsicher bin:

    „Der Erwerber räumt hiermit Herrn Max Muster folgende Rechte ein:
    a. das lebenslängliche Wohnungsrecht nach § 1093 BGB, des Inhalts, dass der Berechtigte unter Ausschluss des Eigentümers alle Räume…. (etc., unproblematisch) b. eine Wohnungsgewährungsreallast und Brandvormerkung des Inhalts, dass bei einer Zerstörung der Wohnung oder einer solchen Beschädigung, die ein standesgemäßes Bewohnen unmöglich macht, der Eigentümer verpflichtet ist, die Räumlichkeiten wieder herzustellen.
    In den neu errichteten Räumlichkeiten ist dem Berechtigten ein gleichwertiges Wohnungsrecht einzuräumen.
    Für die Zwischenzeit ist eine angemessene Wohnung mietfrei zur Verfügung zu stellen.
    Die Rechte erlöschen bei Auszug des Berechtigten auf Dauer bzw. falls eine dauernde Unterbringung im Krankhaus, einem Senioren- oder Pflegeheim ärztlicherseits für notwendig erachtet wird.

    Die Parteien bewilligen und beantragen die Eintragung der vorstehenden Rechte – mit unter sich gleichem Rang – im Grundbuch zu Lasten des Flurstücks 0815 mit der Maßgabe, dass zur Löschung der Todesnachweis des Berechtigten genügen soll.“


    Ich würde jetzt eintragen:

    1. Beschränkt persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) für Max Muster, löschbar bei Nachweis des Todes. Bezug: Bewilligung vom XXX. Eingetragen am…
    2. Reallast (Wohnungsgewährungsreallast) für Max Muster, löschbar bei Nachweis des Todes. Bezug: Bewilligung vom XXX. Eingetragen am…
    3. (halbspaltig) Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Max Muster auf Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (Wohnungsrecht). Bezug: Bewilligung vom XXX. Eingetragen am…
      -zu 1.) bis 2.) im Gleichrang-

      Passt das so?
      Oder muss ich den Anspruch, den die Vormerkung sichert noch näher konkretisieren?
      Oder bin ich völlig auf dem Holzweg? :(

      Vielen Dank!!

  • Die Vormerkung zur Sicherung des zukünftigen Anspruchs auf Einräumung eines Wohnungsrechts als Ersatz bei Zerstörung der Räumlichkeiten wäre mir ausreichend bestimmt. Aber Rückstände sind beim Wohnungsrecht wohl keine möglich.

  • Danke für Deine Antwort 45! :)

    Beim Wohnungsrecht wurde allerdings vereinbart, dass der Eigentümer verpflichtet ist, das Gebäude einschl. der Wohnung des Berechtigten instand zu halten.
    Sind dann nicht doch Rückstände denk- und die Vorlöschungsklausel eintragbar?

  • M. E. kann die Verpflichtung zur Wiederherstellung des Gebäudes nicht Inhalt einer Vormerkung sein.

    Außerdem sind die Rechte doch auflösend bedingt (dauernder Auszug)?!

  • Richtig. Die Verpflichtung zur Wiederherstellung soll Inhalt der Reallast sein.

    Der Notar hat da unscharf formuliert...
    Hm, oder muss ich da mit ner Zwischenverfügung ran??

    Würde ich machen. M. E. ist der Inhalt der Vormerkung jedenfalls in der vorliegenden Form nicht eintragungsfähig.

  • An dem mit einem Altbau bebauten Grundstück wird ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB zur Nutzung aller Räume des Altbaus bestellt.

    "bereits jetzt wird vereinbart, dass ohne zusätzliche Vollzugsakte nach vollständiger Fertigstellung des Neubaus das Recht dann aus dem Recht die Wohnung im Neubau....(lt. anl. Plan) zu nutzen. Das Wohnungsrecht am Altbau erlischt dann.
    Es wird bewilligt und beantragt das vorstehende Wohungsrecht......einzutragen."

    Müsste man das Recht bzgl. Neubau nicht durch eine Vormerkung sichern?

  • Das Wohnungsrecht erlischt bei Zerstörung des Gebäudes lt. BGH (Urteil vom 05.03.1954 - V ZR 17/53), wobei die Frage offen bleibt, ob dies auch gilt, wenn von vorne herein der Wiederaufbau vereinbart ist. Das "Schrifttum" nimmt das bloße Ruhen des Wohnrechts an.
    Eine schuldrechtliche Verpflichtung des Eigentümers, ein Gebäude wieder aufzubauen und daran dann ein neues Wohnrecht zu bestellen, kann durch Vormerkung gesichert werden.
    Ob eine Wiederherstellungspflicht zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gemacht werden kann, ist strittig (LG Braunschweig RNotZ 2002, 177, verneinend LG Heilbronn, BWNotZ 1975, 124. Auf beide habe ich keinen Zugriff).

    Da der BGH in der o.g. Entscheidung aber sagt "Wenn der Eigentümer dem Wohnberechtigten neu errichtete Räume zum Wohnen überlassen würde, so würde es sich um ein neues Wohnrecht an neuen Räumen handeln", werde ich das Wohnungsrecht so nicht eintragen, da ja auch ausdrücklich vereinbart ist, dass das alte Wohnrecht erlischt.

  • An dem mit einem Altbau bebauten Grundstück wird ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB zur Nutzung aller Räume des Altbaus bestellt.

    "bereits jetzt wird vereinbart, dass ohne zusätzliche Vollzugsakte nach vollständiger Fertigstellung des Neubaus das Recht dann aus dem Recht die Wohnung im Neubau....(lt. anl. Plan) zu nutzen. Das Wohnungsrecht am Altbau erlischt dann.
    Es wird bewilligt und beantragt das vorstehende Wohungsrecht......einzutragen."

    Müsste man das Recht bzgl. Neubau nicht durch eine Vormerkung sichern?

    Sorry, habe wenig Zeit. Aber ich denke, dass das Wohnungsrecht am Altbau auflösend bedingt (bis zur Fertigstellung des Neubaus) und am Neubau (aufschiebend bedingt durch die Fertigstellung) bestellt werden kann. Jedenfalls ist die alternative Bestellung an verschiedenen Objekten nach dem Beschluss des BayObLG vom 26.02.1988, BReg. 2 Z 107/87, möglich. Siehe dazu auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 1261. Auch müssen die Wohnräume bei der Bestellung des Rechts noch nicht errichtet sein (s. Reymann im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, Updatestand 08.11.2017, § 1093 RN 17 mwN).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Bei BayObLG war es alternativ. Bei mir ist es sozusagen sukzessiv. Natürlich sind die Räume im Alt- und Neubau auch ausreichend bestimmt. Aber mir gefällt irgendwie nicht, dass ich zwei Wohnrechte mit einem dingl. Recht absichere.

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