Aufgebotsverfahren

  • Hi,
    das Aufgebot kommt bei mir gerade 2-3 mal im Jahr vor.
    GS-Brief ist verloren gegangen. Eigentümer des Grundstückes sind, Opa ( = Vater von Tochter = Poa der mj. Kinder), Tochter ( = Mutter ) sowie 2 mj Kinder.
    Die Tochter ( Kindsmutter) beantragt nun das Aufgebot hinsichtlich des verlorengegangenen GS-Briefes ( 320000 DM zzgl. 16 % Zinsen ). Die GS steht in Abtl.III Nummer 1. Es ist eine Eigentümergrundschuld bzw. Berechtigte ist die Tochter ( = Kindsmutter ). Sie gibt an, die GS sei damals bestellt worden um für den Fall eines Kredites das Gstück einfacher belasten zu können.
    Sie habe dies nun vor.
    Ich habe nun den Vorschuss, die eV der Tochter/Kindsmutter, dass Sie nicht verfügt hat und nichts über den verbleib weiß. Gleichzeitig habe ich die e.V der Grundstücksbesetzer ( Tochter/Kindsmutter; Opa und der Kinder - vertreten ducrh die Kindsmutter wiederum) einen neuesetn GB-Auszug und den Antrag auf Ausschlussurteil.
    Brauche ich noch was und vor allem: Gibt es da ein Problem mit den mj Kindern? Sind diese Verfahrensbeteiligte und brauche ich da nen Pfleger? Für die Abtretung brauch es ggf. später eine Genehmigung - aber das bekomme ich im Aufgebotsverfahren ja nicht mit. Ob im Vorfeld bei Bestellung der GS etwas geprüft wurde, kann ich nicht nachvolziehen, dürfte doch aber keine Role für das Aufgebot spielen. Im Grund gibt die Mutter doch nur an: Ich habe den Brief verloren.
    Irgendwie sitze ich auf dem Schlauch.

    Danke.

  • Nur zur Klarstellung:

    Im Sachverhalt heißt es, es wäre eine Eigentümergrundschuld bzw. die Mutter wäre die Berechtigte.

    Wer ist denn als ursprünglicher Gläubiger der Grundschuld im Grundbuch eingetragen? Die jetzigen Eigentümer oder (wahrscheinlicher) die ursprünglichen Besteller, noch bevor die Kinder (und evtl. auch die Mutter) Miteigentümer wurden? Wurde dann später eine Abtretung eingetragen?
    Wie ist das genaue Eigentumsverhältnis? Bruchteilseigentum des Opas und Bruchteilseigentum der Erbengemeinschaft zwischen Mutter und Kindern?

    Ich vermute mal, dass die Mutter nicht ursprüngliche Gläubigerin der Grundschuld war und dass auch die Abtretung an sie nicht im Grundbuch eingetragen ist. In diesem Fall besteht das Problem (von der Antragsberechtigung abgesehen) nicht in der Kraftloserklärung des Briefs, sondern darin, dass die Mutter den auf Sie erfolgten (angeblichen) Rechtsübergang mittels Abtretungserklärung nicht nachweisen kann. Es wird ihr daher durchaus schwerfallen, sich als Berechtigte der Grundschuld auszuweisen.

    Aber bevor ich zu sehr im Nebel herumstochere, bitte ich um Präzisierung des Sachverhalts.

  • Hallo juris2112,
    mußte mir zuerst die Akte nochmal holen:
    Also der Sachverhalt ist doch noch etwas anders:
    Vorgelegt wird ein GB-Auszug vom Dezember 2005; eingetragene Eigentümer sind die Mutter ( 4/15), die beiden mj Kinder ( je 4/15) und der Großvater ( 1/5).
    Gleichzeitig habe ich noch vorgelegt bekommen eine Kopie der damaligen Urkunde.
    Die damaligen Eigentümer ( der Großvater, dessen Frau und die Tante des Großvaters) haben der Mutter und den beiden mj Kinder das Grundstück geschenkt. Im Schenkungsvertrag wurde gelichzeitig der Mutter eine / die Grundschuld bewilligt. Schuldrechtlich wurde vereibart, dass diese nur mit einem Darlehen valutiert und abgetreten werden darf, das für die Renovierung, die Unterhaltung, den Umbau oder die Neuerrichtung des Grundstückes verwendet werden muß.
    In diesem Fall war also die Mutter direkt GS-Eigentümerin. Nun gibt sie eben an, den GS Brief verloren zu haben. Sie wolle jetzt das Grundstück belasten bzw. die bestehende GS abtreten.
    Gleichzeitig gibt sie noch an, die elterliche Sorge der Kinder zu haben und legt ein Scheidungsurteil vor, aus dem die elterliche Sorge aber nicht hervorgeht.

  • Vermag kein Problem zu erkennen, Gläubiger der Briefgrundschuld ist nach dem geschilderten Sachverhalt die Kindsmutter (KM) allein. Also normales Briefaufgebotsverfahren, nach dessen Abschluß richtet die KM Antrag an GBA auf neue Brieferteilung...(und tschüß).

  • Nun sehe ich klarer:

    Mit der Antragsberechtigung i.S. des § 1004 Abs.2 ZPO gibt es nunmehr kein Problem. Die Mutter als Berechtigte der Grundschuld ist alleine antragsberechtigt, da für eine bereits erfolgte Abtretung der Grundschuld nichts spricht. Eines Antragstellung durch die übrigen (minderjährigen) Grundstückseigentümer steht nicht in Frage, weil sie aus den genannten Gründen nicht als (Mit)Gläubiger der Grundschuld in Betracht kommen. Die übrigen Grundstückseigentümer sind somit lediglich am Verfahren zu beteiligen. Nach dem Ausgangssachverhalt liegen die erforderlichen Erklärungen dieser Beteiligten bereits vor. Die eV der Mutter für die Kinder ist allerdings unsinnig; was sollten die mindejährigen Kinder schon aus eigenem Wissen bekunden? Im übrigen ist die eV der Kinder (ebenso wie diejenige des Großvaters) auch nicht erforderlich, weil § 1007 ZPO nur die eV des Antragstellers vorsieht. Alleinige Antragstellerin ist aber die Mutter.

    Einen Vertretungsausschluss der Mutter sehe ich nicht. Insbesondere ist § 1795 Abs.1 Nr.3 BGB nicht einschlägig, weil er nur echte private Streitsachen des Zivilrechts und der freiwilligen Gerichtsbarkeit umfasst (Soergel/Zimmermann § 1795 RdNr.43), zu welchen das Aufgebotsverfahren zweifelsfrei auch dann nicht zählt, wenn die Grundstückseigentümer aus formalen Gründen Antragsgegner wären. Ein familiengerichtlicher Genehmigungstatbestand ist ebenfalls nicht erfüllt.

    Die elterliche Sorge der Mutter ist aus den genannten Gründen nur insoweit nachzuweisen, als sie im Verfahren für ihre Kinder Erklärungen abgegeben hat (vgl. Ausgangssachverhalt). Also diesen Nachweis noch fordern oder -einfacher und pragmatischer- die Scheidungsakten beiziehen. Das Scheidungsurteil samt Aktenzeichen liegt ja vor.

    Ansonsten wirft das Aufgebotsverfahren aus meiner Sicht keine Probleme auf.

    Zum weiteren Verfahren:

    Mit dem Ausschlussurteil kann die Mutter nach § 67 GBO die Erteilung eines neuen Grundschuldbriefs beim GBA beantragen. Obwohl die Mutter im GB als Gläubigerin eingetragen ist, muss sie aber hierfür nachweisen, dass sie die Grundschuld durch seinerzeitige Briefübergabe erworben hat, weil die Briefübergabe bei bloßem Besitz des Ausschlussurteils nicht nach § 1117 Abs.3 BGB vermutet wird (vgl. Demharter § 67 RdNr.3 m.w.N.). Für diesen nach § 29 GBO formbedürftigen Nachweis (BayObLGZ 1988, 148 = Rpfleger 1988, 477) kommt im vorliegenden Fall eine notariell beglaubigte Geständniserklärung des Großvaters in Betracht, wonach der Brief seinerzeit von allen Eigentümern an die Mutter übergeben wurde. Wurde bei der damaligen Grundschuldbestellung eine Vereinbarung nach § 1117 Abs.2 BGB getroffen, so erübrigt sich dieser Nachweis allerdings, weil der Gläubiger die Grundschuld in diesem Fall bereits mit der Eintragung des Rechts erwirbt.

    Hat die Mutter den neuen Brief in Händen, so kann sie die bis jetzt unvalutierte Grundschuld an einen Finanzierungsgläubiger abtreten, mit welchem sie einen entsprechenden Darlehensvertrag geschlossen hat. Für die (auch) von den Kindern abzugebende Zweckerklärung ist nach § 1643 Abs.1 BGB i.V.m. § 1822 Nr.10 BGB die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Im familiengerichtlichen Verfahren wird die Mutter aufgrund der Bestimmungen des Überlassungsvertrags noch vor dem Abschluss des Darlehensvertrages durch Kostenvoranschläge zu belegen haben, inwieweit eine Valutierung der Grundschuld für die "zulässigen" Zwecke erfolgen darf. Nach Erteilung der Genehmigung hat die Mutter alsdann durch Vorlage von Rechnungen zu belegen, wofür die Darlehensmittel im einzelnen verwendet wurden und dass sie die Darlehensgelder auch tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet hat.

    Insgesamt ein sehr interessanter Fall mit dem Weg vom Aufgebotsverfahren zum Grundbuchverfahren und von dort zum Verfahren des FamG.

  • @ juris2112:
    Vielen Dank für die schnelle, präzise und sehr ausführliche Antwort. :daumenrau :daumenrau
    Bei solchen Sachen, welche nur 2-3 mal im Jahr vorkommen und man sich regelmäßig wieder eindenken muß, stehe ich manchmal da wie der :confused:

    Aber mit der Hilfe des Forums ist hier echt eine Arbeitshilfe und - erleichterung geschaffen worden.

    Einen schönen Abend

  • Zitat von Diabolo

    Bei solchen Sachen, welche nur 2-3 mal im Jahr vorkommen...



    Das wird sicherlich mit der Größe "Deines" Gerichts zusammenhängen. In meinem Beritt wird praktische alles Nase lang etwas verloren. Für Sparbücher und Grundschuldbriefe habe ich schon ein Aufgebotsentwurf gefertigt und muss lediglich noch die aktuellen Daten eingeben. Evtl. gibt es im Norden ja auch mehr Trottel... :nixweiss:

  • Guten Morgen 13,
    mein Gericht ist gar nicht so klein; Am Sitz eines LG. Aber oft ( Sparbücher und so) überlegen es sich die Leute, ob es überhaupt lohnt ( "Vorschuss").
    Aber ganz ehrlich: ich will es gar nicht öfter machen!!!
    Einen schönen - sonnigen - Arbeitstag.

  • Dann tun wir uns beide nix - ich residiere auch am Sitz eines LG. Damit wären wir dann wohl wieder bei den Trotteln des Nordens... :D
    Oder sollten die hier mehr auf dem Sparbuch haben? Ich hatte auch schon welche im 6-stelligen Bereich.

    Im Übrigen ist das Verfahren kaum kompliziert, um das Wort "anspruchsvoll" zu vermeiden... :teufel:

    Auch Dir viel Sonne und wenig Akten.

  • Ich habe neulich gelesen, dass meine Region zu den beliebtesten gehört - bei uns sind alle sooooooooo reich, dass die ein verschwundenes Sparbuch schon mal verkraften......:)
    Schwierig ist es nicht - aber immer wieder ungewohnt und es läuft halt dann nicht so wie das Tagesgeschäft wenn man es nur ein paar mal hat.


    Über Sonne kann ich mich nicht beschweren ( sie scheint mir gerade ins Büro ) - leider wird sie von dem riesigen Aktenstapel etwas verdunkelt.
    Bis dann

  • Diabolo:

    Wer reich ist, hat sein Geld nicht auf dem Sparbuch. Vielleicht habt Ihr deshalb so wenig Aufgebotsverfahren.:D

  • @juris2112:
    Auch den guten alten Strumpf mit dem Vermögen kann man verlieren:D . Gott sei dank komme ich nie in die Verlegenheit, ein Aufgebotsverfahren einleiten zu müssen. Habe zwar ein Sparbuch ( oh shit, habe ich jetzt zugegeben, arm zu sein?) - aber da ist nichts drauf.:wechlach:

  • Eigentlich müsste man das Sparbuch in "Geldvernichtungsbuch" umbenennen, weil die Zinsen ja nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen.

  • Zitat von juris2112

    Eigentlich müsste man das Sparbuch in "Geldvernichtungsbuch" umbenennen, weil die Zinsen ja nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen.



    Das um so mehr, wenn man sich die aktuellen Steuerbeschlüsse unserer kompetenten Regierung ansieht... :daumenrun

  • Noch eine Frage zum Verfahren:
    Folgender Fall:
    Eine Grundschuld ist eingetragen. Nunmehr meldet sich der Eigentümer und beantragt Aufgebot, da er verkaufen will. Die Grundschuldgläubigerin (Bank ) teilt mit, dass keine Verbindlichkeiten mehr bestehen, sie deshalb davon ausgeht, dass eine Löschungsbewilligung +Brief an den Eigentümer gesendet wurde..sie jedoch -da keine Unterlagen mehr vorhanden sind--nicht ausschließen kann, dass die Grdschuld ggfs. an einen anderen Gläubiger abgetreten wurde, so dass der Brief+ Abtretungserklärung an den neuen Gläubiger ging.

    Da sah ich für mich das Ende der Fahnenstange, weil eine Abtretung nicht ausgeschlossen werden konnte--dies teilte ich Anwalt mit (Aufgebot nicht möglich).
    Der macht jetzt Krawalle bei mir und sieht das gaaaanz anders.
    Würde mich freuen,wenn ihr dazu was sagen könntet, ist mein erster Antrag auf Aufgebot..

  • Ich sehe nichts, was dem Aufgebot des Grundschuldbriefs i.S. des § 1162 BGB auf Antrag des Gläubigers entgegenstünde, weil die vom eingetragenen Gläubiger ins Spiel gebrachte Abtretung auf reiner Spekulation beruht und es in der Natur der Dinge liegt, dass eine Briefrecht außerhalb des Grundbuchs abgetreten werden kann. Es verbleibt somit dabei, dass dem Gläubiger lediglich der Verbleib des Briefs unbekannt ist.

    Mit dem Ausschlussurteil wird der Brief kraftlos. Der Gläubiger kann dann die Löschung bewilligen, ohne dass es hierfür der Vorlage und der Erteilung eines neuen Briefs bedarf (§ 41 Abs.2 GBO). Der in #5 angesprochene Nachweis der Briefübergabe an den Gläubiger ergibt sich aus den Grundakten, falls eine Vereinbarung nach § 1117 Abs.2 BGB oder eine Aushändigungsbestimmung nach § 60 Abs.2 GBO vorlag. In diesen Fällen wurde der Brief nämlich aktenkundig direkt an die Gläubigerin übersandt.

  • @juris2112:
    Mpf, aber beides ist doch spekulativ: Die ehem. Gläubigerin (Bank) teilt nur mit, dass sie nicht mehr Gläubigerin ist..es wird nur vermutet, dass entweder dem Eigentümer oder einem völlig Unbekannten nunmehr das Recht zusteht.
    Also weiss ich doch gar nicht, wer Gläubiger ist, oder?
    Kann ich da voraussetzen, dass Gl nunmehr der Eigentümer ist? Ich dachte eigentlich nicht....:gruebel:

  • Es handelt sich um eine forderungsunabhängige Grundschuld. Sie bleibt daher in aller Regel auch dann Fremdrecht, wenn das ihr zugrunde liegende Darlehen zurückbezahlt wurde. Von der Gläubigerstellung des Eigentümers kann daher keinesfalls ausgegangen werden, weil eine Zahlung auf die Grundschuld nicht belegt werden kann.

    Die Bank hat nur erklärt, dass die Forderung getilgt wurde und sie aus der Grundschuld daher keine Rechte mehr herleitet. Da keine Unterlagen mehr vorhanden sind, ist es theoretisch selbstverständlich möglich, dass die Grundschuld an einen Dritten abgetreten wurde (bei einer Umschuldung). Dies ist jedoch nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Die Regel ist, dass Löschungsbewilligung und Brief dem Eigentümer zugesandt werden. Eben dies hat die Bank erklärt. Die Drittabtretung ist Spekulation.

    Aus diesem Grund habe ich auch die Auffassung vertreten, dass nicht die Grundschuld als solche (§ 1170 BGB), sondern nur der Brief aufgeboten werden kann (§ 1162 BGB) und das insoweit nur der eingetragene Gläubiger (und nicht der Eigentümer) antragsberechtigt ist.

    Zum weiteren Verfahren vgl. oben #17 Absatz 2.

  • Muß der Inhaber des Rechtes nicht auch versichern, dass er nichts über den Verbleib wiss, das recht nicht abgetreten habe und und und? Sieht unser Vordruck übrigens vor.
    Nachher "gehört" das Recht jemandem anders und es wird gelöscht??

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