Justizministerium Brandenburg weist Manipulationsvorwürfe gegen Grundbuchamt zurück

  • Pressemitteilung des JM Brandenburg vom 10.02.2008:

    Die auf den Titelseiten von „Tagesspiegel" und „Potsdamer Neuesten Nachrichten" vom 9. Februar 2008 aufgestellte Behauptung, „Brandenburg manipulierte Grundbücher" ist wahrheitswidrig.

    Die Redaktionen haben vor Veröffentlichung dieses Vorwurfs der Brandenburger Justiz keine Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Der gestrigen Aufforderung des Justizministeriums, die Behauptung durch Benennung des betroffenen Grundbuches zu belegen und die Justiz damit in die Lage zu versetzen, den Vorgang zu untersuchen und sich gegen den verunglimpfenden Vorwurf zu verteidigen, sind die Redaktionen bislang nicht nachgekommen.

    Selbständige Recherchen des Justizministeriums in dem mutmaßlich von den Vorwürfen betroffenen Grundbuchamt haben keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht, dass die von den PNN aufgestellten Behauptungen, bis Mitte 1997 seien Eigentumsverhältnisse durch den Aufdruck des Stempels ‚Zurückgeführt' zugunsten des Landes verändert und damit Eigentümer „handstreichartig" aus dem Grundbuch gelöscht worden, zutreffen.

    Der in einigen Grundbuchseiten dieses Amtes heute noch zu sehende Stempelaufdruck ‚Zurückgeführt' stammt aus den 50er Jahren. Jedenfalls nach der Herstellung der deutschen Einheit wurde dieser Stempel nicht mehr benutzt. Zu finden ist er im Übrigen ausschließlich im Bestandsverzeichnis des Grundbuches, das keinen öffentlichen Glauben genießt: Enteignungen sind hier gar nicht möglich.

    Für die seit dem 3. Oktober 1990 geführten Grundbücher ist es auszuschließen, dass Eintragungen vorgenommen wurden, ohne dass entsprechende Urkunden (Bescheide, Urteile u.ä.) vorlagen. Die Vorstellung vom „Stempeln" als alleinigem, die Eigentumsverhältnisse verändernden Akt ist sachfremd. Ein aus dem Zusammenhang gerissener Stempelaufdruck ist somit ohne Aussagewert.

    Justizministerin Beate Blechinger: „Ich verwahre mich entschieden gegen die erhobenen Vorwürfe, in Brandenburger Grundbuchämtern würde manipuliert. Die dort arbeitenden Rechtspfleger sind in ihrer Amtsführung ebenso unabhängig und allein dem Gesetz unterworfen wie Richter. Es ist verantwortungslos, der dritten Gewalt Willfährigkeit gegenüber Behörden zu unterstellen."

  • Mal abgesehen vom rechtlichen Hintergrund der Problematik mit den zurückgeführten Bodenreformgrundstücken, ist es schon peinlich, wenn ein Justizministerium pauschal behauptet, die Eintragungen im Bestandsverzeichnis unterlägen nicht der Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs. Dies mag für einen nicht unterschriebenen Stempleaufdruck gelten, aber nicht generell (vergl. z.B. BGH, Rpfleger 2006, 181).

  • Pressemitteilungen aus unserem Mysterium sind schon gelegentlich "gewöhnungsbedürftig". Das ändert aber nichts daran, daß die Presseartikel zumindest im Grundbuchteil haarsträubender Blödsinn waren und so nicht stehen bleiben konnten.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Dann ist doch alles wieder gut: Juristisch begrenzt kompetentes Ministerium wehrt sich deutlich gegen dumm-dreiste Presse, um Schaden vom öffentlichen Bild der unabhängigen Justiz abzuwenden.

  • Gar nichts ist gut. Auf uns kommt jetzt eine Welle zu, die sicher nicht schön wird. Da hilft es uns auch nicht, das sich unser GBA seinerzeit gegen diese Vertreterbestellungen und Auflassungen gestellt hat. Wir sind aufgehoben worden, obwohl sogar Erben bekannt waren. Und dann gibt es da noch so eine Anwaltskanzlei, die jetzt ernsthaft pauschal von allen GBÄ in Brandenburg verlangt, die Grundbücher, die betroffen sein könnten, von Amts wegen zu ermitteln und Amtswidersprüche einzutragen. Eigentlich zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Gar nichts ist gut. Auf uns kommt jetzt eine Welle zu, die sicher nicht schön wird. Da hilft es uns auch nicht, das sich unser GBA seinerzeit gegen diese Vertreterbestellungen und Auflassungen gestellt hat. Wir sind aufgehoben worden, obwohl sogar Erben bekannt waren. Und dann gibt es da noch so eine Anwaltskanzlei, die jetzt ernsthaft pauschal von allen GBÄ in Brandenburg verlangt, die Grundbücher, die betroffen sein könnten, von Amts wegen zu ermitteln und Amtswidersprüche einzutragen. Eigentlich zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre.


    Soll das heißen, die Vorwürfe stimmen doch ????:eek:

  • Das soll heißen, jeder soll glauben, dass die Vorwürfe stimmen.
    Und dafür kann man ja mal eben alle evl. in Frage kommenden GB ermitteln und Widersprüche eintragen lassen und hinterher prüfen, ob die Eigentumsaneignung nun mit rechten Dingen zugegangen ist oder nicht.

  • Leider kenne ich die BGH-Entscheidung nicht im Wortlaut.

    Ich habe das so verstanden, daß die Praxis, das Land zum gesetzlichen Vertreter nach VermG zu bestellen, der das Grundstück dann an den Landesfiskus aufläßt, was vom Landkreis als Bestellungsbehörde dann genehmigt wird, gerügt wurde. Das hatten wir damals auch getan. Im Hinblick auf die Gewaltenteilung etc. wollten wir eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung haben (die dann wohl oft wegen der nicht erfolgten Ermittlungen des bestellten gesetzlichen Vertreters versagt worden wäre). Aber wir wurden ja aufgehoben.

    Die angebliche Enteignung mit Stempel "Zurückgeführt" ist aber definitiv Blödsinn. Diese Stempel wurden in den 50er und 60er ins BV gdrückt, wenn der Bestand auf das Einheitskataster umgestellt (=zurückgeführt) wurde. Das hat mit der Geschichte rein gar nichts zu tun, wirft aber ein bezeichnendes Licht auf die Qualität der Berichterstattung.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Na lassen wir doch mal die Kirche im Dorf, über diese dummen Pressemitteilungen habe ich mich auch sehr geärgert.
    Man sollte ein wenig die Historie des ehemaligen Liegenschaftsdienstes der DDR kennen, denn dann wüsste man nämlich, das früher das das Bestandsblatt des Katasters gleichzeitig das Bestandblatt des Grundbuches war, "Ökonomie" eben. Der Stempel "Zurückgeführt" ist lediglich der verkürzte Katasterausdruck für "Auf das Einheitskataster zurückgeführt". Er wurde bei Anlegung der Katasterkarteiblätter aufgestempelt, um die Übereinstimmung mit den Flurbüchern zu bescheinigen. Das Katasterblatt hat also mit dem Grundbuch und dem Eigentum nur insoweit zu tun, das es die Grundlage des heutigen Bestandsverzeichnisses eines Grundbuches ist.

  • Genau diese Entscheidung meine ich. Danke für die Quelle. Die Problematik ist die von mir benannte. Abwarten, was jetzt kommt. Von Amts wegen suchen wir jedenfalls nicht würde ich sagen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Meint Ihr mit BGH-Entscheidung etwa
    BGH, B.v.7.12.2007, V ZR 65/07 ? Dort geht es aber nicht um einen Fall nach dem VermG, oder?



    Es geht um diese Entscheidung. Und derr BGH hat in dieser Entscheidung festgestellt, dass das Land als Vertreter nach Art. 233 Abs. 3 EGBGB seine Vertretungsmacht sittenwidrig missbraucht hat, weil es die fraglichen Bodenreformgrundstücke an sich selbst aufgelassen hat, ohne zu prüfen, ob die vom Land Vertretenen tatsächlich verpflichtet waren, das Grundstück nach Art. 233 § 12 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 3 EGBGB an das Land zurückzugeben. Es drohte nämlich Verjährung nach Art. 233 § 14 EGBGB. Da war halt Eile geboten. Da konnte man auf die Interessen der Vertretenen nicht so viel Rücksicht nehmen.

    Die von FED angesprochene Frage, ob die Bestellung des Landes zum Vertreter und die Genehmigung der Auflassung durch den Landkreis in Ordnung waren, hat der BGH nicht entschieden, weil er die Auflassungserklärung schon aus den o.g. Gründen als nichtig angesehen hat.

  • Genau diese Entscheidung meine ich. Danke für die Quelle. Die Problematik ist die von mir benannte. Abwarten, was jetzt kommt. Von Amts wegen suchen wir jedenfalls nicht würde ich sagen.



    Da es zur Eintragung eines Amtswiderspruchs erforderlich ist, dass die Gesetzesverletzung feststeht und die Unrichtigkeit des Grundbuches glaubhaft ist, besteht hierzu auch keine Veranlassung. Ob die Auflassung nichtig ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Ob die Interessen des Vertretenen wie in dem entschiedenen Fall missachtet wurden oder nicht, kann das Grundbuchamt nur aufgrund der vorliegenden Auflassungserklärung und der Genehmigung des Landkreises nicht entscheiden. Eine Ermittlung der fraglichen Akten würde somit ohne weiteren Vortrag durch die Betroffenen ohnehin nichts bringen.

  • Mich ärgert nur, dass die örtliche Presse die Angelegenheit in einer Weise aufbauscht, dass für den unbedarfeten Bürger der Eindruck erweckt wird, alle, die mal irgendwann irgendwo ein Bodenreformgrundstück hatten, bekommen es zurück.

    In der Welle, die in unsere Geschäftsstellen geschwappt ist, war bislang nicht ein einziger, auf den die Fallgestaltung zugetroffen hat. Es waren sogar meistens solche Leute, die freiwillig einen Landverzicht unterschrieben hatten, oder die rechtskräftig zur Auflassung verurteilt wurden.

    Gottseidank ist heute kein Sprechtag...

  • Ich kenne den ursorünglichen Sachverhalt zu wenig.
    Aber bei Überfliegen meiner Wochenzeitschrift "Die Z..t" befindet sich unter "Länderspiegel" ebenfalls ein Artikel hierzu.
    Allerdings wird in dem Artikel weniger den Grundbuchämtern sondern eher der ( damaligen) Politik ein Vorwurf gemacht.

    Das betroffene Bundesland galt angeblich nach der Wiedervereinigung als "kleine DDR"; zumindest beginnt damit der Zeitungsartikel.
    Einen Zusammenhang mit der zit. BGH-Entscheidung herzustellen , steht mir jedoch fern.

    Angeblich muss das Bundesland 9000 Grundstücke zurückgeben.:eek:

  • Es wird viel spekuliert, als Tipp verweise ich auf B*-On* interssante Artikel dazu mit Link auf die beiden Urteile OLG Brandenburg und BGH

  • :(nochmal zu dem leidigen Thema Bodenreformabwicklung/Urteil BGB vom 07.12.07, und fehlender Erlaubnis nach § 7 GBBerG!
    Mit Mail von gestern wurde ein Beschluss des LG Potsdam vom 28.01.2008 (5 T 785/06) in dem es wieder um Grundbuchunrichtigkeit und die erforderliche Eintragung von Amtswidersprüchen geht zur Kenntnis übersandt!
    Bin eigendlich nach wie vor :dagegen:, vertrete immer noch Meinung von Prof. Böhringer in Rpfl 2005, S. 121 !!!!

    Stehe ich mit dieser Meinung allein da, oder gibt es Grundbuchämter die nun eine Einzelfallprüfung aller Grundbücher des Landes vornehmen werden um dann gegebenenfalls Amtswidersprüche eintragen zu wollen????:eek:

    :klugscheiIch kann, weil ich will was ich muss! (E. Kant)

  • In der Entscheidung hat das LG die Beschwerde gegen die Eintragung eines konkreten Amtswiderspruchs abgelehnt. Einer Prüfung aller Grundbücher kann ich daraus nicht ableiten.

    Laut Presseschau von heute soll es aber Grundbuchämter geben, die angeblich alles prüfen und Widersprüche eintragen wollen (wie es die Anwälte gewollt haben). Ich kenne aber keines und sehe selbst noch keine Veranlassung dazu.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • ...ja ist schon klar, aber in der Begründung der Beschwerdezurückweisung wird im Beschluss vom 31.01.2008 wieder auf die unwirksame Auflassung und der darausfolgenden Grundbuchunrichtigkeit und dem daraufhin "zu recht" eingetragenen Amtswiderspruch verwiesen.

    Der Presse habe ich heut noch nichts entnehmen können und OLG stellt ja auch ausdrücklich mit Mail vom 14.02.08 klar, das Prüfung und Entscheidung durch die Rechtspfleger unter Beachtung § 9 RpflG zu erfolgen hat. Es nervt aber trotzdem!:mad:

    :klugscheiIch kann, weil ich will was ich muss! (E. Kant)

  • unica.donna

    Ruhig Blut erst einmal.
    Sachverhalt prüfen.
    Fehlende Genehmigung ev. nachfordern.

    Sollte diese nicht erteilt werden - Prof. Böhringer in Rpfl 2005, S. 121 -.

    Dann entscheiden. Mit Amtswidersprüchen würde ich vorsichtig sein.
    Welchen Fehler hat das Grundbuchamt gemacht und zugunsten von wem (Begünstigten) und wie bekomme ich diesen wieder raus, wenn der Begünstigte (z.B. unbekannten Erben) nicht auffindbar ist und auch nicht Zuteilungsberechtigt war.

    Es wird in nächster Zeit noch weitere Hinweise kommen - - und dann Entscheiden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!