Partnerschaftsvermittlungsgebühren

  • Hallo zusammen,

    Habe hier 15 MB-Anträge mit Forderung: Dienstleistungsvertrag mit **** dem Namen nach Partnervermittlung etc.

    Zöller schreibt zu § 691 Rdnr. 1a, dass unzulässige, sittwidrige Forderungen nicht im Mahnverfahren geltend zu machen sind. Dies wäre der Fallbei Partnervermittlungsgebühren.
    OLG Stuttgart hat hierzu mal entschieden NJW 1993 Bl. 331

    für mich ist das alles nicht schlüssig, ich habe doch keine so weitgehende Prüfungspflicht. Kann nicht feststellen ob ein Fall des § 656 BGB vorliegt, wenn ich den Vertrag nicht habe.

    Habt ihr Erfahrungen mit sowas?

  • Ich meine schon, dass Du den Antrag beanstanden müsstest, wenn Du den Verdacht der Sittenwidrigkeit hast. Und der scheint hier gegeben zu sein:
    S. LG Essen, Urteil v. 26.04.1989, 19 O 65/89, NJW-RR 1990:

    "Die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid wegen des Entgelts aus einem Partnervermittlungsvertrag ist unzulässig, da nach einer verbreiteten Meinung aus solchen Verträgen Verbindlichkeiten nicht begründet werden und das Partnervermittlungsunternehmen deshalb den Anspruch gerichtlicher Kontrolle hätte unterwerfen müssen."

    In der Begründung heißt es u.a.:
    "Die Bekl. wird auch nicht durch den Umstand entlastet, daß die entsprechende Anwendung des § 656 BGB auf die Partnervermittlunghttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…tlung+#hit_last in der Rechtsprechung der Untergerichte umstritten ist und eine höchstrichterliche Entscheidung speziell zur http://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…rmittlung+#hit4Partnervermittlunghttp://rsw.beck.de/bib/bin/show.a…rmittlung+#hit1 bislang fehlt. Der BGH befürwortet nämlich eine entsprechende Anwendung des § 656 BGB auf Eheanbahnungs-Dienstverträge mit solchen Argumenten, die ohne weiteres auf die Anbahnung von Partnerschaften übertragbar sind (BGHZ 87, 309 (313) = NJW 1983, 2817 = LM § 656 BGB Nr. 3; BGH, NJW 1986, 927 (928) = LM § 656 BGB Nr. 5). Unabhängig davon hätte die Bekl. aber schon allein wegen der zahlreichen Entscheidungen, die eine entsprechende Anwendung des § 656 BGB auf den Partnervermittlungsvertrag vertreten, von der Einleitung des Mahnverfahrens gegen den rechtsunkundigen Kl. absehen und statt dessen Klage erheben müssen, um den erhobenen Anspruch einer gerichtlichen Prüfung nicht zu entziehen. Denn der Zweck des Mahnverfahrens besteht darin, die Durchsetzung eindeutig gegebener Ansprüche zu beschleunigen (BGHZ 101, 380 = NJW 1987, 3256 = LM 700 ZPO Nr. 5). Diese Eindeutigkeit fehlt, wenn eine beachtliche Zahl an Gerichten einer Rechtsauffassung folgt, die dem erhobenen Anspruch die Schlüssigkeit nimmt. In dieser Situation kann einem Gläubiger angesonnen werden, den Weg der Klage anstelle des Mahnverfahrens zu bestreiten."

    Dann sinn mal dem Gläubiger an, den Mahnantrag zurückzunehmen...!:D

  • Ich teile die Ansicht von heidebär.
    Soweit, sittenwidrige Geschäfte zu "entlarven", geht die Prüfungspflicht allemal. In meinem Beritt habe ich 2x derartige Mahnanträge gehabt, die beide Male zurückgenommen wurden. Anderenfalls hätte ich diese, und die Begründung kann man sich schön aus dem Zitat von heidebär zurechtbasteln, in jedem Fall zurückgewiesen. Und genauso würde ich auch verfahren, wenn sich der Antragsteller stur stellt. Auf diese Weise erhält man im Zweifel eine Entscheidung des Beschwerdegerichts, an der man sich dann zukünftig mit vorgegebener Begründung orientieren kann. Ich nenne so etwas immer "Fortführung des Rechts"... ;)

  • aber wie will ich es denn feststellen an Hand der Formulierung der Forderung??

    "Dienstleistungsvertrag mit ...." (Namen dürfen ja hier nicht genannt werden)

    habe irgendwie Bauchweh

  • Bei Unsicherheit kann per Zwischenverfügung aufgeklärt werden. Auf deutsch also: Kackfrech nachfragen unter Hinweis auf ...<Aktenzeichen der genannten Entscheidung angeben> ... mit der Bitte um Erläuterung des Dienstleistungsvertrags.

  • Zitat von Carsten

    aber wie will ich es denn feststellen an Hand der Formulierung der Forderung??



    Frag doch einfach nach, worin die Dienstleistung genau bestand.:)
    Und wenn Du schon aus dem Namen der A'stellerin ableiten kannst, dass es sich um eine Partnervermittlung handelt, würde ich schon um Antragsrücknahme bitten und mit der zitierten Entscheidung winken. Gib doch mal den Namen der A'stellerin im Internet ein, dann weißt Du's sicher...

  • 13: Mal eine absolut nicht zu diesem Thema gehörende, wahrscheinlich fürchterlich dumme Frage - was heißt "Beritt" :oops: ? Habe ich jetzt schon öfter in Beiträgen von Dir gelesen, kann es mir auch zusammenreimen, dass das evtl. Dein Arbeitsgebiet oder die Region, in der Du tätig bist ist ... aber sonst? Abkürzung o.ä.? :nixweiss:

  • @ heidebär:

    Da muss ich doch glatt grinsen: Man merkt es gleich - noch die "handfeste" Schule aus der Zeit der manuellen MBAs... :)

    @ ettigirb;
    Das ist ein Ausdruck, den ich aus dem Polizei-Jargon übernommen habe. Er bedeutet schlicht Region oder Gebiet.

  • Mag alles sein aber ich halte das nicht für sittenwidrig und daher nicht für zu beanstanden!

    Ich dachte, sogar Prostitution (hier ist ja nicht mal sicher, ob etwas in der Art vorliegt) soll nicht mehr sittenwidrig sein, wenn alles ohne Zuhälterei abläuft. Die Prostituierten müssen doch inzwischen sogar Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zahlen. Dann müssen sie ihr Honorar wie jede andere Dienstleister auch m.E. auch einklagen dürfen.
    Auf ältere Entscheidungen und Literatur kann man sich wohl bei deisem Thema nicht mehr berufen, da die Prositution wohl erst vor wenigen Jahren legalisiert und "gesellschaftsfähig" gemacht wurde.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ Ulf:

    Weil es darüber aber gerade keine gesicherte Rechtsmeinung gibt, kann man m.E. nur dadurch Klarheit schaffen, indem man sich an die bisherige Rechtsprechung hält und dann durch eine (überspitzt gesagt provozierte) Rechtsmittelentscheidung erfährt, ob eine Änderung eingetreten ist. Ob sich die Rechtsprechung der von Dir genannten "moderneren" Ansicht angepasst hat, halte ich für durchaus zweifelhaft.

  • Zitat von heidebär

    Gib doch mal den Namen der A'stellerin im Internet ein, dann weißt Du's sicher...



    na da bin ich mal gespannt was mein Chef sagt wenn er meine Internetspuren prüft ,-)

  • Wie bitte? Nur keine Bange, wenn das nicht dienstlich begründet ist in Zusammenhang mit der Rechtsprechung, dann ist gar nix mehr dienstlich begründet...der soll sich mal nicht einmischen und stattdessen § 9 RpflG lesen... :teufel:

  • Sorry 13, da muss ich widersprechen.

    Seit 2001 gibt es das ProstG und damit besteht m.E. für diese Dienstleistungen ein einklagbarer Anspruch (§ 1 ProstG). Die davor ergangenen Entscheidungen der Gerichte sind damit gegenstandslos und binden die Rechtsorgane nicht mehr.

    Links zu dem Thema:

    Artikel in Wikipedia

    Gesetzestext des ProstG

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zitat von Carsten

    na da bin ich mal gespannt was mein Chef sagt wenn er meine Internetspuren prüft ,-)



    :strecker Darauf habe ich gewartet!!

    @ 13: Die gute alte Schule - von wem ich's wohl gelernt habe!:D
    Leise rieselt der Schnee...

    @ Ulf: Ich konnt's mit der Sittenwidrigkeit auch nicht glauben, bis ich in die Kommentierung und Rechtsprechung geguckt habe. Bis jetzt scheint es eine eindeutige Meinung zu geben. Aber wie 13 schon vorschlägt - vielleicht könnte man hier eine neue LG-Entscheidung provozieren.

  • Zitat von heidebär


    @ Ulf: Ich konnt's mit der Sittenwidrigkeit auch nicht glauben, bis ich in die Kommentierung und Rechtsprechung geguckt habe. Bis jetzt scheint es eine eindeutige Meinung zu geben. Aber wie 13 schon vorschlägt - vielleciht könnte man hier eine neu LG-Entscheidung provozieren.



    Die von Euch hier bisher genannten Entscheidungen und Fundstellen sind aber alle aus der Zeit vor dem ProstG 2001 und daher m.E. überholt. Der Wortlaut des § 1 ProstG idt doch wohl eindeutig:
    "Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält."
    Rechtswirksame Forderungen muss man auch einklagen können, oder sehe ich das falsch?!

    § 2 geht noch weiter:
    "Die Forderung kann nicht abgetreten und nur im eigenen Namen geltend gemacht werden. Gegen eine Forderung gemäß § 1 Satz 1 kann nur die vollständige, gegen eine Forderung nach § 1 Satz 2 auch die teilweise Nichterfüllung, soweit sie die vereinbarte Zeitdauer betrifft, eingewendet werden. Mit Ausnahme des Erfüllungseinwandes gemäß des § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Einrede der Verjährung sind weitere Einwendungen und Einreden ausgeschlossen."
    S. 2 bezieht sich m.E. ausdrücklich auf eventuelle Einreden der Sittenwidrigkeit.

    Ich sehe daher kein Raum für eine Beanstandung des Mahnantrages und schon gar keine Veranlassung, etwas von Amts wegen zu unternehmen. Möge sich der Ag. gegen die geltend gemachte Forderung wenden und entsprechend vortragen.
    Ich würde mit gutem Gewissen - unter Beachtung des ProstG - antragsgemäß den MB/VB erlassen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • @ Ulf:

    Ich kenne zwar hier ohne Unterlagen den genauen Anspruchssachverhalt nicht, aber: Kann es nicht durchaus sein, dass § 1 ProstG hier gar nicht zutrifft? Ich könnte mir vorstellen, dass sich der Anspruchsgrund garnicht darunter subsumieren lässt. Für mich sind Sachverhalte nach dem ProstG und "Partnerschaftsvermittlungen" nicht unbedingt unter einen Hut zu bringen. Im Zweifel kann der Antragsteller sich ja auf die entsprechende Gesetzeslage berufen.
    Aber sich im Zweifel eine obergerichtliche Entscheidung "zu besorgen", ist immer noch das Sicherste - auch für zukünftige Fälle. :klugschei

  • @ 13:
    Mag sein aber daran kann ich erst recht nichts sittenwidriges erkennen.

    Ich halte die früher vertretenen Meinungen zu diesen Themen für mit der heutigen Realität nicht mehr vereinbar. Das neue ProstG ist das beste Beispiel dafür. Wenn selbst Sex gegen Geld nicht mehr sittwnwirdig ist, dann doch eine Partnervermittlung erst recht nicht mehr.

    Ich würde den umgekehrten Weg beschreiten:
    Die Festsetzung grundsätzlich nicht ablehnen und der Ag. möge dagewgen vorgehen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zugegeben, beschreitbar sind sicherlich beide Wege. Die Crux ist halt die wahnsinnige Geschwindigkeit der Rechtsprechung beim Anpassen an veränderte Gegebenheiten. Letztlich verbleibt dann dem Carsten die sehr hilfreiche Erkenntnis: Du hast irgendwie die freie Auswahl, je nachdem, auf welche Seite Du Dich stellst... :D

  • Lese gerade im Palandt zu § 656 Rdnr. 7/8

    § 656 ist anwendbar:
    - Vertrag oder Mitgleidschaft in einem Partnerkreis, Singleclub, Club für Wochenend-Aktivitäten oä gg Entgelt mit der Verpflichtung zur Vermittlertätigkeit

    oder auch

    -wenn sich Unternehmer ohne Tätigwerden für unmittelbare Zusammenführung der Interessenten dazu verpflichtet, nach den Wünschen des Auftraggebers ein Depot mit einer bestimmten Anzahl von Partneranschriften zu bilden und weiterzuleiten.

    Ich schlafe erst nochaml drüber ;)

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