RLV: widerrufliches Bezugsrecht für Dritten und Tod des Schuldners

  • Die Schuldnerin eines IK-Verfahrens ist kurz nach IE verstorben. Sie hatte eine Risiko-LV mit widerruflichem Bezugsrecht für ihren Sohn (das haben wir erst herausbekommen, als der Bestatter uns mitteilte, er habe bereits aeinen Abschlag daraus an den Sohn überwiesen). Die Versicherung hatte mit Vollmacht des Sohns an den Bestatter bezahlt, und der hat den nicht benötigten Teil an den Sohn überwiesen, kurz bevor wir dort das Insolvenzverfahren bekannt machen konnten. Das war ein rasendes Tempo beim Sohn wie beim Bestatter, und der Sohn hatte von Inso nichts gesagt.

    Was ich mich jetzt frage: Wie ist das mit dem widerruflichen Bezugsrecht für den Sohn im Todesfall nach IE? Müsste doch eigentlich klare Sache sein, dass die Masse grundsätzlich hätte profitieren müssen, weil das Gestaltungsrecht auf den TH übergegangen war. Ich frage mich nur, inwieweit das jetzt noch von Interesse ist, da die Versicherung bereits ausgezahlt ist, und ob ein Widerruf des Bezugsrechts rechtliche Bedeutung hat (wohl kaum). Oder ist das schlicht und ergreifend einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung?

  • im Falle dessen, dass das Verfahren nach dem Tode eröffnet worden wäre, ergäbe sich die Anfechtbarkeit als unentgeltliche Leistung, § 134 InsO, IX ZR 252/01, Berechnung der Frist ab Tod. Ob man diese Entscheidung jedoch auch für den Tod nach IE heranziehen kann, müsstest Du mal prüfen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die obige Frage ist geklärt: Der bereicherte Bezugsberechtigte bezog den Betrag berechtigterweise. ;)

    Die Recherchen haben eine (hypothetische, zur Beurteilung des Falls notwendige) Frage aufgeworfen, bei der schon ein Versicherungs- und ein Erbrechtler die Segel gestrichen haben, vielleicht hat hier Jemand eine Idee:

    Der ArbG des Schuldners ist Versicherungsnehmer einer Direktversicherung (versicherte Person: der Schuldner), also Direktversicherung ganz normal nach BetrAVG. Bezugsberechtigt im Erlebensfall ist unwiderruflich der Schuldner. Für den Todesfall ist die folgende Bezugsrechts-Folge vorgesehen (formularmäßig von der Versicherung): der überlebende Ehegatte -> Kinder -> gesetzliche Erbfolge.

    Nun stirbt der Schuldner im laufenden Insolvenzverfahren. Fällt die Versicherung in die Masse, also in den Nachlass? Oder geht es munter die Bezugsrechts-Folge entlang an der Masse vorbei?

    Wenn Letzteres richtig ist, wäre doch auch die Frage, ob hier eine Regelungslücke vorliegt, nicht wahr? Denn angenommen, der Erlebensfall steht kurz bevor und tritt somit während des Insolvenzverfahrens ein, hätte der TH/IV doch in jedem Fall die Versicherung ziehen können, und nur durch die Tatsache, dass der Schuldner während des Verfahrens stirbt, wäre dieser Vermögenswert der Masse entzogen!?!

  • Die obige Frage ist geklärt: Der bereicherte Bezugsberechtigte bezog den Betrag berechtigterweise. ;)


    Da habe ich doch gerade noch etwas gefunden, dass diese Aussage relativieren konnte (das VVG ist schon ein interessantes, nur teilweise bekanntes Gebiet), § 159 Abs. 2 VVG: "Ein als widerruflich bezugsberechtigt bezeichneter Dritter erwirbt das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls."

    Da könnte man doch eigentlich an § 91 InsO denken, oder?

  • Spontan kommt mir nur zu dem Fall, dass der Arbeitnehmer-Schuldner vor Insolvenzeröffnung stirbt, der Gedanke, dass das Versterben eine der Insolvenzanfechtung unterliegende Rechtshandlung sein könnte.

  • Bei einer unwiderrruflichen Bezugsberechtigung erfolgt die Zuwendung m.E. bereits mit Einräumung des Bezugsrechts. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus den Gründen, die der BGH in dem von LFdC zitierten Urteil anführt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei einer unwiderrruflichen Bezugsberechtigung erfolgt die Zuwendung m.E. bereits mit Einräumung des Bezugsrechts. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus den Gründen, die der BGH in dem von LFdC zitierten Urteil anführt.



    Sehe ich auch so.
    :dafuer:


    § 134 InsO dürfte nicht greifen, da der Schuldner die Versicherung nicht "unentgeltlich" bekam .

    Er arbeitet(e) ja dafür. :schreiben

  • Bei einer unwiderrruflichen Bezugsberechtigung erfolgt die Zuwendung m.E. bereits mit Einräumung des Bezugsrechts. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus den Gründen, die der BGH in dem von LFdC zitierten Urteil anführt.


    Zur Zeit des Urteils lautete der damalige § 166 Abs. 2 VVG noch wie folgt: (2) Ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter erwirbt, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls.

    Das ist im jetzigen § 159 Abs. 2 und 3 VVG präzisiert worden durch die Unterscheidung nach widerruflichem und unwiderruflichem Bezugsrecht. Bei widerruflich: Rechtserwerb bei Versicherungsfall. Bei unwiderruflich: Rechtserwerb bei Einräumung des Bezugsrechts.


    § 134 InsO dürfte nicht greifen, da der Schuldner die Versicherung nicht "unentgeltlich" bekam .

    Er arbeitet(e) ja dafür. :schreiben


    Ah, Missverständnis: Die Schuldnerin hat die Versicherung natürlich rechtmäßig und unanfechtbar erworben. Meine hypothetische Frage bezog sich darauf, ob der Sohn der Schuldnerin das Recht, das er aktuell hat (widerrufliches Bezugsrecht im Todesfall der Schuldnerin), auch gehabt hätte, wenn der Vertrag bei Insolvenzeröffnung noch beim Arbeitgeber seiner Mutter gewesen wäre. Und da habe ich nun gerade von der Versicherung die einfachste aller Lösungen herausbekommen, dass die Schuldnerin nämlich ein unwiderrufliches Bezugsrecht auch für den Todesfall hatte. Wäre der Vertrag also noch beim ArbG gewesen, so hätte die Insolvenzmasse die Versicherungsleistung im Todesfall erhalten. Wenn nun aber der Sohn als Bezugsberechtigter eingesetzt ist, hat dieser eine mit der Einräumung des Bezugsrechts, dass ihm nun die Todesfallleistung sichert, eine unentgeltliche Leistung erhalten.

    Was meine obige Lösung mit Unwirksamkeit des Rechtserwerbs wegen § 159 Abs. 2 VVG i.V.m. § 91 InsO angeht: Es ist halt die große Frage, ob die Versicherung Teil der Insolvenzmasse war, denn als dem Arbeitnehmer übertragene Direktversicherung nach dem Betriebsrentengesetz kann sie nicht einfach so gekündigt werden, sondern es wird erst bei Rentenbeginn oder im Todesfall gezahlt.

  • Ein Lösungsansatz für die Frage, wer bei Tod des Schuldners im eröffneten Insolvenzverfahren die Versicherungsleistung einer auf den Todesfall abgeschlossenen Versicherung erhält, ist m.E. folgender:

    1. Das Bezugsrecht richtet sich bei einer Kapitalversicherung allein nach der vertraglich getroffenen Vereinbarung (BGH NJW 95, 1082, st. Rspr.). Nur wenn der Erblasser keinen Bezugsberechtigten benannt hat, ist der Anspruch aus einer Lebensversicherung auf den Todesfall Teil des Nachlasses; dagegen liegt bei Bestimmung eines Bezugsberechtigten ein echter Vertrag zugunsten Dritter vor, d.h. der Anspruch auf die Versicherungsleistung entsteht entsteht originär in der Person des Dritten und fällt auch nicht durchgangsweise in den Nachlass (Palandt/Edenhofer, § 1922 Rz. 39).

    2. Hiernach fällt die Versicherungsleistung zunächst mal nicht in den Insolvenzbeschlag, wenn ein Bezugsrecht vorinsolvenzlich bestimmt ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein unwiderrufliches oder ein widerrufliches Bezugsrecht handelt, bei letzterem natürlich unter der Voraussetzung, dass es bis zum Tod des Schuldners nicht widerrufen wurde. Denn wenn bezüglich der Ansprüche aus der Versicherung bei der Insolvenzmasse mit dem Tod des Schuldners kein Durchgangserwerb stattfindet, kann auch keine Verfügungsbefugnis des IV mehr hinsichtlich der Ausübung des Widerrufs entstehen.

    3. Bei widerruflichem Bezugsrecht müsste der IV allerdings bis zum Tod des Schuldners die Möglichkeit zur Ausübung des Widerrufs haben. Dieser hätte dann zur Folge, dass bei Tod des Schuldners kein Bezugsberechtigter bestimmt ist und die Versicherungsleistung in den Nachlass, respektive die Insolvenzmasse fällt.

    4. Auch in dem Fall, dass ein grundsätzlich möglicher Widerruf vom IV vor dem Tod des Schuldners nicht ausgeübt wurde, könnte noch darüber nachgedacht werden, ob die Unterlassung des Widerrufs der Insolvenzanfechtung unterliegt. Dies müsste man noch näher durchdenken; auf den ersten Blick halte ich die Anwendbarkeit von § 134 InsO insoweit nicht für abwegig.

    5. Auch wenn ich einen weiteren Aspekt ebenfalls noch nicht ganz durchdacht habe, möchte ich ihn noch erwähnen: Der Versicherungsvertrag unterfällt mit Insolvenzeröffnung ja dem Wahlrecht nach § 103 InsO. Bei einer Risiko-LV ohne Rückkaufswert wird der IV in der Regel stillhalten, die Vertragserfüllung explizit oder (auf Anfrage) konkludent ablehnen oder den Vertrag an den Schuldner freigeben.

    a) Bei Ablehnung der Erfüllungswahl dürfte sich die Diskussion über die Versicherungsleistung erübrigen, weil die Leistungspflicht der Versicherung dann undurchsetzbar wird.

    b) Bei Freigabe der Ansprüche aus dem Vertrag an den Schuldner kann die Versicherungsleistung ebenfalls nicht mehr zur Masse gezogen werden.

    c) Fraglich ist, was bei noch schwebendem Wahlrecht im Todesfall des Schuldners passiert: Sollte der Vertrag bei Insolvenzeröffnung (auch) seitens des Schuldners noch nicht vollständig erfüllt worden sein, dürfte in Betracht kommen, dass das Wahlrecht noch ausgeübt werden kann, weil § 103 InsO ja auf die Zeit der Insolvenzeröffnung abstellt. Ob dann gleichzeitig mit der Wahlrechtsausübung auch noch der Widerruf eines Bezugsrechts erklärt werden kann, ist die Preisfrage. Ich zweifle daran, weil es dem unter obiger Ziff. 2. widerspräche. Zumindest könnte der IV aber den Bezugsberechtigten und die Versicherung um kurzfristige Abgabe von Angeboten bitten, weil er mit der Entscheidung über Erfüllungswahl oder -ablehnung evtl. den einen oder den anderen ziemlich beglücken kann.

  • Ich will nochmal ein Problem aufzeigen, welches sich aus dem von LFdC angeführten Urteil (zu § 134 InsO) ergibt:

    Der BGH sagt, der anfechtungsrechtlich relevante Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung ist bei einem widerruflichen Bezugsrecht der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Wenn aber die Schuldnerin als Versicherungsnehmerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stirbt, ist demnach doch aber eine Insolvenzanfechtung ausgeschlossen, weil gem. § 129 Abs. 1 InsO nur vor IE vorgenommene Rechtshandlungen angefochten werden können. Laut BGH (und auch nach dem Wortlaut des seit 01.01.08 gültigen § 159 Abs. 2 VVG) wäre noch kein Recht auf den Bezugsberechtigten übergegangen, eine anfechtbare Rechtshandlung noch nicht erfolgt.

    Wenn die Schuldnerin nach IE stirbt, kann man zunächst argumentieren, der IV hätte das Bezugsrecht vor dem Todesfall widerrufen müssen. Nehmen wir aber den gar nicht so absonderlichen Fall an, dass die Schuldnerin kurz nach IE gestorben ist, zu einem Zeitpunkt, bevor der IV Kenntnis von der Versicherung erlangt hat - der Bezugsberechtigte hat der Versicherung seine Kontonummer mitgeteilt, nicht aber die Tatsache, dass ein InsV läuft, auch hat er dem IV keine Mitteilung gemacht, dass dort eine Versicherung existiert; der IV hätte also gar keine Möglichkeit gehabt, das Bezugsrecht zu widerrufen - die Kenntnisnahme von der Existenz der Versicherung erfolgte durch die Mitteilung, die Versicherung sei an den Bezugsberechtigten ausgezahlt worden

    Eine Anfechtung ist nicht möglich. Insofern müsste ja eigentlich doch § 91 InsO greifen, denn ansonsten ist die Insolvenzmasse ja schlechter gestellt, als wenn die Schuldnerin vor IE gestorben wäre.

  • Klingt gut. Nach § 91 insO kann man Rechte an den Gegenständen Insolvenzmasse nicht mehr erwerben. Und zur Masse gehörte die Versicherung doch, solange das Bezugsrecht widerruflich war.

    Nur wäre hier wieder an § 82 InsO zu denken. War die Versicherung bösgläubig? VÖ ist ja erfolgt......... :gruebel:

  • Ich komme bei folgendem Fall nicht weiter:
    Die Schuldnerin stirbt während des Verfahrens. Längere Zeit nach Aufhebung des Nachlassinsolvenzverfahrens meldet sich der Verwalter und teilt mit, dass aus einer Rest-Kreditlebensversicherung der Schuldnerin nach Abzug dessen, was an die absonderungsberechtigte Bank abzuführen war, noch ein Überschuss besteht. Das Bezugsrecht der Bank ergab sich aus einem Darlehensvertrag. Dort war auch noch folgender Hinweis enthalten: "Verbleibt im Leistungsfall nach Darlehenstilgung ein Betrag, so muss dieser an ...(hier im Text eine Lücke) oder an die Erben ausgezahlt werden". Handelt es sich hierbei um die Bestimmung von Bezugsberechtigten? Alle bisher ermittelten Erben haben ausgeschlagen. Der Verwalter möchte an die Gläubiger ausschütten.

  • Hallo,

    mit Versicherungsleistungen ist es immer so eine Sache.

    Sie gehören grundsätzlich nicht zur Erbmasse.

    Wenn im Vertrag das Bezugsrecht nicht namentlich benannt ist und es steht dafür der die Klausel "an die Erben" so ist diese Versicherungsleistung an die Erben auszuzahlen. Sie bleiben im Sinne des Wortes Erben und sind somit bezugsberechtigt auf die Auszahlungsleistung.
    Da die Leistung nicht Bestandteil der Erbmasse wird muss m.E. auch keine NTV angeordnet werden.

    Mit freundlichem Gruß
    Studierender

  • Vielen Dank! Leider bin ich erst jetzt auf die Idee gekommen, auch mal im Nachlassforum zu schauen :oops: ("Lebensversicherungen zur Nachlassmasse?"). Dort kam § 167 VVG bzw. nun § 160 VVG zum Vorschein. Da die Ausschlagung auf die Bezugsberechtigung der Erben keinen Einfluss hat, kann der TH das Geld nun wieder an den Gläubiger zurückzahlen (...schade, Gerichtskosten wären auch noch offen gewesen). Hoffentlich landet das Geld letztendlich dann auch bei den Erben.

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