Neues zur Anrechnung der Geschäftsgebühr, Änderung RVG

  • Hallo,

    das Bundesmin. d. Justiz hat offenbar vor, aufgrund der neusten Entscheidung des BGH vom 30.04.08 das RVG zu ändern. Hier mal deren Vorschlag:
    „§ 15a Anrechnung einer Gebühr
    Eine in diesem Gesetz vorgesehene Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr berührt das Entstehen der anderen Gebühr nicht. Die Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung einer der beiden Gebühren gilt im Umfang der Anrechnung gleichzeitig als Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung der anderen Gebühr. Entsteht eine der beiden Gebühren erst nach der Erfüllung, tritt die Erfüllungswirkung mit dem Entstehen dieser Gebühr ein. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.“

    Wir wurden aufgefordert Stellung zu nehmen. Aber ich versteh da nur Bahnhof.

  • Die haben sich dem BGH gleich angepasst... :wechlach:



    Nein, im Gegenteil, man muss nur die Stellungnahme dazu kennen, um zu verstehen, was das bedeuten soll, aber ohne die hätte ich es wohl auch nicht verstanden oder anders.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Dies ist die Begründung dazu:
    Der Vorschlag lehnt sich an die Regelungen des BGB für die Gesamtgläubigerschaft an. Der Anwalt wird für die verschiedenen Angelegenheiten (vorgerichtliche Tätigkeit, Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren) jeweils wie eine besondere Person behandelt. Dieser Lösungsansatz ist in dieser Form zwar neu, bedeutet aber im Ergebnis, dass der Rechtszustand vor der neuen Rechtsprechung des BGH weitgehend wiederhergestellt wird.

    Diese Lösung ist im Verhältnis Anwalt-Mandant sachgerecht. In der Anrechnungssituation hat der Rechtsanwalt für einen Teil seines Gebührenanspruchs zwei Anspruchsgrundlagen. Auf welchen dieser Ansprüche der Auftraggeber zahlt, bleibt ihm überlassen.

    Für den Bereich der Kostenerstattung bewirkt eine solche Regelung Folgendes:

    A. Der Obsiegende kann grundsätzlich die ungekürzte Verfahrensgebühr gegen den erstattungspflichtigen Gegner festsetzen lassen, weil der Anspruch des Anwalts auf die ungekürzte Verfahrensgebühr entweder noch besteht (Freistellungsanspruch) oder durch Zahlung erloschen ist (Erstattungsanspruch). Dass durch eine Zahlung des Auftraggebers auch ein weiterer Anspruch erlischt, ist unbeachtlich.

    B. Da eine Zahlung auf die eine Gebühr auch zum Erlöschen des Anspruchs auf die andere Gebühr führt, kommt eine Titulierung nur einmal in Betracht. Ist die ungekürzte Geschäftsgebühr im Urteil bereits tituliert, kann im Kostenfestsetzungsverfahren nur noch der nicht von der Anrechnung betroffene Teil der Verfahrensgebühr berücksichtigt werden. Dies ist durch eine reine Berechnung möglich und erfordert keine Beweiserhebung. Ist die Geschäftsgebühr nicht tituliert, ist die Verfahrensgebühr in vollem Umfang festsetzbar.
    ....

    Ich habe den Beitrag mal um einen Schriftgrößenpunkt vergrößert.

    13
    (Mod.)

  • Öhm, ganz doof gefragt: Hieße das dann, daß die Gesetzesänderung auf - sozusagen - Vor-BGH-Zeiten zurückführt?

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Ich sag mal Hut ab vor der Lösung. Die wesentlichen Anrechnungsstreitfragen werden damit auf einen Schlag beseitigt.

    Bisher scheint mir § 15 a RVG wasserfest und praktikabel zu sein.

    Die Problembeschreibung des BMJ weist m.E. allerdings gravierende Mängel auf. Sei es drum, wenn das so Gesetz wird haben wir eine "gewollte" Lösung.

    Da bleiben dann allerdings wohl die "Altfälle"- vgl. § 60 Abs. 1 RVG.

    Das BMJ geht übrigens davon aus, dass die Anrechnung der Geschäftsgebühr gegenwärtig zahlungsunabhängig
    auch bei der Festsetzung der PKH-Vergütung zu beachten ist.

  • Ich lach mich kaputt! :2weglach::2weglach::2weglach:
    Wer macht denn das Gesetz (RVG)? - Rechtsanwälte. Und dass die mit der BGH-Entscheidung ein riesen Problem haben, ist mir klar. Also wird das Gesetz so geändert, dass diese BGH-Entscheidung wieder weg kommt.

  • Das hätte man auch benutzerfreundlicher = einfacher formulieren können. Oder will man durch diese Sprachkrücke tarnen, dass man dem BGH einen Tritt versetzt hat? :gruebel: :teufel:

  • Dann sind wir also wieder bei der Titulierungsvariante. :daemlich:2weglach:

    iss ja auch die einzig wahre :teufel:

    Chefe fiel zu dem Text eine Entscheidung zum Steuerrecht ein - in der Art: wenns keiner versteht, gibts die nicht bzw. ist unwirksam...

  • Bitte, bitte, klärt mich doch mal auf, inwiefern sich durch diesen Vorschlag die Rechtsprechung des BGH erübrigt hat. Dass die Verfahrensgebühr auch bei vorherigem Entstehen der Geschäftsgebühr erst einmal in vollem Umfang entsteht, hat doch niemand ernsthaft bezweifelt oder übersehe ich da was?

    Ansonsten wird doch wieder nur auf die Anrechnung nach dem Vergütungsverzeichnis verwiesen, wonach die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Wie ist das Problem jetzt gelöst? (Verstehe ich heute wohl nicht mehr - muss dann morgen noch mal gucken)

  • Warum denn einfach, wenn's auch kompliziert geht?

    Ich hätte statt dessen vorgeschlagen, die Vorbem. 3 (4) VV wie folgt zu ergänzen:

    Im Verhältnis zum Verfahrensgegner bleibt die Anrechnung außer Betracht, soweit nicht der Anspruch wegen des anzurechnenden Betrags vom Gegner bereits erfüllt, durch Aufrechnung erloschen oder gegen ihn tituliert ist.

    Wäre nicht nur kürzer und besser - nämlich ohne Bedienungsanleitung - verständlich, sondern regelte gleichzeitig die Übergangsfälle mit, in denen vom VIII. Senat des BGH irregeleitete (irre geleitete?) Gläubiger die volle Geschäftsgebühr mit eingeklagt hatten.




  • Liest sich gut und ist auch verständlich - was auch gleich die Begründung ist, warum es nicht so gemacht wird. Dann käme ja womöglich noch ein Gesetz raus, dass auch normale Menschen verstehen.....

  • Mir wurd während des Studiums in einem Pausengespräch mal gesagt: Verstehen müssen Sie das nicht unbedingt, nur anwenden.

  • Tut mir ja leid für Waldschrat :D - aber ich bin ja gleich konsequent bei der Meinung von meinem OLG geblieben und wie war das: Wer zuletzt lacht, hat´s vorher nicht verstanden.

    Irgendwie kommt man sich vor wie auf dem Jahrmarkt...

  • „§ 15a Anrechnung einer Gebühr
    Eine in diesem Gesetz vorgesehene Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr berührt das Entstehen der anderen Gebühr nicht. Die Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung einer der beiden Gebühren gilt im Umfang der Anrechnung gleichzeitig als Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung der anderen Gebühr. Entsteht eine der beiden Gebühren erst nach der Erfüllung, tritt die Erfüllungswirkung mit dem Entstehen dieser Gebühr ein. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.“

    Wir wurden aufgefordert Stellung zu nehmen. Aber ich versteh da nur Bahnhof.



    Also beim ersten Lesen hab ich auch grad gedacht, auf welchem Bahnsteig ich hier stehe und wohin mein Regionalzug wohl fährt... :gruebel:

    Unfassbar, wie blöd man sowas formulieren kann. Ich glaub ich schlaf noch ne Nacht drüber und überlege mir, ob das jetzt was Gutes oder Doofes ist... :D

  • Was wohl der BGH daraus machen wird?
    :gruebel:
    :flucht:
    Ansonsten ist es für mich gerade auch schon etwas zu spät, um den Gesetzestext richtig zu verstehen.


    _________________________________________________________________________________



    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!